Die Wiedergeburt des Landes Sachsen-Anhalt

Zusammenfassung

Während der Zeit der DDR war die Existenz des Landes Sachsen-Anhalt seit seiner Auflösung im Jahre 1952 mehr und mehr aus dem Bewußtsein der Bürger verschwunden. Selbst bekannte Kenner der Landesgeschichte und des Landes Sachsen-Anhalt reflektierten diesen Prozeß in dieser Weise und zeigten sich skeptisch hinsichtlich eines „Landesbewußtseins“ in den Jahren vor dem Zusammenbruch der DDR und der deutschen Wiedervereinigung. (244) Nachdem in der Zeit der DDR nach 1952 in ihrer Ideologie und offiziellen Geschichtsschreibung die Länder und ihre Geschichte zunächst keine Rolle gespielt hatten bzw. mit negativen Vorzeichen versehen worden sind, trat Mitte der achtziger Jahre schon im Zuge einer zunehmenden Identitätskrise der DDR eine Hinwendung der offiziellen Geschichtsschreibung zur Landesgeschichte ein. Dies war allerdings problematisch, da nicht allein die Länder nicht mehr vorhanden waren, die ein realer Bezugspunkt hätten sein können, sondern vor allem, weil lange Zeit in der DDR-Geschichtsschreibung unter dem Einfluß ideologischer Prämissen der Föderalismus gerade in Deutschland negativ gesehen wurde und somit auch Landesgeschichte offiziell entweder gar nicht betrieben wurde oder sogar als unerwünscht bekämpft worden war. Die Beschäftigung mit landes- bzw. regionalgeschichtlichen Themen war jedoch nie völlig abgerissen. Sie löste sich aber in der Erforschung und Pflege von bestimmten Aspekten bzw. Fragestellungen der Lokalgeschichte oder auch der Geschichte von bestimmten Regionen auf. Eine Landesgeschichte, die an die Tradition der seinerzeit renommierten Landesgeschichtsschreibung besonders unter der Leitung und dem Einfluß der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt vor dem Zweiten Weltkrieg anknüpfen konnte oder anderen Ansätzen gefolgt wäre, konnte unter dem Druck der politischen Verhältnisse nicht entstehen. In diesem Zusammenhang ist aber ausdrücklich auf Resultate von Hobbyforschern hinzuweisen, die im lokalen oder regionalen Rahmen solche Themen nicht nur wach gehalten, sondern sie auch auf vielen Gebieten mit ihren Ergebnissen und Bemühungen fortentwickelt und bereichert haben. Eine unabhängige Geschichtsschreibung konnte in Sachsen-Anhalt selbst allerdings lediglich im Rahmen der Kirchen stattfinden oder mehr oder weniger in ganz wenigen Nischen betrieben werden. Etwa auf Gebieten wie der Kunstgeschichte, der Archäologie und anderer Spezialdisziplinen gab es dafür unterschiedliche Möglichkeiten.