Zusammenfassung
Das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück gehört zur zweiten Generation von Konzentrationslagern in Nazideutschland, also zu denen, die zwischen 1936 und 1939 systematisch konzipiert und aufgebaut wurden. Sie hatten im Vergleich zu den frühen, z. T. improvisierten KZs, deren Zweck es war, die aktiven politischen Gegner schnell auszuschalten und damit vor allem die Arbeiterbewegung als stärkste Opposition so gut wie führerlos zu machen,2 letztlich die Funktion, die billige Arbeitskraft der Häftlinge für den Betrieb der SS-eigenen Wirtschaftsunternehmen auszunutzen, sie in extensiver Weise auszubeuten, sie auch sinnlose, körperlich schwere Beschäftigungen verrichten zu lassen, auf die der Begriff Arbeit gar nicht anzuwenden ist; und dies alles bei bürokratisch festgelegten Hungerrationen, oft unter dem Existenzminimum Ravensbrück machte dabei genauso wenig eine Ausnahme, wie bei dem ab 1941/42 beginnenden Großeinsatz von deutschen und europäischen Häftlingen für die Kriegsproduktion der deutschen Rüstungsindustrie unter Bedingungen, die mit dem Wort von der „Vernichtung durch Arbeit“ gekennzeichnet worden sind. Wie andere Konzentrationslager in Deutschland zählte Ravensbrück zunächst nicht zu den „Vernichtungslagern“, wohl aber wurde es zu einem solchen, als 1944/45 mit der sich immer rascher vollziehenden Zerschlagung der deutschen Wehrmacht wahre Ströme von Häftlingsfrauen, namentlich aus den deutschen KZs auf polnischem Gebiet, nach Ravensbrück kamen und dort Verhältnisse entstanden, an die sich Überlebende als „Hölle von Ravensbrück“ noch heute mit Grauen erinnern. Die meterhohen Flammen aus den Schornsteinen des Krematoriums waren auch in Ravensbrück Tag und Nacht zu sehen. Im benachbarten Jugendschutzlager Uckermark ließ die SS vor allem alte und kranke Frauen in großer Zahl zugrunde gehen, andere wurden in den Gaskammern ermordet oder erschossen.3 Die Konzentrationslager des Nazifaschismus hat Wolfgang Sofsky treffend als „Gehäuse der Gewalt“ bezeichnet.4 Auch Ravensbrück zählt zu dieser Kategorie des Terrors, der Angst, der Grausamkeit, der Barbarei, ausgeklügelt und perfektioniert von einer sich als Elite dünkenden Schicht der Deutschen, umgesetzt und praktiziert von einer Vielzahl ihrer Büttel. In Ravensbrück waren von 1939 bis 1945 an die 130.000 Frauen, ca. 20.000 Männer und über 1000 Jugendliche aus unterschiedlichen Haftgründen eingesperrt.
Die besonderen Umstände, unter denen Häftlingsfrauen im KZ Ravensbrück Arbeit zu verrichten hatten, sind mannigfaltig und noch immer ein Gegenstand der historischen Forschung. Die folgenden Ausführungen können daher nur einen Überblick geben. Verwiesen sei aber auf einen Erlebnisbericht von Ilse Hunger, in dem sie mitteilt, daß unmittelbar vor der Räumung des Lagers Ende April 1945 die SS die sogenannten Arbeitsbücher in Kisten verpackt und forttransportiert hätte. Wenn diese einmal gefunden würden, wären sie „eine Quelle für wunderbare Aufschlüsse zum Thema Arbeit in Ravensbrück“ (Archiv der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück).
This is a preview of subscription content, log in via an institution.
Buying options
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Learn about institutional subscriptionsPreview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Vgl. Günter Morsch (Hg.): Konzentrationslager Oranienburg (Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Nr. 3), Berlin 1994.
Vgl. Sigrid Jacobeit (Hg.): Ravensbriickerinnen (Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Nr. 4), Berlin 1995.
Vgl. Wolfgang Sofsky: Die Ordnung des Terrors. Das Konzentrationslager, Frankfurt/M. 1993.
Vgl. Günter Morsch: Arbeit und Brot. Studien zur Lage, Stimmung und Einstellung und Verhalten der deutschen Arbeiterschaft 1933–1936/37 (Europäische Hochschulschriften, Reihe III, Bd. 546), Frankfurt/M. u. a. 1993.
Vera Hozâkovâ: Und es war doch…, Hg.: Mahn-und Gedenkstätte Ravensbrück, Berlin 1995.
Claus Füllberg-Stolberg, u.a. (Hg.): Frauen in Konzentrationslagern in Bergen-Belsen und Ravensbrück, Bremen 1994, S. 59.
Hermann Kaienburg: Vernichtung durch Arbeit in nationalsozialistischen Konzentrationslagern, in: Erste Zwieberger Gespräche, Halberstadt 1993, S. 6f
Sigrid Jacobeit: Arbeitsalltag in Ravensbrück. Aus der Lebensbeschreibung von Rita Sprengel, Häftling-Nr. 12867, in: Dietrich Eichholtz (Hg.): Brandenburg in der NS-Zeit. Studien und Dokumente, Berlin 1993, S. 310ff.
Vgl. u.a. Rita Sprengel: Der rote Faden. Lebenserinnerungen. Ostpreußen — Weimarer Republik — Ravensbrück — DDR — Die Wende, Berlin 1994.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1996 Leske + Budrich, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Jacobeit, S. (1996). Zur Arbeit weiblicher Häftlinge im Frauen-KZ Ravensbrück. In: Kaienburg, H. (eds) Konzentrationslager und deutsche Wirtschaft 1939–1945. Sozialwissenschaftliche Studien, vol 34. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97342-9_11
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97342-9_11
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-1607-2
Online ISBN: 978-3-322-97342-9
eBook Packages: Springer Book Archive