Zusammenfassung
Im Vergleich zu den Wirtschaftswissenschaften und zur Psychologie, die in der Mitte der 20er bzw. zu Beginn der 40er Jahre eigene Abschlüsse erhielten, erfolgte die Etablierung der Soziologie als akademisches Fach an deutschen Hochschulen erst recht spät. Auch im Vergleich zur Entwicklung der Soziologie in den USA, wo das Fach ab 1892 an den Universitäten des Mittleren Westens institutionalisiert und in den 20er Jahren mit dem Schwerpunkt Chicago zunehmend ausdifferenziert wurde, zeigt sich ein deutlicher Unterschied. Noch in den 50er Jahren konnte man in Deutschland die Soziologie nicht als eigenständiges Fach bezeichnen, erst 1960 setzte dann ein forcierter Ausbau vor allem über neueingrichtete Lehrstühle ein.1 Im Hinblick auf die Sozialstruktur des Fachs ist Reinhard Landmeier zu dem Ergebnis gekommen, daß „starke Generationsungleichgewichte und die ausgeprägte Dominanz der männlichen Soziologen“ die Folge des „explosionsartigen Ausbaus der soziologischen Personalkapazitäten in den 70er Jahren“ sind.2 Ein großer Teil derjenigen, die in den 70er Jahren ihre Erstprofessuren erhielten, waren nämlich zwischen 1936–1945 geboren worden. Der Jahrgang und der Abschluß sind für Landmeier in bezug auf den Karriereverlauf ausschlaggebender als die Geschlechtzugehörigkeit: „Jemand, ob Mann oder Frau, der um das Jahr 1968 promovierte und sich bis 1972 habilitierte, konnte mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen, bis 1974 seine/ihre Erstprofessur zu erhalten.“3
Ich danke der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die meine Archivarbeiten zu Charlotte Leubuscher und Frieda Wunderlich in Großbritanien und den USA finanziell unterstützt hat.
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Wobbe, T. (1995). Karrieren im nationalen Kontext: Soziologinnen in Deutschland. In: Klingemann, C., Neumann, M., Rehberg, KS., Srubar, I., Stölting, E. (eds) Jahrbuch für Soziologiegeschichte 1993. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97304-7_5
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