Zusammenfassung
Jugend ist ein diffuser Begriff. Daher bietet es sich zu Beginn einer Studie über Jugend und soziale Bewegung an, zunächst den bisherigen Forschungsstand zusammenzufassen, um ein begriffliches Vorverständnis des Untersuchungsgegenstandes zu gewinnen.
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Literatur
Dies erklärt auch, daß neuere literarische und persönlich-biographische Textsammlungen zur Jugend immer zwischen der zweiten HäItte des 18. Jahrhunderts (vgl. Deutsche Jugend 1983) und dem ausgehenden 19. Jahrhundert (vgl. Aus 100 Jahren 1987) beginnen.
Diese Formulierung erweist sich in unserem Zusammerhang als etwas zu eng. Es war für die meisten Teilbewegungen der NSB gerade charakteristisch, daß sie stärker als die sozialen Bewegungen unter den Bedingungen der traditionellen Industriegesellschaft sozialstrukturelle Schranken hinter sich lessen, sel es als regional Betrof/ene, grundsätzlich von den „Überlebensfragen“ Berührte oder als (worum es hier geht!) generationsspezifisch Sensibilisierte.
Die vielzitierte Redewendung aus einem Vortrag, den Wilhelm Liebknecht 1872 hielt, „Wissen ist Macht — Macht ist Wissen“, wird in dieser Passage unzulässig verkürzt. Liebknecht verknüpfte hierin die politische und kulturelle Dimension der Arbeiterbewegung und formulierte weiter: „Nur wenn das Volk sich politische Macht erkämpf, öffnen sich ihm die Pforten des Wissens. Für die Feinde ist das Wissen Macht, für uns ist die Macht Wissen! Ohne Macht kein Wissen!“ (Liebknecht 1976: 173)
Anfang der siebziger Jahre erlebte die Debatte um den ambivalenten Charakter von proletarischer ]ugendbewegung zwischen kulturellem Freiraum und poIitischer Schulung in der akademischen Neuen Linken eine Renaissance. Zwar ging die Kontroverse „Revolution der Erziehung oder Erziehung zur Revolution“ (Breltenreicher u.a. 1971) von der Fiktion eines kämpferischen Proletariats als revolutionärem Subjekt aus und mußte deshelb Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts als reformpolitisch kontraproduktive Farce wirken. Die Neuauflage dieser Fragestellung aus der Weimarer Arbeiterkultur kann jedoch rückwirkend durchaus als Indiz für deren ehemalige Bedeutung gewertet werden: Das Spannungsverhältnis zwischen Jugendbewegung und Parteistrukturen Iieß sich schon damals — im Gegensatz zum harmonischen Bild Karl Korns — ncht auflösen.
Was die Tabelle ausklammert, ist das Problem der Erringung politisch-kultureller Hegemonie durch die sozialen Bewegungen. Es könnte die These formuIiert werden, daß eine emanzipatorische Mehrheitsbildung die Kooperation der „älteren“ Bewegung mit dem neueren gesellschaftsverändernden Bewegungstypus voraussetzt. In Deutschland bzw. der Bundesrepublik gelang dies allerdings weder 1848/49 noch In den letzten Jahren.
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Scherer, KJ. (1988). Begriffliche Bestimmungen und Zeitgeschichtlicher Überblick. In: Jugend und soziale Bewegung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97195-1_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97195-1_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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