Zusammenfassung
Am 20. April 1424 wurden die Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reiches in Nürnberg zum ersten Male dem Volk feierlich gezeigt. Kurz zuvor erst waren sie in die Reichsstadt gebracht worden, die sie bis zum Jahre 1796 bewahrte. Nun war vor einem Hause am Nürnberger Markt ein hohes, mit kostbaren Teppichen verkleidetes Holzgerüst errichtet worden, vor dem unten bewaffnete Ritter und Knechte die Wache hielten. Oben auf dem ‹Heiltumsstuhl› zelebrierte unter einem Baldachin der Bischof von Bamberg eine feierliche Messe, wies dem Volk die Kleinodien nacheinander vor und erteilte Ablaß. Bis zur Reformation in Nürnberg im Jahre 1523 wurde an dem Brauch der alljährlichen Heiltumsweisung festgehalten. In seinen Reliquien gleichsam war das Heilige Reich selbst zugegen — sichtbar und beinahe greifbar, und doch nur der verehrenden Betrachtung von ferne zugänglich. Wie in den Kirchen jener Zeit die Scheu vor der leibhaftigen Gemeinschaft mit Gott im heiligen Mahl dazu führte, daß man das Allerheiligste zur anbetenden Verehrung aussetzte, so ist auch die Heiltumsweisung ein Zeugnis für die schwindende Wirklichkeit des Heiligen Reiches.
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Literaturhinweise
Über die Reichskleinodien vgl. W. Hoppe, Art. Reichsinsignien, in: RÖssler/Franz, Sachwörterbuch 1007–1008. Zur Verfassungsgeschichte des Reiches vom Interregnum bis zur Goldenen Bulle (1356) vgl. die treffende Skizze bei H. Conrad, Der deutsche Staat (Ullstein — Deutsche Gesdhicue 10, 1969) 54–59. Die Hausmacht als Grundlage der Königsherrschaft im späten MA veranschaulicht die Karte im dtv-Atlas zur Weltgeschichte I (1964) 194. Für die Ausbildung des Kurfürstenkollegiums ist bis heute grundlegend H. Mitteis, Die deutsche Königswahl. Ihre Rechtsgrundlagen bis zur Goldenen Bulle (2. Aufl. 1944; Neudruck 1969); vgl. ferner C. Bayley, The Formation of the German College of Electors (Toronto 1949). Zur besonderen Ausgestaltung der kurfürstlichen Landesherrschaft vgl. Conrad I 311–312.
Das Kaisertum und die Reichstheorien vor allem im späten MA sind vortrefflich dargestellt bei Conrad I 229–238. Den Streit um die universale Kaiserherrschaft zur Zeit Heinrichs VII. schildert H. Grundmann in: B. Gebhardts Handbuch I 423–426. Zur Auseinandersetzung Ludwigs des Bayern mit dem Papsttum vgl. insbesondere E. E. Stengel, Avignon und Rhens (1930). Eine gute Einführung in die politische Theorie des MA ist W. Ullmann, A History of Political Thought: The Middle Ages (Pelican Book A 778, 1965); zur Lehre von der Volkssouveränität ebd. 200–228.
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Kroeschell, K. (1980). König, Kurfürsten und Reich. In: Deutsche Rechtsgeschichte 2. WV studium. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97122-7_18
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