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Eine Soziologie sozialer Beziehungen

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Reziprozität
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Zusammenfassung

Das, was wir als Reziprozität bezeichnen, ist zwar ein grundlegendes Verhaltensprinzip, wie wir gesehen haben, bleibt es ohne die Beziehungsdimension blutleer. Reziprozität als Konzept ist ohne eine Betrachtung der Beziehungen innerhalb derer es sich abspielt, sinnlos, denn erst im Zusammenspiel mit den sozialen Beziehungen ist es in der Lage, Erklärungen für Verhalten beizusteuern. Was Überlegungen zu Reziprozität bislang oft vermissen ließen, ist eine simultane Betrachtung im Zusammenhang mit den Beziehungen, innerhalb derer sie sich abspielt. Eine Beziehungssoziologie, die den Fokus auf formale Aspekte von sozialen Beziehungen einstellt, kann daher als besonders angemessen für die Analyse von Reziprozitätsprozessen gelten. Die Literatur zur Reziprozität behandelt diese entweder als einen individualistischen Austausch, bei dem sich das Verhalten der Partner an Nützlichkeitsinteressen orientiert oder, so das andere Extrem, als ein universalistisch anwendbares gesamtgesellschaftliches Totalphänomen, das alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringt und in seiner Wirksamkeit sogar weit über allgemeingültige Normen hinausreicht.

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Literatur

  1. In diesem Abschnitt wird teilweise in stark überarbeiteter Form auf das Buch „Grenzen virtueller Gemeinschaft“, welches vom Autor verfasst wurde zurückgegriffen.

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  2. Dies ist der Ursprung des Terms „Formale Soziologie.“

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  3. Es finden sich sogar Soziologen, die an Simmels Wechselwirkung den Begriff der Interaktion und damit auch den der Reziprozität knüpfen: „The defining characteristic of interaction is reciprocity of effect: A acts on B and in turn responds to B’s reaction to him. Interactions differ with respect to the degree of symmetry of such reciprocity, but it is always here to some extent. All human interactions should be viewed as kinds of exchange.“ (Levine et al 1976: 823)

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  4. Ein Beispiel hierfür ist die „Betriebsblindheit“, von der langjährige Organisationsmitglieder geschlagen sind. Kulturelle Absonderlichkeiten werden von diesem Personenkreis nicht mehr wahrgenommen und harren der „Entdeckung” durch Externe oder (für einen kurzen Zeitraum) neue Organisationsmitglieder.

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  5. Hierin findet sich eine Konvergenz zum methodologischen Individualismus, dessen zentrale Rekonstruktionsthese behauptet, dass Kollektivbegriffe immer individualistisch rekonstruierbar sein müssten (vergl. Opp 1979; Kunz 1997).

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  6. Simmel betrachtet beispielsweise die Benennung der Zunftvorsteher bei den Wollwebern in Frankfurt. Obgleich sich der Vorstand aus den hervorragendsten Einzelpersönlichkeiten unter den Webern zusammensetzte, hießen diese „die Sechse.“ Simmel schreibt hierzu (1908, zitiert nach 1992: 84) „Die Voraussetzung dafür scheint mir, dass mit einer Zahl, etwa mit sechs, ja nicht 6 einzelne, isoliert nebeneinanderstehende Elemente gemeint sind, sondern eine Synthese dieser; sechs ist nicht 1 und 1 und I usw., sondern ein neuer Begriff, der sich aus dem Zusammenkommen dieser Elemente ergibt und nicht pro rata in jedem derselben für sich realisiert ist.”

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  7. Solche Rituale begleiten lebensgeschichtlich relevante Ereignisse. Goffman ( 1977: 40) spricht hier von Ratifizierungsritualen. Diese werden denjenigen Menschen gegenüber verrichtet, deren Beziehungen, Rang, Erscheinen, Zukunftsaussichten oder die Orientierung im Leben sich auf eine Weise geändert haben. Derjenige, der solche Rituale begeht, bringt nach Goffman damit sein Einverständnis mit der neuen Situation zum Ausdruck. Die Beziehung müsse angesichts der neuen Situation bestätigt werden. Hierzu zählen Kondolenzbriefe, Jubiläen, Hochzeiten, Kindergeburten, Kommunion und Konfirmation etc. Diese sind in der Regel hochgradig formalisiert, bis hin zu den entsprechend im Handel verfügbaren Anlasskarten, die bereits den Text, z.B. „Alles Gute für die gemeinsamen Lebensjahre“; „Herzliches Beileid” etc. enthalten. Um der Form zu genügen, reicht es in vielen Fällen aus, den Vordruck einfach um den Zusatz „wünscht Familie xyz“ zu ergänzen.

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  8. Zum Begriff der Identität, so wie er hier gemeint ist, siehe White (1992). Für White ist Identität einer der Grundbegriffe, wobei dieser explizit nicht nur auf Individuen angewendet wird, sondern gleichfalls für eine weite Anzahl an sozialen Kollektiven gilt.

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  9. Leopold von Wiese ist ein Vertreter der zweiten Generation von Soziologen, der 1876 zwölf Jahre jünger als Max Weber und fast 20 Jahre jünger als Simmel und Tönnies war.

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  10. Obgleich Wiese als Begründer der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie und als hervorragender Organisator des Faches nach dem zweiten Weltkrieg bekannt wurde, kommt seinem Werk zu Unrecht soziologiegeschichtlich kaum Bedeutung zu.

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  11. Wiese ( 1967: 124) schreibt über Simmel: „Das eigentümliche Zurückweichen, Abschweifen, das Aphoristische und Torsohafte in seiner Arbeit als Soziologe hängt mit den Vorzügen und Mängeln dieses analysierenden, der Systematik so abholden Schaffens zusammen. Geistige Robustheit, Diszipliniertheit und intellektuelle Selbstverleugnung waren ihm fremd.“ Wiese schreibt weiter (1967: 128): „Simmels Untersuchungen liefen Gefahr zu versanden, sich zu verzetteln. Es sind sicherlich nicht nur sehr viel feine Betrachtungen in ihnen; sie haben auch Höhepunkte von größtem Erkenntniswerte. Dann aber verlieren sie sich wieder in Spielereien mit der Formenfülle, mit subtilsten und feinsten Nuancierungen. Aus den zahlreichen Lehren von mannigfachen Formen der Vergesellschaftung entstand keine einheitliche Lehre von den Vergesellschaftungsformen.”

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  12. Auf die Veränderung der Ziele im sozialen Prozess weist insbesondere Kreutz (Coleman Kreutz 1997) in seiner Auseinandersetzung mit der Sozialtheorie von James S. Coleman am Beispiel der Werbung (ist Werbung erfolgreich, hilft sie die Ziele der Akteure zu verändern) hin.

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  13. Dies trifft auch auf die klassischen Hausangestellten, etwa den Butler und das Dienstmädchen zu.

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  14. Dieser Zusammenhang wird auch bei der Fernseh-oder Kinowerbung genutzt, wenn Prominente (für teilweise horrende Honorare) vorgeben, die Gummibärchen einer bestimmten Marke zu bevorzugen.

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Stegbauer, C. (2002). Eine Soziologie sozialer Beziehungen. In: Reziprozität. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97106-7_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97106-7_7

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-13851-0

  • Online ISBN: 978-3-322-97106-7

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