Zusammenfassung
Durch die „öffentliche Exponiertheit“ (Dyllick 1989: 15) moderner Unternehmen ist Wirtschaften nicht länger ihre „Privatsache“, sondern wird in der Öffentlichkeit kritisch hinterfragt und auf Grundlage moralischer Ansprüche bewertet. Unternehmen sehen sich so zunehmend mit außerökonomischen Forderungen konfrontiert.
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Literatur
Im folgenden werden alle gesellschaftlichen Ansprüche, seien sie nun ökologischer oder sozialer Art, als „moralische“ Ansprüche bezeichnet. Moralisch wird hier also nicht im Sinne von „Gut und Böse” verwendet, sondern dient als „Sammelbegriff“ für die Bezeichnung von Forderungen, die aus der Gesellschaft heraus an die Unternehmen gestellt werden.
Problem der Wirtschaft besteht darin, dass es einerseits in immer größerem Umfang erforderlich wird, Akzeptanz zu beschaffen, andererseits aber immer schwieriger, diese dann zu bewahren (vgl. Lucke 1996)...1 nnso mehr Bedeutung gewinnt vor dem Hintergrund einer [...] diagnostizierbaren `Paradoxie dur Akzeptanz’ das strategische Sich-Wappnen gegen Widerspruch und wahrscheinlicher gewordenen Protest“ (I ucke 1996: 479). Lucke macht ihre Ausführungen zwar am Beispiel Politik fest, doch die Schlussfolgerungen gelten m.1. ebenso für die Wirtschaft.
Zum Anspruchsgruppenkonzept als theoretischer Grundlage des umweltorientierten Kommunikationsmanagements vgl. Seydcl 1998: 261f.
Der Vollständigkeit halber müsste natürlich die gesamte Randbreite der unterschiedlichen Ausprägungen umweltbewussten Konsums bis hin zum Konsumverzicht miteinbezogen werden (vgl. Seydel 1998: 41). Während es beim Konsumverzicht um die bewusste Ablehnung grundsätzlich unnötiger Produkte geht, wird beim ethischen Konsum das Kaufverhalten als Belohnung bzw. Bestrafung lür entsprechendes Unternehmensverhalten eingesetzt. Da aber die „politische“ Dimension des Konsums
aufgezeigt werden soll, wird an dieser Stelle nur auf die öffentlichkeitswirksamen (demonstrativen) Formen eingegangen.
Das Institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft (imug) hat zusammen mit Verbraucherverbänden bereits zwei Bände (Lebensmittelbranche 1995, Kosmetik, Körperpflege und Waschmittel 1997) des „Unternehmenstcsters“ herausgegeben, dessen Motto „Meine Mark bekommt nicht jeder” ist und zu verantwortungsvollen Konsum aufruft. Darin werden Unternehmen hinsichtlich sechs Kriterien bewertet: In lbrmationsoffenheit, Frauenförderung, Umweltengagement, Verbraucher-, Behinderten-und Arbeitnehmerinteressen.
Die von Greenpeace angegebenen Mengen an Schwermetallen in der Plattform waren viel zu hoch. Meeresforscher wiesen in der Fachzeitschrift Nature darauf hin, dass in weiten Bereichen des Ozeans Schwermetalle aus heißen Quellen strömen und dort dennoch ein reiches Tiefseeleben herrscht. Für die Bakterien wäre die Versenkung der Brent Spar demnach ein Freudenfest gewesen (vgl. Der Spiegel 39/1995: 46/47).
Einen Sonderfall stellen die làicrgieversorger dar: Da die Gegner mit dem Slogan „Atomkraft - Nein, danke!“ keine modifizierte Version (ter Atomenergie, sondern den Ausstieg fordern, handelt sich es hier bereits um eine ausgewachsene Legitimationskrise.
Im einzelnen kann hier nicht auf die konkrete Ausgestaltung der Umweltpolitik eingegangen werden. Einen guten und kritischen Überblick über Maßnahmen bzw. Versäumnisse der Umweltpolitik gibt Karl (1998).
Die Forderung nach der Übernahme von Verantwortung ist denn auch nichts wirklich Neues für die Unternehmer: Die Ethikdiskussion ist bereits seit den dreißiger Jahren ein immer wiederkehrendes Thema mit unterschiedlicher Akzentsetzung (Dierkes/Zimmermann 1991: 17ff.).
Die Vermögensverwaltungsgesellschaft Sustainable Asset Management aus Zürich hat die 1999 führenden sechs Oko-Unternehmen (laut Ranking des Hamburger Umweltinstituts) mit sechs „Öko Muffcln“ verglichen und dabei festgestellt, dass die Aktienperformance der Okos, über einen Fünijjahreszeitraum gesehen, wesentlich besser war: 9,2% höhere Rendite hei nur unwesentlich höherem Risiko. „Nachhaltige Unternehmensführung” wird deshalb nun von den t3cratern als wichtiger Indikator für die Einschätzung der Erfolgsaussichten in ihre Analysen mitcinhczogen (vgl. o.V. 1999h: 143).
Ein Beispiel für die Selbstverpflichtung der Wirtschaft sind die „Toblacher Thesen“, die bei den seit 1985 jährlich stattfindenden interkulturellen Toblacher Gesprächen in Südtirol verabschiedet werden. Die Veranstaltung befasst sich jedes Jahr mit einem anderen, umweltrelevanten Themenkreis. 1990 wurden zwölf Thesen zu „Ökologisch wirtschaften - die Herausforderung der neunziger Jahre” aufgestellt, die dann über die Medien einem breiten Publikum zugänglich gemacht wurden (vgl. Glauber 1992: 225ff., Glauber/Pfriem 1992: 252ff.).
Natürlich bleiben auch diese Konzepte nicht unwidersprochen. Gerade das sustainable development berührt gleichzeitig drei Dimensionen, die sich nicht immer ohne weiteres vereinigen lassen: ökologische, ökonomische und soziale Belange, weshalb die angestrebten Lösungen v.a. im Hinblick auf Gerechtigkeitsfragen (z.B. Nord-Süd-Konflikt) umstritten sind (vgl. ausführlich Sachs 1997, Bieringer 1997: 44f f.).
Raffée/Wiedmann sprechen in diesem Zusammenhang von gezieltem Wertmanagement (1985: 235). und Silberer (1991: 81) weist auf die besondere Bedeutung der Außen-Innen-Abstimmung zumindest im Wertekem (Corporate Value Identity) hin.
Die verschiedenen Ziele können sowohl in komplementärer (z.B. Absatz umweltfreundlicher Produkte) als auch in konkurrierender (z.B. Kosten durch Umweltschutzmaßnahmen, die den Gewinn schmälern) Beziehung zueinander stehen (vgl. Raffée/Förster/Fritz 1992, Meffert/Kirchgcorg 1989, Scydel 1998). Die tatsächlichen Auswirkungen mögen im Finzelfall unterschiedlich sein, es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass langfristig die ergänzende Wirkung überwiegen wird.
Kritisch merkt Theis (1994: 269) hierzu an, ,,... daß kultureller Anspruch einerseits und Organisationsalltag andererseits häufig weit auseinanderklaffen, Organisationskultur zuweilen als nur als verbalisierte Konsensfiktion existiert“. Gerade bei einer „grünen” Organisationskultur ist es wichtig, dass Werte und I landeln übereinstimmen, da die angestrebte ldentitìkation sonst sehr leicht ins Gegenteil umschlagen kann.
Hue auslührliche nullistung der Instrumente findet sich hei llopfenbeck 1991, Teil 9–13, Meffert 1991: 3114, Meffert Kirchgeorg 1992, Teil 5 und 6, Schreiner 1988: 218–227, Nussbaum 1995. Zur auslìihrliehcn Darstellung akologiseher Betriebswirtschaftslehre vgl. Tischler 1996, Brandt u.a. 1988.
Jede Kommunikation Tiber Umwelt ist auch Kommunikation über Risiko. Somit ist Umweltkommunikation stets Risikokommunikation, und die oben genannten Regeln sollten jeder Unternehmenskommunikation als Basis dienen. Wie heikel die Situation werden kann, wenn die unterschiedlichen Kommunikationsaktivitäten nicht aufeinander abgestimmt sind, zeigte die Kampagne der chemischen Industrie zum Zeitpunkt des SandoztJnfalls. Unter dem Motto „Lieber Fisch...“, „Lieber Rhein...” wurde in Zeitungsanzeigen die verbesserte Wasserqualität beschrieben, während im redaktionellen Teil Berichte über das massenhafte Fischsterben standen und so die ganze Kampagne ad absurdum führte.
PR sollten immer bestimmten ethischen Grundsätzen folgen, und gerade in diesem sensiblen Bereich, der besonders von Misstrauen auf Seiten der Rezipienten geprägt ist, ist es ratsam, den Ehrenkodex der PR-Branche, den „Code d’Athènes“ sehr ernst zu nehmen (vgl. Avenarius 1991: 31 ff.).
Untersuchungen haben gezeigt, dass bei der Rekrutierung des Führungsnachwuchses (Betriebswirte) Umwelt-Aspekte eine große Rolle spielen (z.13. Rosenstiel/Nerdinger 1995). Bewerber fragen vermehrt nach dem Umweltprofil des Unternehmens und geben den Umweltschutz als wichtigstes betriebliches Soll-Ziel an (vgl. Scydel 1998: 51).
Einschränkend muß allerdings bemerkt werden, dass bei Öko-Sponsoring kaum Rechtssicherheit für die Unternehmen besteht, Grundsatzurteile gibt es bislang nicht. Meist werden Unternehmen streng abgemahnt, wenn sie mit ihrem lìngagement werben (7.6. Ytong AG, Ritter Sport), und „_. so lassen sie lieber die Finger vom Umweltsponsoring“ (Noti I996).
Kapitel vier wurde bereits ausführlich auf die Zusammenhänge von Konsum, Konsumkritik und Okilnele eingegangen.
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Katz, G. (2002). Unternehmen in der Akzeptanzkrise. In: Wer’s glaubt wird selig — oder?. Studien zur Kommunikationswissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97104-3_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97104-3_7
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-13814-5
Online ISBN: 978-3-322-97104-3
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