Skip to main content

Transsexualität: die Phantasie eines Geschlechtswechsels

  • Chapter
Wege zur Deutung

Zusammenfassung

Im vorliegenden Beitrag werde ich mich mit einigen psychodynamischen Aspekten eines Krankheitsbildes befassen, bei dem die zentrale Phantasie des Patienten darin besteht, eigentlich dem „anderen“ Geschlecht anzugehören. Diese Phantasie existiert wahrscheinlich seit die Menschen ihre geschlechtliche Zweiteilung erkennen mußten. Die Vorstellung, ganz in die Haut des anderen Geschlechts zu schlüpfen oder dieses gar völlig annehmen zu wollen, mag zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlichem Maß in jedem von uns entstehen. Der krankheitsdefinierende transsexuelle Wunsch bzw. das transsexuelle Symptom, mit dem „wahren“ Geschlecht im „falschen“ Körper zu leben, stellt m.E. als Spitze des Eisbergs einen gravierenden Identitätskonflikt dar. In unserem Jahrhundert hat sich diese „transsexuelle Phantasie“ durch den medizinischen Fortschritt entscheidend verändern können, weil mit Hilfe moderner hormoneller und chirurgischer Methoden der „Wunsch“ nach einem Geschlechtswechsel dem Bereich des Phantasielebens entrissen worden ist und als realisierbar hingestellt wird. Der Phantasie, im falschen Körper geboren zu sein, und dem Wunsch, im anderen Geschlecht zu leben, gesellt sich nun die Möglichkeit hinzu, operativ einen Geschlechtswechsel an sich vornehmen lassen zu können. Die operative Geschlechtsumwandlung wird dabei als Fortschritt der Medizin idealisiert, was sich unschwer an relativ häufig erscheinenden verharmlosenden und verherrlichenden Überschriften in der Presse erkennen läßt. Beispielsweise: „Transsexualität: Wenn der Körper der Seele im Wege steht Mit Geschlechtsumwandlungen kann die Natur korrigiert werden“ (Schwäbisches Tagblatt vom 7.4.93). Einen Höhepunkt stellt für mich dabei ein kurzer dpa-Bericht dar: „Rollentausch unterm Skalpell“, in dem mitgeteilt wird, daß in Peking einem Mann und einer Frau erfolgreich die Sexualorgane, Eierstöcke und Hoden, „ausgetauscht“ worden sind (Schwäbisches Tagblatt vom 5.3.93). Auch wenn Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Meldung angebracht sind, zeigt sie doch die Funktion der transsexuellen Phantasie, eine nahezu vollständig neue Identität annehmen und die alte loswerden zu können.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 84.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  • Balint, M. (1981): Die Urformen der Liebe und die Tedmik der Psychoanalyse. Stuttgart: Kleff

    Google Scholar 

  • Boss, M. (1950a): Erwiderung zum Berid t liber mein Referat auf der 66. W anderversammhmg der Südwestdeutschen Psydriater und Neurologen, Badenweiler. Psydie, 4, 394–400

    Google Scholar 

  • Boss, M. (1950/195 lb): Schlußwort. Psyche, 4, 635–640

    Google Scholar 

  • Burag, G. (1982): Da Psychoanalytiker und der transsexuelle Patient. Psyche, 36, 848–856

    Google Scholar 

  • Eilher, W. (1984): Transsexualismus: Möglidikeitai und Grenzen der Gesdiledmtsumwandhmg. Stuttgart: G. Fisdrer

    Google Scholar 

  • Famidtel, O. (1930): Zur Psydrologie des Transvestitisinus. Vortrag auf dan XI. Internationalen Psychoanalytischen Kongreß in Oxford, Juli 1929. Int. Ztsrhr Psychoanal., 16, 21–34

    Google Scholar 

  • Freud, S. (1924d): Der Untergang des Odipuskomplexes. G.W., Bd. 13

    Google Scholar 

  • Heimarm, P. (1950): On Cormtatransference. Int. J. Psydmoanal., 31, 81–84

    Google Scholar 

  • Lacan, J. (1975): Sdtriften 1.Frankfurt am Main: stw

    Google Scholar 

  • Lichtenstein, H. (1961): Identity and Sexuality. New Yak: Aronson, 49–122

    Google Scholar 

  • Lodi, W. (1981): Triebe und Objekte–Bemerkungen na den Ursprüngen der anotimalen Objektwek. Jahrbuch der Psychoanalyse, 12, 54–81

    Google Scholar 

  • Mahler, M. (1975): Rebutai of R. Stoller`s Papa „Healthy Parental Influences on the Earliest Developmamt of Masculimity in Baby Boys“. Psychoanal. Forum, 5, 234–240

    Google Scholar 

  • Mltsdherlidh, A. (1950a): Mitteilung über die 66. Wanderversammlung der Südwestdeutsdmen Psychiater und Neurologen, Badenweiler. I. Daseinsanalyse. Psydme, 4, 226–234

    Google Scholar 

  • Mitsdmerlidm, A. (1950b): Rundfrage Ober ein Referat auf der 66. Wanderversammlung der Südwestdeutschen Psydhiater und Neurologen, Badenweiler. Psydie, 4, 448–477, 626–640

    Google Scholar 

  • Pfafflim, F. (1983): Probleme der psydhotherapartisdhen Behandlung transsexueller Patienten. Psychother. Psydmosam. med. PsydhoL, 3, 89–92.

    Google Scholar 

  • Pfäfllm, F. (1993): Transsexualitüt. Beiträge zur Psychopathologie, Psychodynamik und Verlauf. Stuttgart: Enke

    Google Scholar 

  • PfhBlin, F. und Junge, A. (Hrsg.) (1993): Gesdiledrtsumwandhmg, Abhandlungen zur Traossexualitât. Stuttgart: Sdmattauer

    Google Scholar 

  • Radces, IL (1978): Obatragimg und Gegenübertragung. Mündten: Reinhardt

    Google Scholar 

  • Reidme, R. (1984): Sexualkeit, Identität, Transsexualität. Beitr. Sexualforschung, 59, 51–64

    Google Scholar 

  • Schorsch, E. (1974): Phänomenologie der Traossexualität. Sexuahned., 3, 195–198

    Google Scholar 

  • Sigusdh, V. (Hrsg.) (1980): Therapie sexueller Störungen. Stuttgart: Thiene

    Google Scholar 

  • Sigusdh, V. und Reiche, R. (1980): Die Untersuchung und Behandlung transsexueller Patienten. In: Sigusch, V. (Hrsg.) (1980): Therapie sexueller Stönmgen. Stuttgart: Thiene, 293–326

    Google Scholar 

  • Sigusdh, V. (1991a): Die Transsexuellen und unser nosomorpher Blick. Teil I: Zur Enttotalisiiaang des Transsexualismus. Z. Sexualforsdi., 4, 225–256

    Google Scholar 

  • Sigusch, V. (199 lb): Die Transsexuellen und unser nosomarpher Blick. Teil II: Zur Entpathologisiaimg des Transsexualismus. Z. Sexualforsch., 4, 309–343

    Google Scholar 

  • Socarides, C.W. (1970): A psyc hoanalytic study of the desire for sexual transformation. (,Transsesualism`): the plaster-of-paris man. hit. J. Psycho-Anal., 51, 341–349

    Google Scholar 

  • Springer, A. (1981): Pathologie da geschlechtlichen Idmfitìt: Transsexualismus und Hermosexua1itt; Theorie, Klink Therapie. Wien: Springer

    Google Scholar 

  • Stoller, RI (1973): The mothers contribution to infantile traosvestic behaviour. Int. J. Psydio-Anal., 47, 384–395

    Google Scholar 

  • Stoller, R.J. (1973): The male transsexual as,experiment`. Int. J. Psycho-Anal, 54, 215–225

    Google Scholar 

  • Stoller, Ri. (1973): Perversion, die en tische Form von HaB. Reinbek: Rowahlt

    Google Scholar 

  • Thank, IL (1975): Maonlidher Transvenitismus und das Verlangen nach Geschletammwandbmg Psyche, 11, 81–124

    Google Scholar 

  • Winnicott, D.W. (1974): Idi-Verzemmg in Fain des wahren und des falschen Selbst. In: Reìfimgspronesse und fdrdemde Umwelt. München: Kindler, 182–199

    Google Scholar 

  • Winnìcntt, D.W. (1985): Die SpiegeähmItion von Mutter und Familie in der kindlichen Entwicklung. In: Van Spiel ehr Kreativit9t.. Stuttgart: Klett,128–135

    Google Scholar 

  • Wurmser, L. (1987): Flucht vor dem Gewissen. Heidelberg: Springer

    Book  Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Claudia Frank

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1994 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen

About this chapter

Cite this chapter

Herold, R. (1994). Transsexualität: die Phantasie eines Geschlechtswechsels. In: Frank, C. (eds) Wege zur Deutung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97047-3_10

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97047-3_10

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-12608-1

  • Online ISBN: 978-3-322-97047-3

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics