Zusammenfassung
Forschungsprojekte wie PROMETHEUS sind in ihrer Entstehung nicht auf ein singuläres Ereignis zurückzuführen, sondern unterliegen einem Bündel von Einflußfaktoren. Nachdem in dem vorhergehenden Kapitel die weitere Umgebung des Projektes, d.h. insbesondere die Entwicklung in der Automobilindustrie sowie die Ursachen und Folgen eines überbordenden Wachstums des motorisierten Individualverkehrs, analysiert wurden, soll nun versucht werden, den Entstehungskontext von PROMETHEUS im engeren Sinne zu rekonstruieren. In dem vorliegenden Abschnitt sind somit die bestimmenden Forschungsthemen, die erkennbaren Akteursinteressen und -konstellationen herauszuarbeiten, so daß aus dem Zusammenwirken dieser Faktoren die Projektkonfiguration von PROMETHEUS darstellbar wird. Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich sodann mit einer vertiefenden Analyse der Projektziele und der Strategien ihrer Realisation.
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Literatur
Eine ausführliche Darstellung und Analyse der einzelnen Ziele des Projekts erfolgt in dem nächsten Abschnitt 6.2 der vorliegenden Untersuchung.
Vertiefend dazu der Abschnitt 6.3.
Den Charakter einer europäischen Initiative sollte auch die Tatsache unterstreichen, daß zunächst die europäischen Töchter von den amerikanischen Automobilfirmen Ford und General Motors nicht beteiligt wurden. Diese technologie-protektionistische Haltung wurde zwischenzeitlich aufgegeben und Opel sowie Ford Europe sind nun ebenfalls an PROMETHEUS-Projekten beteiligt. Im einzelnen sind es nun Alfa Romeo, BMW, Daimler Benz, Fiat, Ford, Iveco, Jaguar, Lancia, MAN, Matra, Opel, Porsche, PSA (Citroen und Peugeot), Renault, Rolls Royce, Saab Scania, Steyr-Daimler Puch, Volvo und VW.
EUREKA ist eine Technologieinitiative verschiedener europäischer Regierungen sowohl innerhalb als außerhalb der EG, die insbesondere auf Betreiben Frankreichs im Jahre 1985 gestartet wurde. Es ist nicht Teil der EG-Gemeinschaftsforschung und sollte sich gegenüber deren Projekte durch eine größere Produktreife und Marktnähe der Einzelvorhaben auszeichnen; auch sind die institutionelle Struktur sowie die Finanzierungsmöglichkeiten weniger starr als im Rahmen der EG-Gemeinschaftsforschung. Höchstes Entscheidungsorgan ist die EUREKA-Ministerkonferenz der beteiligten Lander, als Informations- und Koordinationszentrale wurde dazu 1986 in Brüssel EURECA (“European Research Coordination Agency”) eingerichtet (vgl. Hack 1988, S.143; Esser, Hack 1990, S.48f.; Grove, Voy 1987, S.47). In den inhaltlichen Schwerpunkten und auch seitens der beteiligten Firmen lassen sich jedoch gegenüber der EG-Gemeinschaftsforschungsprojekten keine nennenswerten Unterschiede erkennen. Daß auch die genannten Abgrenzungskriterien Grundlagen- resp. Anwendungsorientierung nicht strikt zutreffen, zeigt sich gerade in den verkehrsbezogenen Forschungsvorhaben. So wird hier das EUREKA-Projekt PROMETHEUS zunächst eher als grundlagenorientiertes Forschungsprojekt von dem EG-Projekt DRIVE abgegrenzt, zugleich wird allerdings in den jüngsten PROMETHEUS-Veröffentlichungen selbst wiederum einer stärkerer Anwendungsbezug herausgestellt (zu dem Bezug von PROMETHEUS zu DRIVE die Fallstudie III in dem dritten Teil der vorliegenden Untersuchung). 5 Als Beispiel sei hier auf die erfolgreiche Marktpenetration japanischer Unternehmen in der Unterhaltungselektronik (Audio- und Videogeräte) und in der Fotoapparate-Industrie verwiesen, wo jeweils eine Anzahl traditionsreicher europäischer Firmen aus dem Markt gedrängt wurden.
Als ein wesentlicher PROMETHEUS-Vorläufer ist hier das vom BMFT geförderte und unter Beteiligung von Automobilfirmen (Daimler Benz) sowie dem Fraunhofer Institut in Karlsruhe und der Bundeswehrhochschule München durchgeführte Pilotprojekt “Autonome Mobile Systeme” anzusehen, in dem Verfahren des “Rechnersehens” entwickelt und im Busverkehr erprobt wurden (vgl. Panik, Metzler, Schüssler 1986 mit weiteren Literaturhinweisen).
Dieses zeigt sich nicht zuletzt in den Illustrationen zu PROMETHEUS-Artikeln in der Presse oder auch in Buchpublikationen, wo jeweils das automatisierte Fahren zur thematischen Erläuterung angeführt wurde (vgl. zum Beispiel FR-Beilage zur 52. Internationalen Automobilausstellung vom 9.September 1987; auch Seiffert, Walzer 1989, S.232). Zu den technischen Visionen des Projekts, insbesondere zu dem Leitbild des automatisierten Fahrens, siehe den nachfolgenden Abschnitt 6.2 sowie das 9. Kapitel der vorliegenden Arbeit.
Dieser Hinweis entstammt einem Gespräch, das der Verfasser mit dem Mitglied des PROMETHEUS Steering Committees, Dr.Ing. D.Reister, am 10.12.1991 führte.
Haefner hat seine Konzeption eines vollautomatischen Auto-Mobils jüngst in einem Aufsatz wiederholt (vgl. Haefner 1991) und dabei auch das PROMETHEUS-Projekt als völlig unzureichend kritisiert, weil es in der Zielsetzung eines nur “intelligenten Kraftfahrzeuges” eben nicht die grundsätzlichen Sicherheitsmangel des Autoverkehrs vermeiden könne.
Ausgehend von empirischen Befunden zu den Ursachen von Unfällen (vgl. Enke 1979) wird erwartet, daß “eine wesentliche Steigerung der Aktiven Sicherheit… möglich (wäre), wenn es gelänge, potentielle Unfallsituationen eine halbe bis eine Sekunde früher zu erkennen und diese Zeit für die Durchfuhrung der richtigen Manöver zur Kollisionsvermeidung zu nutzen” (Panik, Metzler, Schüssler 1986, S.28).
Dieses wurde übereinstimmend auch in den Gesprächen mit den Mitgliedern des Steering Committees von PROMETHEUS Dr. W. Zimdahl am 24.10.1991, H.P.Glathe am 7.12.1991 sowie Dr. D.Reister am 8.12.1991 geäußert.
Als “programmatisch” werden Veröffentlichungen von Mitgliedern des Steering Committees oder einzelner Teilbereiche sowie die gemeinsamen PROMETHEUS-Publikationen bezeichnet; vgl. zum folgenden Voy,Hamm, Panik, Reister 1986; Voy, Panik, Reister, Hamm 1987; Kramer, Marx, Povel,Zimdahl 1987; PROMETHEUS 1987; PROMETHEUS 1988; PROMETHEUS o.J.; PROMETHEUS 1991a; PROMETHEUS 1991b.
Diese Motive für die Entstehung des Projekts wurden bereits im Abschnitt 6.1 eingehend behandelt.
Zu den entsprechenden Teilprogrammen von PROMETHEUS siehe den folgenden Abschnitt 6.3.
Vgl. zu den einzelnen Teilprojekten den Abschnitt 6.3 sowie zu den Kooperationsmöglichkeiten von In-dividualverkehr und öffentlichem Verkehr in der Fallstudie zur Regionalisierung von PROMETHEUS im lO.Kapitel.
Da dieser Aspekt für das Leitbild eines zukünftigen (Automobil-)Verkehrs einen besonderen Stellenwert einnimmt, wird er in dem 9. Kapitel noch einmal ausführlicher behandelt.
Diese aus der Literaturanalyse erkennbare Entwicklung wurde auch übereinstimmend in den vom Verfasser mit den Mitgliedern des Steering Committees geführten Gesprächen herausgestellt (siehe Fußnote 10). Glathe führte für die Neuausrichtung den aus der amerikanischen Literatur bekannten Begriff der “social concepts” als Beschreibung für die neue Phase der PROMETHEUS-Entwicklung ein.
Entsprechend hoch wurden auch zu Beginn die Möglichkeiten zur Realisierung von Systemen der künstlichen Intelligenz eingeschätzt (vgl. Panik, Metzler, Schüssler 1986, S.30).
Dieser Punkt berührt einen für die Technikkonzeptionen und Technikentwicklung sehr wesentlichen Aspekt (vgl. auch Beck 1986, S.293; Beck 1988, S.207), so daß wir ihn im Kapitel 9 noch einmal aufgreifen werden.
Während der “Info-Pilot” als das “Konzept eines informierenden Auto-Piloten” bereits in den frühen PROMETHEUS-Publikationen skizziert wurde (vgl. Kramer, Bubb, Mayer 1986, S.xx), dabei aber dem Fahrer “lediglich” die Eingreif- und Korrekturmöglichkeit eingeräumt wurde, ist hier eine Umkehrung der Perspektive angesprochen.
Es ist zu betonen, daß die dargestellten Veränderungen in der Auslegung des PROMETHEUS-Projektes hier nur als ein konzeptioneller Anspruch vorliegen, wie er aus der Interpretation der Projektveröffentlichungen und den vom Verfasser geführten Gesprächen mit PROMETHEUS-Forschern (siehe Fußnote 10) deutlich wird. Deren Auswirkungen auf die Projektrealisierung selbst werden im nächsten Abschnitt sowie in den Fallstudien versucht herauszuarbeiten.
Vgl. den Verweis auf die Gespräche in der Fußnote 10.
Hier ist in bezug auf die zumindest zeitlichen Vorstellungen der ‘technischen Machbarkeit’ eine deutliche Diskrepanz auch zu der im vorhergehenden skizzierten Konzeption von Haefner.
Beispielhaft sind hierfür die ‘Regionalisierungsprojekte’ von PROMETHEUS zu nennen, die im 9. Kapitel untersucht werden.
Die folgenden Ausführungen stützen sich insbesondere auf Informationen aus einem Gespräch mit Dr. Reister, Mitglied des Steering Committees, vom 8.12.1991.
Die Bedeutung gesetzlicher Normen ist für die Analyse der Technikentstehung ein sehr wesentliches, aber bislang noch kaum untersuchtes Themenfeld. Für PROMETHEUS stellt es sich auch jenseits der Möglichkeiten eines vollautomatisierten Fahrens. So sind etwa für die Einführung von Abstandswarnung mittels Radar oder Sensorik, die einen geringeren Fahrzeugabstand und damit eine Kapazitätserweiterung der vorhandenen Straßeninfrastruktur ermöglichen würden, ebenfalls Norm- und insbesondere Produkthaftungsaspekte — bei der gegebenfalls erforderlichen Intervention — ein aktuelles Problem.
Hiermit ist der Wandel, wie er in diesem Abschnitt beschrieben wurde gemeint, während ja die expliziten Ziele in ihrer allgemeinen Form erhalten blieben.
Diese Zahl ist allerdings in Relation etwa zu den Kosten für die Entwicklung eines neuen Fahrzeugs, die — je nach Abgrenzung oder Einbeziehung der Umstellung oder Neuerstellung von Produktionsanalgen -mit rund 2 bis 3 Mrd.DM veranschlagt werden können, eher bescheiden.
Wenn man die Vielzahl der denkbaren Situationen hier berücksichtigt, in denen die “Assistenz-Systeme” wirksam werden können, so stellt dieses PROMETHEUS-Teilprojekt sicherlich eine gegenüber der gegenwärtigen Technik erhebliche Veränderung dar. Allerdings ist es vom Prinzip her kein völliges Neuland, werden doch bereits durch die verbreitenden ABS-Systeme Fahrerhandlungen — hier: der kräftige Tritt auf die Bremse — “stillschweigend” durch Technik korrigiert.
Auf diese unterschiedliche Auslegung der Aufgaben und deren Konsequenzen für die Projektrealisierung (Wettbewerbs- und Kooperationsfelder) wird noch im Verlauf dieses Abschnittes näher einzugehen sein.
Auf die Unterscheidung von autonomen und infrastruktur-gestützten Zielführungssystemen sowie ihr Stellenwert in der Realisierung von PROMETHEUS-Technologien im Spannungsfeld von Kooperationsund Wettbewerbslösungen wird in der Fallstudie des 8.Kapitels eingegangen.
Für die Grundlagen-Projekte existiert eine vergleichbare Projektorganisation.
Der in Abschnitt 6.2 aufgzeigte Prozeß dieses Wandels soll nun auf der Ebene konkreter Projekte exemplifiziert werden.
“The third mode (i.e. automatic intervention — GP) should only become active in very critical cases in order to avoid an accident or to reduce its severity” (PROMETHEUS 1991b).
Vgl. dazu bereits die Darstellung in dem Abschnitt 6.2.
Desweiteren gibt es bilaterale Verträge zwischen den Firmen sowie mit Firmen aus der Elektronik- und Zuliefererindustrie, Förderverträge zwischen Firmen und dem in der Bundesrepublik zuständigen Ministerium für Forschung und Technologie, Verträge (z.B. auch über Drittmittel) mit den wissenschaftlichen Instituten (vgl. die vom Verfasser mit Mitgliedern des Steering Committees geführten Gespräche, Angaben siehe Fußnote 10 dieses Kapitels).
Quellenangabe siehe Fußnote 10.
Die Informationen beziehen sich auf die Gespräche, die in Fußnote 10 angegeben wurden.
Vgl. dazu Kapitel 4.
Diese nun im Vordergrund der Entwicklung stehenden Komponenten könnten auch im Hughes’schen Sinne als “reverse salients” bezeichnet werden (siehe dazu den Abschnitt 2.4 der vorliegenden Untersuchung).
Zum dabei unterlegten Verständnis der Kennzeichnung “sozial” siehe Fußnote 13 im dritten Kapitel.
Neben den angesprochenen Verkehrsmanagement-Zielen von PROMETHEUS existieren auch die Projektziele zur Erhöhung der Sicherheit weiterhin. Uns kommt es aber hier darauf an, insbesondere die neuen Aspekte herauszustellen.
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Prätorius, G. (1993). Prozeß-Konfigurationen. In: Das PROMETHEUS-Projekt. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-96345-1_7
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