Zusammenfassung
Die Mutter-Tochter-Beziehung ist die prägendste Beziehung im Leben jeder Frau oder wie Chesler (1979) sagt, die „stürmischste Liebesbeziehung“. Das Besondere dieser Beziehung besteht darin, daß sie von Beginn an durch Gleichheit bestimmt ist. Beide gehören dem gleichen Geschlecht an. Das hat einen hohen Grad von Identifizierung zur Folge. Der Sohn wird als das Andere gesehen, die Tochter als das Identische. Der Sohn lebt von Geburt an abgegrenzt von der Mutter, die Tochter in einer symbiotischen Beziehung mit ihr. Der Sohn identifiziert sich im Laufe seiner Entwicklung mit dem männlichen Geschlecht, also dem Vater, das Mädchen identifiziert sich immer mit der Mutter. Diese primäre Identifikation von Mutter und Tochter bleibt, mehr oder weniger stark, bestehen, ein Leben lang. Die Mutter erlebt bei der Geburt und der Entwicklung der Tochter eine Verdoppelung ihrer selbst, ihrer Person und ihres Werdegangs. Sie selber war Tochter. Sie aktualisiert bei der Geburt eines Mädchens ihre eigenen positiven und negativen Erfahrungen mit ihrer Mutter, diese fließen in die Beziehung zur Tochter wieder ein. Es ist dies ein fortwährender Kreislauf, in dem sich die Frauen befinden, denn jede Mutter ist gleichzeitig Tochter und im unbewußten Erleben mit ihrer Tochter begegnet sie der eigenen Mutter. (Vgl. Moeller-Gambaroff 1983, 194) Die Beziehung ist nicht harmonisch, konfliktlos. Sie ist von Ambivalenz geprägt, eine Ambivalenz, in der Liebe und Abneigung, Angenommensein und Ablehnung vorherrschen.
Warum dieses Schweigen um Jokaste? Ein Schweigen, das uns an die Unschuld der Mütter glauben ließ; aber können die Mütter einem Schicksal entrinnen, dem ihre Kinder nicht entgehen können?
Christiane Olivier 1988
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Rosen, R. (1993). Die vernachlässigte Analyse der Beziehung. In: Mutter — Tochter, Anne — Kiz. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95953-9_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95953-9_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-8100-0938-8
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