Zusammenfassung
Am 20. Mai 1990, als sich die Entwicklung zur Vollendung der deutschen Einheit bereits klar abzeichnete, wurde das Sonderprogramm „Hochschulförderung DDR“ aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft (BMBW) aufgelegt und vom DAAD ausgeschrieben. Wichtigster Bestandteil war die Förderung von Wissenschaftlern aus der Bundesrepublik Deutschland zu Lehraufgben an Hochschulen in der DDR.1 Als Förderungszeitraum wurde zunächst das Hochschuljahr 1990/91 ins Auge gefaßt.
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Anmerkungen
Daneben gab es zwei kleinere Teilprogramme (die Förderung des „projektbezogenen Austausche“ und die Förderung der Teilnahme von Hochschulangehörigen aus der DDR an Sommerkursen und Praktika), die mit Ende des Haushaltsjahres 1990 eingestellt wurden.
Manche Gastdozenten wurden dennoch „abgeblockt“, weil inzwischen personelle Veränderungen vorgenommen worden waren oder der Reflex gegen die „Eroberer“ aus dem Westen ausgeprägter wurde. Nach Abschluß des DAAD-Programms stellte sich aus der Sicht vieler Gastdozenten heraus, daß auch sie nolens volens zu „Eroberern“ geworden waren. Vgl. zu diesem Problem den Dritten Teil („Kritische Bilanz“ ).
Bezüglich der Verbesserung der westlichen Fremdsprachenangebote an den ostdeutschen Hochschulen vgl. den Abschnitt „Brennpunkt Anglistik“.
Der DAAD legte für diesen klar erkennbaren Bedarf weitere Sonderprogramme auf. — Mehrere hundert Studenten erhielten Stipendien zur Teilnahme an Sommersprachkursen für Englisch und Französisch, wobei das Verhältnis aufgrund der Nachfrage etwa bei 7:1 für Englisch lag. — Für das Studienjahr 1991 /1992 stellte die EG-Kommission Mittel zur Verfügung, mit denen etwa 80 Dozenten aus Ländern der Europäischen Gemeinschaft für Lehrtätigkeiten an ostdeutschen Hochschulen gefördert werden konnten. — Inzwischen hatten sich auch die Botschaften Großbritanniens, Frankreichs und der USA eingeschaltet, und es entwickelte sich ein immer dichteres Netz zur Finanzierung von muttersprachlichen Lektoren, Intensivsprachkursen und Sprachkursstipendien für Kurzaufenthalte im Ausland.
Die Entwicklungen bei der weitgehenden Neugründung der juristischen Fakultäten können hier nicht im einzelnen verfolgt werden. Weithin bekannt wurden die großen Pläne der beiden Universitäten in Mecklenburg-Vorpommern (vgl. den Beitrag von Katja Marx „Voller Tatendrang ins Ungewisse — Juristische Fakultät in Rostock nach vierzig Jahren Zwangspause wieder eröffnet“ in der ZEIT vom 18.10.91). — Als Rahmenkonzept dürften vor allem die „Empfehlungen zu Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft in den neuen Ländern“ des Wissenschaftsrates vom März 1991 wegweisend gewesen sein.
Die Geschichtswissenschaft an der Humboldt-Universität bleibt in diesem Bericht (bis auf den Althistoriker Gehrke) gänzlich unberücksichtigt, weil es dort viel länger dauerte als an den anderen ostdeutschen Hochschulen, die Tür zum Westen einen Spalt breit zu öffnen. Im Hochschuljahr 1990/91 wurden allenfalls ein paar Gastdozenten eingeladen. Dann aber startete eine „Aufholjagd“ mit Neuausschreibung aller Lehrstühle. Zu spät könnte man meinen, wenn der rasante Rückgang der Studentenzahlen zum Maßstab genommen wird.
Als erste Buchpublikation über die Erfahrungen an den ostdeutschen Hochschulen erschien im Herbst 1991 der in montierter Tagebuchform abgefaßte Bericht von Johannes M. Becker über seine Gastlehrtätigkeit an der Humboldt-Universität (Politikwissenschaften) mit dem trefflichen Titel „Ein Land geht in den Westen — Die Abwicklung der DDR“. — Der erste umfassende Pressetext über das DAAD-Programm erschien am 22.4.91 in der FAZ unter dem Titel „Aufbruchstimmung bei den Studenten in Ostdeutschland“ und faßte die Kernpunkte des Evaluierungstreffens zusammen, das am 18.4. in Berlin stattgefunden hatte.
FAZ vom 21.3.91. — Durchgreifende Folgen hatte dieser Beitrag, so weit ich sehe, nicht.
Beim Besuch an einer ostdeutschen Universität im Oktober 1991 schilderte mir der Kanzler, wie im zuständigen Wissenschaftsministerium in „mehreren Fällen“ Berufungen nach „Parteibuchs-Gesichtspunkten“ erfolgten. Es waren die Parteibücher der neuen Zeit.
Einen konkreten Fall schilderte Hans U. Luther vom Institut für Südostasienwissenschaften der Humboldt-Universität. Durch den „vom Senat verordneten Kahlschlag“ müsse vermutlich in Zukunft auf „das breit gefächerte Studienangebot dieses Instituts verzichtet werden. Erhalten blieben möglicherweise nur noch „die beiden dominierenden Studiengänge ‚Vietnamistik‘ und ‚Indonesistik‘“. Das bedeute aber, „daß das Institut nun auf Studienfächer spezialisiert ist, die es auch in anderen Teilen Deutschlands zur Genüge gibt und auf diese Weise sein spezielles Profil verliert.“ (XII/91)
Bernhard Muszynski: Deutsche Vereinigung. Probleme der Integration und der Identifikation. Opladen: Leske 1991, S. 15.
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© 1993 Leske + Budrich, Opladen
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Osterhaus, A. (1993). Das Sonderprogramm „Hochschulförderung Ostdeutschland“ des DAAD im Hochschuljahr 1990/91. In: Muszynski, B. (eds) Wissenschaftstransfer in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95906-5_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95906-5_4
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