Zusammenfassung
1)Durch Patent vom 21.6.1815 nahm König Friedrich Wilhelm III. von Preußen verschiedene westfälische Gebiete, die seit 1806 zum Königreich Westfalen und zum Kaiserreich Frankreich gehört hatten, in Besitz und gliederte sie „Unseren Staaten mit allen Rechten der Landeshoheit und Oberherrlichkeit“ ein 1. Der König hielt sich damit an den Sprachgebrauch, der auch vor den preußischen Niederlagen und Reformen üblich war; das Allgemeine Landrecht war 1794 als Sekundärrecht „für die preuBischen Staaten“ erlassen worden. Als Primärrecht galt das auf Herkommen beruhende regionale Recht. Dieses Primärrecht wurde auch weiterhin gepflegt, wobei man allerdings nach 1820 höhere kodifikatorische Anforderungen stellte und Gesetzbücher fir die einzelnen Provinzen erarbeiten wollte 3.Dazu ist es im weiteren Verlauf nicht mehr gekommen. Die Provinzialrechte blieben aber ausgedünnt in Kraft; sie spielten noch in den beiden Rechtsbereinigungen in Nordrhein—Westfalen eine Rolle4.
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Anmerkungen
Belege dieser Konvenienz finden sich in T. ElfweinVerwaltung in Ostwestfalen-Lippe. Studien zur deutschen Verwaltungsgeschichte. Opladen 1992; hier wird versucht, den Übergang vom neuzeitlichen zum modernen Staat (des 19. Jahrhunderts) prinzipiell darzustellen.
Vgl. Allgemeines Landrecht für die PreuBischen Staaten von 1794. Textausgabe mit einer Einführung von H. Hattenhauer. Frankfurt/ Main 1970, und im ALR die §§ 1 bis 6 der Einleitung. Dieser Sprachgebrauch war in jener Zeit selbstverständlich; um 1780 heißt es z.B. in einer Kartenüberschrift: „Die Staaten des Fürsten von Schwarzenberg oder die Gefürstete Grafschaft Schwarzenberg, die Herrschaft Seinsheim und die gefirstete Landgrafschaft Klettgau“
Vgl. z.B. W. v Klewiz, Das Provinzial-Recht des Herzogthums Magdeburg und der Grafschaft Mansfeld altpreußischen Antheils. Im Auftrage des König. Justiz-Ministeriums für die Gesetz-Revision nach amtlichen Quellen bearbeitet von… Erster Teil: Motive. Magdeburg 1837
Vgl. Kommission zur Gesetzes- und Verwaltungsvereinfachung, Gesetzes- und Verwaltungsvereinfachung in Nordrhein—Westfalen. Bericht und Vorschläge. Köln 1983
Dazu noch immer grundlegend H. HeffterDie deutsche Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert. Geschichte der Ideen und Institutionen. Stuttgart 1950
P. BaduraStaatsphilosophie, in: E. Unger/F. Kardinal König (Hrsg.), Und wir haben doch eine Zukunft. Mensch und Natur an der Schwelle zum 3. Jahrtausend. Freiburg 1990, S. 286ff.
J. IsenseeStaat und Verfassung, in: ders. /P. Kirchhoff (Hrsg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts. Karlsruhe 1987ff., hier: Band 1
Vgl. R. KoselleckPreußen zwischen Reform und Revolution. Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung von 1791 – 1848. Stuttgart 1967
Daß man Texte des Staatskanzlers Hardenberg mit einer gewissen Vorsicht lesen muß, hat die Forschung aufgezeigt. Vgl. etwa R. Ibbeken, Preußen 1807 — 1813. Staat und Volk als Idee und als Wirklichkeit. Köln 1970, S. 254ff. In der deutschen Theorie wird die Wende vom neuzeitlichen zum modernen Staat besonders deutlich bei E. Albrecht, Rezension über Maurenbrechers Grundsätze des heutigen deutschen Staatsrechts, in: Göttingische gelehrte Anzeigen, 150. und 151. Stück (beide 1837 ), Nachdruck: Darmstadt 1962
G. KrügerEinsicht und Leidenschaft. Das Wesen des platonischen Denkens. Frankfurt/ M., 2. Aufl. 1948
O. BrunnerLand und Herrschaft. Grundfragen der territorialen Verfassungsgeschichte Südostdeutschlands im Mittelalter. Zit. nach der 3. Aufl. Brünn/München 1943, S. 124
C. SchmittStaatliche Souveränität und freies Meer. Das Reich und Europa. Hamburg 1941, S. 79ff.
H. StachowiakAllgemeine Modelltheorie. Wien/New York 1973, S. 131ff. Hier: „Modelle sind ihren Originalen nicht per se eindeutig zugeordnet. Sie erfüllen ihre Ersetzungsfunktion a) für bestimmte — erkennende und/oder handelnde, modellbenutzende Objekte, b) innerhalb bestimmter Zeitintervalle und c) unter Einschränkung auf bestimmte gedankliche oder tatsächliche Operationen“
Vgl. etwa G. MeyerLehrbuch des deutschen Staatsrechts. 5. Aufl. Leipzig 1899, S. 10ff.
Vgl. B. Wunder, Geschichte der Bürokratie in Deutschland. Frankfurt/Main 1986, und spezieller ders, Privilegierung und Disziplinierung. Die Entstehung des Berufsbeamtentums in Bayern und Württemberg. München 1978
Vgl. T Elfwein, Das Erbe der Monarchie in der deutschen Staatskrise. Zur Geschichte des Verfassungsstaates in Deutschland. München 1954
Vgl.M.vSeydelStaatsrecht des Königreichs Bayern. Freiburg 1888. Der Autor lehnt den Begriff,Bundesstaat` ab und erklärt das Reich Mr einen „Staatenbund staatsrechtlichen Charakters“ (S. 44) und übernimmt den positivistischen Staatsbegriff mit der monarchistischen Variante: Das Königtum „leitet seine Gewalt aus keiner Rechtsquelle, insbesondere aus keiner Übertragung durch das Volk oder den,Staat` ab. Es herrscht aus eigener Macht und eben deshalb kennt diese Macht kein Gebiet, das rechtlich ihrer Wirkung entzogen wäre. Die Staatsgewalt bestimmt den Umfang ihrer Thätigkeit selbst” (S. 23). S. 45: Die Gegenstände der Staatsgewalt sind: „Volk und Land, Staatsangehörige und Staatsgebiet.“
Vgl. PLabendDas Staatsrecht des Deutschen Reiches. 4 Bände, 4. Aufl. Tübingen 1901, Band 1 S. 96ff.
Weitere Beispiele dieser Art in T Elfwein (19M) a.a.O. S. 201ff.
Vgl. H. H. Hofinann, Die preußische Ära in Franken, in: ders. (Hrsg.), Die Entstehung des modernen souveränen Staates. Köln 1967
Vgl.H. H. HofmannAdelige Herrschaft und souveräner Staat. Studien über Staat und Gesellschaft in Franken und Bayern im 18. und 19. Jahrhundert. München 1962, und W vStettenDie Rechtsstellung der unmittelbaren freien Reichsritterschaft, ihre Mediatisierung und ihre Stellung in den neuen Landen dargestellt am fränkischen Kanton Odenwald. Schwäbisch Hall 1973
Vgl. E. Harung, Deutsche Verfassungsgeschichte vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Stuttgart B. Aufl. 1964
Vgl. M. Hamann, Das staatliche Werden Mecklenburgs. Köln 1962
Vgl. z.B.O. Basch/ W Neugebauer(Hrsg.), Moderne Preußische Geschichte 1648–1947. Eine Anthologie. Berlin—New York 1981, 3 Bände, und hier die historiographischen Überblicke besonders von O. BünschundM. Stürmerin Band 1 S. 3 ff. und 74 ff.
Vgl. U. Scheuner,Der Staatsgedanke Preußens, in: O?Busch 1W Neugebauer a.a.O. S. 26 ff
G.Meyera.a.O. S. 13, wo es weiter heißt: „Allgemein ist nur diese negative Bestimmung der Thätigkeit des Staates möglich. Die positive Feststellung der Staatsaufgaben kann lediglich für einen konkreten Staat und auch für diesen nicht in einer einzigen Formel, sondern nur mit genauer Untersuchung der einzelnen Gebilde des Staatslebens erfolgen.“
Reuband a.a.O. S. 53 und anderer Stelle
G. Meyer a.a.O. S. 14
O.Hintze,Staat und Verfassung. Gesammelte Abhandlungen zur Allgemeinen Verfassungsgeschichte. Hrsg. von G. Oestreich. Göttingen 2. Aufl. 1962, S. 86f.
Vgl. W.WindelbandDie Verwaltung der Markgrafschaft Baden zur Zeit Karl Friedrichs. Leipzig 1916
Vgl. E.W. Backenförde (Hrsg.), Staat und Gesellschaft. Darmstadt 1976, und T. Ellwein (1954) a.a.O.
Dazu grundlegend K. O. v. Aretin,Heiliges Römisches Reich 1776–1806. Reichsverfassung und Staatssouveränität. 2 Bände, Wiesbaden 1967
G. Meyer a.a.O. S. 13; H. Krüger Allgemeine Staatslehre. Tübingen 1964 spricht in diesem Zusammenhang vom,Prinzip der Nicht—Identifikation` (S. 760ff.), um im übrigen mit großen Teilen der Staats-und Staatsrechtslehre vor 1914 festzustellen: „In potentia, der Möglichkeit nach, ist daher jeder Staat gegenständlich allumfassend.“ Als,Staat` begrenze er sich aber selbst, indem er nur auf die Erfordernisse der,Lage` reagiere und auf,Ideologiehaftigkeit und Moralhaftigkeit` verzichte. „Der Totale Staat ist der sich identifizierende Staat.”
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Ellwein, T. (1992). Staatlichkeit im Wandel. In: Kohler-Koch, B. (eds) Staat und Demokratie in Europa. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95892-1_4
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