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Part of the book series: Gesellschaftspolitik und Staatstätigkeit ((GESPOL,volume 9))

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Zusammenfassung

Ich habe Sozialpolitik eingangs definiert als die staatlich organisierte, arbeitsmarktvermittelte Verteilung individueller und kollektiver Lebenschancen in fortgeschrittenen kapitalistischen Gesellschaften (vgl. Kap. I und II. 1.1). Mit der spanischen Politik “konzertierter De-Regulierung” des Arbeitsmarktes habe ich ein spezifisches, von den herkömmlicherweise unterschiedenen Regime-Typen wohlfahrtsstaatlicher Regulierung abweichendes sozialpolitisches Arrangement untersucht, in dem m.E gleichwohl einige Facetten des allgemeinen Strukturwandelskapitalistischer Wohlfahrtsstaatlichkeitgeradezu sinnbildlich zutage treten. Es handelt sich meiner Analyse zufolge beim spanischen Modell von Sozialpolitik um eine durch die Inpflichtnahme kollektiver gesellschaftlicher Akteure vermittelte, eine tiefgreifende Verunsicherung der individuellen Arbeitsmarktakteure hervorrufende Strategie staatlich organisierter Risiko-Umverteilung, die an der zentralen Kategorie des wohlfahrtsstaatlichen Status ansetzt. Organisierter Interessenverzicht ermöglicht den schrittweisen Abbau konstitutiver Statuselemente, eine fehlende oder nur äußerst selektiv angelegte kompensatorische Statusproduktion führt zur Partikularisierung sozialer Sicherheit und damit zur Ausweitung prekärer Individuallagen.

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Literatur

  1. Auch Víctor Pérez Díaz (1987:227–233, 1987a: 105–110, 1984:62–64) hat verschiedentlich das Konstrukt eines “implicit social contract between the working class and the ruling class” (1987: 232; Hevorh. im Orig.) als institutionelle und legitimatorische Grundlage des spanischen Demokratisierungsprozesses ausgemacht

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  2. Lockwood wie auch Maravall nehmen eine funktionalistische Ausweitung der Manschen Diskussion der Systemintegrationsproblematik als Frage des Widerspruches zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen vor und deuten sozialen Wandel allgemeiner als Veränderung in der institutionellen Struktur eines sozialen Systems, die aus deren funktionalen Unvereinbarkeit mit ihrer materiellen Basis herrührt; “a lack of functional correspondence is the core element in the explanation of social disequilibrium and social conflict” (Maravall 1973: 433).

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  3. Vgl. auch Vobruba (1991: 133, 1992: 177), der die jüngste Entwicklung in den osteuropäischen Transformationsgesellschaflen in gleicher Weise auf vorherige, politisch inszenierte Entdifferenzierungsprozesse zurückfuhrt, welche nunmehr mit einem politisch inszenierten SchubfunktionalerDifferenzierung und systemischer Spezialisierung zu überwinden versucht würden.

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  4. In der Terminologie Mückenbergers (1985: 465) ausgedrückt, werden funktionale Differenzierungsprozesse in sich widersprüchlich, wenn Arbeits- und Sozialpolitik sich nicht antizyklisch zueinander verhalten, so daß “durch den Ausbau sozialrechtlicher der Athm arbeitsrechtlicher Sicherungen zu kompensieren versucht würde”, sondern gewissermaßen prozyklisch wirken, indem einerseits “durch arbeitspolitische Normsetzung die Effektivität der Existenzsicherung nach dem überkommenen Sozialmodell abhängiger Arbeit strukturell vermindert wird”, andererseits aber keine staatlichen Bemühungen stattfinden, “sozialpolitisch vergleichbareffektive Existenzsicherung zu bewirken” (Hervorh. im Orig.).

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  5. Und der Reformstaaten Osteuropas: “Am deutlichsten sichtbar sind die politischen Bemühungen, die intensive Regulierung von Arbeit und ihre Überlastung mit sozialpolitischen Funktionen abzubauen.... Komplementäre Verrechtlichung sozialpolitischer Leistungsversprechen im Zuge der Transformationsprozesse ist dagegen weniger deutlich ausgeprägt” (Vobruba 1992:179; vgl Ferge 1991: 417, 435.)

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  6. Es ist eben dieser Dualismus (vgl. auch Vobruba 1992:174–179), der bei den sozial-wissenschaftchen Wiederbelebungsversuchen des Indibvidualisierúngparadigmasall zu häufig ignoriert wird. Es sind zuallererst politische — sozialpolitische — Regulierungen des modernen Wohlfahrtsstaates, die darüber entscheiden, “ob ein Subjekt die institutionelle Erweiterung von individuellen Handlungsspielräumen auch als Chance für die eigene Selbstbestimmung wahrnimmt und zu nutzen weiß” (Honneth 1988: 318). Sozialpolitische Regulierungslücken wie im spanischen Falle untergraben die Autonomie sozialer Akteure, bedrohen “Individualität im Sinne eigenständiger Handlungsfähigkeit” (Kohli 1989: 250). Wo aber die Individualisierungsthese unkritisch kolportiert wird, interessiert die Frage nach den “Realisationsbedingungen von Individualisierung” (Vobruba 1989a: 177) nur am Rande: “Was ‘Freiheit von’ und ‘Freiheit zu’ in ihrer bei Marx noch so starken Doppeldeutigkeit heute meint, verschwimmt mitunter... völlig” (Neckel 1989: 57).

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  7. Zentraler Bestandteil einer weichen Variante gesellschaftlicher Transformation ist für Vobruba(1991:143–152, 1991a: 11–14) die “durch Soziakpolitik gestärkte Fähigkeit zu warten” (1991:147). Das Ausbleiben umfassende Maßnahmen einer konwensatotischen Abfederung der Arbeitsrnarktflexibilisierung aber entzog der korporatistischen Strategie verlängerter Zeithorizonte längerfristig den Boden.

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  8. “Man sollte daher ihre Reifizierung, ihre Stilisierung zu Realtypen zu vermeiden suchen” (Kohl 1993: 75; Hervorh. im Orig.); vgl. ähnlich auch Offe (1993: 84).

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  9. Przeworski (1990: 203/204) weist darauf hin, daß Sozialpakte, die aus konzertierter Aktion imKontext krisenhafter Demokrattisierungsprozesse resultieren, immer exklusiv sind; vgl hierzu auch Schrnitter (1984: 365). Die im Rahmen korporatistischer Krisenregulierung sich vollzidienden sozialen Ausgrenzungsprozesse, die den korpo-ratistischen Klassenkonpromiß zu “einem Kompromiß von Minderheiten” (Krätke 1985: 90) schrumpfen lassen, sind unter dem Stichwort des selektiven Korporatismus breit diskutiert worden; vgl. bspw. Esser/Fach (1981:167–177), Esser(1982:246–252, 257–269) oder Zimmermann (1986: 12–21).

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  10. Zwar mag die sarkastische Bemerkung Lopez Gandias (1987: 90), die Bezeichnung Spaniens als Wohlfahrtsstaat’ könne durchaus auch ironisch gemeint sein (“en España hablar del ‘Welfare State? puede ser una ironia”), übertrieben erscheinen; doch gilt dasselbe für einen regierungsamtlichen Diskurs, der bereits das sozialdemokratische Modell von Wohlfahrtsstaatlichkeit am spanischen Horizont auftauchen sieht (vgl. Sotelo 1993:12). Mit Blick auf die Instrumente einer sozialen Mindestsicherung etwa kann Estivill (1993:71) nicht bestätigen, daß in Spanien bereits “ein stabiles und modernes System der öffentlichen Sozialpolitik” existiere: “Weder wenn man eine enge Definition des Wohlfahrtsstaates zugrunde legt, noch wenn man ihn in seiner Konzeption sehr weitgehend interpretiert, erweckt es nicht den Anschein, daß der spanische Staat die Grundzüge dessen aufweist, was einen Wohlfahrtsstaat charakterisiert”

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  11. Vgl., auch für die anderen südeuropäischen EG-Mitgliedsstaaten, Schulte (1993:614). Zur Unterscheidung eines universalen und eines kategorialen Ansatzes bei der Bestimmung des personellen Anwendungsbereiches von Systemen sozialer Sicherheit vgl. Trenk-Hinterberger (1993:130–132); Leitidee des — in Spanien dominanten — kategorialen Ansatzes ist die produktionspolitische Notwendigkeit der Absicherung bestimmter sozialer Risiken, weswegen “Systeme der sozialen Sicherheit, die auf einem kategorialen Grundstein aufbauen, ... den geschützten Personenkreis primär unter Rückgriff auf den Status in der Erwerbsgesellschaft bestimmen” (1993: 132).

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  12. Dies ist das Ergebnis einer vergleichenden Studie (vgl. Deleeck/Van den Bosch 1992: 115–118), die die Effektivität und Effizienz von Armutspolitiken in sieben europäischen Staaten (Belgien, Griechenland, Irland, Luxemburg, Niederlande) bzw. Regionen (Katalonien, Lothringen) untersucht “Catalonia... has by all Standards the least effective social security systems” (1993: 118) — und das, obwohl Katalonien zu den drei mit Abstand wirtschaftsstärksten Regionen Spaniens gehört (vgl. die Angaben zum regionalen BIP je Einwohner bei Alcaide Inchausti u.a. 1990: 52).

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  13. Vgl hierzu auch Kap. VI.2.3, insb. Aran. 13.

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  14. Dies beinhaltet auch, daß die neuen Spaltungstendenzen keineswegs den alten Klas-senkonflikt entlang der für mancte-etwa Luhmann (1986: 58)- “längst obsoleten Opposition” von Kapital und Albeit ablösen, vielmehr eben nur erklärbar sind, wenn man beide Dualismen in einem Bedingungsverhältnis zueinander begreift (vgl Vobruba 1988:158–163, 1989a: 165/166; Neckel 1991:170–174). Auf die Tatsache, daß der Klassenantagonismus nicht allein dadurch aufgehoben wird, daß sich seine Manifestationsform ändert, hat Offe (1972:18/19) schon vor geraumer Zeit hingewiesen: “Die Kontinuität des Widerspruchs geht durchaus mit einem Wandel der sozial-strukturellen Elemente einher, die ihn abbilden und austragen” (1972:19; Hervorh. im Orig.).

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  15. Zum integrativen Potential universalistischer Gestaltungsprinzipien in der Sozial-politik vgl. allgemein Trenk-Hinterberger(1993:142): “Universal ansetzende Systeme der sozialen Sicherheit können die Ausgrenzung von Randgruppen der Gesellschaft vermeiden bzw. die Integration von Randgruppen fördenen, insbesondere weil sich der Status des NichtVerdieners und Abweichungen von einer Standard-Erwerbsbiographie nicht a priori negativ auswirken” (Hervorh. im Orig.).

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  16. Paradigmatisch in diesem Zusammenhang ist ein am 3.4.1992 erlassenes Gesetzesdekret zur Förderung der unbefristeten Beschäftigung und Reform der Arbeitslosenversicherung (Real Decreto-Ley 1/1992, de Medidas Urgentes sobre Fomento del Empleo y Protección рог Desempleo; vgl. Escudero 1992, 1992a). Aufgrund dieser gesetzlichen Maßnahme finden befristet Beschäftigte praktisch nur noch Zugang zum Fürsorgeniveau der Arbeitslosenversicherung, das sich vom Beitragsniveau nicht nur durch seine deutlich geringeren Leistungen, sondern auch dadurch unterscheidet, daß für die Empfänger derselben z.B. keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet werden — wo doch deren Mindestbeitragszeiten in den achtziger Jahren stark angehoben worden waren (vgl. ausführlich Escudero 1992a: 74–80, 89–91). Andererseits befindet sich gegenwärtig ein Gesetzesvorhaben zur Reform des Arbeiterstatuts in der parlamentarischen Debatte, das neben der Ausweitung der betriebsbedingten Kündigungsgründe und der Abschaffung der behördlichen Genehmigungspflicht kollektiver Entlassungen auch die Abkehr vom bislang noch positivrechtlich verankerten Vorrang der unbefiisteten Beschäftigung vorsieht (vgl. hika 43/1994; EL PAIS vom 20.3. 1994).

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  17. Zum Projekt einer über den demokratischen Staat vermittelten Einwirkung der Gesellschaft auf sich selbst vgl. ausführlich Offe (1984b: 250/251, 1987b: 314–316).

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  18. “El problema de Espana es que, sin damos cuenta, hemos empezado el Camino de vuelta sin haber ido” (vgl. EL PAIS vom 28.10.1992).

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  19. Was Przeworski (1990: 208) mit Blick auf die postkommunistischen Staaten Osteuropas konstatiert, gilt insofern für Europa insgesamt: “Natürlich soll das nicht heißen, daß die Zukunft aller dieser Länder dieselbe sein wind. Die Umstände struktu-rieren die Konflikte nur, sie treffen keine Entscheidungen Aber die Struktur der Entscheidungen ist überall dieselbe.”

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Lessenich, S. (1995). Schluss. In: Wohlfahrtsstaat, Arbeitsmarkt und Sozialpolitik in Spanien. Gesellschaftspolitik und Staatstätigkeit, vol 9. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95765-8_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95765-8_7

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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