Zusammenfassung
Auf einer Tagung Freier Wohlfahrtsverbände sagt ein Teilnehmer zum anderen: „Wie erzeugt man ein hohes ethisches Bewusstsein in sozialen Institutionen? — Man kürzt ihnen 25% der Mittel.“ Dieser zynisch anmutende Scherz verdeutlicht das Spannungsfeld, in dem sich soziale Institutionen heute befinden: Die zunehmende Einführung ökonomischer Steuerungskriterien im Wohlfahrtssektor verlangt grundlegende Änderungen von den einzelnen Institutionen und Leistungserbringern. Es scheint so, als wären Institutionen des Sozial- und Gesundheitswesens im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ethik mehr und mehr auf der Seite der Reagierenden zu finden. Obwohl die subsidiäre Trägerstruktur der bundesdeutschen Wohlfahrtsstaatlichkeit als Inbegriff verteilender Solidarität gilt, wird ihre Legitimität mittlerweile aus ökonomischer wie ethischer Perspektive hinterfragt. Es sind die verschiedensten Akteure, welche die Träger von Gesundheits- und Sozialleistungen unter Druck (Zugzwang) setzen. Von der Seite privater Anbieter und der Kunden wird eine verstärkte Öffnung des Wohlfahrtssektors in Richtung eines Sozialmarktes gefordert; dies wird zumeist mit der Begründung unterlegt, eine erhöhte Marktorientierung und mehr Wettbewerb würden zu mehr Effizienz führen. Dachorganisationen setzen mit Nachdruck die Einführung moderner Managementmethoden und betriebswirtschaftlicher Organisation in sozialen Unternehmen durch. Der Gesetzgeber fordert innerbetriebliche Strukturveränderungen, die zu Veränderungen der professionellen Dienstleistungserbringung führen, was besonders an den Reformen im Gesundheitssystem abgelesen werden kann.
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Eurich, J., Brink, A., Hädrich, J., Langer, A., Schröder, P. (2005). Einleitende Überlegungen zur Reform der sozialen Sicherung zwischen Gerechtigkeit, Solidarität und Ökonomie. In: Eurich, J., Brink, A., Hädrich, J., Langer, A., Schröder, P. (eds) Soziale Institutionen zwischen Markt und Moral. Forschung Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95696-5_1
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