Zusammenfassung
In der folgenden Bilanz werde ich die Grundlinien der sozialstrukturellen Entwicklung in der alten Bundesrepublik, in der DDR und im vereinten Deutschland, die in den vorangehenden Kapiteln im Detail dargestellt wurden, stark komprimiert zusammenfassen. Gleichzeitig interpretiere ich sie im Rahmen der neueren Varianten der Modernisierungstheorie. Diese befasst sich „vornehmlich mit tiefgreifenden Wandlungsprozessen langfristiger Art, die zumindest ex post eine klare Richtung haben“(Zapf 2001, 493). Die Konzepte „moderne Gesellschaft“und „Modernisierung“sind weder eindeutig noch unumstritten. Insbesondere unter Ostdeutschen stößt die modernisierungstheoretische Perspektive auf Vorbehalte: ihr „Westzentrismus“kollidiert mit ostdeutschen Befindlichkeiten, denn sie rückt die „Rückschrittlichkeit“in Ostdeutschland und die Grundtendenz zur „Anpassung an den fortschrittlichen West“ins Zentrum und nicht so sehr die ostdeutschen Besonderheiten und deren Überleben bzw. Herausbildung (vgl. z. B. Reißig 1998, 315 ff.). Dennoch ist sie besser als andere Begriffe und Theorien in der Lage, wichtige Entwicklungstendenzen der Sozialstruktur im geteilten Deutschland zu bündeln und zu vergleichen sowie den sozialstrukturellen Wandel im vereinten Deutschland — die relative Kontinuität im Westen und die starken Umbrüche im Osten — zu beschreiben, zu verstehen und zu erklären. Die Renaissance der Modernisierungskonzepte seit den 80er Jahren — insbesondere nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Systeme — kommt nicht von ungefähr. l
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Anmerkungen
Vgl. die Sammelbände zur Modernisierung von Berger 1986 und Zapf 1991 a sowie die Überblicke und Beiträge zur neueren Modernisierungsdiskussion von Zapf 1996 und 2001 sowie Berger 1996.
Vgl. insbesondere Parsons 1972.
Eine Kritik an den modernen Varianten der Modernisierungstheorie aus der Perspektive einer allgemeinen soziologischen Theorie bei Schmidt/Weihrich 2001.
Vgl. dazu Wittich 1994, 150 ff. sowie die allgemeinen Überlegungen zu dieser Problematik von Hradil 1992b.
2000 hielten es 90% der Westdeutschen und 88% der Ostdeutschen für „richtig, dass Deutschland wiedervereinigt wurde“. In den neuen Ländern fühlten sich im Jahr 2000 71% in erster Linie als „Deutsche“(1993: 48%) und nur 27% (1993: 51%) in erster Linie als „Ostdeutsche“; in den alten Ländern stuften sich 87% als „Deutsche“und 10% als „Westdeutsche“ein (Gensicke 2001, 399 f.). Winkler (1999a) interpretiert verschiedene Surveydaten erheblich skeptischer; er gewichtet das Defizitäre und Trennende sehr stark und spricht von einer „Vereinigung weitgehend ohne Integration und Identifikation“(S. 16).
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Geißler, R. (2002). Grundlinien der Entwicklung zu einer modernen Sozialstruktur. In: Die Sozialstruktur Deutschlands. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95667-5_16
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95667-5_16
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-32923-9
Online ISBN: 978-3-322-95667-5
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