Zusammenfassung
Was immer man sich unter „Wirtschaften” konkret vorstellt, es ist nur in der Gesellschaft möglich, und wirtschaftliches Handeln ist damit zugleich auch immer soziales Handeln. Umgekehrt gilt nicht, daß soziales, also, einer Definition Webers folgend, sinnhaft auf das Handeln anderer bezogenes Handeln, immer auch wirtschaftliches Handeln ist. Akzeptiert man diesen Grundsatz, dann wäre eine betriebswirtschafdiche Theorie der Unternehmung immer nur so gut, wie sie an den Erkenntnisstand der Theorie der Gesellschaft angepaßt und anschlußfahig ist.1
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Literatur
Eine derartige These entbehrt keineswegs einer sachlichen Grundlage, denn als für die Zukunft der Betriebswirtschaftslehre wichtig genannt werden „gesellschaftliche” Themen wie „Globalisierung der Wirtschaft”, „Intensivierung des internationalen Wettbewerbs”, „Ausbreitung der sozialen Marktwirtschaft”, „zunehmende Frauenarbeit” und „ökologisches Bewußtsein” (Albach 1993, S. 18). Keineswegs wird unterstellt, die Betriebswirtschaftslehre könne diese Probleme allein lösen, denn: „Es handelt sich um Probleme, deren Lösung einen interdisziplinären Ansatz verlangt” (Albach 1993, S. 22). D. h. selbstverständlich nicht, daß die Betriebswirtschaftslehre ihre Eigenständigkeit als Wissenschaft aufgeben muß, gefordert ist lediglich, wie Gutenberg (1989, S. 158) formulierte, „Kommunikation auf der Basis höchstmöglichen interdisziplinären Sachverstandes”.
S.a. den Beitrag von Martens in diesem Band.
Also nicht gesellschaftstheoretisch; siehe dazu die Beiträge von Pirker und Kappelhoff in diesem Band sowie speziell den Überblick zur zeitgenössischen Theorie der Unternehmung bei Schoppe et al. (1995). Es handelt sich dabei um eine Vorordnung des Individuums gegenüber der Gesellschaft bzw. jedweder Form sozialer Ordnung.
Vgl. die Beiträge von Ortmann/Sydow/Türk, Wieland und Pirker in diesem Band.
Es gibt Ausnahmen, u.a. Ulrich (1986), Kirsch (1990; 1992) und Ortmann (1995a), die allerdings in den theoriesystematischen Intentionen und in den Anknüpfungspunkten, so Ulrich mit der Theorie des Kommunikativen Handelns (Habermas 1981), Kirsch mit ebenderselben und der Theorie sozialer Systeme (Luhmann 1984) sowie Ortmann mit Struktu-rationstheorie (Giddens 1984a) unterschiedliche Wege beschreiten. Zu Giddens vgl. auch die Übersicht in dem Beitrag von Ortmann, Sydow und Windeler in diesem Band.
Ähnlich den in Abschnitt 4 diskutierten Modellen zur Bildung von Unternehmungszielen.
Ein statistisch belegbares Phänomen: seit dem Ende des 2. Weltkriegs liegt das Wachstum des internationalen Handels beständig über dem der Produktion von Gütern und Dienstleistungen. Demzufolge hat sich das Welthandelsvolumen gegenüber 1950 verfünfzehnfacht, das Volumen der Produktion hat sich im gleichen Zeitraum versechsfacht (Quelle: WTO Annual Report 1995).
In aller Munde, aber ungleich schwerer zu belegen. Rechnungen, die behaupten, daß sich das „Weltwissen” alle fünf Jahre verdoppelt, beziehen sich allein auf die Speicherkapazität von Rechnern, die Programme der Medien, die Menge an bedrucktem Papier etc.. Das heißt aber noch lange nicht, daß tatsächlich über ein „Mehr” an Wissen verfügt und soziale Praktiken dadurch bestimmt werden. Wir unterstellen, daß das, wenn auch in einem weit geringeren, aber dennoch signifikanten Ausmaß so ist und gehen darüber hinaus auch davon aus, daß beide Phänomene miteinander zusammenhängen. Wir unterstellen weiter, daß die Ausweitung technologischer Kapazitäten zur Kommunikation und selbstverständlich auch die des Transportes physischer Güter logische und reale Voraussetzung der Globalisierung der Wirtschaft sind. Ferner wird angenommen, daß wirtschaftliches Handeln sich auf die Produktion und den Austausch von Gütern und Leistungen sinnhaft: bezieht und sich nicht nur begrifflich, sondern gleichzeitig auch empirisch von anderen Formen sozialen Handelns unterscheiden läßt. Wir folgen damit einer Beschreibung der modernen Gesellschaft als funktional differenzierte Gesellschaft sensu Parsons (1976) oder sensu Luhmann (1984). Damit ist nicht ausgeschlossen, sondern impliziert, daß es Konflikte, Ungleichgewichte, Elend und Katastrophen sowie Verantwortlichkeiten dafür gibt und daß die Dominanz der Organisationsförmigkeit der Koordination von Handlungen damit etwas zu tun haben kann (Türk 1995a). Die Begründung für eine Konjunktur ökonomischer Betrachtungsweisen aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen liegt insbesondere darin, daß die Weltwirtschaft als Teilsystem der Weltgesellschaft einen evolutionären Vorsprung im Sinne von Tempovorteilen hinsichtlich der Möglichkeit der Koordination sozialen Handelns besitzt Das heißt, daß wirtschaftliches Handeln weltweit schneller koordiniert und organisiert werden kann als politisches, und daß der Schluß, den Ökonomen daraus ziehen, nämlich die Lösung von immer mehr Problemen der Koordination sozialen Handelns unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu sehen, an den eigentlichen Strukturproblemen der Weltgesellschaft: vorbeigehen könnte.
Konstruktivistische Erkenntnistheorien besagen demgegenüber, daß alle Erkenntnis der Welt Konstruktion von Erkenntnis in der Welt ist (Maturana 1985; Schmidt 1987a; Luh-mann 1990a). Sie plädieren nicht mehr, wie die traditionelle Epistemologie, für eine hierar-chische Position oberhalb der Welt und außerhalb der Gesellschaft. Die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis verschiebt sich dann aus dem Jenseits transzendental- und subjektphilosophischer Überlegungen in das Diesseits neurologischer und psychologischer Theorien der Wahrnehmung und Verarbeitung von Wahrnehmungen (Maturana 1985) sowie auf Bemühungen der Wissensoziologie, darüber aufzuklären, wie aus Wahrnehmungen Berichte über Wahrnehmungen und aus diesen mehr oder weniger begrenzt gültige Wahrheiten werden (Knorr Cetina 1988; Luhmann 1990).
Das gilt nicht nur in bezug auf Prognosen, sondern auch ganz praktisch bei der Frage der Konstruktion solcher Verschiebungen in Geldgrößen — wozu sonst Theorie und Praxis des Rechnungswesens? Es handelt sich mithin nicht um objektive Gegebenheiten, die einfach entdeckt werden können.
Die Erkenntnismöglichkeiten bezüglich der typischen Verläufe von Produktionsfunktionen in Einzelunternehmungen sind mit der Produktionstheorie Gutenbergs weitgehend ausgeschöpft. Dies gilt auch hinsichtlich der „neuen Produktionsformen” bzw. hinsichtlich der „flexiblen Spezialisierung”, bei Gutenberg abgebildet durch die Produktionsfunktion vom Typ C. Mit Spannung sieht man hingegen der Übertragung der Produktionstheorie und der Theorien des Rechnungswesens auf die Steuerung von Unternehmungsnetzwerken entgegen (Picot et al. 1996).
Die Betriebswirtschaftslehre ist insofern auch eher eine Wissenschaft des „Als-Ob” in dem von Gutenberg in Anlehnung an Vaihinger definierten Sinn geblieben, nur hat sie anscheinend vergessen, daß es sich hier um Konstruktion von Wirküchkeit handelt Die Theorien der rationalen Wahl und Vertragstheorien sind nicht auf die historische Entwicklung der Gesellschaft bezogen, sondern ordnen ihr Konzept von individuellem Handeln und Rationalität dieser vor. Vgl. den Beitrag von Türk in diesem Band.
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Witt, F.H. (1997). Organisation und Gesellschaft in der Theorie der Unternehmung. In: Ortmann, G., Sydow, J., Türk, K. (eds) Theorien der Organisation. Organisation und Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95661-3_20
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