Zusammenfassung
Die modernen Nationalstaaten und Staatsnationen unterliegen exogenen Herausforderungen, auf die sie mit „nationalem Wandel“ reagieren können. Die Persistenz der Nationen in nationalem Wandel hat dazu geführt, daß die Nation, als die größte politische Vergemeinschaftung (G. Smith 1981, 198) von Menschen, zu einem universellen Typus geworden ist. Es gibt kaum noch einen planetaren Raum, der nicht national strukturiert ist. Die universelle Verbreitung der nationalen Gemeinschaften erlaubt es, von einer Globalisierung nationaler Strukturen zu sprechen: der politische Globus ist national aufgeteilt und national gegliedert. Die Nation hat sich — in staatsnationaler und nationalstaatlicher Gestalt, in kontinental- und kulturräumlich verschiedener Form — im Weltmaßstab durchgesetzt. Die Nationen „englobieren“ die Welt. Das Prinzip Nation kommt in dieser universell erfolgreichen Gestalt zum Ausdruck.
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Anmerkungen
„Zur Lage der Nation im geteilten Deutschland“, Bonn 1983, S. 38f.
So spricht K.-U. v. Hassel vom Europäischen Parlament als vom „Sprachrohr der Völker und Bürger“, in: Das Parlament 33/23–33; 13.–20.8.1983/S. 1; W. Conze 1964/15 und K. D. Erdmann 1956, 7f. und 13f.
F. Ermarcora: Allgemeine Staatslehre, 2. Bd., Berlin 1970, S. 1196;
M. Zuleeg: Von den Grenzen nationaler Souveräntität und der Begrenzung europäischer Macht. Das EG-Paradebeispiel für eine supranationale Organisation, in: Das Parlament, August 1983, a.a.O., S. 6. Kitt der Integration u. der Zusammenarbeit sei das Interesse der Mitgliedstaaten am Fortbestehen der EG, heißt es nüchtern bei Zuleeg.
Vgl. G.Ress (Hrsg.): Souveränitätsverständnis in europäischen Gemeinschaften, Baden-Baden 1980
Dazu W. Wassmund: Grundzüge der Weltpolitik. Daten und Tendenzen von 1945 bis zur Gegenwart, München 1982, S. 143
H. P. Ipsen: Über Supranationalität, in: Fs. f. U. Scheuner zum 70. Geburtstag, hrsg. v. H. Ehmke u. a., Berlin 1973, S. 221–225, hier S. 223f.
Ebd., S. 216. In diesem Sinn kann die Montanunion und die europ. Atomgemeinschaft. Euratom, verstanden werden.
H.Hotze: Skandal Europa. 25 Jahre Europäische Gemeinschaft oder: Wie sich eine Idee zu Tode subventioniert, München 1982;
F. Rosenstiel: Supranationalität: Eine Politik des Unpolitischen, Köln 1964, S. 165 heißt es: „Über die europäischen Gemeinschaften gibt es zahlreiche Untersuchungen. Sie alle analysieren, zergliedern, vergleichen, messen und dosieren. Auf der letzten Seite lassen sie aber den Leser mit einem Prinzip der „Supranationalität‘ allein ...“ Und auf S. 32 ist ebenfalls nicht unrichtig: „Die Beziehung zwischen den Exekutivorganen der Gemeinschaften und den die nationalen Souveränitäten vertretenden Räten oder Kollegien bezeugen auf die Dauer Verhaltensweisen und „Gegenverhaltensweisen‘, die diese Organisationen mit einer entgegengesetzten Bestimmung in einer Art von Dialog erstarren lassen, der von Konformismus und Statik geprägt ist.“
K. D. Bracher: Stets existenziell betroffen. Die Teilung — das besondere Problem der Deutschen in der EG, in: Das Parlament Nr. 12 v. 26.3.83, S. 3
Die Welt vom 26.3.77
F.W. Henning: Das vorindustrielle Deutschland 800 bis 1800, Paderborn 31977, S. 185ff. (Vgl. auch die Arbeiten I. Wallersteins, dazu die Kritik bei R. Bendix: Rationalismus und Historismus in den Sozialwissenschaften, in ders. 1982, 24ff.)
C.Schmitt, 1978, a.a.O., Vgl. ders.: Der Nomos der Erde, Berlin 1950 und: Die Einheit der Welt, in: Merkur v. Januar 1952
R.Meyers: Weltpolitik in Grundbegriffen, Bd. I: Ein lehr- und ideengeschichtlicher Grundriß, Düsseldorf 1979, S. 216ff.;
K.Kaiser: Theorie der internationalen Politik, in: K. D. Bracher, E. Fraenkel (Hrsg.): Internationale Beziehungen, Frankfurt 1969, S. 275;
J. S. Nye jr./R. D. Keohane: Transnationale Beziehungen und Weltpolitilc, in: H. Haftendorn (Hrsg. u. a.): Theorie der internationalen Politik, Hamburg 1975, S. 83;
W.Boeck: Internationale Beziehungen, Freiburg/Würzburg 1981 (5. A.), S. 12
Wassmund, a.a.O., S. 123
K. M.Schellhorn: Der Staat, die wichtigste Aktionseinheit in der internationalen Politik, in: G.-K. Kindermann (Hrsg.): Grundelemente der Weltpolitik, München 1977, S. 101
Bühl, a.a.O., S. 113. Bühl bestreitet nicht, daß die Staaten „und ihre Verbände ... die Hauptakteure der internationalen Politik sind“, ebd., S. 128
Nye, a.a.O., S. 74. „Die transnationalen Beziehungen sind nichts Neues, aber die Zunahme transnationaler Organisationen im 20. Jahrhundert ist spektakulär“, S. 83, ähnlich H. Haftendorn, S. 13
In der Bundesrepublik ist dieser Aspekt besonders für den Osthandel zutreffend.
Aus: Wissenschaftszentrum Berlin, Jahresbericht 1981, S. 53
G.-K.Kindermann: Zur Methode und Analyse zwischenstaatlicher Politik, in ders.: Grundelemente, a.a.O., S. 49f. und S. 65
Mit der westlichen Illusion vom „Ende der Ideologien“ ist die oberflächliche Beurteilung von Hitlers „Mein Kampf4 vor 1933 vergleichbar.
F.Ryshenko: Friedliche Koexistenz und Klassenkampf, in: Prawda von Ende August 1973, zitiert nach M. S. Voslenskij: Das Prinzip der friedlichen Koexistenz, in: H. Haftendorn, a.a. O., S. 188;
Vgl. auch B. Willms: Politische Koexistenz. Zur Theorie des Ost-West-Konflikts, Paderborn 1982
H. Mommsen: Sozialistische Arbeiterbewegung, in: H. A. Winkler 1978, 87ff.
Lenin-Werke (LW) — 22, S. 148, und LW — 20, S. 460 und 13
Nach B.Lewytzkyi: Sovetskij narod — Das Sowjetvolk. Nationalitätenpolitik als Instrument des Sowjetimperialismus, Hamburg 1983, S. 27. Darin wird auch auf zwei Diskussionen eingegangen, die (1979 u. 1980) unter der Leitung von J.V. Bromlej (Vgl. Kap. „Ethnizität“) und P. N. Fedoseev (Vizepräsident der Ak. d. Wiss. d. UdSSR) standen. Fedoseev „leitete“ auch das „Autorenkollektiv“, das den Band verfaßte: Der Leninismus und die nationale Frage in der Gegenwart, Moskau 1974 (dt.), darin zum „Sowjetvolk“ S. 476ff.
Vgl. dazu auch die weiteren Literaturangaben bei Lewytzkyi und seine eigene, sehr zitaten-reiche Arbeit, S. 166, 31, 67, 83, 88f., 128
Bühl vergleicht, vor der Entwicklung zum „Sowjetvolk“, die amerikanische und sowjetische weltgesellschaftliche Tendenz: „Es mag zwar das Leitbild der Vereinigten Staaten wie der Sowjetunion sein, nach innen eine homogene, nicht durch gravierende Klassendifferenzen gespaltene Gesellschaft und nach außen eine einheitliche, alle nationalen Eigenheiten übergreifende Weltgesellschaft aufzubauen. Beide Kulturen sind im Grunde „materialistische“ Kulturen: die materielle und industrielle Basis wird zugleich als die Grundlage aller Vergesellschaftung angesehen. Ob diese Entwicklung nun durch Ausdehnung einer liberalen Marktgesellschaft oder durch die von den Kommunisten angestrebte Weltrevolution bewirkt werden soll, ist dabei nicht so entscheidend. Gefährlich ist das Leitbild der Weltgesellschaft, verstanden als unmittelbares Entwicklungsziel, aber auf jeden Fall: Im Extremfall dient es dazu, die Liquidation ganzer Schichten und die Deportation und Denationalisierung von gewachsenen Nationalitäten, die diesem Ziel im Wege stehen, als „notwendiges Opfer“ zu rechtfertigen; im andern Fall werden die auftretenden ungleichen Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnisse als unvermeidliche Folge der zwar anerkannten, aber als Störumg empfundenen nationalen Eigenheiten erklärt. Kennzeichnend für beide Vorstellungen ist es, daß sie nicht etwa in einer tatsächlichen Öffnung zur Weltgesellschaft, sondern in einer selbstgewählten Isolierung entstanden sind. Beide sind bestimmt vom puritanischen oder vom orthodox-messianistischen Rückzug vom heterogenen, von Widersprüchen geschüttelten und „verfaulenden“ alten Europa.“, W. Bühl 1970, 162
E. Schulin 1974 (Einleitung), S. 23f. Richtung und Sinn der Menschheitsgeschichte zu kennen behaupten, ist etwas anderes, als mit bestimmten Erkenntnisinteressen Universalgeschichte zu betreiben.
G. Barraclough: Vom europäischen Mächtegleichgewicht zum Zeitalter der Weltpolitik (21971), in: Schulin: a.a.O., S. 359. Barraclough zeigt die eurozentrische Schwäche auf, Weltpolitik jenseits von Europa nicht wahrzunehmen, was auch an der Überreaktion auf die Entwicklung des zweiten deutschen Reiches (bes. im 20. Jh.) abzulesen sei.
A. Rüstow: Rede und Antwort, Ludwigshafen 1963, S. 309
C. J. Hayes: Nationalismus, Leipzig 1929 (Übs.), S. 229, wo es heißt: „Ich würde kein Vergnügen daran finden zu sehen, wie jede Äußerung der Zivilisation, an die ich daheim gewöhnt bin, in jeder Stadt in Frankreich, Holland, Rußland, in der Türkei, in Indien, Abessinien und Japan photographisch reproduziert wird. Ich habe keinerlei Vorliebe für eine absolute Uniformität . .. Wenn die industrielle Revolution überall den Sinn für heimatliche Eigenart vernichtet und die gleiche Art Stein- und Eisenbau in Asien und Afrika wie in Europa und Amerika errichtet, wenn die Gaststätten in der ganzen Welt in gleicher Weise dieselbe Art Mittagessen ... auftischen, wenn die Menschen überall in der Welt sich gleich häßlich kleiden, so ist es mehr denn je und gerade heute ein Trost, daß die Nationalität noch immer erfreulicherweise und in gesunden Formen die Aufgabe auf sich nimmt und auch leistet, wenigstens kleinere Unterschiede in der Zivilisation und Kultur zu betonen.“ Am anderen Ende steht die Auflösung der Welt und ihrer Individuationen durch ihre Individualisierung, Vgl. dazu die philos. Kritik bei H. O. Ziegler, a.a.O., S. 154 u. ö.
Vgl. dazu H. Heller: Sozialismus und Nation, Berlin 1931, S. 101 ; B. Willms: Polit. Koexistenz, a.a.O., S. 45
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Mayer, T. (1987). Weltgesellschaft oder nationales Pluriversum?. In: Prinzip Nation. Forschungstexte Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, vol 16. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95587-6_14
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