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Die Ökologiebewegung unserer Zeit und ihre Moral am Beispiel eines lokalen Bewegungssegments

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Ökologische Moral
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Zusammenfassung

Die heutige Ökologiebewegung hat sich in großem Umfang ausdifferenziert. Es gibt eine unübersehbar große Zahl von Umweltverbänden,1 von denen sich manche eher dem Naturschutz (z.B. der Naturschutzbund Deutschland) und einige eher dem Umweltschutz (z.B. der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland) widmen. Den einen geht es dabei um das gesamte Spektrum von Umweltfragen (z.B. dem Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland), während sich andere von vornherein auf ganz bestimmte Umweltschutzthemen konzentrieren (z.B. der Verkehrsclub Deutschland). Überdies gibt es Verbände, die sich auf bestimmte Akteurstypen spezialisieren. Dazu gehören etwa ökologische Jugendverbände, die eigens auf junge Umweltschützer und Umweltschützerinnen zugeschnitten sind (z.B. die Deutsche Waldjugend), und auch die ökologischen Dachverbände sind hier zu nennen, die Umweltverbände — als kollektive Akteure — zusammenführen (z.B. der Deutsche Naturschutzring). Selbst die Reichweite der Verbände ist unterschiedlich: manche operieren auf Bundesland- (z.B. der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg), manche auf Bundes- (z.B. die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald) und manche auf internationaler Ebene (z.B. Robin Wood, Greenpeace). Neben Verbänden gibt es verschiedene ökologische Parteien und Wählervereinigungen, die sich jeweils durch ihre Position auf dem Links-Rechts-Schema voneinander unterscheiden. Arbeitskreise in nicht primär ökologisch ausgerichteten Verbänden2 oder Parteien können der Ökologiebewegung zugerechnet werden, wenn sie sich der Bewegung zugehörig fiihlen.3 Gleiches gilt für Ökologiegruppen in Institutionen wie Kirchen und Schulen (von der Grundschule bis zur Hochschule). Daneben sind die zahlreichen kleinen, unabhängigen (und nur zum Teil als Verein organisierten) ökologischen Bürgerinitiativen zu nennen, die sich vor Ort gegen bestimmte Naturzerstörungen und Umweltverschmutzungen wehren.4 Darüber hinaus gibt es bewegungsnahe Forschungseinrichtungen,5 die den Stand von Umweltzerstörungen analysieren, die Notwendigkeit von Umweltschutzmaßnahmen begründen und umweltfreundliche Alternativen, entwickeln. Umweltstiftungen sind entstanden, um ökologische Forschungsvorhaben und konkrete Umweltschutzprojekte fördern zu können. Für die Verbreitung ökologischen Wissens sorgen zahlreiche — bewegungsnahe — Zeitschriften, Mitgliederzeitschriften von Umweltschutzverbänden und von der Bewegung eingerichtete Umweltbibliotheken (einschließlich ökologischer Mailbox-Systeme).

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Literatur

  1. Zu bewegungsnahen Forschungseinrichtungen wie dem Öko-Institut vgl. Müschen (1990) und Öko-Institut (1996).

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  2. Welche große Bedeutung der Medienarbeit zugemessen wird, verdeutlichen die Broschüren von Hilgenstock (1991) und RiegerBühler (1993), die sich als Ratgeber und Wegweiser fMr Bürgerinitiativen verstehen. Als wissenschaftliche Analysen zum Thema Medien und soziale Bewegungen sind die Arbeiten von Stamm (1988; 1989) sowie die Themenhefte “Medien und Neue Soziale Bewegungen” bzw. “Soziale Bewegungen und Medien” des Forschungsjournals Neue Soziale Bewegungen, 2 (1989) und 9 (1996), zu erwähnen. Für die Öffentlichkeitsarbeit speziell in der Ökologiebewegung vgl. Kunz (1989) und Rossman (1993).

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  3. Vgl. dazu die interessanten Ausfuhrungen Simmels ‘Ober räumliche Projektionen socialer Formen’: Das ’Haus der Gemeinschaft’ ist “als Wohn-oder Versammlungsstätte der räumliche Ausdruck ihrer sociologischen Energien” (Simmel 1903, 294).

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  4. Vgl. Bacher et al. (1990, 96) Mr das lokale Bewegungssegment Münchens: “Viele Mitglieder der jüngeren Gruppen kommen aus dem alternativen Spektrum, sind gleichzeitig oder waren vorher bei anderen Initiativen tätig.”

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  5. Dieses Phänomen kann auch in Gruppen anderer ökologischer Bewegungssegmente festgestellt werden. Nit-tel ( 1993, 13) untersuchte eine “TU WAS”-Gruppe in Bayern und stellte fest, daß “der Ablauf der Gruppenstunde überraschenderweise ein hohes Maß an formaler Ordnung” aufweist. An anderer Stelle spricht er von einem stark ‘sachorientierten Kommunikationsstil’ (Nittel 1993, 20), wobei er spekuliert, daß “die Existenz einer Tagesordnung allein kein hinreichender Grund dafür sein kann, daß die Gruppe in ihrem Diskussionsstil in einem so hohen Maße zielgerichtet und diszipliniert vorgeht” (a.a.O.). Nittel stützt seine Untersuchung auf eine einzige Gruppensitzung. Er vermutet “daß die Gruppe im Laufe ihres sechsjährigen Bestehens eine transparente und zugleich recht effektive Diskussionskultur über Aushandlungsprozesse entwickelt” (a.a.O.) hat.

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  6. Ähnlichkeiten zu Schelers Milieubegriff sind nicht zu übersehen. Gemäß Scheler (1966, 155) konstituiert sich ein Milieu, indem seine Mitglieder im gemeinsamen ‘Vollzug des Handelns’ ein bestimmtes Wissen bzw. eine bestimmte Wirklichkeitsdeutung erwerben.

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  7. Hierin sind stark verfestigte, ‘kommunikative Gattungen’, weniger verfestigte, ‘kommunikative Muster’ und ’spontane kommunikative Handlungen’ eingeschlossen (vgl. Luckmann 1986a, 206).

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  8. Zum gesellschaftlichen Relevanzsystem und Wissensvorrat vgl. Schütz/Luckmann (1979, 293–392).

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  9. Dieses Phanomen kann nicht nur in der hier untersuchten lokalen Ökoszene beobachtet werden. Nittel (1993, 14) schreibt in seiner Studie über “TU WAS”-Gruppen: “Die Vermittlung von Wissen spielt - selbst dort, wo es vordergründig nur um organisatorische Fragen geht - in den einzelnen Segmenten eine große Rolle.”

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  10. Die Akteure vertilgen über hohe formale Bildungsqualifikationen, die sie dazu befähigen, sich mit wissenschaftlichen Arbeiten auseinanderzusetzen. Zudem ist der Anteil naturwissenschaftlich ausgebildeter Umweltschützer und Umweltschützerinnen besonders hoch (vgl. Kapitel 5.1). Dies ist nicht nur für das hier untersuchte lokale Bewegungssegment zutreffend. Vgl. Bacher et al. (1990, 96), die Gleiches für die Münchner Ökoszene konstatieren.

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  11. Zur kommunikativen Form der Belehrung in Alltagsgesprächen vgl. Keppler (1987b; 1989) und Keppler/Luckmann (1991).

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  12. Dieses Phänomen zeigt sich offensichtlich auch andernorts. Schenk (1982, 178) untersuchte zwei Bürgerinitiativen einer bundesdeutschen ‘mittleren Großstadt’ unter netzwerkanalytischen Gesichtspunkten und stellte fest, daß Kernmitglieder der Gruppen ein höheres Niveau in bezug auf Wissen haben als die übrigen Mitglieder.

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  13. Nittel (1993, 6), dessen Studie oben bereits mehrfach erwähnt wurde, konnte ebenfalls eine starke, auf die Öffentlichkeit bezogene Handlungsorientierung feststellen. Sie auch Bacher et al. (1990, 93; 1991, 90), die auf die zentrale Stellung hinweisen, die die Öffentlichkeitsarbeit in Münchner Gruppen hat.

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  14. Vgl. exemplarisch das Transkript ‘Demeter’ im Abschnitt zur Entrüstung (Kapitel 5.2.2.1). Metakommunikative Kommentare sind sowohl zu Beginn als auch am Ende der Einschübe möglich. Siehe auch Jefferson (1972) zum Phänomen der ’Side sequences’.

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  15. Dies konnte während der Zeit des Golfkrieges beobachtet werden, der in den Untersuchungszeitraum fiel (Januar/Februar 1991). Zu Kriegsbeginn verwendeten manche Gruppen ein bis zwei Arbeitstreffen darauf, relativ expressiv über die Situation zu klagen. Bei dieser Art Gruppenaktivität handelte es sich indes um eine Ausnahme (vgl. das Transkript’Arme Vögel’ im Abschnitt zum Sich-Beklagen, Kapitel 5.2.2.1). Unter gewissen Umständen kann das Sich-Beklagen in Ökologiegruppen einen offiziellen Charakter haben. So klagten etwa Vereinsvorsitzende im Rahmen von Jahreshauptversammlungen in ihren offiziellen Ansprachen über die aktuelle Umweltsituation (vgl. dazu das Transkript’Sensible Fließgewässer’ im Abschnitt zum Sich-Beklagen, Kapitel 5.2.2.1).

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  16. Das Verständnis von Prosodie entspricht hier dem von Couper-Kuhlen/Selting (1996).

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  17. Unter Rhythmus wird im Sinne von Couper-Kuhlen (1992; 1993 ) eine prosodische Prominenz in regelmäßigen Zeitabständen verstanden. Die Stakkato-Sprechweise ist ein Spezialfall des rhythmischen Sprechens. Zum Rhythmus kommt hier hinzu, daß die betonten Silben stark voneinander abgesetzt gesprochen werden.

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  18. Die Bezeichnung wird in Anlehnung an Goffman (1989, 55 u. 57) verwendet.

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  19. Detailliertere Darstellungen zur Struktur von Entrßstungen finden sich bei Christmann (1993), Christmann/Gtlnthner (1996), Günthner (1993a) und Ganthner/Christmann (1996).

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  20. Vgl. Günthners (1993a) Analysen der moralischen Entrüstung in informellen Gesprächssituationen.

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  21. Was in Alltagssituationen möglich ist, nämlich expressiv zu klagen, ohne im Anschluß daran Handlungsmöglichkeiten anzusprechen, ist hier nicht möglich bzw. deutlich dispräferiert und mit entsprechenden Sanktionen verbunden. Vgl. Jeffersons Analysen zum ‘Troubles talk’ in informellen Kontexten (Jefferson 1980; 1984; 1988 ). Doch selbst im informellen Kontext kann - zumindest auf seiten der Rezipienten - eine Handlungsorientierung festgestellt werden. Zuhörende reagieren häufig mit Ratschlägen und indirekten Aufforderungen zum Handeln, was Klagende deutlich dispraferieren (vgl. Jefferson/Lee 1981 ).

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  22. Dies zeigt sich vor allem in Entrüstungsgeschichten, in denen Sprecher Argumentationen rekonstruieren, die diskordant zur eigenen moralischen Haltung sind. Vgl. Christmann (1993), Günthner (1993a, 1995b, 1995c ).

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  23. Ironische Äußerungen haben insofern einen Code-Charakter, als sie von Adressaten erst entschlüsselt werden müssen (vgl. Müller 1973, 65). Zahlreiche Autoren gehen davon aus, daß Sprecher bei ironischen Äußerungen mimische, gestische und/oder prosodische Ironiesignale mitliefern müssen, um ihren Rezipienten zu signalisieren, daß es sich um Ironie handelt (vgl. Dopychai 1988, 40; Warning 1976 ). Warning (1976, 418; vgl. ferner Lapp 1992, 29f.) räumt indes ein, daß sich Ironiesignale in Konstellationen erübrigen, “in denen eine Aussage bereits über Sprecher und Situation so eindeutig als unakzeptabel ausgewiesen ist, daß die ironische Intention nicht eigens der Signalisierung bedarf’. Lausberg (1990, 79) geht grundsätzlich davon aus, daß das allgemeine Signal der Ironie der Kontext ist. Im Rahmen des Sich-Mokierens in Ökologiegruppen erweist sich der Code-Charakter der Ironie insofern als unproblematisch, als die Dechiffrierung vor dem Hintergrund gemeinsam geteilter Auffassungen erleichtert ist.

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  24. Unter Vorwürfen sollen mit Günthner ( 1993b, 1; 1994a, 1; 1996, 273 ) Aktivitäten verstanden werden, in denen gegenüber einer anwesenden Person “auf der Grundlage von moralischen Normen und Regeln ein Erwartungsbruch hinsichtlich situativ angemessenen Verhaltens thematisiert wird und bestimmte Verhaltensweisen oder Handlungen als unangemessen, inadäquat oder verwerflich evaluiert werden”. Es soll hier lediglich hinzugefügt werden, daß nicht nur Verhaltensweisen bzw. Handlungen einer Person evaluiert werden können, sondern auch Auffassungen. Dieses Phänomen zeigt sich vor allem in Streitdiskussionen über politische Themen.

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  25. Für Frotzelaktivitäten ist “eine Doppelstruktur aus verbaler Provokation (Vorwurf, Kritik etc.) und Spielmodalität” typisch (Günthner 1994b, 1). Es handelt sich um indirekte, in scherzhafter Weise abgeschwächte ‘Vorwürfe’, mit denen das Gegenüber provoziert wird.

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  26. Günthners Analysen dienten als Vergleichsbasis. Günthner (1993b, 1994b) untersuchte im Rahmen des DFG-Projektes ‘Moralische Kommunikation’ verschiedene Formen moralischer Kommunikation. Den Analysen lagen überwiegend Daten aus informellen Gesprächskontexten zugrunde (zumeist handelte es sich um Gespräche unter Freunden und Bekannten).

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  27. Sofern es sich um Verbandsgruppen handelt, wird ihnen dies von den höheren Gliederungen ihrer Organisationen empfohlen. Zur praktischen Unterstützung der Basisgruppen organisieren Bundes-, Landes-und Regionalverbände von Zeit zu Zeit Seminare far Öffentlichkeitsarbeit. Ferner verweisen sie auf Organisationen, die sich darauf spezialisierten, die Arbeit von Gruppen sozialer Bewegungen zu optimieren. Dazu gehört vor allem die ‘Stiftung Mitarbeit’, die regelmäßig Schriften und Bibliographien für eine professionellere Öffentlichkeitsarbeit herausgibt (vgl. Hilgenstock 1991; Rieger/Bühler 1993; Sippel 1991 ). Dort können sich Akteure darüber informieren, wie man Journalisten gewinnt, Gegendarstellungen durchsetzt, eigene Zeitungen macht, Plakate, Flugblätter und Aufkleber gestaltet, ansprechende Vorträge hält, Rundfunkinterviews gibt, Diskussionsveranstaltungen moderiert, Verhandlungen führt und wirkungsvolle Kampagnen anlegt.

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  28. In der Bundesrepublik Deutschland hat man sich Anfang der 90er Jahre des Feldes ‘soziale Bewegungen und Öffentlichkeit’ systematischer angenommen (zuvor gab es lediglich vereinzelte Studien zum Thema: vgl. Jarren 1983 und 1984; Kunz 1989; Schmitt-Beck 1990; Stamm 1988; 1989). In diesem Zusammenhang sind die Arbeiten zu nennen, die im Kontext der Abteilung “Öffentlichkeit und soziale Bewegungen” am Wissenschaftszentrum Berlin far Sozialforschung (Forschungsschwerpunkt Sozialer Wandel, Institutionen und Vermittlungsprozesse) entstanden sind: vgl. Blattert (1992), Gerhards (1990; 1992a; 1992b; 1992c; 1993; 1995), Gerhards/Neidhardt (1990); Hocke (1996); Neidhardt (1994a; 1994b; 1994c), Rucht (1990a; 1994b), Rucht/Hocke/Ohlemacher (1992), Rucht/Hocke/Oremus (1995) und Rucht/Ohlemacher (1992). Die Arbeiten beschäftigen sich allerdings weniger mit Aktionsformen sozialer Bewegungen als vielmehr mit Anbietern und Nachfragern von politischen Veranstaltungen einerseits und der Rolle der Medien in der Öffentlichkeitsherstellung andererseits.

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  29. Zum Problem des unmittelbaren und mittelbaren Erfahrens bzw. Handelns vgl. Schütz/Luckmann (1979, 90124) und Luckmann ( 1992a, 110–124 ).

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  30. Vgl. dazu die Definition Jarrens (1984, 212) für lnitiativzeitungen: “Unter Initiativzeitungen sollen hier diejenigen Druckmedien verstanden werden, die von sozialen und politischen Initiativgruppen herausgegeben werden. Die zur Definition von ‘Zeitung’ innerhalb der Publizistikwissenschaft gebräuchlichen Kriterien wie Aktualität, Periodizität oder Universalität können auf diesen Medientypus nicht angewandt werden. (…) Da sich aber im Alltagssprachgebrauch und im allgemeinen Verständnis für diesen Medientypus der Terminus ‘Zeitung’ durchgesetzt hat, soll an der Bezeichnung Initiativzeitung festgehalten werden.” Vgl. ferner den von Jarren (1983) herausgegebenen Sammelband “Stadtteilzeitung und lokale Kommunikation” und die Monographie “Kommunale Kommunikation” (Jarren 1984, insbes. 145–272). Beide Werke beschäftigen sich mit lokalen Parteizeitungen, Stadtteilzeitungen, Volksblättern, Stadtmagazinen und anderen Gegen-bzw. Korttplementärmedien. Siehe auch Jarren (19946, 301–303) und Stamm (1988).

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  31. Rucht (1991b, 187) kommt zu einem ähnlichen Schluß, wenn er schreibt: “Looking only at the media coverage one could be mislead because it often over-emphasizes large and/or radical actions which make good headlines in the mass media. Most of the activities are less spectacular, however, coming closer to the conventional action repertoire of interest group politics, e.g. collecting signatures, distributing leaflets, organizing hearings, contacting political representatives, etc.”

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  32. Dabei handelt es sich urn Formen, die in der 60er Jahren innerhalb der Studentenunruhen verstärkt eingesetzt wurden - bzw. dort entstanden sind (so etwa das Sit-in; vgl. Ritchie 1970) - und heute zum festen Bestand im Aktionsrepertoire sozialer Bewegungen gehören. Während Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen - vorausgesetzt, daß sie ordnungsgemäß angemeldet sind - legale Mittel der Protestkundgabe darstellen, stoßen Besetzungen - selbst wenn sie friedlich durchgeführt werden - an die Grenze der Legalität. Demonstrationen (einschließlich Protestkundgebungen und Mahnwachen) sind im Grundgesetz ausdrücklich als Formen der politischen Beteiligung vorgesehen. In demokratischen Rechtsstaaten werden sie als Mittel der politischen Meinungs-und Willensbildung betrachtet. Besetzungen gelten zwar nicht als legale Mittel der Protestkundgabe, sie werden aber von verschiedenen Autoren als Formen des zivilen Ungehorsams angesehen. Vgl. vor allem Rawls ( 1975, 401 ).

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  33. Siehe den von Wameken (1991) herausgegebenen Band “Massenmedium Straße”, der eine Übersicht über die Geschichte der Demonstration gibt. Siehe auch Haiman (1967 und 1982). Für Hellmann (1996, 238) ist die Demonstration eine “Kommunikation durch Körper”. “Die Kommunikation wird vom Austausch von Argumenten auf die Anwesenheit von Körpern umgerüstet. (…) Die Körper werden sozusagen zum letzten Mittel einer gescheiterten Kommunikation: Man redet nicht mehr, sondern zeigt sich, wird visible. (…) Es gilt nicht mehr zu überzeugen, sondern zu beeindrucken.” (Hellmann 1996, 241)

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  34. Balistier ( 1991, 261) schreibt dazu sehr treffend: “Die Attraktivität dieser Massenveranstaltungen liegt in der Tatsache begründet, daß allein schon die Mobilisierung solcher Massen eine bedeutende Akkumulation gesellschaftlicher Macht darstellt (…). Je zahlreicher man ist, desto legitimer erscheint das eigene Tun. Das symbolische Surplus der ‘großen Zahl’ zielt dabei tendenziell auf die Mehrheit in Gesellschaft und Staat.”

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  35. Vgl. die Ausführungen von Paris/Sofsky (1987) im Artikel über “Drohungen”. Die Drohung “aktiviert das Sanktionspotential, ohne die Strafe zu verhangen” (a.a.O., 15). “Nur wenn jener nicht tut, was man von ihm verlangt, wird die Strafe vollzogen, entspricht er jedoch der Forderung, bleibt die Sanktion erspart.” (a.a.O., 16). Um zum Erfolg zu führen, müssen Drohungen möglichst glaubhaft sein, d.h. der Drohende muß zeigen, daß er fest entschlossen ist, und er muß vermitteln, daß die angedrohte Sanktion wirksam durchführbar ist (vgl. a.a.O., 18). Mit der Drohung legen sich die Akteure eine Selbstverpflichtung auf. Hat sie keinen Erfolg, geht also der Gegner auf die Forderungen nicht ein, muß die Sanktion durchgeführt werden, ansonsten geben sich die Drohenden in der Öffentlichkeit der Lächerlichkeit preis und verlieren an Glaubwürdigkeit (vgl. a.a.O., 18f.).

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  36. Raschke (1988, 279) würde den Boykott dem zuordnen, was er’koerzive Aktionen’ nennt. Dazu zahlen alle Aktionsformen, die “für das Sichwidersetzen gegenüber den Bewegungsforderungen einen relevanten Nachteil” androhen (a.a.O.).

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  37. Weitere kampagnenftlhrende Gesundheitsbewegungen jener Zeit waren die Nichtrauch-und die Anti-Drogenbewegung. Die ersten ‘Anti-cigarette leagues’ entstanden um 1900. Hier ist vor allem die von Lucy Gaston im Jahre 1903 gegründete ’National Anti-Cigarette League’ zu erwähnen. Gaston, die gleichzeitig Mitglied der ’Women’s Christian Temperance Union’ war, führte die in der Anti-Alkoholbewegung erfolgreich angewandte Methode der breiten Öffentlichkeitsarbeit in die Bewegung gegen das Rauchen ein (vgl. Walllack 1981, 216f.). Für die heutige Nichtrauch-Kampagne am Beispiel Kaliforniens siehe Knoblauch (1994; 1995a, 253–274). Mit der Anti-Drogenkampagne ist der Name Harry J. Anslingers verbunden. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts nahm Anslinger als Leiter des ’Federal Bureau of Narcotics (FBN)’ den Kampf gegen den Marihuanakonsum auf. Später weitete er sein Unternehmen auf andere Drogen aus (vgl. Dickson 1968 ).

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  38. So schreibt beispielsweise Bland (1951, 6): “the temperance press had developed a network of propaganda that covered much of the nation”. Als einschlägige Arbeiten zur ‘Temperance Movement’ siehe Bland (1951), Stewart (1972) und Gusfield ( 1963; 1973; 1976 ).

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  39. Die Techniken des ‘Social Marketings’ sind unter dem Begriff ’Public communication campaigns’ (vgl. Rice/Atkin 1990, 7) bekannt geworden. Einige Autoren nennen sie auch ‘Sozialkampagnen’ (z.B. Kotler/Roberto 1991, 15). Public communication campaigns “are purposive attempts to inform, persuade, or motivate behavior changes in a relatively well-defined and large audience, generally for noncommercial benefits to the individuals and/or society at large, typically within a given time period, by means of organized communication activities involving mass media and often complemented by interpersonal support ” (Rice/Atkin 1990, 7 ).

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  40. Vgl. Becker (1973, 133–148), der die ‘Kreuzfahrer’ als ’moralische Unternehme? bezeichnet. Er unterscheidet zwischen ’Regelsetzern’ und ’Regeldurchsetzem’. Umweltschützer und Umweltschützerinnen können zweifellos der ersten Kategorie zugeordnet werden. Der Regelsetzer “hat das Gefühl, daß in der Welt nichts in Ordnung sein kann, solange nicht Regeln geschaffen werden, die das Übel korrigieren” (Becker 1973, 133). Er ist “nicht nur daran interessiert, dafür zu sorgen, daß andere Menschen tun, was er für richtig halt. Er glaubt auch, daß es gut für sie sein wird, wenn sie tun, was richtig ist” (Becker 1973 133f.).

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  41. Bei Demonstrationen, Kundgebungen und Besetzungen handelt es sich freilich um Sonderformen von Veranstaltungen. Gerhards/Neidhardt (1990, 23) betrachten diese Protestaktionen als eine “Zuspitzung öffentlicher Kommunikation”.

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  42. Auf dieses Planomen weisen auch Blatten (1992, 13), Gerhards/Neidhardt (1990, 22) und Gerhards (1992c, 30) hin.

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  43. Als empirische Arbeiten zum Umweltjournalismus vgl. Frühauf (1995), Vidal (1995) und Voss (1995).

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  44. Gerhards/Neidhardt (1990, 12) verstehen unter dem Begriff der öffentlichen Meinung “eine Meinung, die in der öffentlichen Kommunikation mit breiter Zustimmung rechnen kann, eine Meinung, die sich in den Arenen öffentlicher Meinungsbildung durchgesetzt hat und insofern ‘herrschende Meinung darstellt”.

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  45. Die public-relations-Abteilungen, die es (…) in bald jedem nationalen Greenpeace-Büro gibt, kennen die Konferenzzeiten bei Tageszeitungen und Rundfunkanstalten. Greenpeace weiß genau, wann wo Redaktionsschluß und die sogenannte deadline ist, die nicht überschritten werden darf, wenn die Meldung, die Reportage noch in den Andruck kommen und der Filmbericht rechtzeitig zum ‘heute journal’ fertig sein soll. Wenn es möglich ist, wird sogar der Zeitplan der Greenpeace-Aktionen auf die Redaktionstermine ausgerichtet (…). “ (Reiss 1989, 138; vgl. auch Rother 1984, 189–193 )

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  46. Natürlich sind Skandale keine neuzeitlichen Erscheinungen. Es handelt sich um ein Phänomen, das sich in der Geschichte der Menschheit früh zeigte (vgl. Schuller 1989). Gleichwohl haben Skandale in unserer Zeit aufgrund ihrer massenmedialen Verbreitung eine ganz andere Qualitat. Zur Etymologie des Begriffs vgl. Käsler (1991, 69–86) und Schmitz ( 1981, 12–21 ).

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  47. Was als Skandal angesehen wird, ist somit keineswegs universal. Die Frage, was zum Skandal werden kann, hängt vom Zeitgeist, von sozialen Gruppen und von ganzen Gesellschaften ab (vgl. Markovits/Silverstein 1989, 156; Hitzler 1989, 335 ).

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  48. Bleiben diese Reaktionen aus, ist die Skandalinszenierung gescheitert. Aufgrund der Neigung von Massenmedien, Vorgänge zu skandalisieren, die dies nicht unbedingt verdienen (die sog. Skandalpresse tritt hier in besonderem Maße hervor), herrscht bei Rezipienten heutzutage ein gewisses Mißtrauen gegenüber Skandalinszenierungen vor (vgl. Munch 1991, 94; Neckel 1989, 69; Schütze 1967, 24 u. 37). Dies zeigt im übrigen auch, daß sich Skandale nicht gezielt steuern lassen, selbst wenn sich Skandalierer noch so sehr darum bemühen. Skandale haben ihre Eigendynamik. Man weiß im Grunde wenig über die Logik des Skandals. Es ist em Rätsel, was ihn konkret in Gang bringt, was ihn am Laufen halt und unter welchen Umständen er welche Folgen hat (Neckel 1989, 59; Schütze 1967, 304). Einige Autoren schlagen deshalb vor, eine empirisch ausgerichtete Wissenschaft vom Skandal - die ‘Skandalogie ’ - zu begründen, die sich der Erforschung dieser Fragen widmet (Laermann 1984, 165; Neckel 1989, 77 ).

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  49. Vgl. dazu Schütze (1967, 41), der große Skandale als “Anbausysteme von Ärgemissen” bezeichnet.

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  50. Vorfelder (1995) listet die Greenpeace-Aktionen gegen Shell im Detail chronologisch auf.

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  51. Als Ausnahmen sollen die folgenden Beispiele genannt werden: “Mordfall Regenwald - Tatmotiv Raffgier” (Greenpeace-Magazin 1/1990), “Prost Müllzeit - Unser abfälliger Umgang mit Ressourcen und Umwelt macht die Erde zum Schuttplatz” (Greenpeace-Magazin 3/1990) oder “Die Recyclinglüge” ( Hoffmann/ Rombach 1993 ). Dabei handelt es sich allerdings um Titel von Zeitschriften-Themenheften bzw. Büchern. Die Texte, die sich dahinter verbargen, waren nüchtern gehalten und konnten geweckte Erwartungen im Hinblick auf weitere Moralisierungen in keiner Weise erfüllen.

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  52. Die Arbeiten beschäftigten sich vor allem mit Motivvokabularen von Personengruppen, die abweichendes Verhalten zeigen. Man untersuchte das Motivvokabular von Mördern (vgl. Ray/Simons 1987), Sexualverbrechern (vgl. Bart 1983; Jackson 1978; Scully/Marolla 1984), anderen Straffälligen (vgl. Marshall 1981) und Suizidalen (vgl. Stephens 1984 ).

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  53. Vgl. hierzu Mills (1940, 908), der in diesem Zusammenhang von “moral vocabularies of motives” spricht.

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  54. Siehe auch folgendes Zitat eines Akteurs der Münchner Ökologiebewegung: “Wenn jeder sich so verhalten würde, als ob von seinem Verhalten die Rettung der Welt abhangt, dann würde die Welt gerettet werden. Es ist dieses Stück Hoffnung, daß ich vielleicht doch der Wassertropfen sein kann (…).” (zit. nach Bacher et al. 1990, 90f.)

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  55. Eine Greenpeace-Aktivistin stellt dies folgendermaßen dar: “Irgendwie ging mir nur noch durch den Kopf ‘Das kann doch alles gar nicht wahr sein. Da müssen doch mehr Leute sofort was tun.’ (…) Es gab für mich nur eine Möglichkeit: diese Gefühle in Aktivität umzusetzen.” (kitting 1984, 170) Vgl. dazu auch den Greenpeacer Gregorius (1989, 193): “Besser als der Pessimismus der Gedanken ist der Optimismus der Tat.”

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  56. Vgl. dazu die Äußerung eines Münchner Aktivisten: “Öffentlichkeitsarbeit ist der allerwichtigste Bereich, weil die Leute, die man heute motivieren kann, anders zu denken, morgen die Politik machen. (…) Das Denken beeinflußt die Gewohnheiten. Und wenn die Gewohnheit mal sitzt, ist die Handlung entsprechend.” (zit. nach Bacher et al. 1990, 93) Die Autoren der Studie resümieren später: “Eine ‘Bewußtseinsveränderung in der Bevölkerung’ oder auch ein ’Umdenken’ ist nötig, um die Katastrophe zu verhindern oder gar eine bessere Welt’ zu schaffen.” (Bacher et al. 1990, 118)

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  57. Diese Dimension zeigt sich auch bei einer schweizerischen Umweltschützerin: “Ein Charakteristikum von umweltverantwortlichem Handeln wäre sicher ein solidarisches Handeln, und da würde ich nicht nur die Mitmenschen einbeziehen, sondem auch die Natur und die Tiere rundherum, also eigentlich alles, die ganze Mitwelt. Ich glaube, wenn du solidarisch handelst, dann zertrittst du nicht einfach das, was um dich herum ist.” (zit. nach ReichertiZierhofer 1993, 88) Andere Befragte der Studie sprachen von ‘ganzheitlichem Denken’ bzw. von einer ‘größeren Sensibilität für die Umgebung’ (Reichert/Zierhofer 1993, 88). Siehe auch Littig (1995, 135).

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  58. Vgl. hierzu den oben zitierten 15jährigen Umweltschützer: “Es hilft eben nur der Verzicht.” (zit. nach Grefe/Jerger-Bachmann 1992, 10) In der schweizerischen Studie zeigt sich ein Akteur hinsichtlich der Zeitperspektive für die Umsetzung des asketischeren Lebens konziliant: “Man kann nicht von einem Tag auf den anderen alles anders machen. Man kann an vielen Orten einschränken und sparen, aber man kann auch auf viele Sachen nicht sofort verzichten.” (zit. nach Reichert/Zierhofer 1993, 89) Siehe auch Littig (1995, 135).

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  59. Obgleich es üblich ist, für Fragen der Lebensführung den Begriff des ‘Lebensstils’ zu verwenden (vgl. für andere Lüdtke 1989), soll auf die Verwendung dieses Begriffs verzichtet werden. Hier wird der Begriff der ‘Lebensführung’ präferiert. Zur Problematik des ’Stil’-Begriffs vgl. Gumbrecht’/Pfeiffer (1986). Siehe auch den Beitrag Luckmanns (1986b, 618). Luckmann faßt den Begriff so eng, daß er zwar auf Produkte menschlichen Handelns, nicht aber auf die konkrete Lebensführung von Personen anwendbar ist.

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  60. Das Werk wird hier nach der Studienausgabe von 1985 (S. 333) zitiert.

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Christmann, G.B. (1997). Die Ökologiebewegung unserer Zeit und ihre Moral am Beispiel eines lokalen Bewegungssegments. In: Ökologische Moral. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95357-5_5

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