Zusammenfassung
Bislang wurde vorausgesetzt, daß es Erfolge und Mißerfolge im wirtschaftlichen und speziell im unternehmerischen Handeln einfach „gibt“. Auch die biographischen Erzählungen behandeln diese Themen ausführlich, ohne näher darzustellen, wie Erfolge oder Mißerfolge erfahren werden. Wie sich wirtschaftliche Erfolge und Mißerfolge zeigen, ist den Erzählerinnen und AutorInnen alltäglich gegenwärtiges, zu selbstverständliches Wissen, als daß es ihnen einer Erläuterung wert erscheint. Die Grundformen dieses Praxiswissens müssen daher in einem eigenständigen Schritt herausgearbeitet werden. Der Aufweis von wirtschaftlichen Erfolgen und Mißerfolgen und damit auch die Behandlung von wirtschaftlichen Risiken bedient sich einer speziellen Dokumentationstechnik, die heutzutage zur Propädeutik jeder kaufmännischen Ausbildung gehört und deren Beherrschung oder zumindest Verständnis sehr scharf zwischen wirtschaftlichen Laien und Sachverständigen trennt. Die in diesen Techniken produzierten Wissenselemente sollen im folgenden in ihren Grundzügen rekonstruiert und transparent gemacht werden.
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Literatur
Anteilseigner von verwalteten Fonds wissen noch nicht einmal, von welchen Betrieben sie etwas “besitzen”.
Pacioli 1494, S.128f., Herv. A.B.
Bookkeeping and accounting, as means of writing down transactions and comparing them with expectations, obligations, and promises, become very useful instruments for placing people in failure and success and consequently for discipling, pressuring, and stressing them in a way impossible outside the ‘cool’ medium of writing. Any accounting used as a means of reporting, and checked by auditing, is an instrument that allows decisions to be taken in view of the reported data and to be presented as standard operational consequences of those data when compared with criteria written down elsewhere.“ (Baecker 1992a, S.162f.)
Polanyi 1990, S. 60–65, 132f.
Die Rede vom “Privat”-Eigentum ist im Kontext von Geschäftswerten ohnehin etwas mißverständlich: Die Werte, die einmal in das Inventar von Geschäftsbetrieben eingestellt wurden, lassen sich von niemandem so ohne Weiteres für “private”, etwa für Konsumzwecke entnehmen. Sie können allenfalls, bestimmte Rechtskonstruktionen vorausgesetzt, von “Privaten” dazu benutzt werden, Einfluß auf die Geschäftsführung auszuüben. Drastischer formuliert dies Luhmann (1989, S.56): “(D)ie Privatwirtschaft ist seit langem abgeschafft.” In der für ihn typischen, paradoxieentfaltenden Manier begründet Luhmann diese These mit dem Verweis auf die Profitorientierung, über die die moderne Geldwirtschaft gesteuert würde: “Man zahlt, um die eigenen Möglichkeiten des Zahlens wieder aufzufrischen”, und gerade dadurch würde das Wirtschaftssystem “im Produktionsbereich von den `privaten` Motiven und Wertschätzungen (der Kapitaleigner und Betriebsleiter, A.B.) unabhängig”.
Noch nie konzentrierte sich so viel Entscheidungsmacht in einem so hohen Maße bis fast zum Verschwinden kleingearbeitet in einer ebenso unbekannten Einrichtung wie dem Management, das ebenso offenkundig und ebenso erfolgreich ein Wissen über ein Nicht-Wissen verwaltet und ausbeutet wie in der oralen Gesellschaft die Priester und in der literalen Gesellschaft die Schriftgelehrten.“ (Baecker 1993,S.13)
Mit dieser Betrachtungsweise wird der Begriff des Kapitals überhaupt erst geschaffen. Man kann also sagen, daß vor der doppelten Buchführung die Kategorie des Kapitals nicht in der Welt war, und daß sie ohne sie nicht da sein würde. Man kann Kapital gerdezu definieren als das mit der doppelten Buchführung erfaßte Erwerbsvermögen.“ (Sombart 1917, S.120) Zur ökonomischen Kritik an dieser Definition siehe Schneider 1987, 103f. Um einen Eindruck der Begeisterung zu vermitteln, die Sombart der anscheinend so spröden Registriertätigkeit in doppelter Buchführung entgegenbrachte: ”Man kann schlechthin Kapitalismus ohne doppelte Buchhaltung nicht denken: sie verhalten sich wie Form und Inhalt zueinander…. Die doppelte Buchhaltung ist aus demselben Geiste geboren wie die Systeme Galileis und Newtons, wie die Lehren der modernen Physik und Chemie.… Die doppelte Buchhaltung ruht auf dem folgerichtig durchgeführten Grundgedanken, alle Erscheinungen nur als Quantitäten zu erfassen…. Und wird schon - ich möchte sagen - bei rein ästhetischer Bewertung in der Tat die doppelte Buchhaltung nicht ohne Staunen und Bewunderung betrachten können als eines der kunstvollsten Gebilde des wunderreichen Gestaltungsvermögens der europäischen Menschheit.“ (Sombart 1917, S.118f.) Daß sich - den Enthusiasmus einmal abgezogen - die Vergleiche zu den naturwissenschaftlichen Systemen philosophisch durchaus halten lassen, zeigt Piguet 1972. Unter anderem vermerkt er: ”(T)oute comptabilité reproduit en gros le procès habituel des sciences de la nature et de la méthode expérimentale: observer et recueillir des faits (le journal’), en tirer une loi globale interprétative soumise au calcul (le ‘bilan’), et, à partir de là, mettre à l’épreuve le système obtenu en l’affrontant à des faits nouveaus grâce à des prévisions (le ‘budget’).“ (S.70).
Weber 1958, S.I98ff.
Bartlome 1988, S.26f.
Pacioli 1494, S.101f.
Siehe jedoch Baxandall 1972, der u.a. den Einfluß von Intervall-und Proportionswahrnehmung der in Geometrie geübten Beobachter auf die Kunstentwicklung im 15. Jahrhundert herausarbeitet. Man kann vielleicht stellvertretend an Leonardo da Vincis Aufzeichnungen und Entwürfe erinnern, um die damalige Bedeutung von Arithmetik und Geometrie zu vergegenwärtigen. Da Vinci entwarf seine Objekte nach den Proportionen ihrer Teile. Geschäftsleute, die in dieser objektivierenden Wahrnehmungsweise ausgebildet waren, gehörten zu den engagiertesten Förderem der neuen Künste und der Renaissance der antiken Kultur (Le Goff 1993, S. 97–122 ).
Ifrah, 1992, S.227–234.
Für die Fortschritte in Rechnen und Mathematik war nicht das Dezimalsystem ausschlaggebend, dies liegt ja auch der römischen Zählweise zugrunde. Die Experten sind sich im Detail nicht ganz einig, aber es scheint, als ob rein verfahrenstechnisch etwa die Basis Zwölf der Zehn mindestens ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen wäre. Zum Positionsstellensystem auch Weber 1958, S.198ff.
Fortentwickeltere Rechenbretter brauchten für die Darstellung der Neun weniger Kugeln, da sie durch eine vertikale Reihe nochmals in der Mitte getrennt waren. Das beschleunigte das Schieben, verkomplizierte aber nochmals die Anwendungsregeln.
Pausch 1982, S.55.
Schon eine Firmengründung ist ohne eine Inventarisierung des Geschäftsvermögens rechtlich gar nicht möglich (§ 240 HGB).
Diese Analogie bringt Jacoby (1984, 5.129) in seiner Kulturkritik der Wirtschaftsbürokratie, allerdings ohne den Zusammenhang von Einfluß und Kompetenz ernsthaft zu analysieren. Er beklagt, wie viele andere, die Zersetzung des dynamischen und intuitiven Unternehmergeistes durch den gewachsenen Einfluß der Bürokraten.
Wobei entgangene Gewinnchancen prinzipiell nicht versicherbar sind: “Daher kann keine Versicherung das `Risiko’ (die Verlustmöglichkeit) decken, das (die) sich aus zeitweiliger Beeinträchtigung des Kapitals oder der Führung eines Unternehmens ergibt. D. h. man kann materielle Objekte in ihrer Eigenschaft als Eigentum versichern, nicht aber in ihrer Eigenschaft als Kapital.” (Redlich 1964, S.114) Wohl aber, oder sogar: gerade deshalb kann man mit Gewinnchancen handeln,siehe Baecker 1991.
Zu finden in Wilhelm Meisters Lehrjahre. Erster Band, Berlin 1795 (Nachdruck Stuttgart 1883) 1. Buch, 10. Kap., S.3.
Carruthers/Espeland 1991, S.31.
Siehe zum Folgenden Goody 1990, S.89–151, Coulmas 1992, S. 258–262.
In der zweiten Hälfte des vierten vorchristlichen Jahrtausends wurden Geschäfte durch Zählsteine.. symbolisiert. Diejenigen, die ein einzelnes Geschäft repräsentieren, wurden in eine Tonkugel eingeschlossen…. Auf der Oberfläche dieser Ummantelung wurden dann ein oder zwei Rollsiegel abgerollt, um das Dokument zu siegeln. In Streitfällen konnte das Behältnis geöffnet werden, war dann aber nutzlos, weil es zerbrochen war. Deshalb bestand eine zweite Entwicklungsstufe darin, daß man den Inhalt auf der Oberfläche kennzeichnete, indem man entweder die Körperform der Zählsteine selbst in den Ton eindrückte oder indem man eine Kopie herstellte. Es war also nicht mehr notwendig, das Behältnis zu öffnen. In der Tat wunden jetzt die Zählsteine selbst überflüssig, und der Weg wurde frei für die sogenannten `Zahlentafeln`, `Tafeln mit Eindrücken`….“ (Goody 1990, S.98). Die Siegel enthielten sowohl Beglaubigungen von Repräsentanten des Tempels als auch die persönlichen Zeichen da beteiligten Händler, ihr Signum. Heute nimmt die ”Firma “ (von lat. ”firmare“, ursprünglich ”bekräftigen“, heute: (unter-)zeichnen), der im Handelsregister eingetragene Name, diese Stelle in den Geschäftsdokumenten ein, siehe Sombart 1917, 5. 104–110.
Weiand 1993, S.24.
Goody 1977.
Carrugher/ Espeland 1991, S.42
würdigten Buchhalter-und Wirtschaftsprüferverbände das 500ste Jahr des Erscheinens von Paciolis Werk mit Ausstellungen und Jubiläumsveranstaltungen (DIE WELTWOCHE, Nr.20, 19. 5. 1994, S. 25 ).
Pacioli 1494 (hier in der dt. Übers. von Balduin Penndorf, 1933), S.90. Ähnliche Anrufungen der Kaufmannsehre vor Gott und der Welt sind in dem einflußreichen französischen Werk von Jacques Savary über “Le parfait négociant. Ou instruction générale pour ce qui regarde le commerce”, das 1675 erschien, bereits ein Jahr später ins Deutsche übersetzt wurde und in den folgenden Jahrhunderten grundlegend für viele ähnliche Schriften im europäischen Raum blieb (Schneider 1987, S.89–90). Savary, seines Zeichens Textilkaufmann, wirkte unter Colbert, Finanzminister Ludwigs XIV., an der Ausarbeitung der Ordonnance de Commerce (1673) mit, des ersten nationalstaatlichen Handelsrechtes, an dem sich auch Friedrich der Große mit seinem Allgemeinen Preußischen Landrecht (1794 erlassen) orientierte (siehe Pausch 1982, S. 56 ).
Penndorf 1992, S.51–55.
Pacioli 1494, S.88. Pacioli ist nicht der Erfinder der Dokumentationsmethode, er liefert nur die erste systematische Darstellung. Man vermutet den “Ursprung” der Techniken im Buchhaltungsbereich von Banken und Kommunen. Inwieweit noch ältere (römische) und außereuropäische (China, Arabien) Quellen existieren, ist völlig unklar. Nachweisbar ist der Gebrauch der Doppelschreibung für die Stadtverwaltung von Genua ab 1263 (Pausch 1982, S. 48 ).
Double-entry bookeeping, applying the distinction between assets and liabilities, or credit and debit, to each transaction accounted for, is nothing less than a device of doubling all transactional events.“ (Baecker 1993, S.163).
Mit diesem Ausdruck ist hier und im folgenden der “Musterschüler” der Lehre gemeint. Wie in jeder Methodenlehre ist das Verhältnis von Theorie und Praxis ein Thema für sich.
Pacioli 1494, S.99–100.
Zum grundlegenden Problem der “angemessenen Wertschätzung” siehe weiter unter.
Der Ausdruck “Kapitalismus” wäre - wenn er nicht schon so fest in politisierender Rede verankert wäre - eher ein treffender Name für jenes Notationssystem, das von der Vorstellung einer “Grundsumme’ regiert wird, unabhängig davon, welcher rechtlichen Einheit diese Grundsumme zugeordnet wird. Jeder staatliche Haushalt bedient sich dieser ”kapitalistischen“ Notationsweise. Die Gattung ”Inventar“, nicht das Rechtsinstitut ”Privateigentum“, ist die Grundlage ”kapitalistischen Rechnens“.
Bilanz“ kommt vom italienischen ”bilancio“, dies wiederum von ”bi-lanx“ (”zweischalig“), dem lateinischen Namen für die Feinmetallwaage, die im Abgaben-und Tauschsystem für das Wiegen von Gold und Silber eingesetzt wurde (Pausch 1982, S.20).
Auf der linken Seite notierten die Banken alle Forderungen (“Der Bezeichnete soll geben…”), auf der rechten alle Schulden (“Der Bezeichnete soll haben…”).
Pacioli 1494, S.128f.
Ihr Wert war ja im Inventar festgestellt worden.
Siehe Afflerbach 1993, S.99–103.
Rot ist die Farbe, mit der in der mechanisierten Buchhaltung negative Werte ausgedruckt wurden.
Theoretisch könnte jede Unternehmung sogar solange mit Verlusten fortgeführt werden, solange der Bestand an Eigenkapital nicht auf Null zurückgegangen und damit der Vermögenswert vollständig von den Forderungen Dritter absorbiert ist - sofern die Kreditgeber dies geschehen lassen und nicht zuvor die Zahlungsfähigkeit durch Rückruf ihrer Kredite blockieren.
Das Memorial… ist ein Buch, in das der Kaufmann alle seine kleinen und großen Geschäfte eigenhändig, so wie sie kommen, von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde, einschreibt. In dieses Buch schreibt er ausführlich jeden Kauf und Verkauf und andere Handelsgeschäfte ein, wobei er nicht ein Jota weglassen soll, wer, was, wie und wo, mit seinen ganzen Abmachungen und Anführungen, wie ich Dir oben vollständig beim Inventar gesagt habe, ohne es zu wiederholen.“ (Pacioli 1494, S.97)
Appräsentation ist der Begriff Husserls für die Bewußtseinsleistung, eine der Wahrnehmung zugängliche Erscheinung mit einer nicht-präsenten Einheit im Wege der “paarenden Assoziation” zu synthetisieren (Husserl 1973, S.138–143). Appräsentation bezeichnet also “eine Mitvergegenwärtigung, eine analogisierende Erfahrung, welche ein Mit-da vorstellig macht, ohne dass das Appräsentierte zur wirklichen Existenz käme.” (Eberle 1984, S.30) Allerdings entwickelt Husserl diesen Begriff vornehmlich am Problem der (Nicht-)Zugänglichkeit fremder Bewußtseinsleistungen. In der Zeichentheorie, die in Schütz/Luckmann 1984, 5.178–184, im Anschluß an Husserl für wissenssoziologische Zwecke entworfen wird, ist der Appräsentationsbegriff nicht mehr allein auf das Ego-Alter-Problem beschränkt. Hier wird dieser Begriff verwendet, um die “paarende Assoziation” zwischen den Notizen und den faktischen Geschäftsabläufen, die ja immer mehr sind als die “bloße” Notiz, prägnant zu kennzeichnen. Durch die laufend erzeugten Notationen gewinnen “die Geschäfte” raum-und zeitübergreifende Einheiten und Zusammenhänge, die ohne die Notizen nicht herstellbar wären.
Zum “Zeitalter der Fugger” (Richard Ehrenberg), dem deutschen Frühkapitalismus, gehörte auch der italienkundige Hauptbuchhalter der Fugger, der berühmt-berüchtigte Matthäus Schwarz. Vgl. zur Ausbildung deutscher Kaufleute im Mittelalter Penndorf 1913, S.46–166, Bruchhäuser 1989, zu ihrem Alltag Afflerbach 1993. In diesen Studien finden sich zahlreiche Hinweise auf die durch die Handelsbeziehungen selbst verschlungenen Pfade des Wissenstransfers zwischen den verschiedenen Handelszentren der damaligen Zeit.
Eine detailreiche Beschreibung der sich in der Zentralstellung im Welthandel ablösenden Städte und Regionen gibt Fernand Braudel, insbesondere in Braudel 1990c, S. 93–478.
Denn dies hieße, eine Lehre von der doppelten Buchführung zu schreiben.
Im übrigen wurden in der Praxis der Buchführung die hehren Standards der “vollkommenen Ordnung aller Dinge” selten bis gar nicht erfüllt. Carruthers und Espeland (1991, S.54–55) deuten diesen Umstand als Beleg für ihre These, daß der Hinweis auf “ordentliche Bücher” zu allen Zeiten unabhängig von unmittelbaren Nutzungen vor allem von hohem symbolischen Wert war.
Vgl. Kühler 1985, insb. S.183.
Sombart 1917, S.99–138.
Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft etc.
Vgl. für Deutschland die einschlägigen Paragraphen im Handelsgesetzbuch (HGB), im GmbH-Gesetz (GmbHG) und im Aktiengesetz (AktG).
Vgl. Baecker 1991.
Zur Geschichte der steuerberatenden Berufe siehe Pausch/Kumpf 1986.
Baecker 1991.
Fiktiv“ in dem Sinne, daß diese Werte nicht durch einen faktischen Tausch-Zahlungsvorgang, sondern im Modus des ”als-ob-getauscht-würde“ ermittelt werden.
Siehe zum Aufkommen und zur Verbreitung des Spekulationsgeschäftes im 18. Jahrhundert Braudel 1990b, S.97–116, zu den hohen Profiten S.469–475.
Siehe zur Begriffsgeschichte “Unternehmer” Redlich 1964, S.225–232; zur ideologischen Vernutzung dieses Begriffs im 20. Jahrhundert affirmativ Jungfer 1954, kritisch Lempert 1969.
Er steht - soweit er sich persönlich im Geschäft engagiert - existentiell gesehen vor den Bilanzgrößen und den Rechnungen, die ihm präsentiert werden (können), ganz im Sinne des dramatologischen Ansatzes von Ronald Hitzler (1992, S.453) als “Golfmensch” vor der Frage: “Was geht hier eigentlich vor?”
Vor diesem Effekt, der schon durch die Zwischenschaltung von Geld im Tauschprozeß bewirkt wird, hatte Aristoteles ausdrücklich gewarnt. Vgl. Binswanger 1991, S. 113–127.
Vgl. Luhmann 1984a.
Die soziologische Frage lautet hier: Wer stellt mit welchen Mitteln welche Verbindlichkeiten fest? Manche Mißverständnisse über die Anwendbarkeit der soziologischen Modelle, die mit Kosten und Nutzen arbeiten, könnten vermieden werden, wenn über diese Feststellungsbeziehungen deutlicher Auskunft gegeben würde.
Schneider 1987, S.386. Schneider legt großen Wert auf die Feststellung, daß der paradigmatische Kern der Betriebswirtschaftslehre in der Kostenrechnung und nicht in der Buchführung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kaufleute zu sehen ist. In der Tat haben Sombart und Weber in ihren Thesen zur “Rationalisierung wirtschaftlichen Handelns” nicht deutlich genug zwischen Bestandsaufnahme (von Verbindlichkeiten, Soll-Dokumentation) und Betriebsrechnung ( Kostenprüfung, Ist-Rechnungen) unterschieden. Vgl. auch Baecker 1987, S. 530.
Johann Gottfrid Brand, Grundsätze der Staatsrechnungswissenschaft, Wien 1790, zit. n. Schneider 1987, 5. 122.
Albrecht Daniel Thaer, Grundsätze der rationellen Landwirthschaft, Berlin 1809–1853, zit. n. Schneider 1987, 5. 125.
Paradigmatische Werke: Heinrich Nicklisch, Allgemeine kaufmännische Betriebslehre als Privatwirtschaftslehre des Handels (und der Industrie), Leipzig 1912, und Eugen Schmalenbach: Über Verrechnungspreise. In: Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, Jg. 3, 1908/09, S.165–185, beide zit. n. Schneider 1987, S.122–132. Auch die prominente Grundlegung der “Prinzipien wissenschaftlichen Managements” von Frederick W. Taylor (1911, 1947) fällt in diese Zeit.
Siehe Hendriksen 1977,5.41–53.
Vgl. Staehle 1991.
Sehr eindringlich bei James Bumham ( 1944, deutsch 1949), der sogar von der “managerial revolution” und vom “regime” der Manager sprach. Siehe darüberhinaus auch Pross 1965, Pross/Boetticher 1971, Boltanski 1990, Braverman 1976, Burawoy 1982, Edwards 1981, Hildebrandt/Seltz, Hrsg., 1987.
Z.B. Schumpeter 1980, S.218. Jüngere Reformulierungen dieser Ansicht finden sich bspw. bei Jacoby 1984, S. 128–133.
Den Problemkreis von Accounting, Auditing, Kommunikation und Organisation diskutieren, vor allem in der Zeitschrift “Accounting, Organizations and Society”, verschiedene Ansätze untereinander: traditionelle Organisationstheorien (z.B. March 1987) wie auch ethnographische (z.B. Power 1991), alltagssoziologische (Covaleski/Dirsmith 1990) und sogar hermeneutische (Boland 1989, 1993, Lavoie 1987) Ansätze. Im hier behandelten Zusammenhang ist die Formulierung von Miller und O’Leary (1987) einschlägig: “Accounting and the Construction of the Governable Person”, wobei “governable” im Deutschen wohl zugleich “regierungsfähig” und “regierbar” heißen müßte. Vgl. auch Power 1993.
Accounting, which enables decisions by tracing them and tracking them down to changes in assets and liabilities, has been surpassed by decisions seeking profit in other forms of marketing, which rely on second-order observations concerning risk and profit sharing…. The existence of a capital market sets free this kind of present check on future chances, independent of past limitations.“ (Baecker 1992a, S.173).
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Brosziewski, A. (1997). Der Ausweis wirtschaftlichen Erfolgs/Mißerfolgs: Die Bücher des Kaufmanns und die Ordnung der Geschäftsführung. In: Unternehmerisches Handeln in moderner Gesellschaft. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95355-1_6
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