Zusammenfassung
Wenn, wie Hennis (1990: 48) anmerkte, Regieren im üblichen Verständnis die „Tätigkeit zur Durchsetzung staatlicher Zwecke“ ist, so stellt uns Regieren in der EU vor das doppelte Problem des Fehlens von Staatlichkeit und der oft mangelnden Übereinstimmung über gemeinsame Zwecke. Diese Erkenntnis ist nicht nur nicht neu, sie hat auch gerade in den letzten Jahren weltweit die Phantasie der Sozialwissenschaften beflügelt. Vor allem zum Problem des Erfassens der EU als „polity“ liegt eine überaus große und weiter wachsende Zahl von Vorschlägen vor, die sowohl von Vertretern der Vergleichenden Regierungslehre als auch von Sozialwissenschaftlern stammen, deren Arbeitsgebiet traditionell die Internationalen Beziehungen sind (ausführlich: Hix 1994; Schumann 1996). In einer gewissen Weise scheint das bisher einmalige Phänomen, daß eine supranationale Organisation, wie die EU, die Fähigkeit entwickelt hat, legitim und verbindlich Politikbereiche zu regeln in einer Weise, die vorher Nationalstaaten vorbehalten schien, die genannten Teildisziplinen der Politikwissenschaft einander anzunähern. Und dies obwohl dem nach wie vor der in der Regel selektive Zugriff der Politik-feldforscher auf die europäische Ebene einerseits und andererseits die vorherrschende Modellverliebtheit von Vertretern der Internationalen Beziehungen (mit allen ihren deduktionistischen Implikationen) im Wege stehen mag.
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© 1998 Leske + Budrich, Opladen
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Sturm, R. (1998). Herrschaftspluralismus und Konvergenz der Gestaltungsziele. Zum arbeitsteiligen Regieren in der Europäischen Union. In: Hilpert, U., Holtmann, E. (eds) Regieren und intergouvernementale Beziehungen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95102-1_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95102-1_3
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