Zusammenfassung
Das Begriffspaar Stadt — Land hat nicht nur durch seine Allitseration einen besonderen Klang, sondern es verbindet ähnlich wie ein anderes Begriffspaar, nämlich Mann und Frau, immanente und tatsächliche Gegensätze und Beziehungen, Abhängigkeiten und Eigenständigkeiten, Herrschaft und Zugehörigkeit. Es ist Teil der Alltagssprache, gibt dadurch etwas selbstverständlich Vorhandenes und Verstandenes vor, das sich bei einer Definition oder Bestimmung der einzelnen Begriffselemente jedoch auflöst. In dem Begriffspaar und den sie prägenden Vorstellungen ist die frühere Konstellation der physischen Abgrenzung aber mehr als eine Episode, ist immer noch virulent — prägt trotz fundamentalem Wandel viele Vorstellungen über die Beziehung von Stadt und Land. Rasch wird jedoch einsichtig, dass die scheinbar historisch klare Abgrenzung der Stadt, als eine mit einer Mauer beschützte Siedlung gegenüber dem „flachen“ ungeschützten Land der Dörfer und Einzelgehöfte, oder gar der ungebändigten Natur, heute einer Siedlungsstruktur Platz gemacht hat, die von einer Vielfalt der Verflechtungen und Abhängigkeiten geprägt ist, die sich in Spezifizierungen wie z.B. Kernstadt versus suburbaner Raum niederschlägt, aber selten klare Grenzziehungen erkennen lässt, vielmehr von Kontinua unterschiedlicher Dimensionen geprägt ist. Die Ausdifferenzierung der Realität geht einher mit einer ständig wachsenden Verflechtung und Überlappung dieser Bereiche, die es kaum mehr möglich machen, eine allgemein verbindliche, scharfe analytische Trennung zu erreichen. Gleichwohl müssen Typen entwikkelt werden, um noch vorhandene Unterschiede abzubilden. Es müssen die jeweiligen historischen Lagen aufgenommen werden, ohne sie für dauerhaft verbindlich zu erklären. Eine Entwicklung der Begriffe zu Idealtypen, die in der Realität sich nicht genau wiederfinden müssen, differenziert den Gehalt, der auch heute noch mit dem Begriffspaar Stadt — Land verbunden wird. Der selbstverständliche Gebrauch dieser Begriffe kontrastiert also stark mit der facettenhaften Vielfältigkeit der heutigen Situation der Siedlungsstruktur, die nicht mehr von der Dichotomie Stadt — Land geprägt ist.
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© 2001 Leske + Budrich, Opladen
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Strubelt, W. (2001). Stadt und Land. Siedlungsstruktur. In: Schäfers, B., Zapf, W. (eds) Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94976-9_61
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