Zusammenfassung
Das deutsche politische Exil hat in einer intensiv geführten Diskussion eine Klärung gesucht, welche rechtliche und institutionelle Form die internationalen Beziehungen nach der erhofften Niederlage Nazi-Deutschlands annehmen sollten. Die Diskussion setzte im größeren Rahmen erst mit dem Kriegsausbruch ein und begleitete die Erörterung der Kriegsziele in den Aufnahmeländern. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Exil im ganzen nur die gesteigerte Aufrüstung Deutschlands verfolgt und sich in einigen zum Teil scharfsinnigen Analysen darüber Rechenschaft abgelegt, daß ihr Ziel der Angriffskrieg war.’ Für die einzig angemessene Antwort hielten die Exilpolitiker und -publizisten so gut wie einhellig eine geschlossene und feste Haltung der bedrohten Mächte und ebenbürtige Rüstungsanstrengungen. Mit Unbehagen verfolgten sie das wiederholte Entgegenkommen und Einlenken gegenüber Deutschland. Im Hinblick auf die Schwäche des internationalen Systems versprachen sie sich von Vorschlägen zu dessen Reform kaum eine Wirkung, nachdem Deutschland und Italien durch ihren Austritt aus dem Völkerbund bewiesen hatten, wie wenig den Diktatoren an internationalen Institutionen und Rechtssetzungen gelegen war, die ihren Handlungen Schranken auferlegten. An eine Neugestaltung der internationalen Beziehungen war erst nach der Niederlage und dem Verschwinden der beiden Regimes zu denken.
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Anmerkungen
Heeres- und Wirtschaftsmotorisierung im 3. Reich, Paris, 1936; Warum schweigt die Welt? Mit Beiträgen von Carl von Ossietzky, Georg Bernhard, Wolf Frank, Jack Iwo, Alfred Kantorowicz, Rudolf Leonhard, Paul Westheim, Paris, 1936; Max Werner (Alexander Schifrin), Sozialismus, Krieg und Europa, Straßburg, 1938; Max Seydewitz, Hakenkreuz über Europa, Paris, 1940.
Vgl. vor allem Gerhard Ritter, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung, Stuttgart, 1956, S. 318–41; Hermann Graml, Die außenpolitischen Vorstellungen des deutschen Widerstands, zuletzt in: Widerstand im Dritten Reich. Probleme, Ereignisse, Gestalten, hg. von Hermann Graml, Frankfurt, 1984, S. 92–139; Walter Lipgens, Europa-Föderationspläne der Widerstandsbewegungen 1940–45 (= Schriften des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik 26), München, 1968, S. 100–176; Walter Lipgens, Ideas of the German Resistance on the Future of Europe, in Documents on the History of European Integration, Bd. 1: Continental Plans for European Union 1939–45, hg. von Walter Lipgens, Berlin, 1985, S. 362–455.
Die Texte sind in knappen Auszügen zusammengestellt bei Klaus Voigt, Ideas of German Exiles on the Postwar Order in Europe, in: Documents on the History of European Integration, Bd. 2: hg. von Walter Lipgens, Berlin, 1985, S. 556–628.
Einer der fünf Texte stammt von der Internationalen Gruppe von Sozialisten an der Rand-School in New York. Er trug den Titel „Unsere Kriegs-und Friedensziele“ und wurde veröffentlicht in der Neuen Volks-Zeitung, Jg. 10, Nr. 31, New York, 2. Aug. 1941, S. 1–2, und Nr. 32, 9. Aug. 1941, S. 1–2. Zu den weiteren vier Texten vgl. Anm. 19, 22, 31 und 37.
Klaus Voigt, Ideas of the Italian Resistance on the Postwar Order in Europe, in: Documents on the History of European Integration, Bd. 1, S. 456–555 (S. 461–3 und Dokumente).
Henri Michel, Les courants de pensée de la Résistance, Paris, 1962, S. 419–425 und 427–9.
Horst Laschitza, Siegfried Vietzke, Deutschland und die deutsche Arbeiterbewegung 1933–1945, Berlin, 1964, S. 389–95, und Horst Laschitza, Kämpferische Demokratie gegen Faschismus. Die programmatische Vorbereitung auf die antifaschistische Umwälzung in Deutschland durch die Reichsführung der KPD, Berlin, 1969, S. 197209.
Bodo Scheurig, Verrat hinter Stacheldraht? Das Nationalkomitee „Freies Deutschland“ und der Bund Deutscher Offiziere in der Sowjet-Union 1943–1945, München, 1965, Dokumente S. 43–276, vor allem Dok. 1 und 6. Zum Council for a Democratic Germany: Mit dem Gesicht nach Deutschland. Eine Dokumentation über die sozialdemokratische Emigration. Aus dem Nachlaß von Friedrich Stamper, hg. von Erich Mathias (= Veröffentlichungen der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien), Düsseldorf, 1968, S. 649–54.
Michel, Les courants de pensée, S. 707–10; Henri Michel, Boris Mirkine-Guietzévitch, Les idées politiques et sociales de la Résistance. Documents clandestins 1940–1944, Paris, 1954, S. 230–6; Voigt, Ideas of the Italian Resistance, S. 468, 543 f.
Hierzu besteht bisher keine zusammenhängende Untersuchung. Als Ausgangspunkt vgl. Ernst Fraenkel, Idee und Realität des Völkerbunds im deutschen politischen Denken, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 16. Jg., 1968, S. 1–14 (S. 5f.); Rudolf Hilferding, Realistischer Pazifismus, Die Gesellschaft. Internationale Revue für Sozialismus und Politik, Bd. 2, 1924, S. 97–114.
Karl Holl, Europapolitik im Vorfeld der deutschen Regierungspolitik. Zur Tätigkeit proeuropäischer Organisationen in der Weimarer Republik, Historische Zeitschrift 219, 1974, S. 33–94 (S. 49, 64f., 67, 70, 81, 86 ).
Bemerkungen des Genossen Dr. Rudolf Hilferding über die Frage der Kriegsziele und über das Problem der Vereinigten Staaten von Europa, Schreibmaschinenkopie in Archiv für Soziale Demokratie, Bonn-Bad Godesberg, SOPADE-Emigration, Mappe 3.
Siegfried Marck, Vom alten zu einem neuen Genf, Neue Volks-Zeitung, 9. Jg., Nr. 1, 6. Jan. 1940, S. 1.
Vorschlag Stampfer. Die Politik der Sozialdemokratischen Partei im Kriege, ASD, SOPADE-Emigration, Mappe 178.
Paul Tillich, Welche Kriegsziele? in Freies Deutschland. Alemania Libre, Nr. 9, Mexico-City 15. Juli 1942, S. 17–8; erneut in Paul Tillich, Impressionen und Reflexionen. Ein Lebensbild in Aufsätzen, Reden und Stellungnahmen, Gesammelte Werke Bd. 13, Stuttgart, 1972, S. 259–64.
Materialien des Komitees im Institut für Zeitgeschichte, München, ED 201/1, Nachlaß Kurt Grossmann.
Bei Werner Röder, Die deutschen sozialistischen Exilgruppen in Großbritannien 19401945. Ein Beitrag zur Geschichte des Widerstands gegen den Nationalsozialismus (_ Schriftenreihe des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung 58), Bonn-Bad Godesberg 11973, S. 271 (Dok. 10).
Zur Politik deutscher Sozialisten. Politische Kundgebungen und programmatische Richtlinien der Union Deutscher Sozialistischer Organisationen in Großbritannien, London, 1945, S. 16–7. Nach dem Krieg wiederholt in Textsammlungen abgedruckt.
Die Friedensziele der demokratischen Sozialisten, ASD, SOPADE-Emigration, Mappe 180; bisher nur in Auszügen veröffentlicht in Willy Brandt, Draußen. Schriften während der Emigration. hg. von Günther Struve, Bonn-Bad Godesberg, 21976, S. 2918; Karl Ludwig Günsche, Klaus Lantermann, Kleine Geschichte der Sozialistischen Internationale, Bonn-Bad Godesberg, 1977, S. 178–81.
Alfred Grosser, Deutschland-Bilanz. Geschichte Deutschlands seit 1945, München 1970, S. 439–41, 463 f.
Vor allem Friedrich Stampfer, Für die europäische Föderation: Das andere Deutschland spricht, Neue Volks-Zeitung, 12. Jg., Nr. 48, 27. Nov. 1943, S. 1, und Die anderen Drei. Europas Rettung: Eine europäische Föderation. Die Mission Frankreichs, ebd., Nr. 52, 25. Dez. 1943, S. 1.
Paul Hagen (Karl Frank), Josef Podlipnig, Karl Richter (Josef Buttinger), Paul Sering (Richard Löwenthal), Jakob Walcher, Der kommende Weltkrieg, Paris, 1939. Die Verantwortlichkeit für die Schlußredaktion wurde dem Verfasser von Richard Löwenthal bestätigt.
Die Friedensziele der deutschen Sozialisten, Schreibmaschinendurchschlag im International Institut voor Sociale Geschiedenis, Amsterdam, Paul Hertz-Nachlaß S. 9/10, Mappe J. 11.
Paul Hagen (Karl Frank), Germany after Hitler, New York, 1944; zitiert nach der Fassung des deutschen Manuskripts, hektographiert in Deutsche Bibliothek, Abt. Exilliteratur, Frankfurt.
Vgl. August Siemsen, Die Tragödie Deutschlands und die Zukunft der Welt. Aufsätze und Reden, Buenos Aires, 1945.
Willy Brandt, Stormaktenes krigsmäl og det nye Europa, Oslo, 1940; Auszüge in Willy Brandt, Draußen, S. 29–30 und 36–8.
Stefan Szende, Europeisk Revolution, Stockholm, 1943; Europäische Revolution, Zürich, 1945.
Willy Brandt, Efter Segern. Diskussion om krigs-och fredsmälen, Stockholm, 1944.
Ernst Behm, Willy Brandt, August und Irmgard Enderle, Stefan Szende, Zur Nachkriegspolitik deutscher Sozialisten, Stockholm 1944.
Europe Speaks, Welwyn Garden City, London, März 1942—Nov. 1945. Mitteilungen über die föderalistische Tätigkeit europäischer Widerstandsgruppen ab Januar 1944 in fast jeder Nummer.
Die Erklärung ist bisher vierzehnmal abgedruckt, zuletzt bei Walter Lipgens, Transnational Contacts, Documents an the History of European Integration, Bd. 1, S. 65997 (S. 678–82, Dok. 216).
Walter Fliess, Die Wirtschaft im neuen Europa, London s. d. (1943); L’economia dell’ Europa federata (= Edizioni italiane del Partito Socialista Svizzero. Prima serie „Libe-
rare e federare!“ 4), Lugano s. d. (1943); The Economic Reconstruction of Europe, London s. d. (1944).
Hilda Monte, The Unity of Europe, London 1943.
Carl Spiecker), Die gemeinsame Aufgabe, Das wahre Deutschland. Auslandsblätter der Deutschen Freiheitspartei, Nr. 28, Aug. 1940, S. 1–5.
Emil Ludwig, Die Vereinigten Staaten von Europa. Entwurf einer Verfassung, Das Neue Tage-Buch, 8. Jg., Nr. 3, Paris 20. Jan. 1940, S. 66–71; auch in Emil Ludwig, La Prusse et l’Europe, Paris, 1940, S. 47–82.
Kriegsziel Europa. Die föderalistische Idee, Die Zukunft, Nr. 45, Paris 10. Nov. 1939, S. 1.
The City of Man. A Declaration on World Democracy by Herbert Agar, Frank Aydelotte, G. A. Borgese, Hermann Broch, Van Wyck Brooks, Ada L. Comstock, William Mandell Elliot, Dorothy Canfield Fisher, Christian Gauss, Oscar Jaszi, Alvin Johnson, Hans Kohn, Thomas Mann, Lewis Mumford, William Allan Neilson, Reinhold Niebuhr, Gaetano Salvemini, New York 11940, 31 941.
Radioansprache über die Stimme Amerikas vom 29. Jan. 1943 unter dem Titel: „Europe a Federation of Free States“ in Federal Union News, Nr. 97, London März 1943, S. 3; in deutscher Rückübersetzung bei Lipgens, Europa-Föderationspläne, S. 470 f. (Dok. 161).
Arnold Brecht, European Federation — The Democratic Alternative, Harvard Law Review, Bd. 55, Nr. 4, Febr. 1942, S. 561–94.
Erich Koch-Weser, Satzung des „Europabundes“, Handschriftliches Manuskript (ohne Titel und Datierung) im Bundesarchiv, Koblenz, Nachlaß Erich Koch-Weser, Mappe 64; hier auch der Brief an Brecht vom 21. Mai 1942.
Erich Koch-Weser, Paneuropa, Deutsche Blätter, Jg. 3, Heft 25, Santiago de Chile Mai—Juni 1945, S. 26–34.
Hans Wehberg, Zum gegenwärtigen Stande des Problems einer künftigen Weltorganisation. Die Zentrale Frage der Schaffung einer internationalen Autorität, Die Friedens-Warte, Jg. 43, Nr. 5, Zürich, 1943, S. 205–20.
Wilhelm Röpke, Internationale Ordnung, Zürich 1945, vor allem der Abschnitt: Nation, Souveränität und Staatengemeinschaft, S. 52–65.
Hermann Rauschning. Die konservaitve Revolution. Versuch und Bruch mit Hitler, New York, 1941, S. 91–2, 108–10; Hermann Rauschning, Die Revolution des Nihilismus. Kulisse und Wirklichkeit des Dritten Reiches, Zürich, 1938, S. 403 f., 483–8.
Zum Beispiel in den programmatischen Richtlinien der von Albert Grzesinski geleiteten Association of Free Germans, Für ein freies Deutschland von morgen, Okt. 1942, in: Mit dem Gesicht nach Deutschland, S. 567–69, und bei Albert Grzesinski, Gedanken über die Zusammenarbeit der Nationen nach dem Siege der demokratischen Mächte, Schreibmaschinenmanuskript in: IfZ, ED 202, Nachlaß Kurt Glaser, Bd. 2.
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Voigt, K. (1987). Europäische Föderation und neuer Völkerbund. In: Koebner, T., Sautermeister, G., Schneider, S. (eds) Deutschland nach Hitler. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94354-5_9
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