Zusammenfassung
Das Zwangsvollstreckungsverfahren dient der Erfüllung des titulierten Anspruchs, erforderlichenfalls durch Ausübung von Zwang. Es kann aber nur dann zur zwangsweisen Beitreibung — auch einer titulierten — Geldforderung kommen, wenn der Schuldner die an ihn im Titel gerichtete Handlungsanweisung nicht beachtet hat. Mit anderen Worten: Der Schuldner hat auch nach Erlaß des Urteils, Vollstrekkungsbescheids oder Prozeßvergleichs nicht gezahlt.
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Anmerkungen
Von den 526 Geldeintreibungsverfahren, die in der zugrundeliegenden Untersuchung beobachtet wurden, entfielen 25 (4,8%) auf diesen Auftragstyp, 5 auf Vollstreckung von Herausgabeansprüchen und 10 auf Wohnungsräumungen, teilweise mit Geldforderungen verbunden. Siebenmal wurde die Eidesstattliche Versicherung freiwillig geleistet, sechs Schuldner wurden verhaftet und eingeliefert und sieben Schuldner entzogen sich dem durch Flucht oder waren wiederholt nicht anzutreffen.Die Differenz zu den weiter unten genannten 541 untersuchten Fällen erklärt sich daraus, daß in 15 Fällen keine Geldforderung, sondern ein anderer Anspruch (insbesondere auf Herausgabe von Sachen) zu vollstrecken war.
Vgl. hierzu Klaus F. Röhl, Schuldbeitreibung als Kontrolle abweichenden Verhaltens,Zeitschrift für Rechtssoziologie 5 (1983), Heft 1, S. 1–25
Eine Einzelbetrachtung — das Erklären der Schulden einer Familie durch Lebensumständeund Verhalten im Einzelnen, gemessen an „objektiv besseren“ Verhaltensweisen — begegnet den gleichen Einwänden, wie sie von den Kriminologen gegen das Konzept der „Lebensführungsschuld“ erhoben wurden. Andererseits sollten sie nicht daran hindern, Einzelfälle zur Verdeutlichung der generellen Behauptungen heranzuziehen.
Während das Stadium nach Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung auf einem recht objektiven Kriterium fußt, fließt in das der „amtsbekannten Unpfändbarkeit“ viel deutlicher die Wertung des Gerichtsvollziehers ein, der dieses Urteil überwiegend nur abgeben wird, wenn bereits (erfolglos) geoffenbart wurde, eventuell sogar mehrfach in früheren Jahren. Während der Gerichtsvollzieher bei diesen gegenüber dem Gläubiger das Ende der Fahrnisvollstreckung signalisiert und die aussichtslosen Anträge gewissermaßen auch aus Vereinfachungsgründen zurückweist, gibt er bei dem Hinweis auf erfolgte Eidesstattliche Versicherungen zusätzlich zu erkennen, daß möglicherweise in einem anderen Verfahren noch „etwas zu holen” sein könnte. Jedoch hat der Gerichtsvollzieher keine Kenntnis vom Inhalt des Vermögensverzeichnisses, das sich beim Vollstreckungsgericht befindet. Der eigentliche Inhalt der Mitteilung an den Gläubiger reduziert sich auf die Feststellung, daß ein Antrag auf Abgabe einer (jüngeren) Eidesstattlichen Versicherung zur Zeit keine Aussicht auf Erfolg hat und ihm diese Verfahrensart, dieses Unterprogramm verschlossen ist. Der Gläubiger wird abwarten müssen.
Rasehorn wird mit seiner Vermutung Recht haben, der Schuldner sei etwa durch Arbeitslosigkeit „ins Rutschen gekommen“. Es läßt sich hier ein Zusammenhang mit der Arbeitslosigkeit vermuten. Dabei ist eine Ursache-Wirkungs-Vermutung in beiden Richtungen möglich: Man kann durch Arbeitslosigkeit zu Schulden kommen, aber auch aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gekündigt und arbeitslos werden, zumal dem Arbeitgeber mit der Lohnpfändung nicht nur die Schulden bekannt werden, sondern ihm auch die Mehrarbeit bei der Lohnabrechnung lästig ist. Vgl. Rasehorn, in diesem Band, S. 104 ff.
Vgl. Rasehorn, in diesem Band, S. 104 ff.
Charta der Rechte und Pflichten der Schuldner, herausgegeben von der Internationalen Union der Gerichtsvollzieher und Justizbeamten, Antwerpen o. J., S. 1–11, Orthographie-und Grammatikfehler der dt. Rohübersetzung vom Autor verbessert
Wenn Hörmann (Knut Holzschenk, Günter Hörmann, Jürgen Daviter, Die Praxis des Konsumentenkredits in der Bundesrepublik Deutschland, Köln 1982, S. 316) den Gerichtsvoll-zieher als „Kleinunternehmer“ bezeichnen (vgl. auch Klaus F. Röhl, a. a. O. [Anm. 2] S. 10), so kann dem nur in Hinblick auf das tatsächlich regelmäßig hohe Einkommen beigepflichtet werden, das bei hohem Arbeitseinsatz (z. B. durch Obernahme von Urlaubs-und Krankheitsvertretungen) erzielt werden kann. Es gibt jedoch ebensowenig ein Unternehmensrisiko wie eine spezielle Unternehmermentalität der Gerichtsvollzieher, die von der anderer Gebührenbeamten (z. B. der Notare) unterscheiden ließe.
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Klein, J.M. (1987). Die Vollstreckung von Geldforderungen durch den Gerichtsvollzieher (aus rechtstatsächlicher Sicht). In: Blankenburg, E., Voigt, R. (eds) Implementation von Gerichtsentscheidungen. Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, vol 11. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94342-2_3
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