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Reideologisierung des Soldatenberufes: Zu den Wertemustern konservativer Militärpolitik

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Zusammenfassung

Mit dem Begriff Ideologie sind recht verschiedene Vorstellungen verbunden. In der politischen Alltagssprache wird er meist als diffamierendes Schlagwort benutzt. Da der Begriff auch in der wissenschaftlichen Fachsprache nicht eindeutig ist,1 soll eine kurze Skizzierung der Punkte erfolgen, die zum Verständnis der folgenden Ausführungen notwendig sind.

Dieser Beitrag ist eine erweiterte Fassung meines Aufsatzes gleichen Titels in der Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, Nr. 1, Baden-Baden 1985 und die dort schon publizierten Teile werden mit freundlicher Genehmigung der Nomos-Verlagsge-sellschaft Baden-Baden hier wieder abgedruckt.

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Anmerkungen

  1. Als Einführung und Überblick Lenk, K.: Ideologie. Ideologiekritik und Wissenschaftssoziologie, Neuwied 1964

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  2. Zur Gesamtproblematik vgl. Schulz, K.-E. (Hrsg.): Streitkräfte im gesellschaftlichen Wandel, Bonn 1980;

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  3. Zoll, R. (Hrsg.): Wie integriert ist die Bundeswehr?, München 1979 sowie die Jahresberichte des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages.

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  4. Deshalb sind sowohl die Zustandsbeschreibungen des Verteidigungsministeriums in seinen Weißbüchern wie die des Wehrbeauftragten in seinen Jahresberichten in den letzten Jahren zunehmend illusionär.

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  5. Vgl. zu diesen Vorgängen Genschel, D.: Wehrreform und Reaktion. Die Vorbereitung der Inneren Führung 1951–1956, Hamburg 1972:

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  6. Baudissin, W. Graf von: Soldat für den Frieden, München 1969;

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  7. Baudissin, W. Graf von: Ders.: Nie wieder Sieg, München 1982. Baudissins wichtigste Denkschriften und Publikationen aus dieser Zeit sind in den beiden Bänden enthalten.

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  8. Die „Bibel“ der Traditionalisten schrieb Karst, H: Das Bild des Soldaten. Versuch eines Umrisses, Boppard 1969. Karst war Mitarbeiter und Gegenpol Baudissins schon im Amt Blanck. Das Buch schrieb er als „Inspizient für Erziehung und Bildung im Heer“. Er mußte im Zuge der Reformpolitik Helmut Schmidts vorzeitig gehen. Nach der Wende wurde er informell „reaktiviert“. Er ist ständiger Gast und Redner am Zentrum Innere Führung in Koblenz. Baudissin durfte dort seit Jahrzehnten nicht mehr zu seinen Vorstellungen sprechen.

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  9. Die wichtigsten Untersuchungen zur Bildungsreform in der Bundeswehr sind von Bald, D.: Generalstabsausbildung in der Demokratie, Koblenz 1984;

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  10. Jopp, M.: Militär und Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland, Das Beispiel der Bildungsreform in der Bundeswehr, Frankfurt, New York 1983;

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  11. Krause, H.R.: Das Konzept der Inneren Führung und die Hochschulen der Bundeswehr, Diss. Bochum 1976;

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  12. Kutz, M.: Reform und Restauration der Offizierausbildung der Bundeswehr, Baden-Baden 1982;

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  13. Loquai, H.: Qualifications- und Selektionssysteme für Eliten in bürokratischen Organisationen. Eine soziologische Analyse der Ausbildung und Auswahl deutscher Generalstabs- und Admiralstabsoffiziere, Freiburg 1980;

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  14. Rosen, C. v.: Bildungsreform und Innere Führung..., (Diss. Hamburg 1978) Hamburg 1981.

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  15. Vgl. als typisch für vieles: Hammel, K.: Sinnfragen des Soldatenberufes, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, 1, 1985.

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  16. Kritisch Wakenhut, R.: Moral und Militär, ebenda, 2/1984 (S + F)

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  17. Zur Analyse der als Legitimitätskrise gekennzeichneten Auseinandersetzung vgl. Vogt, W. R. (Hrsg.): Sicherheitspolitik und Streitkräfte in der Legitimitätskrise, Baden-Baden 1983.

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  18. Vgl. auch den Beitrag von Wachter, G.: Militärische Realitätsdeutung. Zum Funktionswandel von Streitkräften und des Berufsverständnisses von Offizieren, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, 1/1985. (S + F).

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  19. Einige der z. T. bösartigen Hetzreden, die von hohen militärischen Vorgesetzten vor ihren Untergebenen gehalten wurden, haben öffentliches Aufsehen erregt. Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 4.9.1984; Frankfurter Rundschau vom 2.7.1983 und 30.11.1984; Vorwärts vom 8.9.1983 und Bolz, H.: Bundeswehr- und Friedensbewegung, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, (S + F), 1/ 1985

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  20. Die systematischste Darstellung des von Baudissin entwickelten und geprägten Konzeptes der Modernisierung und Demokratisierung des Militärs bei Krause, H.F., a.a.O.

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  21. Rautenberg, H.J./Wiggershaus, N. (Hrsg.): Die Himmeroder Denkschrift, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen, 1/1977 ergänzt durch eine Einleitung und Zusatzdokumente.

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  22. Vgl. Genschel, D., a.a.O., S. 104 ff, 144 ff, 205 ff

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  23. Vgl. Genschel, a.a.O.

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  24. Dies ist im einzelnen belegbar für die Bildungsreform dieser Zeit, vgl. dazu Kutz, M.: Reform und Restauration...

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  25. Vgl. Zeller, K.D.: Fragen der Technikbewältigung in Streitkräften, in: Schulz, K-E. (Hrsg.), a.a.O.

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  26. Vgl. Kutz, M.:, Reform und Restauration...

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  27. Ebenda

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  28. So der General Schncz, Inspekteur des Heeres, in seiner Studie, abgedruckt bei Heßler, K.: Militär, Gehorsam, Meinung, Berlin, New York 1971

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  29. Über diese Vorgänge vgl. Krause, H.F., a.a.O.

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  30. So ausdrücklich im Vorwort von Helmut Schmidt zum „Ellwein-Bericht“: Neuordnung der Ausbildung und Bildung in der Bundeswehr. Gutachten der Bildungskommission an den Bundesminister der Verteidigung, Bonn 1971

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  31. Zurück zur Legende vom besonderen Sterben, in: Der Spiegel, 41/1983

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  32. Vgl. Anm. 9

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  33. Vgl. Hubatscheck, G.: Wertewandel in der Bundeswehr, in: Die Welt vom 11.11.82 und 1982

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  34. Farwick, D.: Die Innenansicht der Bundeswehr oder Palmström ist unter uns, in: Criticon 69, Jan./Febr. 1982. Hier wird auch wieder ausdrücklich auf die Schnez-Studie Bezug genommen. Beide Offiziere gehören dem Planungsstab von Minister Wörner an.

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  35. Selbst dort, wo dieser Begriff nicht benutzt wird oder ihm sogar dem Wortlaut nach widersprochen wird, wird deutlich, daß diese Homogenität gefordert wird. Sei es, daß der Offizier auf den traditionalistischen Erziehungsbegriff, die traditionellen Soldatentugenden als Primärwerte oder auf den starken Staat festgelegt werden soll. Ausdrücklich aber Stockfisch, D.: Das Ethos des Soldaten heute, in: Truppenpraxis, 5, 1984, S. 329: „Leistungsfähigkeit und Abschreckungsvermögen von Streitkräften basieren u. a. auf Einheitlichkeit und Homogenität (Korpsgeist), nicht auf Pluralität. Daher bedürfen Streitkräfte gemeinsamer geistig-ethischer Grundlagen, gleicher Führungsgrundsätze, gleicher Rechtsanschauung, gleicher Erziehung und Ausbildung, nicht zuletzt auch gleicher Sprache und gleicher Begriffe.“ Stockfisch ist enger Mitarbeiter des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMVg, Würzbach.

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  36. So ausdrücklich bei Farwick, D., a.a.O.

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  37. So stellte der damalige Leiter des Studentenbereichs der Hochschule der Bundeswehr Hamburg schon 1976 erschreckt „Pluralismus“ bei den Offizierstudenten fest, und der damalige Stellvertreter des Generalinspekteurs, General Pöppel, befürchtete einen „einseitigen geistigen Einbruch“ in ganze Offiziersjahrgänge. Vgl. Kutz, M.: Reform und Restauration..., S. 138 ff.

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  38. Vgl. hierzu wieder Loquai, H., a.a.O. und Kutz, M.: Reform und Restauration

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  39. Zeitschriften wie „Europäische Wehrkunde“, „Truppenpraxis“, „Marine Forum“ wimmeln von Aufsätzen und Leserbriefen dieser Tendenz. Zugleich wurden die Weisungen für Ausbildung und Erziehung der Inspekteure Steinbrüche für Zitaten-versatzstücke gleichen Inhalts.

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  40. Forderungen dieser Papiere sind u. a.: Pressezensur, Kriegsfilme im Fernsehen, Beschneidung des Grundrechtes auf Kriegsdienstverweigerung, Militärgerichtsbarkeit, Strafbataillone, Wehrerziehung in der Schule, gesellschaftliche Sonderstellung des Militärs, Rehabilitierung der Wehrmacht und Entparlamentarisierung des politischen Lebens. Nachzulesen bei Heßler, H., a.a.O.

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  41. Vgl. Krause, H.F., a.a.O.

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  42. Vgl. Kutz, M.: Reform und Restauration..., S. 108 ff; Ders.: Historisch-politische Bildung in der Bundeswehr, in: Handbuch der Geschichtsdidaktik (Hrsg. von Bergmann, Kuhn, Rüsen, Schneider), Bd. 2, 1. Aufl. 1979, Neuaufl. 1985

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  43. Vgl. Kutz, M.: Reform und Restauration..., S. 157 ff.

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  44. Besonders deutlich wurde der Sachverhalt mit der sogen. Rudel-Affäre, an der der Abgeordnete M. Wörner maßgeblich beteiligt war. Vgl. Hereth, M.: Der Fall Rudel oder die Hoffähigkeit der Nazidiktatur, Reinbek 1977

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  45. Vgl. Loquai, H., a.a.O., Kutz, M.: Reform und Restauration...

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  46. Wiesendahl, E.: Zur Theorie-Praxis-Kontroverse um die Verwissenschaftlichungder Offizierausbildung, in: Schulz, K.-E.: Die Neuordnung von Bildung und Ausbildung in der Bundeswehr. Eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren, Baden-Baden 1982;

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  47. Als Beispiele solcher Wissenschaftsfeindlichkeit aus jüngerer Zeit vgl. Lichel, C-H.: Zu viele Erziehungsverweigerer an den Hochschulen, in: Hochschulpolitische Information, Nr. 2, 29.1.1982;

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  48. Ders.: Gedanken zur Führerausbildung im Heer, in: Truppenpraxis, 5/1983, besonders S. 343 (dort ein systematischer Affront gegen die in der Bundeswehr tätigen Sozialwissenschaftler). Desgleichen Steege, F. W.: Die Bundeswehr und ihre Sozialwissenschaftler, Wehrpsychologische Re-flektionen über Wissenschaft und Ideologie, in: Psychologischer Dienst der Bundeswehr, Arbeitsberichte, Hrsg. BMVg — P II 4.

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  49. Vgl. Anmerkung 26

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  50. In seiner „Weisung für Ausbildung, Erziehung und Bildung in den Streitkräften im Jahre 1980“, Bonn, August 1979

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  51. Eine auch nur repräsentative Bibliographie dieser Debatte würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Hier sei nur auf die Kontroverse in der Beilage zur Wochenzeitung,Das Parlament’ verwiesen: Messerschmidt, M.: Das Verhältnis von Wehrmacht und NS-Staat und die Frage der Traditionsbildung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (B 17/1981);

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  52. Elble, R.: Die Wehrmacht — stählener Garant des NS-Systems?, in: ebenda, Beilage B 34/1981

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  53. Vgl. Kutz, M.: Tradition und soldatische Erziehung. Zu den gegenwärtigen historischen Leitbildern der Offizierausbildung der Bundeswehr, in: Schulz, K.-E. (Hrsg.): Streitkräfte im gesellschaftlichen Wandel...

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  54. So jüngst noch in seiner Rede vor den „Ehemaligen“ des „Afrika-Korps“ in Stuttgart, vgl. Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt vom 9.9.1984

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  55. Vgl. BMVg, FüS I 3 — Az 35–08–07, Bonn, 20.9.82: Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege in der Bundeswehr.

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  56. Vgl. Im Geist marschieren sie immer noch, von Bockmann, G., in: Vorwärts vom 17.11.1984

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  57. So startet die „Wehrwissenschaftliche Rundschau“ ab Mai 1981 eine ganze Serie von Artikeln mit dem geschilderten Tenor, vgl Ilsemann, C.-G. von: Vorbemerkungen der Redaktion zu einer Artikelreihe über Pädagogik, Ausbildung, Bildung und Erziehung in der Bundeswehr, in: Wehrw. Rundschau, 5/1981.

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  58. Zum Folgenden vgl. auch den Beitrag von Rauer, U.: Erziehung ja — politische Bildung nein, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, (S + F) 1/1983.

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  59. Beispielhaft dafür die schon zitierten Artikel von Lichel und Steege.

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  60. Aufschlußreich ist die Tatsache, daß ein großer Teil dieser Artikel von den Ideologen der 60er Jahre stammt. Wenn man aus der subventionierten Militärpresse die Beiträge von Karst, Wagemann, Ilsemann herausnähme, bliebe nur ein epigonaler Rest auf der Ebene Oberstleutnant/Oberst (bzw. Kpt z. See). An der aktuellen Re-ideologisierungsdebatte beteiligen sich z. Z. öffentlich nur die Generale Lichel, Zimmer und Schreiber.

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  61. Der erste massive Eingriff fand an der Führungsakademie statt, als man die Lehrgangsstruktur des sogen. Grundlehrganges an die Forderungen der Traditionalisten anpaßte. Kurz darauf wurde die Generalstabsoffizierausbildung ebenso umstrukturiert, vgl. Kutz, M.: Der linke Feind wurde ausgemacht, die Soldatentugend ist gefordert, Nachdruck eines Beitrages im „Vorwärts“ in: ÖTV-Wehrreport, 5/1983.

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  62. Die gleichzeitig eingeleiteten Entwicklungen im Hochschulbereich vgl Fröchling, H.: Die Wende in der Offizierausbildung?, in: Vierteiljahreszeitschrift für Sicherheit und Frieden, (S + F) 1/1985.

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  63. Vgl. die Rede des Kdr. der Heimatschutzbrigade 54; Zitate in der Frankfurter

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  64. Vgl. Richter, R.: Legitimitätsdefizite der Bundeswehr?, in: Vogt, W.R. (Hrsg.): Sicherheitspolitik und Streitkräfte in der Legitimitätskrise, Baden-Baden 1983. Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr: Erkundungsstudie zum beruflichen Selbstverständnis des Stabsoffiziers (Gutachten), München, Januar 1982.

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  65. Über eine diesbezügliche Studie des Sozialwissenschaftlichen Institutes d. BW mit alarmierenden empirischen Ergebnissen berichtete „der Spiegel“ vom 11.2.1985.

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  66. „Erziehung zum Dienen; Verbesserung der Voraussetzungen zum soldatischen Dienen“, Oberst i. G. Zimmer, BMVg, FüS I 6, in: Lutz, D. S. (Hrsg,): Weder Wehrkunde noch Friedenserziehung? Der Streit in der KMK 1980/83 — Arbeitsmaterialien zum Thema Frieden in Unterricht und Politischer Bildung, Baden-Baden 1984. Von den im folgenden dargestellten traditionalistischen Vorstellungen sind zwei wichtige Dokumente deutlich abzugrenzen: Generalinspekteur der Bundeswehr, Weisung für Ausbildung, Erziehung und Bildung in den Streitkräften. Bonn, 15.6. 1983 (für 1984) und Rede des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Manfred Wörner vor der Offizierschule des Heeres in Hannover am 10.6.83 „Zum Bild des Offiziers“. Beide Dokumente lassen keinerlei Zweifel an der demokratischen Einbindung militärischer Erziehung und militärischer Tugenden. Dieser Sachverhalt deutet auf die weit fortgeschrittene Verselbständigung der Militärbürokratie von der politischen Kontrolle auch in den Sinnfragen militärischer Existenz.

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  67. Dieser Zusammenhang und das Folgende sind vielfältig belegbar, insbesondere der Abwehrcharakter und die Sekundärnormenfixierung des militärischen Erziehungsbegriffes. Die folgenden Belege und Zitate sind deshalb immer nur eine Auswahl, die meist wegen der Prägnanz der Aussage oder der dienstlichen Stellung des jeweiligen Autors angeführt werden. Zu den Negativbildern von der Gesellschaft vgl. Stockfisch, D.: Das Ethos des Soldaten heute, in: Truppenpraxis No 5, 1983. Er konstatiert: „Ethik-Defizit, Geschichtslosigkeit, Pluralismus und Indifferenz, schwaches Staatsbewußtsein. Legalität statt Moralität“. „Auf die Streitkräfte bezogen gefährdet dieser allumfassende Rationalismus das traditionelle Wert- und Normenbewußtsein in der Truppe“., ebenda, S. 329

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  68. Vgl. Lichel, C.-H.: Gedanken zur Führerausbildung im Heer, in: Truppenpraxis, 5/ 1983 sowie Steege, F. W.: a.a.O.

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  69. Ganz ungeniert erklärte Generalmajor Dr. Jürgen Schreiber in einer gleichlautenden Ansprache vor der Stabsabteilung FüL I im BMVg, vor dem Stab des Luftwaffenaus-bildungs-Kommandos und vor der Offizierschule der Luftwaffe im Juni/Juli 1984, daß weder Leistungsgesichtspunkte noch Gerechtigkeit und Chancengleiheit Maximen der Personalführung sein könnten. „Gefährlich, zumindes wenig nutzbringend ist es, diese Diskussion mit allgemeinen und damit letztlich unverbindlichen politischen oder rechtlichen Grundsätzen zu fuhren“ zitiert nach: Der Offizier der achtziger Jahre. Aktuelle Fragen und Selbstverständnis des Offizierkorps heute, S. 22. Die weiteren Ausführungen S. 23, 25 f.

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  70. Abgesehen davon, daß diese Grundhaltung aus den meisten Publikationen zur Erziehungsproblematik, die in der Militärpublizistik veröffentlicht werden, durch logischen Schluß ableitbar ist, wird sie auch offen ausgesprochen. Vorreiter war schon 1979 Oberst i. G. Zimmer (heute General- und Stabsabteilungs-FüH I) (Ausbildung, Innere Führung, Erziehung), vgl. Kutz, M.: Tradition und soldatische Erziehung...; außerdem Zimmer, BMVg, FüS 16 Erziehung zum Dienen.. „a.a.O., S. 84; ders.: Rede an der Offizierschule des Heeres, Hannover, vom 1.10.84

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  71. Hier wieder die Ausführungen von Zimmer, a.a.O. sowie Generalmajor Dr. J. Schreiber: Der Offizier der achtziger Jahre, a.a.O, S. 13: „Aber Grundwerte wie Treue, Gehorsam, Disziplin, Tapferkeit und Mut behalten unverändert ihre Gültigkeit. Daran kann auch das pseudowissenschaftliche Gerede von den sog. Sekundärtugenden nichts ändern.“

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  72. Da die „Tugenden“ und „Erziehung“ im militärischen Selbstbild aufs engste verknüpft mit „Tradition“ sind, ist eine der wesentlichen Aufgaben von „Tradition“, „Tugend“ und „Erziehung“ zu legitimieren. Beide werden deshalb an historische Vorbilder geknüpft und zu diesen gehören dann die Wehrmacht als Ganzes so wie einzelne ihrer Vertreter. Die Legitimierung von Schreiber, besteht in einer solchen pauschalen Rehabilitierung der Wehrmacht, die umso schlimmer ist, als sie durch eine Geschichtsfälschung begründet wird. Er zitiert die berüchtigten Auslassungen Eisenhowers von 1951, als er die Wehrmacht rehabilitierte, weil die deutschen Soldatenverbände die Bundesregierung damit erpreßten, nicht eher sich am Aufbau der Bundeswehr zu beteiligen, bis die „Ehre des deutschen Soldaten44 wieder hergestellt wäre. Zum tatsächlichen Geschehen vgl. Schenck zu Schweinsberg, K. Frhr, von: Die Soldatenverbände in der Bundesrepublik, in: Studien zur politischen und gesellschaftlichen Situation der Bundeswehr, 1. Folge, Picht, G.: (Hrsg.) J. Witten Berlin 1965. Die Rechtfertigung aufgrund der vorbildlichen Leistung eines Einzelnen — hier Hitlers Admiral Raeder — bei Luther, G. (Admiral): Die Marine heute -ihr Selbstverständnis und ihr Selbstbewußtsein, Ansprache des Inspekteurs der Marine, anläßlich der 19. historisch-taktischen Tagung der Flotte am 11.1.1979.

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  73. Bei Zimmer heißt das der „namenlose Generalstabsoffizier“, so in seiner Rede von 1979, vgl. Kutz, M.: Tradition..., weniger offen in Zimmers Rede von 1984, a.a.O., S. 20 in Verbindung mit S. 12. Als faktisch gegebenes Verhaltensmuster bestätigt bei Rullkötter, H.: Mehr Erziehung in der Bundeswehr, in: Europ. Wehrkunde, 6, 1981, S. 260.

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  74. Meist läuft die Rechtfertigung über eine Verkürzung des demokratischen Staatsbegriffes um seine gesellschaftliche und um die Parteienkomponente. Am deutlichsten wieder bei Zimmer, Rede vom 1.10.84, dort S. 9, 25 f, Erziehung auf den Dienst am Staat, sie hat Erfolg „wenn sie den Staat sowohl in seiner derzeitigen Gestalt... erlebbar, als auch seinen Ort in unserer nationalen Geschichte erkennbar machen kann.. der Erweis der Kontinuität unserer nationalen Geschichte und damit der Identität des Staates mit sich selbst...“ (Hervorhebungen von mir). Dies ist ein Staatsbegriff ohne demokratischen Bezug, er setzt den „Staat“ Hitlers mit dem des Grundgesetzes faktisch gleich, obwohl er vorgibt, ein Staatsideal zu sein.

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  75. expressis verbis bei Farwick, D.: Zur Diskussion der Nato-Strategie. Dynamische Vorwärtsverteidigung statt Vorneverteidigung, in: Österreichische Militär Zeitschrift, 2/1983,

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  76. ebenso: Hubatschek, G.: Sicherheit ohne Bundeswehr, in: Criticon 69, Jan./Febr. 1982, S. 18

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  77. Logischer Schluß muß in einer pluralistischen Gesellschaft dann die Forderung nach staatspolitischer Homogenität sein. So Hubatscheck wie Anm. 58. Dort die Feststellung: „Vor allem gilt es, der allgemeinen Verdrängung der militärischen Fragen ein Ende zu bereiten“ (das mitten in der Raketendebatte!). „Hierzu gehört auch die bisherige Priorität der Innen- und Gesellschaftspolitik zugunsten der Geschlossenheit staatspolitischen Denkens zu beenden.“ Dies nur aktuelle Beispiele einer großen Zahl von Publikationen beider Autoren, die schon seit Jahren eng mit Minister Wörmer zusammenarbeiten (z.Z. im Planungsstab des BMVg).

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  78. Vgl. dazu Kutz, M.: Moderne Offizierausbildung — demokratische Sozialisation von Offizieren. Prinzipielle Aspekte zum Problem akademischer Berufsausbildung von Offizieren und zu den Versuchen ihrer gesellschaftlichen und (bildungs) politischen Gettoisierung, in: Gessenharten, W./Plauder, H./Reuter, L.R. (Hrsg.): 10 Jahre Hochschule der Bundeswehr Hamburg. Aufgaben — Entwicklung — Perspektiven, München 1984. Dort habe ich mich mit den prinzipiellen Aspekten militärischer Funktionalität und Effektivität näher auseinandergesetzt.

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  79. Vgl. Zitat Stockfisch, Anm. 24

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  80. Außer in vereinzelten Phrasen tauchen diese Probleme in den Reden und Schriften der Traditionalisten überhaupt nicht auf. Damit wird der nach Umfang und Gewicht wichtigste Teil militärischen Handelns überhaupt nicht reflektiert. Daß der enorme emotionale Aufwand auch nötig ist um psychische aggressive Impulse abzuwehren, ist aus dem zum Teil unredlichen Umgang mit Bedrohungsanalysen ebenso ersichtlich wie aus theoretischen Kriegsspielen, die die sowjetische Seite simulieren. Vgl. eine solche, psychologisch nur noch als Projektion zu wertende Überlegung von Farwick, D.: Zwang zum Blitzsieg? Wie würde eine sowjetische Strategie einen europäischen Krieg sehen?, in: Criticon 75, Jan./Febr. 1983

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  81. Es war wie ein Aufatmen bei der militärischen Führung, als man glaubte, per Auswertung des Falklandkrieges sich selbst gerechtfertigt zu sehen. Vgl. auch Zimmer K.: Wie gewinne ich ausreichende Vorstellungen von einem möglichen zukünftigen Kriege?, in: Truppenpraxis 3/84. Zentrale Orientierungen sind dort: Überlieferung, historische Erfahrung, eigene Erfahrung, „Takt des Urteils.“

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  82. Schreiber; J.: Der Offizier der achtziger Jahre, a.a.O., S. 19, rechtfertigt den Krieg als ultima ratio; Zimmer: Rede vom 1.10.84, S. 13/14 leitet das Berufsbild ausschließlich vom Kriege ab.

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  83. Dieses — vielleicht gravierendste moralische Problem moderner Strategiepolitik wird in der gesamten Militärpublizistik überhaupt nicht thematisiert.

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  84. Hier sei nur auf die Klassiker verwiesen, da eine spezialisierte fachwissenschaftliche Diskussion dieses psychologisch-sozialpsychologischen Problemkomplexes hier zu weit gehen würde. Adorno, Bettelheim, Frenkel-Brunswick u.a.: Der autoritäre Charakter. Studien über Autorität und Vorurteil, 2 Bde., Amsterdam 1968; Bettelheim, B.: Erziehung zum Überleben, München 1980;1963

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  85. Freud, S.; Gesammelte Werke;1963

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  86. Freud, A: Das Ich und die Abwehrmechanismen, München o. J.; 1963

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  87. Mitscherlich, A.: Auf dem Wege zur vaterlosen Gesellschaft, München 1963;

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  88. Mitscherlich, A./Mit-scherlich, M.: Die Unfähigkeit zu trauern, München 1967. Neuerdings eine sehr interessante Studie über den „soldatischen“ Mann. Theweleit, K.: Männerphantasien, 2 Bde., rororo 7300, Reinbek 1980

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  89. Auf das Zwanghafte gerade bei Vertretern radikaler Erziehungsvorstellungen weist hin: Rutschky, K.: Einleitung, zu: Schwarze Pädagogik. Quellen zur Naturgeschichte der bürgerlichen Erziehung, Frankfurt, Berlin, Wien 1977

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  90. Deutlich wieder bei Zimmer, Rede vom 1.10.84, a.a.O., S. 10, diese Vorstellung klingt auch bei vielen anderen Autoren an.

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  91. Pointiert bei General Kießling, G.: In der Armee sind Soldaten gefragt, nicht Sicherheitsmanager, in: Die Welt, 9.4.1983

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  92. Vgl. wieder Rutschky, K.: Einleitung, a.a.O., insbes. das Kapitel über „die Erfah-rungslosigkeit, dort S. LXI ff

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  93. Ob nur, wie die konservative Politik glaubt, die Sowjetunion mit ihrem Einmarsch in Afghanistan diese Verschärfung provoziert hat, ist insofern für die hier dargelegte Argumentation nebensächlich, als das rüstungs- und militärpolitische Protestpotential in der Bevölkerung der USA und Westeuropas eindeutig die USA als Verursacher ansieht. Es gibt auch gute Gründe, diese Ansicht für zutreffend zu halten.

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  94. Vgl. dazu den Beitrag von Reuband, K.-H.: Antiamerikanismus — ein deutsches Problem?, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden (S+F), 1/1985

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Kutz, M. (1986). Reideologisierung des Soldatenberufes: Zu den Wertemustern konservativer Militärpolitik. In: Vogt, W.R. (eds) Militär als Gegenkultur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93768-1_12

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