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Reflexives Selbst und Lebensorientierung

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Zusammenfassung

Die subjektiven Einstellungen und Wertpräferenzen können nicht so konsistent sein wie die institutionalisierten Bürgerrechte. Der Akt der Verfassungsgebung bleibt ein gesellschaftlicher Akt und der wird nicht unmittelbar von den Individuen selbst nach- oder mitvollzogen. In diesem Kapitel geht es darum, zu zeigen, daß die moderne Identität gleichwohl auch die subjektiven Wertpräferenzen prägt und auf welche Weise das geschieht. Es wird sich dann zeigen, daß es — unter bestimmten Bedingungen — Kongruenzen zwischen den institutionalisierten Bürgerrechten und den grundlegenden individuellen Gefühlsdispositionen gibt.

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Literature

  1. Die European Value Systems Study Group führte 1981 in zehn westeuropäischen Ländern eine umfangreiche Untersuchung der Wertsysteme repräsentativer nationaler Stichproben durch. Inglehart kombiniert diese Studie zusätzlich mit der World Values Survey für 15 Länder (Inglehart 1989).

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  2. Die Bezeichnungen materialistische und postmaterialistische Orientierung, mit denen Inglehart traditionellere und neuere Wertorientierungen bezeichnet, sind ausgesprochen irreführend. Wie aus den Untersuchungen selbst deutlich wird, unterscheiden sich beide Gruppen bezüglich der Begründung von Werten. Sie unterscheiden sich aber nicht in der Weise, daß die „Materialisten“ mehr an materiellem oder gar Geld und Reichtum und die „Postmaterialisten“ mehr an Ideellem oder geistigen Werten interessiert wären. Die Unterscheidung ist trotz ihrer begrifflichen Unklarheit geradezu populär geworden.

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  3. Dieser Wandel wird im Protestantismus selbst noch in religiösen Denkformen vollzogen.

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  4. Die folgenden Angaben sind alle entnommen aus Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 1992, Datenreport 5. Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik Deutschland 1991/92. München/Landsberg: Bonn Aktuell, Seite 555 ff. Die zitierten Zahlen beziehen sich für Westdeutschland auf das Jahr 1988 und für Ostdeutschland auf das Jahr 1990.

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  5. Das gilt nur für Westdeutschland. Für die ostdeutschen Länder müßte, wenn die hier aufgestellten Thesen richtig sind, eine andere Prägung von Persönlichkeitsstrukturen im Zusammenhang mit dem entsprechenden Gesellschaftssystem nachweisbar sein. Nach der Wiedervereinigung müßte ein allmählicher Akkultura-tionsprozeß eingesetzt haben. Die Präferenz von Werten, die in der referierten Umfrage erhoben wurde, vermittelt nur einen Eindruck von der Oberfläche der kultureller Prägungen. Die besonderen historischen Bedingungen Ostdeutschlands und die dortigen Persönlichkeitsformen sind ein eigenes Thema.

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  6. Ebensowenig sind sie vollständig aus der kindlichen Entwicklung und Sozialisation zu erklären, denn die vollständige Entwicklung des persönlichen und sozialen Selbst setzt die sprachlichen und begrifflichen Kompetenzen von Erwachsenen innerhalb einer Kultur voraus.

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  7. Zur begrifflichen Abgrenzung von „sozialer Lage“, „Milieu“, „Subkultur“ und Lebensstil vgl. Hradil (1992, 31f.).

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  8. Ausführlich dazu Beck (1986) und Beck-Gernsheim (1990).

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  9. „Der Unterschied des persönlichen gegen das Klassenindividuum, die Zufälligkeit der Lebensbedingungen für das Individuum tritt erst mit dem Auftreten der Klasse ein, die selbst ein Produkt der Bourgeoisie ist. Die Konkurrenz und der Kampf der Individuen untereinander erzeugt und entwickelt erst diese Zufälligkeit als solche. In der Vorstellung sind daher die Individuen unter der Bourgeoisherrschaft freier als früher, weil ihnen ihre Lebensbedingungen zufällig sind, in der Wirklichkeit sind sie natürlich unfreier, weil mehr unter sachliche Gewalt subsumiert“ (Marx 1968, 1240). Die letzte Bemerkung ist insofern problematisch, als Freiheit innerhalb traditioneller Verhältnisse gar keine reale Kategorie ist. Die Individuen sind nicht freier oder unfreier, sondern Freiheit und sachliche Subsumtion entstehen gleichzeitig.

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  10. Zur bundesdeutschen Lebens Stilforschung vgl. den Überblick in Hradil (1992).

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  11. So beliebt es auch ist, unter Verleugnung jedweder Empirie das Ende der Arbeit, der Familie und der gesellschaftlichen Ordnungsstrukturen auszurufen, es handelt sich doch in allen diesen Fällen nur um die Umdeutung von Krisen des Reproduktionsprozesses und Formwandlungen der sozialen Beziehungen in das Ende der Sache selbst.

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  12. Hierzu gibt es eine schöne Beschreibung von H. M. Enzensberger in seinem Buch „Mittelmaß und Wahn“: „Die Vielfalt, die sich anbietet, entspringt nicht der persönlichen Originalität, sondern einer gesellschaftlichen Kombinatorik. Aber schließlich liegt auch der Schrift oder der genetischen Fortpflanzung nichts anderes zugrunde als ein Code aus standardisierten Elementen. So führt auch die Evolution des Mittelmaßes zu unvorhergesehenen Ergebnissen. Sie bringt keine homogene Population hervor; sie zeigt, ganz im Gegenteil, innerhalb ihrer Grenzen eine endlose Variabilität. Was dabei zum Vorschein kommt, könnte man als durchschnittliche Exotik des Alltags bezeichnen. Sie äußert sich am deutlichsten in der Provinz. Niederbayrische Marktflecken, Dörfer in der Eifel, Kleinstädte in Holstein bevölkern sich mit Figuren, von denen noch vor dreißig Jahren niemand sich etwas träumen ließ. Also golfspielende Metzger, aus Thailand importierte Ehefrauen, V-Männer mit Schrebergärten, türkische Mullahs, Apothekerinnen in Nicaragua-Komitees, mercedesfahrende Landstreicher, Autonome mit Bio-Gärten, waffensammelnde Finanzbeamte, pfauenzüchtende Kleinbauern, militante Lesbierinnen, tamilische Eisverkäufer, Altphilologen im Warentermingeschäft, Söldner auf Heimaturlaub, extremistische Tierschützer, Kokaindealer mit Bräunungsstudios, Dominas mit Kunden aus dem höheren Management, Computer-Freaks, die zwischen kalifornischen Datenbanken und hessischen Naturschutzparks pendeln, Schreiner, die goldene Türen nach Saudi-Arabien liefern, Kunstfälscher, Karl-May-Forscher, Bodyguards, Jazz-Experten, Sterbehelfer und Porno-Produzenten. An die Stelle der Eigenbrötler und der Dorfidioten, der Käuze und der Sonderlinge ist der durchschnittliche Abweichler getreten, der unter Millionen seinesgleichen gar nicht mehr auffällt“ (Enzensberger 1988, S. 264).

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  13. Im engen Zusammenhang damit steht auch die Vorstellung, Krankheiten entstünden aus falschen Lebensweisen, die die Schuld der Gesellschaft wären und die demzufolge durch die Rückbesinnung auf die ursprüngliche wahre Natur geheilt werden könnten. Diese Anschauung hat explizit schon Rousseau vertreten. Die „Wilden“ hingegen sind keineswegs gesünder, nur müssen sie ihre Krankheiten in Ermangelung einer krankmachenden Gesellschaft magischen Ursachen zuschreiben.

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  14. Dieser Widerspruch wird in der internationalen Jugendkultur eigentümlich aufgelöst: Bei Jugendlichen dienen Musikstile und Moden in besonderem Maße der differentiellen Identitätsbildung. Einerseits sind internationale Medien zum Vermittler dieser Moden geworden, andererseits fällt auf jede verbreitete Mode sofort der Verdacht, nicht mehr authentisch zu sein. So entsteht eine Nachfrage nach immer neuen, vermeintlich noch authentischen Ausdrucksweisen, die schließlich sogar über das „revival“ abgelegter Stile befriedigt werden. kann. Da die Moden aber nicht absolut authentisch sein müssen, sondern nur zur relativen Abgrenzung innerhalb der jeweiligen sozialen Umgebung notwendig sind, kann ein Stil an einem Ort Zugehörigkeit zur Avantgarde anzeigen, während er zur selben Zeit anderswo schon „mainstream“ symbolisiert. So können die gleichen Stile tatsächlich ohne weiteres zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten zur Darstellung autonomer Individualität dienen.

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  15. Bei Aristoteles können wir nachlesen, wie anders persönliche Beziehungen definiert sein können. Für ihn ist Freundschaft das Notwendigste im Leben. „Vollkommen aber ist die Freundschaft guter und an Tugend sich ähnlicher Menschen“ (Nicomachische Ethik, 1156b, 10) Da es das schlechthin Gute ist, das schlechthin lustbringend ist, „so wird auch Liebe und Freundschaft dann am größten und am besten sein, wenn sie auf ihm, dem schlechthin Guten, fußt“ (ebd. 20). Eltern und Kinder sowie Eheleute sind darin eingeschlossen, wobei schon klar ist, daß nur zwei Vollbürger untereinander die besten Aussichten auf eine vollkommene Freundschaft haben.

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  16. Kritisch dazu Sennett (1977).

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  17. „In a pure relationship, the individual does not simply ,recognize the other’ and in response of that other find his self-identity affirmed. Rather, as follows from the preceding points, self-identity is negotiated through linked processes of self-exploration and the development of intimacy with the other. Such processes help create ,shared histories’ of a kind potentially more tightly bound than those characteristic of individuals who share experiences by virtue of a common social position“ (Giddens 1991, 97).

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  18. Diese These unterscheidet sich von der häufig vertretenen, daß man zwischen Pflicht- und Akzeptanzwerten auf der einen und Selbstentfaltungswerten auf der anderen Seite einen quasi polaren Gegensatz aufstellt. Klages bezeichnet den hier beschriebenen Vorgang als „expressive Umdeutung“ von Pflicht- auf Selbstentfaltungswerte (Klages 1984).

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  19. Zur wachsenden Bedeutung des Erwerbslebens im Individualisierungsprozeß vgl. auch Lohauß (1991, 116ff.).

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© 1995 Leske + Budrich, Opladen

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Lohauß, P. (1995). Reflexives Selbst und Lebensorientierung. In: Moderne Identität und Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93695-0_12

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93695-0_12

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-1407-8

  • Online ISBN: 978-3-322-93695-0

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