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Darlegung der sozialisationstheoretischen Ausgangspunkte

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Familie Szene Jugendhaus

Part of the book series: Studien zur Jugendforschung ((SZJUG,volume 7))

  • 68 Accesses

Zusammenfassung

Sozialisationstheorien lassen sich nach unterschiedlichen Gesichtspunkten klassifizieren. Bei Entwicklungstheorien, die genetisch angelegte Kompetenzen als wesentliches Reifungsmerkmal betonen, kann von einem nativisti-schen Paradigma gesprochen werden; bei Paradigmen, die die äußere Natur als wesentlichen Aspekt hervorheben, haben wir es mit einer epigenetischen Erklärung zu tun. Theorien, die die Genese von Handlungs- und Reaktionsmustern zum Kern ihres Konzeptes wählen, können in dreifach differenziert werden: von einer kognitivistischen Theorie kann gesprochen werden, wenn als primäres Sozialisationsmerkmal Erkenntnisprozesse angenommen werden; werden innerpsychische Impulse als wesentlich angenommen, so ist von einem triebtheoretischen Konzept zu sprechen; stehen Handlungsstrukturen im Mittelpunkt der Betrachtung, so kann von einem strukturtheoretischen Modell ausgegangen werden (vgl. Seiler 1980:103; auch Hoff 1982).

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Anmerkungen

  1. entfällt

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  2. entfällt

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  3. Indem das Verhältnis vom Individuum zur Gesellschaft als das zu vermittelnde Problem gekennzeichnet ist, entsteht die Frage nach dem methodischen Setting zur Analyse dieser beiden Dimensionen. Dahmer (1971:70) formuliert dazu: “Der historische Materialismus sagt die Wahrheit über die Verhältnisse, unter denen es auf die einzelnen Menschen, ihre Bedürfnisse, ihre Leiden und ihr Be-wußtsein noch nicht ankommt. Die Psychoanalyse sagt die Wahrheit über das menschliche Subjekt, das zum Objekt gemacht wird und sich dagegen sträubt.” Gemeint ist hier nicht die dichotome Analyse — Verstehen der gesellschaftlichen Strukturen mit Hilfe der politischen Ökonomie, Erfassung der Subjektivität mit Hilfe der Psychoanalyse — und deren additative Zusammenfassung, sondern die Vermittlung beider Ebenen schon im Prozeß der Analyse selbst.

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  4. Treschers adomoitisch gefärbte Sicht von Subjektivität, seinem quasi eschatologischem Resümee eines a priori beschädigten Sozialcharakters, folge ich in meinen weiteren Ausführungen nur eingeschränkt. Jedoch auch an dem theoretischen Entwurf von Habermas, der über ein den Prämissen der Wahrhaftigkeit, Richtigkeit und Authenzität verpflichtetes verständnisorientiertes Handeln die Zweckrationalität gesellschaftlicher Realität von innen zu überwinden hofft, lassen sich konkret und aktuell noch Realisierungszweifel formulieren.

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  5. Ein diesbezüglicher Versuch von Sève (1972) kann als gescheitert gelten (Laufenberg et al. 1975; Lorenzer 1976). Sève entfaltet seine ‘Theorie der Persönlichkeit” auf der Basis der 6. Feuerbach These (MEW Bd3:534) und führt dazu aus: “Der Mensch ist ein Naturwesen, aber ein ‘menschliches Naturwesen’, ein Lebewesen, dessen Wesen das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse ist. (...) Die Wissenschaft von der Persönlichkeit hat nicht Wissenschaft von irgendeinem besondern Ding zu sein; sie muß Wissenschaft von Verhältnissen sein” (Sève 1972:182). Daraus folgt für Sève, daß die Struktur der menschlichen Persönlichkeit anolog zu den objektiven Produktionsverhältnissen strukturiert ist und folglich sich auf das gleiche methodologische Instrumentarium stützen kann. Psyche und Gesellschaft werden damit auf eine Abstraktionsstufe gehoben, auf der weder die konkret-historische Entwicklung von Persönlichkeit noch deren aktuelle Gestalt nachzuzeichnen ist.

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  6. Vgl. hierzu auch die Vorschläge von Ottomeyer (1980), Honneth/Paris (1982) und von Krovoza, besonders in “Produktion und Sozialisation” (1976).

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  7. Daß die menschliche Ontogenese mehr ist als nur ‘Abklatsch objektiv vorgegebener Verhältnisse’ und differenzierter zu sehen ist, darauf weisen insbesondere neuere Studien hin. Mahler et al. (1978) widmen sich so mit scharfsinniger Tiefe und dezidierter Genauigkeit der Rekonstruktion der physischen wie psychischen Entwicklung des Menschen vom zweiten bis zum vierten Lebensjahr. Ihre Einteilung dieses Lebensabschnittes des Menschen in vier Subphasen — der Phase der Differenzierung und Entwicklung des Körperschemas, der Übungsphase, der Wiederannäherungsphase und der Phase der Konsolidierung der Individualität und der emotionalen Objektkonstanz — gibt profund darüber Aufschluß, wie kompliziert, kontinuierlich und diskontinuierlich zugleich der menschliche Indi-vidualisierungsprozeß sich als sukzessive Loslösung von der Mutter-Kind-Symbiose darstellt. Gestützt werden diese empirischen Erkenntnisse durch Arbeiten, die sich stärker auf die ersten drei, vier Lebensmonate — der Phase halluzinatorischer Desorientiertheit — konzentrieren.

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  8. Das Verhältnis Kind-primäre Bezugsperson wird in diesem wie im nächsten Abschnitt als Mutter-Kind-Beziehung beschrieben. Ist diese Sichtweise für die intrauterine Phase aufgrund physiologischer Voraussetzungen ohne Hinzufügung möglich — noch verfügen Männer nicht über die von E. Bornemann antizipierten biologischen Möglichkeiten eines neunmonatigen Schwangerschaftserlebnisses -und für die ganz frühe extrauterine Phase anbetrachts der notwendigen und wünschenswerten Nahrungsversorgung durch die Mutter nachvollziehbar, so ist die Versorgung des Kindes allein durch die Mutter in der extrauterinen Phase aus-sich-heraus nicht mehr einsichtig. Die entwicklungspsychologische Betrachtung der Mutter-Kind-Dyade könnte als Diskussion der Vater-Mutter-Kind Triade fortgesetzt werden. Zwei Gründe sprechen gegen eine solche Erweiterung der Betrachtung hier:

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  9. Erstens: ein sprachlich-abstraktions-theoretischer, den auch schon Lorenzer nannte: “Der eingenommenen Abstraktionsstufe entspräche es nun freilich, ‘Mutteť durch ‘primäres Beziehungsobjekť und Mutter-Kind-Dyade durch den umständlichen Satz ‘Beziehung des Kindes zu seinem primären Beziehungsobjekt ‘ zu ersetzen. Ich nehme aber an, daß der Hinweis auf die ‘stilisierte’ Verwendungsweise der Begriffe ‘Mutteť und ‘Mutter-Kind-Dyade’ genügt, eine kon-kretistische und unreflektierte Gleichsetzung unserer Modellfigur mit den besonderen Konfigurationen (wie etwa ‘leibliche Mutter in der heutigen Kleinfamilie’) zu vermeiden” (Lorenzer 1972:26). Zweitens ein sehr realer: Erziehung und Kindesversorgung sind trotz Emanzipationsdiskussion und neuer Väterlichkeit (vgl. Metz-Göckel 1988) in der primären Sozialisationsagentur Familie immer noch ein ‘Privileg’ der Frauen. Diesem Faktum wird Rechnung getragen.

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  10. So etwa Lacans genetisch-naturalistische Fassung des Unbewußten. Für Lacan ist das Nicht-Bewußte unbewußt strukturiert wie eine Sprache: “Das Unbewußte ist die Summe der Wirkungen, die das Sprechen auf ein Subjekt ausübt, auf jener Ebene, wo das Subjekt sich aus den Wirkungen des Signifikanten konstituiert” (Lacan 1964:132). Die Struktur des Unbewußten analog zur gesellschaftlichen Sprache entzieht dem Unbewußten jedoch qua Definition gerade sein produktives Moment, die Sinnlichkeit. Es ist Lorenzer zuzustimmen, wenn er in dem Lacanschen Konzept sowohl subjektivistische wie objektivistische Tendenzen ausmacht: weil er die Genese von menschlicher Subjektivität nicht als konkreten, sondern als abstrakten Konstitutionsprozeß sieht, muß sich das Konzept den Vorwurf des Subjektvismus anhören; und es ist objektivistisch, weil Lacan zufolge in den Praxisfiguren nicht objektiv-gesellschaftliche Prozesse sprechen, sondern abstrakte Objektivationen einer Sprache (vgl. Lorenzer 1977:170).

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  11. Lorenzer weist immer wieder darauf hin, daß dieses Wechselspiel zwei Pole hat: Mutter und Kind. Eine Einigung auf eine, beide Seiten befriedigende Interaktion ist somit nicht lediglich einseitige Anpassung des Kindes. Über das Einbringen der kindlichen Körperbedürfnisse und Annahme der mütterlichen Befriedigungsangebote wird der Kern dieses Verhältnisses fundiert. “Sich wiederholende Interaktionen, wie beispielsweise das Saugen, tragen dazu bei, daß sich Erinnerungsspuren der Umwelt innerpsychisch bilden. Das Kleinkind gewinnt damit Schritt für Schritt ein Bild der Mutter, also eine Beziehung zur Umwelt. An dieses frühe Mutterimago sind entsprechend der Interaktion in der frühen Mutter-Kind-Dyade spezifische Affekte und Gefühle gebunden. Mit anderen Worten, das Objekt des Triebbedürfhisses wird libidinös besetzt und mit diesen Besetzungsvorgängen die Beziehung zur Umwelt sukzessiv aufgebaut” (Trescher 1979:58).

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  12. Die Einführung des narzißtischen neben dem libidinösen Trieb durch Argelan-der stößt bei Treschner auf Kritik. Er sieht die narzißtisch motivierte Triebdynamik zu sehr in Nähe pathologischer Disposition angesiedelt. Dieser kritische Einwurf ist für den weiteren Verlauf der Betrachtung jedoch nicht von Bedeutung, so daß eine Diskussion von Treschers Einwänden hier unterbleibt.

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  13. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Piaget. Für ihn definiert sich das frühe Verhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern nach dem Muster einseitigen, kindlichen Respektes. Gemäß seiner ad hoc Gedanken im Spiel, betrachtet das Kind die durch Erwachsenenautorität vermittelten Regeln als unveränderbarund heilig. Es übernimmt so ein kompaktes System von Regeln (vgl. Nemes 1984:347).

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  14. “Die Familie tritt in der Geschichte zunächst als naturwüchsiges Verhältnis auf, das sich dann bis zur modernen Einehe differenziert und kraft solcher Differenzierung einen Sonderbereich, den des Privaten stiftet. Dem naiven Bewußtsein erscheint das Private als Insel inmitten der gesellschaftlichen Dynamik, als Residuum des Naturzustandes, den man verklärt. In Wirklichkeit hängt die Familie nicht nur von der geschichtlich konkreten Realität ab, sondern ist bis in ihre innerste Struktur hinein gesellschaftlich vermittelt” (Adorno/Dirks 1968:117). Zur Entwicklung des Verhältnisses von öffentlicher zu privater Sphäre vgl. die Diskussion bei Habermas (1969) und die daran anschließende kritische Rezeption, insbesondere Negt/Kluge (1973).

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  15. Vgl. hierzu auch weiter hinten.

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  16. Vgl. hierzu “Notizen zur Rationalitätsproblematik” in Kapitel I.

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  17. Thomas Ziehe (et al. 1983), der wie Habermas (1981) von einem doppelten, kulturellen Freisetzungsprozeß spricht, differenziert anders. Habermas piaziert Sinnentleerung und Freiheitsverlust primär historisch, spricht von einem zweifachen Rationalisierungsschub. Ziehe formuliert sein Theorem der zweifachen Freisetzung aktueller. Er schenkt dem von Weber, Horkheimer und Habermas gemeinsam akzeptierten christianischen Freisetzungsprozeß keine Beachtung. Läßt man die unterschiedliche Akzentuierung beiseite, so ist die inhaltliche Qualität des von Habermas in bezug auf Weber rezipierten zweiten Rationali-sierungsschubes analog zu Ziehes ersten Freisetzungsprozeß und Ziehes Skizze des zweiten Freisetzungsprozeßes quasi analog zu Habermas* Beschreibung der kolonialisierten Lebenswelt zu lesen.

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  18. Mitscherlich war es, der als erster in “Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft” auf Veränderungen des Vaterbildes hinwies.

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  19. Vgl. hierzu gleichfalls Kapitel III (“Die mögliche Beschädigung von Subjektivität in der frühen familialen Kollektivität”). “Es ist vielmehr an ein Erlöschen des Vaterbildes zu denken, das im Wesen unserer Zivilisation selbst begründet ist und das die unterweisende Funktion des Vaters betrifft: Das Arbeitsbild des Vaters verschwindet, wird unbekannt. Der hymnischen Verherrlichung des Vaters — und des Vaterlandes! — folgt in der Breite ein ‘sozialisierter Vaterhaß’, die ‘Verwertung des Vaters* (Garer), die Entfremdung und deren seelische Entsprechungen: ‘Angst’ und ‘Aggressivität’“ (Mitscherlich 1982:177).

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  20. Adorno und Horkheimer vertiefen diesen Gedanken gleichfalls, allerdings ohne die idealistisch klassenkämpferische Verkürzung von Lukacs. Sie interessieren sich für den ironischen Zusammenhang, den die gesellschaftliche Rationalität zwischen der “Umformung traditioneller Lebensbereiche in Subsysteme zweckrationalen Handelns einerseits, und der ‘Verkümmerung der Individualität’ anderseits, herzustellen scheint” (Habermas 1981:473). Ähnlich ist die Intention von Negt/Kluge (1973:16), wenn sie schreiben, daß sie ihre Diskussion für einen Beitrag halten, der “die analytischen Begriffe der politischen Ökonomie nach unten, zu den wirklichen Erfahrungen der Menschen, öffnet”. An anderer Stelle (1984) vertieft und modernisiert Negt diesen Gedanken, fragt, wie und mit welcher Kraft die neuen Technologien in der Arbeitswelt auf den Menschen einwirken. Die technologischen Rationalitätsinnovationen scheinen, so Negt, die Sphäre der Ökonomie radikal zu erneuern. Würden sie sich auf die Erneuerung reduzieren, so könnte man sich darauf beschränken, “sie nach Zwecken, Mittel und ungewollten Nebenerfolgen auseinanderzulegen und deren Interessenverflechtungen durch soziologische Aufklärung kenntlich zu machen. Werden sie jedoch zu inneren Tatbeständen, zum Bestandteil der Beziehungsökonomie der Menschen, weil sie Verbindungen mit Angststimmungen, mit Befreiungshoffhungen und Sicherheitsversprechen einhergehen, dann ist das ein Zeichen dafür, daß sie den Charakter ordinärer, bloß mechanischen Gesetzen unterworfener Dinge verloren haben und zu dem geworden sind, was Marx gespenstische Gegenständlichkeit genannt hat. Diese gehört zur Objektstruktur, also zu einer, die Denken und Verhalten maßgeblich beeinflußf (Negt 1984:235f.).

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  21. Peter Orban beschreibt unter dem Terminus “narzißtische Interaktionsform” eine ähnliche, von der gesellschaftlichen Dingwelt gestaltete Interaktionsform. Die Winnicottsche Fassung, daß Kinder immer dann, wenn die realen Personen nicht existent sind oder die an sie gestellten Erwartungen nicht erfüllen, sie zur Differenzierung von Selbst und Objekt in einer Übergangsphase Gegenstände subjektivieren, zu Übergangsobjekten definieren, nimmt Orban zum Anlaß für die Feststellung: “Wenn unsere Erklärung richtig ist, daß die ‘narzißtische Interaktionsform‘ einen Abspaltungszusammenhang darstellt, in dem die Aufspaltung des Mutter-Kind-Subjekts durch ein Ding-Kind-Subjekt substituiert wird, so hat das mehrere Konsequenzen. Zum einen die, daß die Form der Interaktionen eine einseitige ist: da das Ding den Interaktionspartner einerseits nicht ersehen kann, andererseits aber gleich ihm fungieren muß (...), entsteht eine an Gegenstände der Außenwelt und nicht nicht mehr an Beziehungen zu Menschen gebundene Individualstruktur. Weil die erste intensive Interaktionsbeziehung zu einem Menschen abgespalten werden mußte, ist die narzißtische Persönlichkeit intensiver Beziehungen deshalb nicht mehr in der Lage, weil jede intensive Beziehung sofort an den alten Trennungszusammenhang schmerzhaft gemahnen würde. Deshalb wird das Substitut, das Ding, zum Träger der Interaktionsbeziehungen des Individuums” (Orban 1976:134).

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  22. Orbans “narzißtische Interaktionsfigur” definiert eine eigenständige ‘Beschädigung’. Hingegen skizziert Treschers “reduziert-zeichenhafte” Interaktionsform eine Beschädigung, in der nicht verhinderte Subjektbeziehungen dinglich substituiert werden, sondern die interaktive Praxis als Ganzes von den Ver-gesellschaftsschüben erfaßt wird — “reduziert-zeichenhafte” Interventionen erfassen die Gesamtheit der Interaktionsprozesse, die subjektive Struktur unterliegt als Ganzes den gesellschaftlichen VerdingHchungsprozessen.

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  23. Feministisch orientierte Wissenschaftlerinnen betonen einen weiteren, leider hier auch in einer Anmerkung versteckten Aspekt: den der patriarchalen Hierarchisierung der Gesellschaft. Über klassen- bzw. schichtenbedingte Sozialisationsvariablen hinweg bzw. zu diesen hinzukommend oder diese stützend, betonen sie männliche Macht als ein Moment gesellschaftlicher Realität, welche auch sozialisatorische Prozesse einschneidend tangiert. Für sie bedeuten die fortschreitende Technisierung der Hausarbeit, die zunehmende außerhäusliche Erwerbsarbeit von Frauen und die partielle Besetzung von “Stellen mit gesellschaftlicher Macht” durch Frauen keineswegs das Ende des Patriarchats. Auch die neuerlich konstatierte Entdifferenzierung der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau — die “neue Väterlichkeit” — ist kein grundlegendes Indiz dafür, daß sich die Arbeit im Reproduktionsbereich Haushalt neu gestaltet, patriarchale Strukturen sich auflösen und durch gleichberechtigtere ersetzt werden. Realität bleibt, daß einerseits die häusliche Arbeit als private Nicht-Arbeit abgewertet, auf anderer Ebene jedoch zum Dienst an der Menschheit ideologisiert wird (Kickbusch 1984).

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  24. Heinsen (1982) deutet die in der Literatur kursierende Zahl von 95% anders, als Zahl, die die Fälle von Mißhandlungen ausdrückt, die nicht strafrechtlich verfolgt werden: “Präzise muß es zunächst heißen, daß nur 5% der von der Polizei und Staatsanwaltschaft als Straftatbestände charakterisierten Mißhandlungen durch die Gerichte bestätigt werden. Das bedeutet, daß die restlichen 95% nicht die vom Strafrecht vorgeschriebenen Tatbestandsmerkmale erfüllen, und zwar fehlt es häufig an vorsätzliches Handeln hinreichend belegenden Beweisen. Das bedeutet aber nicht, daß die restlichen 95% unentdeckt, im Dunkeln bleiben. Sie sind als Ergebnis polizeilicher Ermittlungs- und Klassifizierungsarbeit in der entsprechenden Statistik festgehalten” (1982:99f.).

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  25. Vinnai (1973) formuliert in seiner sozialpsychologischen Untersuchung die Iden-titätszerstörungsprozesse in der Arbeiterklasse noch schärfer. Für ihn sind es die entfremdeten, hierarchisierten Strukturen der Produktion, die, vermittelt durch die Produktionsarbeiter, die autonomiezerstörenden Verhaltensdispositionen in den Familien bedingen. “Die Arbeitereltern übermitteln im familiären Erzie-hungsprozeß ihren Kindern Verhaltensdispositionen, zu denen sie selbst, aufgrund ihrer Stellung im kapitalistischen Produktionsprozeß, gezwungen wer-den.(...) Sie bekämpfen bei ihren Kindern Autonomiebestrebungen und unre-glementierte Sinnlichkeit, um ihre eigene Unterwerfung unter die etablierte Herrschaft nicht in Frage stellen zu müssen.(...) Indem die Arbeitereltern ihren Kindern gegenüber starre, autoritäre Erziehungsstandards vertreten, verhindern sie, daß diese Triebregungen freien Lauf lassen, die ihre eigenen verdrängten Wünsche mobilisieren und sie in Widerspruch zum Bestehenden treten lassen; indem sie ihre Kinder unterdrücken, stabilisieren sie bei sich selbst die psychischen Verstümmelungen, die ihrer Arbeitskraft den Verkauf sichern.(...) Die Eltern konsolidieren bei sich selbst ein prekäres psychisches Gleichgewicht, das funktional für die entfremdete Produktion ist (...). Das Erziehungsverhalten zeigt dabei eine eigenartige Widersprüchlichkeit: Die Mittel, mit denen sie die Unterwerfung der Kinder unter das proletarische Realitätsprinzip bewerkstelligen, erlauben ihnen zugleich eine fragwürdige Loslösung von diesem Realitätsprinzip” (Vinnai 1973:28f.).

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  26. Beck (1983, 1986) gewichtet seine Analyse und die Perspektiven anders. Für ihn befindet sich die fortgeschrittene Moderne auf dem Weg von einer Reichtums-zu einer Risikogesellschaft, die weder die sozialen, kulturellen noch die materiellen Folgen ihres zweiten, reflexiven Modernisierungs- und Rationalitätsschubes zu kontrollieren noch abzuschätzen vermag (vgl. hierzu auch Kapitel I).

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Thole, W. (1991). Darlegung der sozialisationstheoretischen Ausgangspunkte. In: Familie Szene Jugendhaus. Studien zur Jugendforschung, vol 7. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93693-6_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93693-6_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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