Zusammenfassung
Die Analyse der soziodemographischen Merkmale, der Positionsverflechtungen und der Karrieremuster von Eliten gehören zu den klassischen Themen der Eliteforschung. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, daß die entsprechenden Informationen keine Interviews voraussetzen, sondern — zumindest für die Inhaber von Spitzenpositionen — Nachschlagewerken entnommen werden können. Sie geben zunächst Auskunft über die soziale Rekrutierungsbasis der Eliten sowie über die typischen Aufstiegswege in Elitepositonen. Damit können sie zeigen, wie offen der Zugang zu den Eliten für die Angehörigen der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen ist.
Dieses Kapitel ist die überarbeitete Fassung eines bereits früher publizierten Artikels (Hoffmann-Lange, 1985). Für die Erstellung der Tabellen bin ich Petra Lebrecht, Rüdiger Schmitt und Evi Scholz zu Dank verpflichtet.
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Literatur
Dieses Kapitel ist die überarbeitete Fassung eines bereits früher publizierten Artikels (Hoffmann-Lange, 1985). Für die Erstellung der Tabellen bin ich Petra Lebrecht, Rüdiger Schmitt und Evi Scholz zu Dank verpflichtet.
Die Nicht-Erwerbstätigen wurden hier nach dem Berufsstatus des Haushaltsvorstandes eingruppiert.
Um dies mit Hilfe von Korrelationsanalysen zu prüfen, mußten beide Datensätze kombiniert werden. Dies wiederum warf ein Gewichtungsproblem auf, da ja die Eliten nur einen Bruchteil eines Prozentes der gesamten Vergleichsgruppe in der Bevölkerung ausmachen. Bei einer Gewichtung entsprechend ihres realen Bevölkerungsanteils wären die Randverteilungen des kombinierten Datensatzes so schief geworden, daß schon allein von den Randverteilungen her nur ganz geringe Korrelationen hätten erwartet werden können. Von daher wurde beschlossen, beide Datensätze gleich zu gewichten, also von der Fiktion auszugehen, die Chance der Zugehörigkeit zur Elite betrage 50 Prozent. Die einfache Korrelation (Phi) zwischen Bildung und Elitestatus beträgt.74. Dieser Wert sinkt bei einer Kontrolle für die soziale Herkunft nur geringfügig, nämlich auf.70.
Handl (1986) konnte mittels eines Vergleichs verschiedener Geburtskohorten zeigen, daß die Angleichung des Bildungsniveaus zwischen den Geschlechtern nicht zu einer Verringerung geschlechtsspezifischer beruflicher Segregation geführt hat, so daß auch für die absehbare Zukunft mit keiner wesentlichen Erhöhung des Frauenanteils in den Eliten zu rechnen ist. Eine Ausnahme dürften hier lediglich Organisationen machen, die eine Quotenregelung einführen, wie sie in der SPD und bei den Grünen besteht.
Der extrem geringe Frauenanteil in der Gruppe der Meister/Vorarbeiter läßt sich damit erklären, daß es sich hierbei überwiegend um Vorgesetztenpositionen in Männerberufen handelt, in denen der Frauenanteil auch auf den unteren Hierarchieebenen sehr gering ist (z.B. beim Bau oder in der industriellen Produktion).
Diese Zahl ergibt sich aus den im Statistischen Jahrbuch 1989 berichteten Anteilswerten aus der Volkszählung 1987. Dort sind allerdings nur die Mitglieder der römisch-katholischen Kirche, der evangelischen Kirche und des Islam ausgewiesen, so daß man davon ausgehen muß, daß zu den 7.4%, deren Religionszugehörigkeit nicht vermerkt ist, noch Angehörige anderer Kirchen gehören. Andererseits beziehen sich diese Zahlen jedoch auf die gesamte Wohnbevölkerung und nicht auf die deutsche Bevölkerung. Bei dieser dürfte der Anteil der Konfessionslosen eher etwas höher liegen.
Ähnlich wie in der Bundesrepublik ist der Anteil der Konfessionslosen in der Medienelite (41%) und bei den Gewerkschaften (29%) am höchsten. Die Zahlen für die Eliten sind entnommen aus Barton (1985:184), die für die Bevölkerung aus Ladd (1985: 43).
Dabei ist anhand der verfügbaren Daten natürlich nicht zu entscheiden, ob der Kirchenaustritt Ursache oder Folge solchen Bildungs- und Berufsverhaltens ist.
So kamen beispielsweise in der amerikanischen Elitestudie von 1971/72 Schwarze nur in verschwindend kleiner Anzahl vor. Lediglich im Verbandssektor waren sie entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil mit elf Prozent repräsentiert, was freilich in erster Linie darauf zurückzuführen war, daß in diesem Sektor auch Vertreter von Bürgerrechtsgruppen berücksichtigt worden waren. In keinem der übrigen Sektoren lag ihr Anteil dagegen über drei Prozent (Barton, 1985: 184f.).
Hier ist allerdings auffällig, daß ein Fünftel der Befragten Gewerkschafter Väter hatte, die zur “Arbeiterelite” der Meister und Vorarbeiter gehörten.
Diese Zahl umfaßt lediglich die Hauptfachjuristen.
Dabei ist in der USA der Anteil der Absolventen von Ivy League Colleges zwar überdurchschnittlich, steigt jedoch nur bei den Inhabern großer Vermögen und bei der Medienelite auf ein Viertel der Befragten (Barton, 1985:188). Dye, der zusätzlich Chicago, Stanford, MIT, Northwestern und Johns Hopkins University berücksichtigte, kommt hingegen auf einen Gesamtanteil von 56.1% Absolventen solcher Universitäten (1983: 198). Hierbei darf man allerdings nicht außer Acht lassen, daß Dyes Elitendefinition von vornherein sehr viel exklusiver war das die in der Studie von Barton verwendete. Gewerkschaften und andere Verbände wurden in seiner Studie nicht berücksichtigt.
Eine hohe Rekrutierungsautonomie impliziert nicht notwendigerweise eine Professionali-sierung einzelner Sektoren, da viele dieser Sektoren ein inhaltlich breites Tätigkeitsspektrum umfassen. Der soziologische Professionalisierungsbegriff bezieht sich dagegen primär auf bestimmte Berufe und gerade nicht auf den Organisationstyp, in dem eine Tätigkeit ausgeübt wird.
Diese ordneten sich selbst überwiegend dem Sektor “Industrie- und andere Wirtschafts-unternehmen” zu.
Die Repräsentanten der Verlage ordneten sich selbst teilweise dem Sektor “Presse”, teilweise dem Sektor “Industrie- und andere Wirtschaftsunternehmen” zu.
Aufgrund dieser Beschränkungen, beziehen sich die Werte in Tabelle 4.9 lediglich auf 1426 der insgesamt 1744 Befragten. 234 Befragte wurden aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer der bereits erwähnten Subgruppen, weitere 63 wegen individuell abweichender Sektorangaben und 21 wegen fehlender Angaben aus der Analyse ausgeschlossen.
Diese Zahl mag das Durchschnittsalter etwas überschätzen, zu dem Elitepositionen in der Bundesrepublik normalerweise erreicht werden, da nicht bekannt ist, ob dic gegenwärtige Position die erste Eliteposition der Befragten war.
Bei dieser zweiten Gruppe ist allerdings zu berücksichtigen, daß sie lediglich die Repräsentanten der Kultur- und Unterhaltungsressorts in den Medien umfaßt. Aufgrund der verwendeten Auswahlkriterien sind die Spitzenpositionen in diesen Organisationen nicht im Sektor Kultur, sondern im Sektor Massenmedien enthalten.
Da mehrfache Sektorwechsel durchaus vorkamen, ist diese zweite Zahl nicht notwendigerweise identisch ist mit der Gesamtzahl der Berufsjahre im gegenwärtigen Sektor.
Hier zeigt sich, daß die Mitbestimmungsregelungen nicht unerheblich zur intersektoralen Elitenverflechtung beitragen. Neben den 16 Mitgliedern der Gewerkschaftselite in den Aufsichtsräten der größten Unternehmen der Bundesrepublik müßten dabei eigentlich auch noch die Gewerkschaftsvertreter berücksichtigt werden, die qua ihrer Funktion als Stellvertretende Aufsichtsratsmitglieder im Sektor Wirtschaftsunternehmen erfaßt sind.
Hierbei sind lediglich DGB, DAG und der Christliche Gewerkschaftsbund (CGB) berücksichtigt. Die Vergleichszahlen für 1980 stammen aus Jacobi et al. (1981: 199). Inzwischen ist der Organisationsgrad im DGB allerdings von 33.35% (1980) auf knapp 30 Prozent gesunken (vgl. Martens, 1990: 16).
Diese Vergleichszahl ergibt sich aus den Ergebnissen des ALLBUS 1980 (Lepsius et al., 1982: 258).
Dazu müssen auch die Beamten gerechnet werden. Daher sind Mitgliedschaften im DBB hier ebenfalls berücksichtigt.
Dies ist auch der Tenor eines im SPIEGEL (21/1983) erschienen Artikels “Rotary: Filz mit Nadelstreifen. SPIEGEL-Report über deutsche Herren-Clubs”.
Diese Beamten können ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Für den Bund zeigen die Zahlen von Mayntz und Derlien, daß sowohl 1969/70 als auch 1982/83 jeweils ein Fünftel der neu berufenen Staatssekretäre und Abteilungsleiter von außerhalb der Verwaltung rekrutiert wurden (1989:392). Allerdings darf man dabei nicht vergessen, daß zu beiden Zeitpunkten nur etwa die Hälfte der Angehörigen dieser beiden Positionsgruppen überhaupt entlassen und vier Fünftel der Entlassenen durch Personen aus der Verwaltung ersetzt wurden.
63.0% der befragten politischen Beamten im Bund und sogar 87.9% in den Ländern gaben eine Parteimitgliedschaft an.
Bei der Bewertung dieser Ergebnisse ist allerdings zu berücksichtigen, daß 1972 alle Unterabteilungsleiter, 1981 jedoch nur die in den politisch wichtigeren Ministerien in die Auswahl aufgenommen wurden. Es mag durchaus sein, daß sich unter den letzteren auch schon 1972 mehr Parteimitglieder befanden.
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© 1992 Leske + Budrich, Opladen
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Hoffmann-Lange, U. (1992). Elitenrekrutierung und soziodemographische Korrelate des Elitestatus. In: Eliten, Macht und Konflikt in der Bundesrepublik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93654-7_4
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