Zusammenfassung
Bekanntlich ist das Leben selber bedroht; aber nur bei naiver Betrachtung ist die Wahrung der Lebensmöglichkeit selbstverständliche Aufgabe des Rechts. Nicht nur praktisches Unvermögen, sondern auch philosophische Haltung steht dem entgegen. Die philosophische Betrachtung des Rechts teilt sich auf in eine solche, deren Gegenstand das geltende Recht ist, und eine solche, die sich mit einem möglichst guten, richtigen Recht beschäftigt. Diese beiden Richtungen haben ihr Feld nicht aufgeteilt, sondern kämpfen um Terrain. Die erste, die wir Relativismus nennen, bestreitet der zweiten, die hier unter der Bezeichnung Universalismus oder dem alten Wort Naturrecht erscheint, den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit und hat sich hiermit auch durchgesetzt. Es hat sich eine Hierarchie gebildet, nach der der kontextbezogene Relativismus stichhaltiger, abgesicherter, zuverlässiger ist als das universalistische Naturrecht. Mit dieser Hierarchie wird der Einsatz des Rechts zugunsten der Lebenserhaltung behindert. Wir wollen dieser Rangordnung die Idee entgegensetzen, daß Relativismus und Universalismus zwei korrespondierende geistige Gestalten sind, von denen die eine nicht ohne Schaden für das Ganze vernachlässigt werden darf. Wir werden die beiden Auffassungen in zwei Hemisphären des Geistes einordnen, die nur bei Ausgeglichenheit das Ganze repräsentieren und deren einseitige Bevorzugung die notwendige Polarität ignoriert und ein Irrweg ist.
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© 1992 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Tönnies, S. (1992). Einleitung. In: Der Dimorphismus der Wahrheit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93622-6_1
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93622-6_1
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-12337-0
Online ISBN: 978-3-322-93622-6
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