Zusammenfassung
Wer hierzulande Politik treibt, der versichert sich gern atlantischer Rückendeckung. Was jenseits des Atlantiks — oder zumindest des Kanals — gedacht und gesagt wird, besitzt diesseits sui generis Rechtfertigungskraft. Was der “großen” Politik recht ist, ist der Kriminalpolitik billig. Wer Geld hat zu reisen, begibt sich auf Trocquevilles Spuren und besitzt fortan das Beweismittel der eigenen, atlantischen Anschauung. Wer kein Geld hat zu reisen, bedient sich der unerschöpflichen anglo-amerikanischen Fachliteratur und besitzt fortan das Beweismittel der atlantischen Belegstelle. So gibt es kaum einen Justizreformer, der nicht seinen Forderungen durch Rückgriff auf amerikanische Vorbilder Nachdruck verleiht und unter Verweis auf U.S.-Forschung legitimiert. Das Legitimationsbedürfnis kann unabhängig von den konkreten Forschungsergebnissen befriedigt werden. Stützen sie die eigenen Reformabsichten, so können sie direkt zu Rechtfertigungszwecken eingesetzt werden. Widersprechen sie den Reformabsichten, so ist lediglich eine Neuwertung nötig, um gleichwohl den Anschluß an atlantische Einsichten zu wahren.
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Voß, M. (1985). Widersprüche im Konzept und bedenkliche Erfahrungen. Lohnt die Einführung von Diversion?. In: Brusten, M., Herriger, N., Malinowski, P. (eds) Entkriminalisierung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93565-6_9
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