Zusammenfassung
Die Position der FDP im deutschen Parteiensystem verändert sich je nach historisch-politischer Lage, und um ihre Definition gab es immer wieder heftige innerparteiliche Auseinandersetzungen. In der Gründungsphase fand sich die FDP zwar als antisozialistische Partei zusammen, zugleich jedoch als antiklerikales, nationales und marktwirtschaftliches Korrektiv der Union. Als die Union in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre die FDP zu „schlucken“ drohte, spielte sie mit der Vorstellung, dritte Kraft im Parteiensystem zu sein. Diese Vorstellung gab sie auf und versuchte 1961, die treibende Kraft im bürgerlichen Lager zu sein. Nach dem Umfall entfremdete sie sich von der Union und entwickelte in der Bildungs-, der Deutschland- und in der Ostpolitik Positionen, die sie immer näher an die SPD heranführten. Unter erheblichen innerparteilichen Auseinandersetzungen formierte sich die Partei in der Ära Brandt-Scheel zur sozialliberalen — „Freiburger“ — Kraft. Während der Ära Schmidt-Genscher geriet die FDP in den Sog ihrer eigenen Wende zur Partei der Marktwirtschaft und schließlich Partner der Union. Dort angekommen, war sie durch innerparteiliche Konflikte und generellen Legitimationsverlust durch den „Verrat“ an der SPD/FDP-Koalition so geschwächt, dass sie sich nicht zum Korrektiv, sondern zum schlichten Mehrheitsbeschaffer der CDU entwickelte und als solcher bis zur Abwahl der Regierung Kohl-Kinkel- jedenfalls im Westen und auf Bundesebene — überlebte.
S. hierzu Jürgen Dittberner, FPD — Partei der zweiten Wahl, a.a.O., S. 104–129
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Literatur
S. Der Spiegel, Nr. 44 vom 27.10.2003, S. 40: „Parteien. ‘Bürgerliche Gegenwehr’. Nach dem Treueschwur des Regierungsduos Schröder/Fischer schmieden auch Angela Merkel und Guido Westerwelle ihr Wahlbündnis 2006“.
Theo Schiller, Wird die F.D.P. eine Partei?, in: Wolf-Dieter Narr (Hg.), Auf dem Wege zum Einparteienstaat, Opladen 1977, S. 127
S. Horst W. Schmollinger, Die Sozialistische Reichspartei; in Richard Stöss (Hg.), Parteien-Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945–1980, Bd. 2, Opladen 1984, S. 2274 ff
S. Richard Stöss, Die Deutsche Gemeinschaft; in: Richard Stöss. (Hg.), Parteien-Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945–1980, Band 1, Opladen 1983, S. 877 ff
S. Horst W. Schmollinger, Die Deutsche Reichspartei; in: Richard Stöss (Hg.), Parteien-Handbuch, Band 1, S. 1112 ff
Abgedruckt in Jörg Michael Gutscher, Die Entwicklung der FDP von ihren Anfängen bis 1981, Meisenheim am Glan 1967, S. 309 ff
Jörg Michael Gutscher, a.a.O., S. 136
ebenda
Näheres hierzu s. Heinz Georg Matern, a.a.O., S. 285 ff
S. Kurzbiografien.
So Jörg Michael Gutscher, a.a.O., S. 230 f
S. Kurzbiografien.
S. hierzu Hermann Meyn, Die Deutsche Partei, Düsseldorf 1965, S. 49
Hubertus Knabe, Die unterwanderte Republik, berichtet über Einflüsse der Stasi auf die Vorgänge in der FDP vor und nach der Abspaltung der FVP: „Deutlich wird dies in ihren erfolgreichen Maßnahmen gegen den stellvertretenden Bundesvorsitzenden der FDP, Carl-Hubert Schwennicke. Dieser leitete von 1946 bis 1956 den Berliner Landesverband und führte die FDP zu Wahlerfolgen von über zwanzig Prozent. Wegen seines SED-kritischen Kurses und seines Kampfes gegen die Gleichschaltung der Liberalen in der DDR initiierte die Stasi Anfang der fünfziger Jahre eine regelrechte innerparteiliche Oppositionsgruppe gegen den populären FDP-Politiker. Dabei kam ihr zugute, dass die Bundespartei mit Thomas Dehler seit 1954 von einem Vorsitzenden geführt wurde, der, anders als Schwennicke, eine Verständigung mit der SED über eine mögliche Wiedervereinigung Deutschlands anstrebte. Im Auftrag des Staatssicherheitsdienstes schickte der aus Dresden in die Berliner FDP eingeschleuste Geheime Mitarbeiter (GM) Günter Hegewald Briefe an den Bundesvorsitzenden Thomas Dehler und weitere Parteifreunde, in denen er Schwennicke unterstellte, Dehler stürzen zu wollen. Ein GM ‘Albrecht’ und ein GM ‘Letten’, die im Bezirksvorstand von Reinickendorf und Kreuzberg saßen, sollten ‘Flüsterparolen’ in Umlauf bringen. In Berlin-Tempelhof agitierten die GM Teter’ und ‘Botone’ gegen den Kurs des Landesvorsitzenden, in Neukölln der GM ‘Tulpe’. An Mitglieder und Funktionäre sandte die Stasi sogenannte Mitteilungsblätter, in denen verlangt wurde, dass Schwennicke aus der Partei austreten sollte. Vertrauliche Briefe und Unterlagen aus seiner Arbeit, die sich das MfS beschafft hatte, landeten bei führenden FDP-Mitgliedern, um die Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern Dehlers und Schwennicke anzuheizen. In der DDR-Presse ‘entlarvte’ Hegewald wenig später die Methoden des von Schwennicke initiierten Berliner Ostbüros der FDP. Schreiben des Parteivorsitzenden, die die Stasi bei einem Einbruch in Bonn gestohlen hatte, wurden im Faksimile veröffentlicht, um ihn zu kompromittieren. 1955 sandte ihm die Stasi sogar ein Sprengstoffpaket, das jedoch nicht ihn, sondern seine Sekretärin verletzte. Als in Bonn im Februar 1956 die Koalition aus CDU/CSU und FDP zerbrach und die Adenauer unterstützenden FDP-Politiker wenig später die ‘Freie Volkspartei’ (FVP) gründeten, schloss sich ihnen auch Schwennicke mit einem Drittel der Berliner Abgeordneten an — nun kämpfte die Stasi mit ihren Zersetzungsmethoden gegen die neue Partei. Zugleich versuchte man, die Fusion der FVP mit der Deutschen Partei (DP) und weiteren kleinen Parteien zu stören, etwa indem man in ihrem Namen massenhaft plumpe Bettelbriefe verschickte. In die FVP wurden die MfS-Mitarbeiter Werner Hahn (GM ‘Radeberg’), “Teddy’ und “Geyer’ eingeschleust, mit deren Hilfe die Stasi erneut eine innere Opposition organisierte. Auch der spätere Berliner CDU-Politiker und Vorsteher der Bezirksverordneten-Versammlung von Charlottenburg, Harald Müller, der seit 1956 als ‘Herbert Hildebrandt’ für das MfS tätig war, erhielt den Auftrag, an der Gründungsveranstaltung teilzunehmen und engen Kontakt zur Parteiführung aufzunehmen. Im Februar 1957 wurde er dann instruiert, “Ziel seiner Arbeit’ müsse die “Zersetzung’ von FVP und DP sein.“(S. auch Kapitel 3 b.)
Theo Schiller, a.a.O., S. 133
Ebenda, S. 134
Heino Kaack, Zur Geschichte und Programmatik der Freien Demokratischen Partei. Grundriss und Materialien, Meisenheim am Glan 1976, S. 23
Kurt J. Körper, FDP. Bilanz der Jahre 1960–1966. Braucht Deutschland eine liberale Partei?, Köln 1968, S.29
Jörg Michael Gutscher, a.a.O., S. 213
Heino Kaack, a.a.O., S. 24
S. Horst W. Schmollinger, Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands; in: Richard Stöss (Hg.), Parteien-Handbuch, Bd. 2, a.a.O., S. 1922 ff
Karl-Hermann Flach, Noch eine Chance fur die Liberalen. Eine Streitschrift, Frankfurt a.M. 1971. Wegen der Farbe des Einbandes und in Anspielung auf die damals in Studentenkreisen im Kultstatus gehandelte „Rote Bibel“Mao Tse-tungs („Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung“, Peking 1967) wurde das Werk auch „Grüne Bibel“genannt.
Ebenda, S. 44
Ebenda
Ebenda, S. 45 f
Heino Kaack, a.a.O., S. 35
S. zum Beispiel Peter Bender, Offensive Entspannung, Möglichkeiten für Deutschland, Köln/Berlin 1964
Jürgen Dittberner, Die Parteitage von CDU und SPD; in: Jürgen Dittberner/Rolf Ebbighausen (Hg.), Parteiensystem in der Legitimationskrise, a.a.O., S. 103
Heino Kaack, a.a.O., S. 37
Walter Scheel, Für eine Gesellschafts- und Außenpolitik der Toleranz und der Vernunft; in: Karl-Hermann Flach/Werner Maihofer/Walter Scheeel, a.a.O., S. 11
Karl-Hermann Flach, Mehr Freiheit für mehr Menschen; in: ders. u. a., Die Freiburger Thesen der Liberalen, a.a.O., S. 23
Richard Stöss, Die Aktionsgemeinschaft Vierte Partei; in: ders., Parteien-Handbuch, Bd. 1, a.a.O., S. 340 f
Ebenda, S. 341
Der Autor war als Mitarbeiter des Zentralinstituts für Sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin wissenschaftlicher Beobachter des Parteitages.
Arnulf Baring, Machtwechsel, a.a.O., S. 301
Jürgen Kunze, a.a.O., S. 314
Ebenda, S. 317
So druckten die Berliner Jungdemokraten einen „Buback-Nachruf aus der Anarcho-Szene nach, in der über die Ermordung des Generalbundesanwaltes Buback durch Terroristen „klammheimliche Freude“- wenngleich problematisiert — bekundet wurde. So beteiligten sich die DJD 1978 an einem Pfingstreffen in Dortmund, das von der der DKP zugerechneten „Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend“(SDAJ) veranstaltet wurde.
Christian Munter war damals Juli-Aktivist und später (2004) Vorsitzender eines FDP-Orts Verbandes.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Dezember 1981, Die FDP-Jugend sind wir
Interview am 10. März 1982 in der „Augsburger Allgemeinen“
Die Tageszeitung, 20. Dezember 1982, Außerparlamentarisch zwischen AL und SPD
So war 1985 der Vorsitzende des „Vereins Liberaler Kommunalpolitiker“(VLK)in Berlin FDP-Mitglied und Abgeordneter, sein Stellvertreter aber war ein LD-Funktionär. Die VLK stand FDP-Mitgliedern, Parteilosen und auch LD-Mitgliedern offen.
Berliner Morgenpost, 24. Februar 1985, Berliner Unternehmer mischt im Wahlkampfkräftig mit
Die Ergebnisse: CDU 43,4% (+ 4,2% gegenüber 1995), SPD 39,4% (+ 1,4%), FDP 5,1% (-2,3%), B’90/ Grüne 7,2% (-4,0). Roland Koch bildete zusammen mit der FDP unter Ruth Wagner die neue Koalition.
Zur Zeit von 1998 bis 2002 s. Christoph Egle/Tobias Ostheim/Reimut Zohlnhöfer, Das rotgrüne Projekt. Eine Bilanz der Regierung Schröder 1998–2002,Wiesbaden 2003
Guido Westerwelle, Für die freie und faire Gesellschaft. Positionsschrift, Berlin, 3. November 2003, S.34
Die CSU kam auf 60,7%, die SPD auf fast 19,6%, die Grünen waren dank 7,7% im Landtag, und die FDP „verbesserte“sich von 1,7% auf 2,6%.
Martin Lindner, Die FDP kann mehr! Schluss mit Ängstlichkeit, Klientelpolitik und Oberflächlichkeit, Berlin im Herbst 2003
Jürgen W. Möllemann, Klartext, a.a.O., S. 240
Eigene Beobachtung.
Alle Zitate aus Guido Westerwelle, Für eine freie und faire Gesellschaft, a.a.O.
Guido Westerwelle, Rede auf dem 55. Ordentlichen FDP-Bundesparteitag am 5. Juni 2004 in Dresden; in: fdk — freie demokratische korrespondenz, S. 9
Wolfgang Gerhardt, Rede auf dem 55. Ordentlichen FDP-Bundesparteitag am 6. Juni 2004 in Dresden; in: fdk — freie demokratische korrespondenz,
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Dittberner, J. (2005). Annäherungen und Abspaltungen. In: Die FDP. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93533-5_6
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