Zusammenfassung
In welchem Sinn „Bodenschutz“ ein soziologisches Thema sein könne — und, wenn ja, dann wie? -, diese Frage wird nicht nur aufgeworfen, weil „Bodenschutz“ ein aktuelles Thema ist. In dem Bemühen um ein gründlicher und besser — also: theoretisch — begründetes Verständnis des Zusammenhangs zwischen gesellschaftlicher Existenz und ihren naturgegebenen Bedingungen — also: um eine umfassendere Begründung von Humanökologie — bot sich die Gelegenheit, im Gespräch mit Juristen und Naturwissenschaftlern diesen Zusammenhang am Beispiel des Bodenschutzes genauer zu betrachten.
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Literatur
Für den Soziologen wäre naheliegend, daß „eine Soziologie“ weniger an einem Einzelphänomen — wie eben einem Medium — als an einem „System“ entwickelt werden kann. Deshalb wird, abgesehen von der hier gestellten Aufgabe, eine entsprechende Soziologie, welche den Boden einzuschließen vermag, weiterhin an einem Komplex wie (Kultur-) Landschaft zu entwickeln sein. Erst in diesem Rahmen können die Wirkungsflüsse — auch gerade zwischen Menschen (-gruppen) und Umwelt (-komponenten) ausreichend erfaßt und beschrieben werden.
Auch der systemtheoretische Zugang, der gegenwärtig wieder mehr Zuspruch findet, erscheint mir insoweit als problematisch, als er zunächst ein naturwissenschaftles Verständnis der (globalen) „Umwelt“ postuliert, daraufhin dessen „Schäden“ konstatiert und erst dann nach den — gesellschaftlichen -Verursachungen fragt. Dabei kann nur ein begrenztes Verständnis von sozialen Lebensbedingungen in den Blick geraten. Ich neige dazu, von diesem auszugehen und erst danach zu fragen, welche Umstellungen erforderlich erscheinen, um eine Schädigung ökologischer Zusammenhänge — die freilich nur naturwissenschaftlich feststellbar sind — zu vermeiden. Anders scheint mir ein Zugang zu Änderungen in den Handlungsystemen, die als notwendig erachtet werden, nicht zugänglich zu sein.
Eine solche würde, wenn Naturgesetze wirken, eher zu „zwangsläufigen“ Prozessen führen.
Selbst ein möglicher, sogar ein wahrscheinlicher Untergang — einer Kultur oder gar „der Menschheit“ — in ferner Zukunft wird von vielen Menschen nicht als unmittelbare und handlungsbegründende Bedrohung erfahren.
Einen aktuellen Überblick gibt Heiden 1999, Techniken.
Schutzbestimmungen werden, das zeigt die Rechtsgeschichte, regelmäßig dann formuliert, wenn Zustände als gefährdet erscheinen. Sie erscheinen dann notwendig, wenn konventionelles Verhalten sich ändert oder ohne dem als „schädlich“ wahrgenommen wird. Insoweit sind Schutzbestrebungen stets konservativ. Oft gehen dem Dramatisierungen der Schadens Wahrnehmung voraus.
Vgl. IRS 1997, 64. Dieses Konzept wird im vorliegenden Text von Ipsen eingeführt und begründet; es bezeichnet den Untersuchungsbereich, der zu behandeln sein wird.
Das bedeutendste Fachgebiet der Soziologie, das derart verfährt, ist inzwischen die Techniksoziologie.
Andere Fachgebiete kommen zugleich hinzu, etwa die „Humantoxikologie“, welche die stofflichen Schädigungen am Menschen beobachtet. Aber dies ist nur eines der notwendigen weiteren Fachgebiete.
Sie werden hier unter dem Stichwort „Interdisziplinarität“ diskutiert.
Dazu später ausführlich, vor allem unter den Stichworten „Risiko“ und „Grenzwerte“.
„Unter Institutionen wird meist ein Set von Regeln verstanden, das die Beziehungen zwischen den Individuen strukturiert, ...“ Dieses Institutionenverständnis betrifft regelmäßige Einstellungen, welche den organisierten und fixierten Institutionen vorgelagert sind, von denen sonst auch im Umweltmanagementdiskurs vorwiegend gesprochen wird: „Unter dem institutionellen Rahmen verstehen wir hier die im politischen Prozeß fixierten Nutzungs- und Verfügungsrechte, politische Institutionen, ressourcenpolitische Regelungen sowie gesellschaftliche Normen.“ Kissling-Näf u. Varone 1999, Mechanismen, 146.
Das hätte zunächst zu geschehen, indem die etablierten Institutionen, welche „Verhältnisse zum Boden“ festschreiben, aufgesucht und systematisiert werden: angefangen mit der Verfassung (Eigentumsrechte), dann in all den Gesetzen und Verordnungen, die den Umgang mit dem Boden bestimmen, ermöglichen und einschränken (Planungsrechte, Naturschutzrechte, Wasser- und Landschaftsrechte etc.). Erst danach und darunter kämen die nichtetablierten, „informellen“ Institutionen zum Zuge.
Hierzu im Folgenden insbesondere der Diskussionsbeitrag von Sukopp.
Uninteressant erscheint demgegenüber die Perspektive, daß die eine Minderheit — im Glauben an ihre Experten — die andere Mehrheit zu ihrem Glück (gleich: Überleben) glaubt zwingen zu müssen oder zu können. Das mag zwar so sein; ein soziologisches Problem sehe ich darin nicht; eher: ein politisches.
1999, Welt, 104, 106.
Hier wird „Planungstheorie“ in dem Sinne angesprochen, wie sie in den Arbeitsgebieten der Stadt-und Regionalplanung (Raumplanung) diskutiert wird.
IRS, Arbeitsbericht 1997/98, 15.
Diese Alternative wurde in der Planungstheorie namentlich in den 70er Jahren diskutiert.
„Der Begriff ,Nachhaltigkeit’ gewann in den letzten Jahren neue Inhalte. Er ist zu einem komplexen Ausdruck für integrierte sozio-ökonomische, ökologische und sozio-kulturelle Aspekte der Entwicklungsdynamik der Gesellschaft und ihrer Umwelt geworden.“ Marcs Finka (Bratislava) in: Nachrichten ARL 1/99, 2.
Als unverzichtbar erweisen sich derartige Zielkonkretionen in jedem Anwendungsfall. Dann erweist sich auch schnell, daß man ohne sie alsbald in Zielkonflikte gerät, die zu Streit führen — wenn man sich nicht zuvor auf die gemeinsamen Prioritäten geeinigt hat.
Es ist hier festzuhalten, daß „Subsistenz“ bereits von Quesnay wie später bei Adam Smith nicht als absolutes Existenzminimum begriffen wurde: „Nicht bloß das absolut Notwendige, sondern ein verhältnismäßig gutes Auskommen ist unter dem Worte subsistence für die Arbeiter zu verstehen.“ Oncken 1902, 380. — Es handelt sich hierbei freilich um einen restriktiven Grundsatz, der alle über die Subsistenz hinausgehenden Bedürfnisse als „Luxus“ und daher als disponibel deklariert. Das geschieht in der Absicht, die Mindestnorm zunächst nicht zu hoch anzusetzen.
„Die Ressource wird hier als die Gesamtheit aller durch Menschen nutzbaren und als wertvoll angesehenen Komponenten von Natur in Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart verstanden. Deren Nutzung kann ... zur Zerstörung oder Ressourcendegradierung führen. Eine Ressource stellt die Grundlage der Produktion von Gütern und Dienstleistungen zur Verfügung.“ Kissling-Näf u. Varone 1999, Mechanismen, 148.
Im Hintergrund dieser Überlegung steht — vorläufig — die Vorstellung einer Organisation der Einwohnerschaft einer Region als „Club“, der über die für alle Beteiligten lebensnotwendigen gemeinsamen Ressourcen gemeinsam entscheiden kann. Darüber unten mehr.
Aufschlußreich ist hierbei die Entwicklung der biologischen Sicht, die einerseits zum Begriff der Ökologie, andererseits aber auch zur Idee der menschlichen „Zuchtwahl“ geführt hat; vgl. Dodel 1875.
Während sich diese Bemerkungen auf Regelungen in besiedelten Gebieten beziehen, bleibt ein „Naturschutz“, der zur Erhaltung bestimmter Arten und Biotope dazu geeignete Gebiete — Schutzgebiete -ausweist, unbestritten notwendig. Vgl. hierzu Sukopp in diesem Band.
Diese Konsequenzen hat in letzter Zeit namentlich Bernd Hamm ausgeführt: s. Hamm, Soziologie, 1996; ders., Sciences, 1996.
Vgl. Mayntz, Möglichkeiten, 1997.
Wildawsky, Truth, 1979.
Vgl. Mayntz, Möglichkeiten, 1997.
Vgl. Markl, Forschung, 1997.
Vgl. Westhoff, Schaakspel, 1949; ders., beteknis, 1951; v. Hornstein, Theorie, 1950; ders., Sinn, 1954, Ellenberg, Vegetation, 1963.
Vgl. Jalas, Pflanzenarten, 1955; Sukopp, Wandel, 1972.
Einfluß, 1988.
Bernatzky 1904, Anordnung.
Vgl. Jalas, Pflanzenarten, 1955; Sukopp, Wandel, 1972; Klotz, Bioindikation, 1985; Kowarik, Einfluß, 1988; Marks u. Schulte, Bedeutung, 1988.
Sukopp, Einfluß, 1969; ders., Wandel, 1972; ders., Dynamik, 1976.
Vgl. Blume u. Sukopp, Bedeutung, 1976, Neidhardt u. Bischopinck, Überlegungen, 1994.
Nach Jalas, Pflanzenarten, 1955; Sukopp, Dynamik, 1976; u. Kowarik, Einfluß, 1988; verändert.
Interpretation, 1981.
Vegetationsgeschichte, 1994.
Einfluß, 1988.
Vgl. Lohmeyer u. Sukopp, Agriophyten, 1992.
Vgl. Kowarik, Wälder, 1995.
So Glavac, Vegetationsökologie, 1996.
Hemerobie, 1980: 53.
Vgl. Schlüter, Mosaiktypen, 1991; ders., Analyse, 1992, Niedersächsisches Umweltministerium, 1992.
Vgl. Seibert, Bewertung, 1980, Bastian u. Schreiber, Analyse, 1994, Glavac, Vegetationsökologie, 1996.
Vgl. Markl, Forschung, 1997.
D.h. der „Grundtext“ sowie der Zwischenbericht zum Gesamtprojekt „Transfer...“, wie oben zitiert.
Nilsson u. Grennfelt, Loads, 1988.
Z.B. Hettlingh u.a. eds., Loads, 1991.
1999, Welt, 2.
1999, Welt.
I.c.
Brock, I.c.
Demgegenüber bestand lange keine „Knappheit an Flächen“, sondern allenfalls eine lokale Konkurrenz. Diese konnte jedoch zumeist durch ein „Ausweichen“ auf andere Flächen gelöst werden.
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Gurjewitsch 1989, 55ff.
Borst, O. 1983, 336.
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Borst, A. 1973, 206f: Interpretation einer Legende, die von Papst Gregor 593/4 niedergeschrieben worden war.
L.c, 210.
1999, Welt, 3.
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Borst, A. 1973, 212f.
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Nach Brinkmann 1948, 58.
Aus: Ibn Chaldun, Buch der Beispiele. 1992, 246f.
Kant 1786, 11.
I.c., 179.
I.c., 176.
I.c., 194.
1744–1803. Ideen zu einer Philosophie der Geschichte der Menschheit, 1784, 4 Bände. Herder verstand sich freilich in erster Linie als Theologe, zumal sich durch den Prediger „Cultur und Menschenverstand unter den ehrwürdigen Theil der Menschheit bringen lassen, den wir Volk nennen.“ Vgl. Benz 1978, 218.
Diese stammten aus der Straßburger Zeit 1770/71, sollten jedoch in Weimar eher abkühlen. Vgl. Benz 1978,216.
1999, Welt, 3.
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Brockhaus Lexikon, Mannheim: dtv 21988, II, 318.
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I.c., 321.
Die Formulierungen wurden orientiert an dem „Glossar“ in Dreißigacker ed. Bodenschutz 1997, 251ff
Meyers Konversations Lexikon 31874, Leipzig: Bibliogr. Inst., III, 409.
I.c., 412f.
Die Formulierung ist übertrieben: Auch in der neueren Diskussion geht es kaum um eine Erhaltung des Bodens „um seiner selbst willen“, sondern vielmehr „um des Menschen willen“. Die hier benutzte Formulierung kann also nur ausdrücken, daß die Bedeutung des Bodens in älteren Texten allein aus landwirtschaftlichen, dann auch aus volkswirtschaftlicher Sicht behandelt wird, nicht aber in der Vielfalt seiner Funktionen auch für die gesamte Lebenswelt und die Klimaentwicklung, welche letztlich freilich ebenfalls dem Menschen zugute kommen und gerade nur deswegen „schutzbedürftig“ erscheinen.
Cohn, 1932, Theorie, 2.
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BMUNR 1997; zit. р.
BMUNR 1995; zit. 23.
Welche Bedeutung dieser Formel unterstellt wird, geht am deutlichsten aus der Darstellung des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen 1996 hervor. Dieser empfiehlt als „Syndromansatz“ eine deduktive Ökosystemforschung, letztlich auf der Basis der Konzeptionen von Forrester (Global Dynamics) und Vester (Sensibilitätsmodell). Diese Ansätze können den Ansprüchen einer empirisch fundierten sozialwissenschaftlichen Konzeption nicht genügen, weil sie vorwissenschaftlichen („ideologischen“) Ideen die Tür öffnet.
Es werden 11 einschlägige Gesetze und Verordnungen aufgezählt. Der Bericht des BMUNR zur biologischen Vielfalt 1998 führt 21 einschlägige Gesetze auf; I.c., 18ff.
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Sukopp, H., Wittig, R., Mayer, R., Bachmann, G. (2001). Vom Boden. In: Mackensen, R., Serbser, W. (eds) Akteure beim Bodenschutz. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93334-8_2
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