Physiologie der Orientierung oder die Körperlichkeit des Geistes

Zusammenfassung

Alles Geistige vergegenständlicht sich in Wort und Bild, in Schrift und Symbol. Dies macht es uns leicht, „Geist“ als losgelöst von unserem Körper zu empfinden. Im Alltag machen wir einen deutlichen Unterschied zwischen körperlichem und geistigem Dasein. Geistige Arbeit, das Lernen gelingt in der Studierstube, in der Stille, die Ansprüche des Körpers asketisch überwindend. Die Bewegungsarmut der geistigen Arbeit haben wir auf Sportplätzen gelernt auszugleichen. In der Industrieorganisation wird ein großer Unterschied zwischen geistiger und körperlicher Arbeit gemacht. Diese wird nach Stückzahl oder sonst wie messbar bewertet, geistige Arbeit nur nach Anwesenheit. Zwar werden auch hier, bei der geistigen Angestelltenarbeit, mehr und mehr Leistungskriterien entwickelt, aber es gibt eine Zone der Unbestimmtheit zwischen dem Leistungsideal und dem betrieblichen Erfolg. Diese Ungewissheit in der Zuschreibung ist für manche Neurosen und innerbetriebliche Konflikte verantwortlich. In bäuerlichen Kulturen hat geistige Tätigkeit vor nicht langer Zeit als Untätigkeit gegolten. Ein Landwirt, der Bücher liest, stand bei der Familie in Verdacht, auf üble Weise den Hof vernachlässigen zu wollen. Obwohl sich mittlerweile universell herumgesprochen hat, dass die Höhe des Lebensstandards intellektuelle Grundlagen hat, findet die Frage, wie es in der individuellen Produktionsstätte des Geistes, dem Körper zugeht, wenig Aufmerksamkeit.