Zusammenfassung
Konsolidierung bedeutet, allgemein gefaßt, die Sicherung und Festigung der jeweils untersuchten Einheit. In der politikwissenschaftlichen Transformationsforschung definiert der Begriff nach der Liberalisierungs- und der Transitionsphase die letzte Etappe eines umfassenden Demokratisierungsprozesses, in der das neue Regime dauerhaft etabliert wird.11 Die analytische Unterscheidung von drei Transformationsphasen besagt jedoch nicht, daß Demokratisierung als Reihe vorab definierbarer Etappen verstanden wird, die unabhängig von kulturellen Einflüssen in einer linearen Sequenzierung aufeinanderfolgen, wie es noch die Modernisierungstheorie postulierte.12 Die einzelnen Phasen überlappen sich, weil die Installationsprozesse in den unterschiedlichen Teilbereichen der Gesellschaft zu verschiedenen Zeitpunkten abgeschlossen sind, so daß der Prozeß der Konsolidierung schon beginnt, bevor die Transition überall beendet ist (vgl. Schmitter 1995a: 542).13
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Literatur
Zur Unterteilung des Transformationsprozesses in drei Etappen vgl. Baloyra 1987.
Zur Modernisierungstheorie vgl. Lerner 1958; Lipset 1959 und 1994; sowie Apter 1965. Eine Kritik dieser Theorie und ihres inhärenten Eurozentrismus, der davon ausgeht, daß politischer Wandel ein determinierter, auf die Verwirklichung eines „westlichen“Systems gerichteter Vorgang ist, bietet Dependenzia-Theorie (vgl. Prebisch 1962; Caporaso 1978).
Das fuhrt teilweise zu schwammigen Abgrenzungen. Schmitter definiert das Ende der Transition als Moment, in dem „the structuration of representation has somehow been stabilized.“(Schmitter 1995a: 542), und weist damit Konsolidierungsaufgaben schon der Transition zu, obwohl er in anderem Zusammenhang anerkennt, daß die Stabilisierung Teil der Konsolidierungsphase ist und Transition lediglich die Installation der primären demokratischen Institutionen faßt. Andere Autoren behandeln Aspekte der Transition als Teil der Konsolidierung, wie z.B. Hall (1993), oder machen keinen Unterschied zwischen den beiden Perioden, so daß sie die spezifischen Probleme der Konsolidierung nicht berücksichtigen können, wie z.B. Linz und Stepan (1996).
Auch hier wird Demokratie normativ als „gute“Form politischer Organisation bewertet. Völlige Werturteilsfreiheit gibt es in der Forschung ohnehin nicht. Selbst in der vermeintlich wertfreien naturwissenschaftlichen Forschung hängt die Themenwahl von der subjektiven Einstellung des Forschers ab (vgl. Sandschneider 1995: 23–25).
Einen Überblick über verschiedene Formen von Demokratie bietet Schmidt (1995: 228–252).
Autokratische Regime werden in der wissenschaftlichen Diskussion weiter differenziert in (post-)totalitäre und autoritäre Systeme (vgl. Arendt 1973; Linz 1975; Linz/Stepan 1996). Da hier ein ehemals autoritäres mit einem vormals post-totalitären Regime verglichen wird, verwende ich in Anlehnung an Sartori zur begrifflichen Vereinfachung Autokratie als wertneutralen Gegenbegriff zu Demokratie (vgl. Sartori 1992: 185–211).
Der Sonderfall des Institutionentransfers gilt nur fur die Transformation in Ostdeutschland, vgl. Lehmbruch (o.J.). Teilweise ist im Zusammenhang mit der Orientierung der Institutionenbildung an internationalen Vorbildern auch von Institutionenimport die Rede (vgl. Treu 1992; Hausner et al. 1993), doch ich verwende im folgenden den für den tatsächlich stattfindenden Prozeß der Nachahmung von Modellen aus anderen Ländern treffenderen Begriff der Imitation, ohne damit deren negative Konnotation zu implizieren.
Daher ist sie die längste der drei Transformationsphasen: Converse stellte bei der Entwicklung einer neuen Parteiidentifikation —ein Aspekt der Konsolidierung— fest, daß dieser Prozeß 75 Jahre dauere (Converse 1969). Anhänger der These, daß sich erst eine entsprechende politische Kultur entwickeln müsse, gehen in Anlehnung an Almond und Verba (1963) von einer Generation aus, Schmitter schwankt zwischen den 40 bis 50 Jahren, die sich aus der Empirie ableiten lassen, und 12 Jahren, die im Durchschnitt drei Legislaturperioden entsprechen und so logischen Anforderungen genügen (1995a: 545; 561). Morlino nennt eine Dekade (1995: 577f).
Für Mittel- und Osteuropa kommt häufig noch die Neudefinition des staatlichen Territoriums hinzu (vgl. Offe 1994: 64f).
Di Palma (1993) glaubt nicht, daß wirtschaftliche Krisen die Demokratie gefährden, weil auch in Autokratien die Lage schlecht gewesen sei und niemand sie sich zurückwünsche. Dabei berücksichtigt er aber Sozialleistungen und Arbeitsplatzgarantien nicht, die als Teil der auch von ihm erwähnten „impliziten Pakte“zwischen Autokratie und Bevölkerung die Gegenleistung für politische Enthaltsamkeit in diesen Regimen waren und deren Wegfall die individuelle Lage verschlechtert.
Vgl. dazu auch die Diskussion um das sogenannte Staatsversagen (exemplarisch Weisbrod 1977).
Der von Schmitter eingeführte Begriff der Vermittlung von Interessen im Gegensatz zur einseitigen Vertretung wird hier bevorzugt, da er beide Richtungen dieses politischen Austausches umfaßt (Schmitter 1979a: 63).
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© 1999 Leske + Budrich, Opladen
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Sell, K. (1999). Das Konzept der demokratischen Konsolidierung. In: Konsolidierung zwischen Markt und Staat. Forschung Politikwissenschaft, vol 49. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93258-7_2
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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