Auf dem Weg zu einer post-nationalen Staatsbürgerschaft?

Zusammenfassung

Der Maastrichter Vertrag von 1992 hat bekanntlich unter anderem die europäische Staatsbürgerschaft eingeführt. Diese Staatsbürgerschaft ist gleichermaßen „mager“ wie umfassend, mit nur wenigen konkreten Elementen — einigen Rechten und keinen Pflichten — verknüpft, und trotzdem mag sie vieles versprechen. Als Beispiel dafür möchte ich anführen, dass sie vom Staatsangehörigkeitsprinzip zugleich abhängig und unabhängig ist. Sie ist von der Staatsangehörigkeit abhängig, insofern sie durch die Staatsangehörigkeit und das Staatsangehörigkeitsrecht der jeweiligen Mitgliedstaaten vermittelt ist: Nur Staatsbürger der jeweiligen Mitgliedstaaten sind automatisch europäische Staatsbürger, und eine auf Verlangen der dänischen Regierung im Anhang aufgenommene Erklärung unterstreicht, dass die europäische Staatsbürgerschaft die Politik der jeweiligen Länder im Hinblick auf die Gewährung der Staatsangehörigkeit nicht modifizieren kann. Unabhängig vom Staatsangehörigkeitsprinzip ist sie aber insofern, als es keine europäische Staatsangehörigkeit in dem Sinne einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten, staatlichen — und zwar nationalstaatlichen — Einheit gibt und auch keine wie auch immer zu verstehende europäische Nationalität, so dass auf europäischer Ebene Staatsbürgerschaft, Staatsangehörigkeit und auch Nationalität entkoppelt sind. Was bedeutet eine solche Neuerung? Und handelt es sich überhaupt um etwas Neues?

„Le coeur de l’aporie me paraît être justement là, dans la nécessité où nous sommes, et l’impossibilité contre laquelle nous butons, d’inventer collectivement une nouvelle figure du peuple, c’est-à-dire du rapport entre l’appartenance à des communautés historiques (ethnos) et la création continue de la citoyenneté (demos)...“ (Balibar 2001, 25).

Ich danke Sibylle Auer für ihre Korrekturen.