Zusammenfassung
Von Liberalen eingeladen zu werden, um als Anti-Liberaler vor Liberalen über einen Anti-Liberalen zu sprechen, bereitet mir eine große Freude, für deren Genuß ich Herrn Hansen, dem Inspirator dieser Tagung, danke. Da die Polemik gegen den Liberalismus das gesamte, umfangreiche Werk Carl Schmitts durchzieht, beschränke ich mich auf drei Motive, die oft in den Hintergrund treten oder falsch eingeschätzt werden.
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Anmerkungen
Vgl. etwa Kurt Lenk, Wie demokratisch ist der Parlamentarismus? Stuttgart 1973. Daß auch theoretisch bewußte Liberale sich abgrenzen von der Demokratie, sieht man an F.A. Hayek, The Constitution of Liberty, London 1960, passim. Zum Unterschied vgl. bes. bei Schmitt, Verfassungslehre, München u. Leipzig 1928, S. 309ff.
So Jürgen Seifert, Theoretiker der Gegenrevolution — Carl Schmitt 1888–1985, in: Kritische Justiz, 2/1985, S. 193–200
Vgl. Willy Haas, Eine neue politische Lehre, in: Die literarische Welt, 20.5.1932. („...so baut heute Schmitt eine neue liberalistische ‚Autonomie ‘der Politik auf“)
So Otto Koellreutter, Der Deutsche Führerstaat, Tübingen 1934, S. 5. Ausführlicher: ders., Grundriß der Allgemeinen Staatslehre, Tübingen 1933, S. 160-163
P.J. Proudhon, Les Confessions d’un révolutionnaire, pour servir à l’histoire de la Révolution de Février, Paris 1849, S. 61: „...il est surprenant, qu’au fond de notre politique nous trouvions toujours la théologie.“ Juan Donoso Cortés beginnt sein Hauptwerk mit der Kritik an diesem Satze und betont, daß daran nichts „erstaunlich“ sei, da die Theologie alle Wissenschaften enthalte, folglich auch die von der Politik. (Donoso Cortés, Ensayo sobre el catolicismo, el liberalismo y el socialismo, Madrid 1851, S. 3).
Der Analogie zwischen theologischem und juristisch-politischem Denken war sich ja auch Schmitts Gegner Hans Kelsen bewußt, vgl. etwa ders., Gott und Staat, in: Logos, H. 3, 1922/23, S. 261-84, oder ders., Der soziologische und der juristische Staatsbegriff, 2. Aufl., Tübingen 1928, S. 219-47. Schmitts Konzept geht aber über dieses im Grunde „wissenssoziologische“ Analogiedenken hinaus. Die Politische Theologie ist bei ihm nicht nur Aufweis einer Parallele, sondern auch Forderung (bzw. Wunsch). Nur durch die Macht der Säkularisierung gelangt er gezwungenermaßen von der Kirche zum Staat, — und von Donoso Cortés zu Hobbes. Als erster, tastender Versuch zu diesem Thema: G. Maschke, Die Zweideutigkeit der Entscheidung — Thomas Hobbes und Juan Donoso Cortés im Werk Carl Schmitts, in „Complexio Oppositorum. Über Carl Schmitt“, hrsg. v. H. Quaritsch, im Druck, vorauss. Berlin 1988, S. 193-221
Damit handelt es sich um ein Amalgam aus konterrevolutionärer Energie (so in: Politische Theologie, 1922), Rückzug auf die Kirche als Festung (Ansätze dazu in: Römischer Katholizismus und politische Form, 1923) und künstlerisch-intellektuellem Avantgardismus (wie er in Schmitts Beiträgen zur Zeitschrift SUMMA, in seiner Freundschaft zu Hugo Ball, Theodor Haecker u.a. zum Ausdruck kommt; auch in zahlreichen feuilleton-artigen Texten, Satiren usf.). Die katholische Kritik an der Moderne ist bei Schmitt stark „angereichert“ mit Argumenten Kierkegaards, was damals gang und gäbe war. Zum Gesamtzusammenhang vgl. Piet Tommissen, Carl Schmitt — metajuristisch betrachtet, in: Criticón, 30/1975, S. 177–84
Zuerst München u. Leipzig 1923. Wir zitieren nach der erweiterten 2. Aufl., ebd., 1926
Zuerst als Aufsatz in: Archiv des öffentl. Rechts, 2/1929, S. 161-237. Wir benutzen die erheblich erweiterte Buchausgabe, Tübingen 1931
Zuerst in „Königsberger Auslandsstudien“, 1933. Wir benutzen den Text im Sammelband „Positionen und Begriffe im Kampf mit Weimar-Genf-Versailles 1923–1939“, Hamburg 1940, S. 162-180
Fast alle bedeutenden völkerrechtlichen Schriften Schmitts aus der Zeit von 1938–45 sind in der Bundesrepublik nur antiquarisch zu finden oder eine Angelegenheit für den Photokopierer. Ende 1988 erscheinen jedoch „Positionen und Begriffe“ und „Die Wendung zum diskriminierenden Kriegsbegriff“ in photomechanischen Nachdrucken. (Bei Duncker u. Humblot, Berlin).
So etwa in den Schriften zahlreicher, interessanterweise oft protestantischer Theologen, etwa Hans Schomerus, Alfred de Quervain, Georg Wünsch, Friedrich Gogarten u.a.
Schmitt, Der Begriff des Politischen, Ausgabe Berlin 1963, S. 64
Schmitt, Weisheit der Zelle (April 1947), in: ders., Ex captivitate salus, Köln 1950, S. 89f.
Gerade in dem Abschnitt „Anthropologischer Ansatz politischer Theorien“ (FN 13, S. 59-68) wird dieser beträchtliche Unterschied nicht geklärt, — das eine fließt in das andere über.
So daß mit einigem Recht schon behauptet wurde, Schmitts Denken stünde exakt im Gegensatz zu dem Hobbes: Ginge es letzterem um die Überwindung des Naturzustandes, so ersterem um dessen Bejahung, wenn nicht Feier. Vgl. Leo Strauß, Anmerkungen zu Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen, in: Archiv f. Sozialwissenschaft u. Sozialpolitik, 1932, S. 732-749. Vgl. H. Meier, Carl Schmitt, Leo Strauß und „Der Begriff des Politischen“ Suttgart 1988.
Schmitt, Der Begriff des Politischen, FN 13, S. 64; auch ders., Die Diktatur, München u. Leipzig 1921, S. 9, wo — auch unklar bleibend — von der „natürlichen Bosheit“ gesprochen wird.
So Heinz Laufer, Das Kriterium des politischen Handelns, München 1961, S. 222, der die Problematik aber sehr ungenügend erfaßt.
Leo Strauß, Anmerkungen..., FN 16, S. 739
Schmitt, Der Begriff des Politischen, FN 13, S. 54; vgl. auch Schmitts Kommentar dazu, ebd., S. 120f.
Wilhelm Stapel, Der christliche Staatsmann. Eine Theologie des Nationalismus, Hamburg 1932, S. 170f.
Schmitt, Theodor Däublers „Nordlicht“. Drei Studien über die Elemente, den Geist und die Aktualität des Werkes, München 1916, S. 66
Ebd., S. 71f.
Ebd., S. 64f.
Schmitt, Politische Theologie, München u. Leipzig 1922, S. 55f.
Donoso Cortés, Ensayo..., FN 5, S. 209-211
Schmitts Schriften zum Rheinland-Problem: Die Rheinlande als Objekt internationaler Politik, Köln 1925; „Völkerrechtliche Probleme im Rheingebiet“, in: Rheinische Schicksalsfragen, Schrift 27/28, Berlin 1928; „Die politische Lage der entmilitarisierten Rheinlande“, in: Abendland, 1929, S. 307ff.
„Die spezifisch politische Unterscheidung, auf weiche sich die politischen Handlungen und Motive zurückführen lassen, ist die Unterscheidung von Freund und Feind.“ Schmitt, Der Begriff des Politischen, FN 13, S. 26. Während hier dieses „Kriterium“ erst im 2. Abschnitt des Textes genannt wird, beginnt die Ausgabe der Schrift von 1933 (Hamburg) mit dem Satz: „Die eigentlich politische Unterscheidung ist die Unterscheidung von Freund und Feind.“ (S. 7).
So die „dedicatoria“ (Widmung) von Álamo de Barrientos, Tacito expañol ilustrado con aforismos, Madrid 1614, Ed. Luis Sánchez, (ohne Paginierung).
Vgl. Johanna Kendziora, Der Begriff der politischen Partei im System des politischen Liberalismus, Bottrop i.W. 1935, Buch-und Kunstdruckerei Wilh. Postberg. — Diese 1933 eingereichte Dissertation einer Schülerin Schmitts schildert u.a. die Wandlung von der auf „freier Werbung“ beruhenden Partei im Liberalismus zur organisierten Massen-und Weltanschauungspartei. War früher das Prinzip der für alle Parteien gleichen Chance auf Machterwerb sinnvoll weil jede sicher sein konnte, daß die andere ihr diese Chance offenließ (d.h. an Wahlen festhielt und garantiert ihre Abwahl hinnahm), war die „funktionalistische Wertneutralität“ der Verfassung möglich, weil alle Parteien der Respekt vor der Legalität einte, so wurde jetzt die Legalität zur „vergifteten Waffe“ (Schmitt). „Wer 51 v.H. beherrscht, würde die restlichen 49 v.H. auf legale Weise illegal machen können. Er dürfte auf legale Weise die Tür der Legalität, durch die er eingetreten ist, hinter sich schließen und den parteipolitischen Gegner, der dann vielleicht mit den Stiefeln gegen die verschlossene Tür tritt, als einen gemeinen Verbrecher behandeln.“ (Schmitt, Legalität und Legitimität, München u. Leipzig 1932, S. 33). Schmitts Forderungen nach einer wert-orientierten Umdeutung der Verfassung und nach einem Verbot von NSDAP und KPD wurden nicht zuletzt von liberalen Autoren scharf abgelehnt. So erfüllte sich seine Prognose von der „legalen Revolution“ und die Nationalsozialisten konnten stolz auf ihre Legalität verweisen und sich damit den Beamtenapparat unterwerfen. Hitlers Sieg war also nicht zuletzt das Ergebnis des Festhaltens an liberalen Prinzipien, nachdem deren Grundlage längst hinfällig geworden war.
Vgl. G. Mosca, Teorica dei governi e governo Parlamentare, zuerst 1887, in: ders., Ciò che la storia potrebbe insegnare, Milano 1958, S. 12-328; M. Y. Ostrogorskij, La démocratie et les partis politiques, Paris 1912, nouv.édit., zuerst 1903; R. Michels, Soziologie des Parteiwesens, Stuttgart 1970, zuerst 1911. — Es verdient erwähnt zu werden, daß Schmitt sowohl mit Mosca als auch mit Michels korrespondierte.
Vgl. etwa J. Agnoli/P. Brückner, Die Transformation der Demokratie, Berlin 1967; bes. aber die Schmitt-Diskussion der Linken in Italien.
Vgl. die schöne Skizze seines Lebens und Werkes zum 50. Todestag: G. Eisermann, Robert Michels, in: Der Staat, 2/1987, S. 250–69
Schmitt, Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, 2. Aufl., München u. Leipzig 1926, S. 13
So die Formulierung von Maurice Hauriou, die Schmitt im Gespräch gerne benutzte.
In: Abendland, 1928, S. 201-203
Ebd., S. 203
In: Archiv für Sozialwissenschaft u. Sozialpolitik, 58 Bd., 1927, S. 1-33
Der essayistisch-fragmentarische Charakter des Denkens von Schmitt scheint mir keine ausreichende Erklärung. Wichtig ist dabei wohl eine tiefe Unentschiedenheit Schmitts in vielen Fragen. Oft ist es nützlich, seine Schüler und Epigonen zu konsultieren, die seine Ideen konkretisieren.
So Huber, Verfassung, Hamburg 1937, S. 26. — Die Formel erscheint öfters in Schriften Hubers.
Vgl. etwa Friedrich Sell, Die Tragödie des deutschen Liberalismus, Stuttgart 1953. Stärker ins Tagespolitische und Sozialgeschichtliche gehend: James J. Sheehan, Der deutsche Liberalismus, München 1983
Vgl. „Das Zeitalter der Neutralisierungen und Entpolitisierungen“ (zuerst 1929), in: Schmitt, Der Begriff des Politischen, Ausg. 1963, S. 79-95
Schmitt, Der Begriff des Politischen, Ausg. 1963, S. 70f.
Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. II, zweite, verb. Ausgabe, Stuttgart 1960, S. 383ff. — Man braucht nur an Heinrich v. Treitschke oder Ludwig August v. Rochau zu denken, mit Abstrichen an Friedrich Christoph Dahlmann, um zu sehen, daß es auch in Deutschland Liberale mit ausgeprägtem Sinn für Macht-und Realpolitik gab.
Ebd., S. 386. — Die Konservativen strebten stets nach Landmacht, die Liberalen forderten schon 1848 eine aktive Flottenpolitik und daran änderte sich bis 1914 bei ihnen nichts. Bereits diese Tatsache ist ein gewichtiges Argument gegen die beliebte These, das Kaiserreich habe die politische Feindschaft wegen seines „reaktionären“ Charakters, seiner „junkerlichen“ Politik etc. provoziert.
Man muß einfügen, daß Schmitts Anti-Liberalismus heute vielleicht auf weniger Unverständnis trifft als 1925 o. 1927. Denn damals war die Erinnerung an den europäischen Liberalismus als Verfassungsbewegung und ökonomisches System noch lebendig, während heute der Begriff sich verschoben hat: in Richtung unterschiedslose Toleranz gegenüber der „permissive society“, ins Sozial-Sentimentale u.ä. Freilich war dieses Moment stets im Liberalismus enthalten und die Verachtung, die er, zum negativen Klischee gemodelt, bereits in der Weimarer Republik erfuhr, bezog sich schon auf diese Seite des Liberalismus.
Zumindest war er kein Vertreter der Wissenschaft im Sinne intersubjektiver Nachprüfbarkeit der vorgebrachten Thesen und wirkt auch heute oft mehr durch die Wucht der Suggestion denn durch penible Argumentation.
Schmitt, Der bürgerliche Rechtsstaat, in: Abendland, 1928, S. 202
Vgl. dazu Günter Maschke, Carl Schmitt in Europa, in: Der Staat, 4/1986, bes. S.585f.
Daß der Parteienstaat die politische Einheit nicht bedrohen muß, betonte Huber. Wir zitieren eine größere Textstelle, die im Grunde eine Zusammenfassung Schmitt’scher Argumente ist: „Bezeichnend für diesen Typus des Parteienstaates sind England und die Vereinigten Staaten, wo über alle parteimäßigen Unterscheidungen und Gegensätze hinweg die Idee der englischen society und des amerikanischen Bürgertums als maßgebend anerkannt werden, wenn auch in England die fortschreitende Radikalisierung der Labour-Partei dieses System fortwährend in Frage stellt. Der deutsche Parteienstaat gehörte einem anderen Typus zu; hier fühlte jede große Partei sich als politisch autonome Organisation; es gab kein gemeinsames geistiges Band und kein schlechthin anerkanntes politisches Gesamtziel. Die gemeinsame Einordnung in ein Volk wurde nur als Deckmantel benutzt, hinter dem sich der absolute Selbstzweck der verschiedenen Parteiorganisationen verbarg. Die Parteien waren nicht mehr lose, auf freier Werbung beruhende private Wahlvereinigungen (wie im „klassischen“ Liberalismus — G.M.); sie entwickelten sich zu festen Parteikörpern mit einer eigenen Weltanschauung, einem eigenen Wertsystem, einer festumrissenen, politischen Idee, mit einer starken inneren Hierarchie und einer schlagkräftigen, für den inneren Kampf gerüsteten Wehrformation. Sie waren nach ihrer eigentlichen Natur Träger öffentlicher Macht im Staate, behielten aber ihren privatrechtlichen Status bei, um ohne jede Verantwortung gegenüber dem Staat ihren politischen Zielen zu folgen“. Ernst-Rudolf Huber, Das Ende des Parteienbundesstaates, in: Juristische Wochenschrift, 4/1934, 27.1.1934, S. 192–97, hier S. 192. — Diese Umstände gilt es im Auge zu behalten, bevor man sich über Schmitts These, daß das Zeitalter der Diskussion zu Ende sei, erregt.
So Schmitt, Staatsgefüge und Zusammenbruch des Zweiten Reiches. Der Sieg des Bürgers über den Soldaten, Hamburg 1934, passim.
Schmitt, Der Begriff des Politischen, FN 13, S. 54
Zu Vattel vgl. Schmitt, Der Nomos der Erde im Völkerrecht des Jus Publicum Europaeum, Köln 1950, bes. S. 137ff.
Besonders beeindruckend dazu: Julien Freund, La paix introuvable, in: ders., Le nouvel âge, Paris 1970, S. 145-181.
Schmitt, Der Begriff des Politischen, in: Archiv für Sozialwissenschaft u. Sozialpolitik, 1927, S. 30; auch i.d. Buchausgabe von 1963 (FN 12), S. 72
Der Passus lautete: „Deutschösterreich erhält nach seinem Anschluß an das Deutsche Reich das Recht der Teilnahme am Reichsrat mit der seiner Bevölkerung entsprechenden Stimmenzahl. Bis dahin haben die Vertreter Deutschösterreichs beratende Stimme.“ — In einer Note vom 2.9.1919 verlangten die Alliierten, unter Androhung von Gewaltmaßnahmen, die Aufhebung dieses Absatzes. Zwar weigerte sich die Reichsregierung, dies zu tun, erklärte jedoch in einem Protokoll am 22. 9. 1919 die „Ungültigkeit“ dieses Passus. Daß die angeblich „freieste Verfassung der Welt“ (so aufschlußreicherweise auch schon damals ein Stolz von Besiegten!) keine Verfassung eines freien Volkes war, zeigte der Art. 178, Abs. 2: „Die Bestimmungen des am 28. Juni 1919 in Versailles unterzeichneten Friedensvertrages werden durch die Verfassung nicht berührt.“ Das war nur eine geschickte Umschreibung der Tatsache, daß der Diktat-„Vertrag“ der Verfassung vorging. Selbst Carl Schmitt spielte die Bedeutung dieses Sachverhaltes herunter. Vgl. Schmitt, Verfassungslehre, München u. Leipzig 1928, S. 72. — Man kann nur sarkastisch sagen: in einem Moment der Schwäche, in dem der politische Denker in ihm vom Juristen überwältigt wurde.
Die sich in der Völkerbundsatzung ausdrückende Mentalität war auch schon vor deren Inkraftsetzen wirksam. Die Briten hielten ein Jahr nach der Beendigung des Ersten Weltkrieges ihre Blockade gegenüber Deutschland aufrecht. Die Folge: ca. 1 Millionen Deutsche verhungerten.
Vgl. die „klassische“ Skizze Schmitts, Inter pacem et bellum nihil medium, in: Zeitschrift d. Akademie f. Deutsches Recht, Okt. 1939, S. 594/595
Dazu Schmitt, Völkerrechtliche Formen des modernen Imperialismus, a.a.O., bes. S. 173f.
Schmitt, Völkerrechtliche Formen..., in: Positionen und Begriffe, a.a.O., S. 176ff.
Schmitt, Der Begriff des Politischen, FN 13, S. 77
Ähnlich wie Donoso Cortés sieht Schmitt immer die radikalsten möglichen Implikationen eines gedanklichen Konzepts. Da der Liberalismus die Leugnung der Erbsünde beinhaltet, eben auch religiöser Liberalismus ist, führt er, über den Deismus und den Pantheismus zum Atheismus, — politisch über den Parlamentarismus zur Demokratie, schließlich zum Anarchismus und Sozialismus. Diese in Politische Theologie aufgewiesenen Bezüge haben zum Hintergrund eine Theorie der Dekadenz, sowohl im Religiösen als im Politisch-Gesellschaftlichen. In engem Zusammenhang stehen damit auch die „Stufen der Neutralisierung und Entpolitisierung“: Vom Theologischen zum Metaphysischen zum Moralischen, von da über das Ästhetische (= Romantik) zum Ökonomischen und Technischen. Dies erklärt auch den für manchen Leser verblüffenden Satz Schmitts (in Der Begriff des Politischen, Fassung 1933, Hamburg 1933), S. 55f.: „Der Marxismus ist nur ein Anwendungsfall der liberalen Denkweise des 19. Jahrhunderts.“ Seine „Geschichtskonstruktion leuchtete dem Denken des 19. Jahrhunderts ein, weil sie ihrem liberal-bürgerlichen Gegner auf das Gebiet des Ökonomischen folgte und ihn hier sozusagen in seinem eigenen Land mit seinen eigenen Waffen stellt.“ (Ebd.)
Vgl. Hanno Kesting, Geschichtsphilosophie und Weltbürgerkrieg, Heidelberg 1959, oder Roman Schnur, Revolution und Weltbürgerkrieg — Studien zur Ouvertüre nach 1789, Berlin 1983.
Zu den Auswirkungen dieser Tendenz amerikanischen politischen Denkens und Handelns vgl. Schmitt, Beschleuniger wider Willen oder: Problematik der westlichen Hemisphäre, in: Das Reich, 19. 4. 1942, Nachdruck in: Tumult, Heft 7, „Der Planet“, 1983, S. 9-14
Vgl. Schmitt, Die Wendung zum diskriminierenden Kriegsbegriff, München 1938 und ders., „Großraum gegen Úniversalismus“, 1939, abgedruckt in „Positionen und Begriffe“, FN 10
Der außerordentliche „Synkretismus“ Schmitts und seine frappierende Unbefangenheit, sich seine Argumente aus den unterschiedlichsten ideologischen Lagern zu holen, ist ein Thema für sich, auch was seine oft beträchtliche Laxheit in Fragen des geistigen Eigentums angeht. Vgl. dazu Günter Maschke, Der Tod des Carl Schmitt. Apologie und Polemik, Wien 1987, S. 52.
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Maschke, G. (1988). Drei Motive im Anti-Liberalismus Carl Schmitts. In: Hansen, K., Lietzmann, H. (eds) Carl Schmitt und die Liberalismuskritik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92651-7_6
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