Der Walkman und das Ende der Aufklärung

Zusammenfassung

Es ist wirklich kaum vorstellbar, daß die Medien uns nicht wesentlich beeinflussen. Linke wie rechte Kulturkritiker wissen sich eins in der Gewißheit, daß die Medien eine gewaltige Wirkung auf unser Bewußtsein ausüben. Da wird in der Tradition der Kritischen Theorie räsoniert gegen die Manipulation der Massen durch eine auf Unterhaltung und Zerstreuung angelegte Kulturindustrie, von konservativen Moralwächtern der Untergang des Abendlandes ausgerufen, und der kritische Bildungsbürger nimmt Postman lesend mit wohligem Schauer zur Kenntnis, „daß sich der Pöbel mit debilem Grinsen im Gesicht zu Tode amüsiert“ (Degen 1988, 20). Die Ergebnisse der Medienwirkungsforschung nehmen sich angesichts dieser Befürchtungen dagegen eher bescheiden aus (vgl. Sander/Vollbrecht 1987). Der Amerikaner William J. Mc Guire, selber an der Yale-Univer-sität in der psychologischen Medienforschung tätig, spricht im Hinblick auf Medienwirkungen sogar vom größten Bluff seit der Annahme der Scheibenförmigkeit der Erde (vgl. Mc Guire 1986). Aber wenn so viele Menschen einen großen Teil ihrer Zeit mit Medien verbringen, wenn so große Summen für Werbung und Politpropaganda ausgegeben werden, müssen die Medien scheinbar großen (und schädlichen) Einfluß ausüben, so daß sich die moralische Forderung stellt, die große Masse zumindest vor denjenigen Medien oder Medieninhalten zu schützen, die man selbst als verabscheuungswürdig empfindet. In einer noch zu schreibenden Mediengeschichte ließe sich nachlesen, daß ins Kreuzfeuer der Kritik vor allem die jeweils neuen Medien geraten, wovon auch die heute so hochgelobten Schriftmedien nicht ausgenommen waren.