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Untersuchungsplan, Forschungsinventar und theoretische Grundlagen

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Auf digitalen Pfaden

Zusammenfassung

Unsere empirische Annäherung an die Alltagswelten und die Szenen von Computerfreaks versucht dem theoretischen und methodologischen Perspektivenwechsel in der Medienforschung von einer quantitativ-generalisierenden zu einer qualitativ-subjektnahen Ausrichtung Rechnung zu tragen1). Zwar sind demoskopisch ermittelte Daten bezüglich Anwendungsmöglichkeiten, Zeitbudget und Geräteausstattung wichtig, da sie erste Anhaltspunkte über Nutzerprofile und die Einbindung des Computers in den Alltag aufzeigen können, aber sie zielen nur auf die’Oberfläche’ des Phänomens. Sie liefern lediglich eine Momentaufnahme des Marktes und der Reichweiten, sagen aber nichts oder nur sehr wenig über die unterschiedlichen Aneignungsformen und Karrieremuster aus. Zwar haben wir, wie bereits dargestellt, die quantitativen Gegenstandsdimensionen des Computers und seiner (spezialisierten) Nutzer in unserer Untersuchung nicht ausgespart, aber der Schwerpunkt der Analyse liegt auf der Explorierung der individuellen Sinnzuschreibungen und der Rekonstruktion gruppen- resp. szenespezifischer Zugehörigkeiten und Relevanzstrukturen2).

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Literatur

  1. Ergänzend sei hier angemerkt, daß die’Wende zum Alltag’ (vgl. HAMMERICH/KLEIN 1978), wie sie sich in der Soziologie Ende der siebziger Jahre vollzog und ihre Kanonisierung in mehreren forschungsmethodischen Standardwerken fand (vgl. FLICK et al. 1991; GIRTLER 1988; LAMNEK 1989; MAYRING 1990), in der Medienforschung lange Zeit unberücksichtigt blieb: “Die Soziologie und ihre Methoden sind zwar schon von jeher Nährboden und Vorbild der empirischen Medienforschung gewesen, aber das Entwicklungsniveau methodologischer Selbstreflexion in den Sozialwissenschaften hat sich in der dominierenden Medienforschung nur in vereinzelten Randsektoren niedergeschlagen. Es zählt zu den auffälligen Paradoxien der Medienwissenschaft, daß sie einerseits ihre eigenen Forschungsmängel etwa im Bereich der Medienwirkungsforschung eingesteht, und diese als Entschuldigung für die derzeitige Deutungsarmut ihrer Daten anführt, andererseits macht sie sich ostentativ spröde gegenüber der neueren sozialwissenschaftlichen Methodendiskussion” (BACHMAIR et al. 1985, S. 14). Aber in jüngster Zeit deutet sich auch in der Medienforschung ein Paradigmenwechsel in Form der vermehrten Hinwendung zu qualitativen Erhebungsverfahren an (vgl. CHARLTON/BACHMAIR 1990; BAACKE/ KÜBLER 1989).

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  2. Daß diese Sichtweise, die den aktiv deutenden Part des handelnden Individuums und seine soziale Verflechtung betont, in der bisherigen Medienforschung nur unzureichend Anwendung gefunden hat, ist auch das Fazit einer Enquete, die im Auftrag der DFG (1986, S. 8) von der Kommission für Medienwirkungsforschung erstellt wurde: “Die bisherige Forschung zeigt einen erstaunlichen Mangel an Studien, in denen die Wirkung der Medien auf soziale Sachverhalte, soziale Beziehungen und Strukturen, soziale Normen und Werte untersucht werden.”

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  3. ROGGE (1982, S. 276) hat die Prämissen dieser Art von qualitativer Medienforschung prägnant formuliert: “- Der Rezipient geht aktiv mit den Medien um; er hat Erwartungshaltungen und Ansprüche, handelt gemäß seinen Bedürfnissen und Interessen. In diesen Medienumgang gehen nicht nur die aktuellen Alltagserfahrungen ein, sondern das Medienhandlungspotential stellt eine Einheit aus Alltags- und Basiswissen dar, in die lebensgeschichtlich geprägte Erfahrungen mit eingehen. - Erst die subjektive Deutung läßt die Medien für den Rezipienten alltagsrelevant werden, erst sein Handeln weist den Medien subjektiven Sinn zu und gibt ihnen individuelle Bedeutung. Subjektive Medienwirklichkeit wird durch das sinnhafte Handeln der Rezipienten erst konstituiert. - Rezeptionsforschung hat den eigenwilligen perspektivischen Umgang mit Medien zu berücksichtigen; mit anderen Worten: Die Analyse des Medienumgangs hat auszugehen vom Erleben und Handeln des Subjekts.”

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  4. Der Begriff wird hier verwendet in Anlehnung an BOURDIEU (1987, S. 112), der Habitusformen definiert als “subjektives, aber nicht-individuelles System verinnerlichter Strukturen, gemeinsamer Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata.” Allerdings dient der Habitusbegriff in unserer Studie nicht zur Charakterisierung und Abgrenzung von sozialen Klassen und Schichten, sondern als theoretischer Basisbegriff für das von uns zur Beschreibung von Computer-Spezialkulturen adaptierte Sozialweltkonzept.

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  5. So etwa zwischen der teilnehmenden und nicht-teilnehmenden, der strukturierten und unstrukturierten, der offenen und verdeckten, der direkten und indirekten, der künstlichen und natürlichen Beobachtung; vgl. DECHMANN (1978); FAßNACHT (1979).

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  6. Auf diesem Wege erlangten wir (schrittweise) Einblick in die sozio-kulturellen Räume der Computerfreaks. Auch dabei war für uns das Paradigma der qualitativ-interpretativen Forschung, die Handlungs- und Sinnstrukturen der Feldsubjekte situativ zu erschließen, richtungsweisend. Oder um eine Formulierung von MACKENROTH (1952, S. 11) aufzugreifen: “Wer in der Erforschung der Sozialwelt auf jene naturale Seite abstellen würde, würde die Sozialwelt als Sozialwelt schon im Ansatz verfehlen.”

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  7. Wir sind in diesem Punkt mit BAACKE (1991, S. 341) der Auffassung, daß besonders ein’Mehr-Methoden-Set’ fruchtbar für eine qualitativ ausgerichtete Medienforschung ist: “Dauernde Veränderungen im Objektbereich’Medien’ verlangen die immer erneute Diskussion theoretischer Grundlagen und die Neujustierung methodischer Annäherungen. (...) In der Kritik am einseitig gerichteten Massenkommunikationsprozeß wird nun versucht, wenigstens in der darauf bezogenen Forschung die Betroffenen selbst zu Wort kommen zu lassen. Methoden der Aktionsforschung, des qualitativen Interviews in seinen verschiedenen Formen (Tiefeninterview, offenes Interview, Leitfadeninterview, narratives Interview), teilnehmende Beobachtung finden ebenso Verwendung wie das Sammeln von (sonstigen) Daten (...).”

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  8. “All das läuft darauf hinaus”, so konstatiert auch MAYRING (1990, S. 47), “eine stärkere’Vertrauensbeziehung’ zwischen Interviewer und Befragten zu begründen. Der Interviewte soll sich ernstgenommen und nicht ausgehorcht fühlen. Wenn an relevanten gesellschaftlichen Problemen angesetzt wird und im Interview eine möglichst gleichberechtigte, offene Beziehung aufgebaut wird, so profitiert auch der Interviewte direkt am Forschungsprozeß. Und deshalb ist er in der Regel auch ehrlicher, reflektierter, genauer und offener als bei einem Fragebogen oder einer geschlossenen Umfragetechnik — das zeigen auch alle Erfahrungen mit dieser Methode.”

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  9. Hierzu zählt zum einen der Erwerb von Computergrundwissen, z.B. in Form von Spieletrainings, oder die Aufarbeitung der wichtigsten Fachtermini (sie wurden über einen Zeitraum von mehreren Monaten in Blockeinheiten von den Interviewern erworben) und zum anderen eine detaillierte Einweisung der Interviewer in die Praxis des problemzentrierten Interviews (Blockseminare mit praktischen Übungen).

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  10. Möglicherweise setzt sich in der’spezialisierten’ Computerverwendung ein Trend fort, den wir bei der’allgemeinen’ Computernutzung bereits beschrieben haben: Frauen spielen in der Computersozialwelt keine oder nur eine untergeordnete Rolle (vgl. Kap. I, 4).

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  11. KLEINING (1982, S. 229) formuliert in diesem Zusamenhang programmatisch: “Was will qualitative Sozialforschung entdecken? Sie entdeckt Beziehungen, Verhältnisse, Verbindungen, Bezüge, Relationen.”

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  12. Diese Form dokumentarischer Datenverwendung erachten GLASER/STRAUSS (1979, S. 98/9) als konstitutiv für die qualitativ ausgerichtete Sozialforschung im allgemeinen: “Multiple Vergleichsprozesse ermöglichen und fördern die rasche Entwicklung der Datenanalyse auf zweierlei Weise:

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  13. a) Der ständige Vergleich vieler Gruppen richtet die Aufmerksamkeit des Beobachters unmittelbar auf viele Ähnlichkeiten und Unterschiede unter den Gruppen, die für seine Theorie wichtig sind. Aus diesen Ähnlichkeiten und Unterschieden werden die verwendeten theoretischen Kategorien entwickelt, ebenso wie ihre volle Reichweite, ihre Dimensionen, die Bedingungen, unter denen sie wahrscheinlich gelten, und ihre wesentlichen Konsequenzen. Die Tragweite und die Bedeutung jeder Kategorie werden in dieser Weise festgelegt. Wenn nur ein Fall untersucht wird, können Kategorien nur sehr viel langsamer entwickelt werden und diese werden auch weniger allgemein sein und einen geringeren Bedeutungsgehalt aufweisen.

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  14. b) Darüber hinaus führt die Existenz von Unterschieden und Ähnlichkeiten zwischen Vergleichsgruppen rasch zu einer generalisierenden Analyse der Beziehungen zwischen Kategorien, aus welcher dann die Hypothesen folgen, die in die gegenstandsbezogene Theorie integriert werden. Da ja eine Gruppe für bestimmte strukturelle Bedingungen steht, wird der Forscher, wenn er in einer Vergleichsgruppe auf negative Evidenz stößt, seine Hypothese neu formulieren. Dabei vergleicht er die Bedingungen, unter denen sie zutrifft, mit Bedingungen, auf die er bei der Suche nach bestimmten strukturellen Ursachen für das von der Hypothese abweichende Ergebnis stößt. Und Bedingungen können dann bei der Umformulierung der Hypothese berücksichtigt werden.”

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  15. Zum Paradigmenwechsel in der Medien-(Wirkungs-)Forschung vgl.: BAACKE (1989; 1991); KUNCZIK (1988); SCHENK (1987).

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Eckert, R., Vogelgesang, W., Wetzstein, T.A., Winter, R. (1991). Untersuchungsplan, Forschungsinventar und theoretische Grundlagen. In: Auf digitalen Pfaden. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92485-8_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92485-8_4

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-12298-4

  • Online ISBN: 978-3-322-92485-8

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