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Die Subjekte

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Das geteilte Leben
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Zusammenfassung

Unter dieser Überschrift „Parteisoldaten aus Überzeugung“ möchte ich zwei Journalisten vergleichen, für die eine solche Beschreibung zu DDR-Zeiten zutrifft. Beide waren — in jeweils verschiedener Ausprägung — Parteisoldaten aus Überzeugung, Menschen, die dem Staatssozialismus bedingungslos ergeben waren, ihn nicht als Einschränkung ihrer eigenen Entfaltung betrachteten und ihn lange Zeit vehement gegen alle verteidigten. Mit gewissen Einschränkungen tun sie es beide heute noch, auf unterschiedliche Weise. Sie sehen im Festhalten an wesentlichen Zügen des staatssozialistischen Systems der DDR gerade ihre persönliche Kontinuität, die beweist, daß sie sich und dem einmal als richtig Erkannten bedingungslos treu bleiben. Der große Unterschied bei einer Verteidigung des DDR-Systems zwischen damals und heute ist natürlich, daß sie sich einstmals auf der Seite der Macht befanden, möglicherweise anderen Nachteile zufügten oder zufügen konnten, heute aber mit ihrer Haltung in der Minderheit sind. Gabriele Patzaurek ist Zeitungsjournalistin und Ende 50, Hartmut Venske arbeitet beim Hörfunk und ist Anfang 50: beide haben also den größten Teil ihres Berufslebens im Staat DDR verbracht.

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Literatur

  1. Darin sehe ich ein typisches Beispiel für den “Erzählzwang”, den Fritz Schütze (1977) voraussetzt. Das Stottern an dieser Stelle, die Pausen, die Hartmut Venske macht, weisen darauf hin, daß es ihm schwerfällt, das zu erzählen. Aber um den Punkt zu verstärken, wie gut seine “Eltern” zu ihm waren, erweist es sich jetzt als notwendig, die Adoption, also die Annahme als leibliches Kind, einzuführen. Hätten sie ihn lediglich als Pflegekind angenommen, so hätte der Staat einen Pflegesatz für ihn bezahlt. So aber mußten sie ganz für seinen Lebensunterhalt aufkommen.

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  2. Auch heute noch bejaht sie völlig das Handeln ihrer Mutter; keinerlei Reflexion darüber, welchen Eindruck die Toten, die sie tatsächlich oder möglicherweise damals gesehen haben bzw. hätten, auf ein fünfjähriges Kind machen, ganz zu schweigen davon, wenn sie denn nun tatsächlich den Vater tot oder schwerverletzt gefunden hätten. Im Vordergrund steht die Betonung eines Familienzusammenhalts, einer Art von — ja, fast Sippendenkens, das in dem mit Verve vorgetragenen “alle tot oder keiner” steckt.

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  3. Gabriele Patzaurek hat nicht mehr als das hier Wiedergegebene über ihren Familienhintergrund erzählt. Da dies für mich eines der ersten Interviews (für diese Arbeit) war, ich noch den Hauptakzent auf Wende und Vereinigung legte und ihre Gegenwart so interessant fand, habe ich in dieser Hinsicht leider auch nicht näher nachgefragt.

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  4. Für Ricarda Zaunert (Kap.8.5), die Philosophie studiert hat, und auch für Gabriele Patzaurek mit den zwangsläufigen Schulungen im dialektischen Denken liegt es nahe, an Hegels Begriff des ‘Aufgehobenseins’ zu erinnern. Bei ihm ist er positiv definiert, als Idee einer früheren Epoche, die in einer veränderten Situation aufbewahrt wird, noch vorhanden ist. Diesen Hinweis verdanke ich Heiner Keupp.

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  5. Vgl. dazu Kap.5.3.2

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  6. Walter Janka (seit 1952 Leiter des Aufbau-Verlages, des bedeutendsten belletristischen Verlages der DDR), schildert in seinem Buch “Schwierigkeiten mit der Wahrheit” die für ihn völlig überraschende Verhaftung durch die Staatssicherheit am 6. Dezember 1956, nach dem Ungarnaufstand und der Verhaftung von Wolfgang Harich (Lektor im Aufbau-Verlag). Die Anklage: konterrevolutionäre Verschwörung gegen die DDR-Regierung unter Ulbricht. Wolfgang Harich hatte in diesem Sinn bereits ein Geständnis abgelegt, und im Schauprozeß vom 23. bis 26. Juli 1957 übte er Selbstkritik und belastete Walter Janka als Kronzeuge schwer. In seinem Buch “Keine Schwierigkeiten mit der Wahrheit” (Berlin 1993) stellt er seine heimlichen Kontakte zur SPD und auch zu deren (antikommunistischen) Ostbüro dar, sagt aber, daß Janka und die anderen darüber nicht informiert gewesen seien. Was jedoch den beabsichtigten Sturz der Regierung Ulbricht angehe, seien alle einig gewesen. Das bestritt Janka und stellt es auch in seinem Buch anders dar. Er habe nach der Niederschlagung des Ungarn-Aufstandes im Auftrag von Anna Seghers und Johannes R. Becher (Kulturminister) lediglich Vorbereitungen zur Befreiung des angesehenen Germanisten Georg Lukacz aus Ungarn getroffen, eine Aktion, die von Becher dann abgeblasen worden sei. Eine Verschwörung habe es nicht gegeben (vgl. ausführlicher Kap.4.5.1.1 in dieser Arbeit).

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  7. Der Kontext dieses Satzes hat mit der — in iherer Beschreibung früheren — “stalinistischen” Zeit der DDR zu tun, der Zeit, in der Harich und Janka ins Zuchthaus kamen, während man zu ihrer Zeit Bärbel Bohley ‘nur’ nach England schickte. Sie sagt: “Ja, und von daher hab ich immer gedacht, das betrifft eigentlich immer die Zeit vor dir.I: Ach so. P: Das war nicht ich. Das war die Zeit vor mir.” Von daher geht es um eine klare Abgrenzung, nicht im entferntesten um eine etwaige Spaltung.

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  8. Vgl. zum Slansky-Prozeß Exkurs zum Antifaschismus unter Kap. 4

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  9. Dieser Vorgang wird in den Kapiteln 5 und 6 in bezug auf Medien und Gesellschaftssystem im weitesten Sinne beschrieben.

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  10. Vgl. die Überlegungen zur Terminologie ‘Revolution’ versus ‘Zusammenbruch’ in Kap. 5.1.

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  11. Als die Grenze zu Polen von der DDR 1989 auf einmal zugemacht wurde, durften DDR-Bürgerinnen auch dort nicht mehr hinfahren. Annette Wiedemann reagiert hierauf mit deutlicher Wut z.B.; das wäre Hartmut Venske völlig fremd. Er könnte sicher begründen, warum man als DDR-Bürger dort zu dem Zeitpunkt nicht mehr hindurfte.

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  12. Vgl. dazu Kap. 4.5.5 zu der Vielzahl an Tabuwörtern, die es gab.

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  13. Hier fehlt aus Anonymisierungsgründen die Funktionsbezeichnung.

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  14. Vgl. Günter Gaus, Wo Deutschland liegt. Eine Ortsbestimmung. Hamburg 1983, S.37ff

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  15. Hier sind die historischen Zeiten etwas mißverständlich. Aus dem Kontext ergibt sich aber, daß die Tochter des Großvaters, Tante also von Gerlinde Kollmann, zur Zeit des Mauerbaus eben im Westen war....

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  16. Diese Hinweise sollen auf keinen Fall bedeuten, daß die Mauer eingebildetes Leid über die Familie brachte: das Leid muß real und durchlebt gewesen sein, sonst hätte es keinen so tiefen Eindruck auf das kleine und dann heranwachsende Mädchen gemacht. Auch, daß sie das ‘Gesetz’ der Familie als Kind übernimmt, ist kaum anders denkbar. Daß sie aber heute an dieser Perspektive noch festhält, auch so, als sei es gestern gewesen, ist das erklärungsbedürftige Phänomen. Ich möchte versuchen zu zeigen, warum diese Haltung ihr helfen konnte, ihr Leben zu bewältigen.

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  17. Das ist sowieso ein sehr beliebtes katholisches Lebensprinzip. In meiner rheinischen katholischen Kirchengemeinde oder in meinem katholischen Lyzeum brachten wir dann auch Opfer, und zwar Opfer für ebendie Diaspora im unchristlichsten aller Staaten, wo unsere katholischen Glaubensbrüder und -Schwestern von den Atheisten verfolgt wurden.

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  18. Mir fallen dazu nur Genies wie Manfred von Ardenne z.B. oder alte Kommunisten der ersten Stunde wie etwa Jürgen Kuczinsky ein.

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  19. Lutz Niethammer bemerkt zu CDU und NPD, daß, sie mehr als die LPD, im Ruf gestanden hätten, “auch in ihrer inneren Struktur völlig durchstalinisiert und der SED über das Schutzgeld hinaus zu Diensten zu sein, die CDU vollends seit den sechziger Jahren, die NPD schon immer” (Niethammer 1991:64). Hermann Weber sagt zu den Blockparteien insgesamt: Bis zum Ende fungierten die Blockparteien im politischen System der DDR als verläßliche Stütze der SED, ihre Führungen zeigten sich alle der Hegemonialpartei treu ergeben. Dafür wurden sie mit erheblichen materiellen Ressourcen ausgestattet, verfügten vermutlich über Parteivermögen in Milliardenhöhe“(Weber 1991:190). Um allerdings die Beschreibungen Gerlinde Kollmanns besser zu verstehen, ist folgendes Zitat, ebenfalls von Weber, aufschlußreich, weil es ein Spannungsfeld eröffnet: “Die Einführung des Faches Wehrunterricht für Schüler der 9. und 10. Klasse traf auf harte Kritik der Kirchen. Die CDU, die sich als Partei oft an die Kirchen anzulehnen versuchte (ohne dabei allerdings viel Erfolg zu haben), geriet in Bedrängnis. Die CDU-Führung stellte sich klar hinter den Wehrunterricht und damit hinter die Linie der SED. Doch an der Basis der Partei wurde wie von Seiten der Kirche die Frage gestellt, ob der Wehrunterricht nicht doch zu Haß erziehe und damit für Christen nicht in Frage kommen dürfe” (Weber 1991:158). Solche und andere Konflikte haben sich dann vermutlich in irgendeiner Form in den Zeitungen der Blockpresse niedergeschlagen, brachten also auch die Journalistinnen in Konflikt.

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  20. Rosenthal 1995:149f. Gabriele Rosenthal verwendet dieses Beispiel, um ein Grundgesetz der Erzählaufschichtung zu zeigen. Wenngleich Hans Grün in beiden’ Biographien von seiner Mutter und seiner Frau erzählt und man annehmen könnte, wegen der Zeit- und Personennähe müßten die je unterschiedlichen Ereignisse nacheinander und auch im Interview im zeitlichen Zusammenhang erzählt werden, so weist Gabriele Rosenthal hier auf die von Wertheimer beschriebene Gesetzmäßigkeit hin: “Geschlossenheit ist dominanter als Gleichheit und Nähe.” (ebd.S.151) Bei den die Erzählstruktur bestimmenden thematischen Feldern entscheidet jedoch die Einbettung in das jeweilige thematische Feld, um die Geschlossenheit der Erzählung und die individuelle Sinngebung zu gewährleisten.

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  21. Bei dieser Darstellung habe ich mich auf die Daten der Berufsbiographie konzentriert; die dargestellten politischen Konflikte im Beruf sollen unter 8.3.7 analysiert werden.

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  22. Für die Aufnahme in die Partei war — neben einigen anderen Kriterien — die Herkunft aus Gründen der marxistischen Theorie entscheidend: man versuchte immer wieder, die Fiktion einer Arbeiterpartei Wirklichkeit werden zu lassen. Sobald also die geringe Quote der Herkunft aus der Schicht der Intelligenz voll war, gab es einen Aufnahmestopp. Parallel dazu mußte diese Gruppe der Bevölkerung auch eine zweijährige Kandidatenzeit absolvieren, im Gegensatz zu der halb- bzw. einjährigen der Arbeiterklasse. Über die gesamten 40 Jahre DDR änderten sich diese Bestimmungen auch immer wieder.

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  23. Nach der Wende wurde die ursprüngliche Bezeichnung “Deutscher Fernsehfunk” wieder eingeführt; sie löste den Begriff “Fernsehen der DDR” im März 1990 ab.

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  24. Dabei bin ich, ähnlich wie bei der Berufsbiographie, nach der Methode von Oevermann und Rosenthal zur chronologischen Ermittlung der biographischen Daten vorgegangen, vgl. Kap. 7.

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  25. Zum Vergleich: In der alten Bundesrepublik entstanden solche Gruppen in den frühen 70er Jahren, im Gefolge der Studentenbewegung.

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  26. Kritisch wendet Günter Grau ein, der Beobachter aus der Nähe kenne “die offizielle Haltung der Kirche zum Thema Homosexualität und weiß, daß amtliche Verlautbarungen seit Jahren vermieden haben, auf das Thema in irgendeiner Weise einzugehen.” (Grau 1990:14)

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  27. Dokumentiert wurde diese Tagung und die nächste in Karl-Marx-Stadt am 23. April 1988 (in Auszügen) von Günter Amendt, Natürlich anders, Köln 1989.

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  28. Beispiele sind zitiert in dem Aufsatz von Dieter Bsonek in Amendt 1989:166; dazu gehören Artikel in der Frauenzeitschrift „FÜR DICH“; im Sonntag, Sendungen im Jugendradio DT 64 und im Fernsehen der DDR, v.a. aber der DEFA-Dokumentarfilm “Die andere Liebe” von H. Kißling; als letztes Beispiel ist darüber hinaus der Spielfilm “Coming out” von Heiner Carow (1989) zu nennen.

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  29. Dieser Paragraph entsprach dem berühmt-berüchtigten Strafrechtsparagraphen 175 in der BRD. Die DDR war damit in der Emanzipationsbewegung der Homosexuellen der Bundesrepublik voraus, und bei der Wende hatten viele Homosexuelle in der noch bestehenden DDR Angst vor dem, was für sie an Rückschritt wieder auf sie zukam. Dokumentiert sind die politischen Vorstellungen dieser Zeit in dem von Günter Grau herausgegebenen Buch “Lesben und Schwule — was nun?” Berlin 1990

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  30. Die immer noch einzige empirische Untersuchung zum Thema ist das leider vergriffene Buch von Martin Dannecker und Reimut Reiche, Der gewöhnliche Homosexuelle, Frankfurt 1974

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  31. Starke, K., Friedrich, W.: Sexualität bis 30. Berlin 1984, S.297

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  32. Zwischen Heiner Carows Film “Coming Out” und Bruno Wolthagens Leben gibt es eine sehr wichtige Parallele, nämlich den Versuch der Eltern, gegen die Homosexualität des Sohnes massiv einzuschreiten und dabei auch vor schlimmen Demütigungen nicht zurückzuschrecken (das Bestechen eines Freundes im Film und die Durchleuchtung von Briefen bei Bruno Wolthagen).

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  33. Das schließe ich aus seinen rückblickend beschriebenen Reflexionen an der offenen Mauer am 9. November darüber, daß seine Eltern bereits die zweite “Kehrtwendung” würden machen müssen, der zweiten “Lebenslüge” aufgesessen sind.

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  34. Helm Stierlin geht in seinem Buch “Delegation und Familie” (1982:109) von den Grundbedeutungen lex (Gesetz) und ligare (binden) des Begriffes ‘Delegation’ aus und schreibt: “Diese Bedeutungen beinhalten, daß überdauernde Erwartungen, tiefe Loyalitätsbindungen, starke verinnerlichte Verpflichtungen und Missionen maßgeblich menschliches Verhalten determinieren. Sie wirken auf einer individuellen psychologischen, einer transaktionalen (horizontalen), einer intergenerationellen (vertikalen) und möglicherweise auf einer existentiellen Ebene. Auf der ersten, individualpsychologischen Ebene zeigen sie sich uns als innere Motivationsmuster, Dispositionen oder Organisationsprinzipien des Verhaltens, die eine dynamische Steuerungsfunktion ausüben.”

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  35. Das trifft natürlich nicht nur auf ihn zu, vgl. Grau (in Amendt 1989:216–228) über “Homosexuelle als Soldaten”.

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  36. Vgl. Dannecker/Reiche 1974:23–66 für Verhältnisse in der BRD

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  37. Es gibt ein westliches Beispiel, wo Vergleichbares wie die Vorstellung von ‘politischer Labilität’ einen General, dem Manfred Wörner, damals Nato-Generalsekretär, Homosexualität nur unterstellte, zu Fall und in Unehre brachte: General Kießling. Das kann nur auf dem Hintergrund gesellschaftlicher Verurteilung der Homosexualität funktionieren, nur dann gibt es eine Erpreßbarkeit.

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  38. Vgl. Dominique Fernandez, Der Raub des Ganymed, Freiburg 1992, der mit seiner “Kulturgeschichte der Homosexualität” den Homosexuellen kulturelle Leitbilder geben will, “die sie in ihrem ‘Anderssein’ bestätigen und von der Unsicherheit des Nicht-Normal-Seins befreien sollen.” (Buchklappentext)

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  39. Im folgenden Zitat geht es um mehrere Mädchen und um ‘die’Jungen; im Nachfrageteil wird deutlich, daß es hauptsächlich um ein Mädchen geht, und hier schon wird klar, daß es bei der Kränkung um ihn und nicht ‘die’ Jungen geht.

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  40. Ich hatte ihm erzählt, daß ich an der vorliegenden Dissertation arbeite, aber auch gleichzeitig elf Jahre lang als Fernsehjournalistin gearbeitet habe.

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  41. Unbeschadet dessen, was hier an psychologischen Ausführungen zum Thema ‘Arbeit’ folgt, möchte ich den designierten Bischof von Magdeburg, Pfarrer Axel Noack (derzeit Wolfen), zum West-Ost Unterschied zitieren: “Der Graben ist durch die Wirtschaftslage bestimmt. Das Gefühl, Geld nehmen zu müssen, macht krank auf die Dauer. Man wird sogar zornig auf den, der das Geld gibt. Diese ganzen ABM-Sachen sind für die Leute doch die Fortsetzung der DDR mit anderen Mitteln, wenn sie im Tagebau schippen, wo das auch der Bagger machen könnte. Wenn die wirtschaftliche Lage besser wäre, würde sich ein großer Teil des Ost-West-Konflikts auflösen.” Interview zum Evangelischen Kirchentag in Leipzig, in der Süddeutschen Zeitung vom 18.6. 97, S.11. Noack verweist auf das Sozialwort der Kirchen von 1997.

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  42. Das ist- bei den niedrigen DDR-Gehältern v.a. noch zu dieser Zeit — viel Geld gewesen, und wahrscheinlich bedeutete diese Stelle auch mehr oder andere Steigerungsmöglichkeiten als seine vorhergehende Position.

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  43. Im März 1991 wurde wieder der ursprüngliche Name DFF, also Deutscher Fernsehfunk, angenommen und löste die Bezeichnung ‘Fernsehen der DDR’ ab, vgl. Kap. 5.3.3.

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  44. Durch meine Vorgabe am Telefon, daß ich Interviews mit Journalisten und Journalistinnen der ehemaligen DDR machen möchte, war eine gewisse Konzentration auf den Beruf über die Eingangsfrage hinaus gegeben. Dennoch hatte ich in beiden Situationen das Private und Persönliche immer wieder betont.

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  45. Wie Konrad Elmauer das gesamte DDR-Wert und Bezugssystem (was sich im folgenden noch deutlicher entfaltet) teilt und verkörpert, so spiegelt sich dies auch in seiner Bewertung der verachteten ‘Asozialen’, genannt “Assis”, wider. Wer in der DDR nicht arbeiten wollte (oder aus psychischen Gründen vielleicht auch nicht konnte), wurde zunächst durch Druck der Arbeitskolleginnen dazu veranlaßt. Parteimitglieder oder auch Kolleginnen hatten die Aufgabe, den oder die Betreffenden zur Arbeit abzuholen. Hatte diese Maßnahme keinen Erfolg, so wurden sie kriminalisiert, zu Gefängnisstrafen verurteilt. “Assis” wurden, auch im Zusammenhang mit der Einschätzung von Arbeit, von der hier die Rede ist, verachtet und waren aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Wenn er sich also als “Assi” fühlt, dann ist das in seinem DDR-Wertesystem so ungefähr das Schlimmste, was ihm passieren kann.

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  46. Der Zeitpunkt wird von ihm als Januar 1945 angegeben.

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  47. Hier möchte ich noch einmal wiederholen, daß es mir bei all diesen Deutungen nicht um implizite Vorwürfe geht, daß die Abwehr von Wissen und Gefühlen auch bei Konrad Elmauer eine Grundbedingung des psychischen Überlebens darstellt und daß wir alle mit Abwehr und Notlösungen leben müssen. Auch die Glückskonstruktion ist aus meiner Sicht so eine Überlebenstaktik. Daß der Tod der Mutter verdrängt werden muß, ist besonders einleuchtend. Für die beiden kleinen Kinder muß die blutende sterbende Mutter, die sie im Arm hatte, ein unvorstellbares Erlebnis von Gewalt und ein schrecklicher Schock gewesen sein.

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  48. Damit schildert Konrad Elmauer in seiner Rückerinnerung ein plausibles und gutes Beispiel für die Parteiwerbung, auch für die Art und Weise der Beeinflussung und Manipulation.

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  49. Wobei ich keineswegs in Frage stellen möchte, daß viele heute diese Lippenbekenntnis-Dankbarkeit gerne für ein Stück soziale Sicherheit ableisten würden.

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  50. Diese Fehlleistung, von ihm heute noch belacht, wirft ein Licht auf die inzwischen bekannte Verdrängung der größten Zahl der Opfer des Holocaust in der DDR. Meine Frage (an einer anderen Stelle) danach, wie man mit den Juden in der DDR umgegangen sei, beantwortete er ganz unwirsch damit, daß sie große Pensionen kassiert hätten und die DDR nur dem Staat Israel, der die Araber unterdrückte, nicht viel Geld habe zahlen wollen (vgl dazu Exkurs zum Antifaschismus nach Kap. 4.2).

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  51. Rein formal stimmt das auch. Die tatsächliche Zensur geschah aber durch die sog. Anleitung durch die Agitationskommission (vgl. dazu v.a. Kap. 4.3 und 4.5.3) beim Zentralkomitee und durch nachträgliche schwere Maßregelungen, eventuell Parteistrafen oder -ausschlüsse. Dazu gehörte auch die erzwungene Selbstkritik.

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  52. Die Trennung von Staat und Partei ist auch etwas, das Gerlinde Kollmann (Kap. 8.2) für einen Anspruch der DDR hält.

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  53. Zu diesem Vorgang inhaltlich in den Kapiteln über die vielfältigen Abwicklungen, also 6.1 und 6.2.

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  54. 230 DM pro Sendeminute ist bei den immer kürzer werdenden Beiträgen (1 Minute oder 1.30) miserabel für die ganze Realisation, von der Aquisition bis zur Vertonung, zumal da kurze Beiträge oft genauso viel Arbeit machen wie längere.

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  55. Das hat selbstverständlich auch mit der Beziehung zwischen mir als Interviewerin und den Biographen selbst zu tun, die mir jeweils andere Arten von Kontakt ermöglichten. Nicht jede psychische Struktur ist ja gleich nah oder verständlich für jeweils verschiedene Menschen.

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  56. So unterscheidet Heinz Bude in seinem Aufsatz “Das Ende einer tragischen Gesellschaft” (in Joas/Kohli 1993) die Führungsgeneration der DDR mit Honecker, Mielke, Hager etc. als “Weimarer Generation” mit der prägenden Erfahrung 1918, als die Einheit der Arbeiterklasse zerbrach und die Revolution nicht in ihrem Sinn erfolgreich war, von der “skeptischen Generation” mit Schabowski mit der Erfahrung des Krieges und da v.a. “die Differenz zwischen äußerem Mitmachen und innerer Beteiligung. (ebd. S.273) Dieter Pollack (1994:42, Fußnote 9) formuliert: “Jede Generation hat offenbar ihre prägenden Erfahrungen in diesem System gemacht, die sie von anderen Generationen unterscheidet. So kann man die Aufbaugeneration nach 1945 mit starker DDR-Loyalität deutlich von der durch den Stalinismus geprägten Generation mit hoher Skepsis gegenüber dem System unterscheiden. Ebenso läßt sich eine Generation der 68er ausmachen, die offenbar viel Hoffnung in die im Zusammenhang mit dem Prager Frühling entstandenen demokratischen Aufbrüche gesetzt hatte, sowie eine Generation, deren prägende Erfahrung der kulturelle Neubeginn in der ersten Hälfte der siebziger Jahre und sein Scheitern in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre war, und schließlich eine Generation der Friedensbewegten und der Umweltschützer. Es scheint, daß aufgrund der relativen Homogenität, Geschlossenheit und Immobilität der Gesellschaft die Grenzen zwischen den einzelnen Generationen besonders scharf hervortreten.”

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  57. Vgl. Fritz Schütze (1983:287), der hier den minimalen Vergleich am Beispiel eines interessierenden Phänomens ausführt. Nach seiner Definition müßte beim minimalen Vergleich eine größtmögliche Ähnlichkeit im Hinblich auf dieses Phänomen da sein, beim maximalen zwar noch eine Vergleichsmöglichkeit, jedoch sonst maximale Verschiedenheit. Bei Ricarda Zaunert und Annette Wiedemann sehe ich in einer Reihe psychischer Tiefenstrukturen insgesamt eine große Ähnlichkeit und habe deshalb den Begriff des ‘minimalen Vergleichs’ hier angewandt.

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  58. Im Interview mit Ricarda Zaunert bezeichnen die Pünktchen Pausen, keine Auslassungen meinerseits.

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  59. Vgl. dazu Kapitel 4.5.4 dieser Arbeit — ein großer Teil an Sendezeit für die “Aktuelle Kamera” wurde damit verbracht, daß immer alle Partei- und Regierungsfunktionen der Funktionärinnen der SED genannt werden mußten, die Sendung also verging mit dem Benennen iher Titel.

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  60. Vgl. dazu den Roman “Das Pseudonym” von Axel Oelschlegel, Berlin Leipzig 1988. Es ist der erste und einzige Journalistenroman, in dem das System des DDR-Journalismus kritisiert und die Schuld an der Informationspolitik nicht einzelnen Journalistinnen zugeschoben wird. Die Schuldzuweisung an Einzelne war in nahezu allen anderen Fällen die Möglichkeit, von der Gebrauch gemacht wurde, um überhaupt zu kritisieren, denn natürlich durfte es nicht am System liegen: das System war sakrosankt. Diesen Hinweis wie auch den auf Oelschlegel entnehme ich der ausgezeichneten Arbeit von Stefan Pannen über Journalistinnen und ihr Bild in der DDR-Prosa: “Die Weiterleiter”, Köln 1992, S. 123f In Oelschlegels Roman hält der ‘naive’ Hauptprotagonist Rudolf Rehbein, der nach einigen Berufsjahren an der Sektion Journalistik in Leipzig studiert, dort ein Referat und verweist auf den genialen einfachen Lokalredakteur Hermann Hättner, der “in stiller und einsamer Arbeit all das schon vollbracht habe, worum sich diese Lehr- und Bildungsanstalt seit Jahren...bemüht...Was ich meine, ist der ‘Hundertjährige Redaktionskalender’.., in dem dieser, Lokalredakteur in Bad Bärenwalde, festgehalten hatte, mit welchen Phrasen, die immergleichen Jahrestage und sich wiederholenden Ereignisse zu würdigen waren, deren Aktualität auf nichts anderem basierte, als daß man den entsprechenden Tag des Vorjahres schon längst vergessen hatte.” (Pannen 1992:124)

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  61. An dieser wie auch an der anderen Stelle mit Klammer steht der Name der interviewten Person, den ich aus Gründen der Anonymisierung weglasse.

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  62. Eine Parteistrafe war ein wesentlich schlimmeres Instrument zur Maßregelung, als das Wort glauben macht. Für viele bedeutete sie eine sehr demütigende Form der Entehrung, und sie hatte gravierende Konsequenzen. Die Betroffenen waren von einem ständigen Mißtrauen umgeben, und so schränkte diese Strafe die wenigen unkontrollierten Handlungsspielräume ein. Man stand unter Beobachtung und war in der Pflicht, sich ‘nun zu bewähren’.

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  63. Im Interview gibt es keinen Hinweis auf die im Kapitel Politik und Medien’ im Exkurs zum Antifaschismus (nach Kap. 4.2) beschriebenen antisemitischen Haltungen, Prozesse und Verfolgungen. Damit mag zu tun haben, wenn Ricarda Zaunert — nach Versuchen, die Anfangszeit der DDR anders zu sehen — immer wieder sagt, es sei eigentlich immer schon furchtbar gewesen.

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  64. Vielleicht hat sich da das chronische Underdog-Gefühl des durchschnittlichen DDR-Bürgers gegenüber der Nomenklatur-Tochter geäußert, wie es bei den “Parteisoldaten” so spürbar ist. Andererseits: wenn sie für den Vater ‘passend’ war, konnte sie es vielleicht nirgends anders sein?

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  65. Im folgenden lehne ich mich an die Definition und die Beschreibungen an, die Helm Stierlin von den begriffen ‘Auftrag’ und ‘Delegation’ gegeben hat, z. B. in seinem Buch “Eltern und Kinder”, Frankfurt/Main 1980:65ff.

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  66. Zur systemimmanenten prinzipiellen Unmöglichkeit einer solchen Aufgabe vgl. den Abschnitt “Das Credo der ständigen Veränderung” (Kap. 4.5.8). Ich möchte hinzufügen, daß diese Absicht, nämlich in der Partei über die Partei etwas zu verändern, ganz viele Menschen sicher ehrlich hatten. Bei Menschen wie Annette Wiedemann und Ricarda Zaunert war nur, wegen der Unerbittlichkeit und wegen des Auftrags — so glaube ich — besonders viel damit verbunden.

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  67. Bei dieser Beschreibung geht es mir — wie generell in dieser Arbeit — nicht um diagnostische Kategorien, nicht um die Beschreibung potentieller Krankheitsbilder. Neben der Tatsache, daß so etwas nach einem Interview völlig unmöglich wäre, ich außerdem nach meiner Einschätzung in keinem Fall auf ein manifestes psychisches Krankheitsbild getroffen bin, ist Narzißmus, definiert als Selbstwert oder positive Selbsteinschätzung, für das psychische Oberleben der Menschen unerläßlich. Mir geht es um eine verstehende Annäherung an die Menschen, die ich beschreibe, und wie ich Narzißmus dort verstehe, erläutere ich im Text.

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  68. Vgl. Stefan Pannens Darstellungen des Journalistenromans in der DDR, in “Die Weiterleiter”, Köln 1992, S.56–176

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  69. Kommunale Wohnungsverwaltung

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  70. Der bittere Satz: “Früher regierte die Partei und jetzt das Geld” ist mir eigentlich in der einen oder anderen Form bei allen Journalistinnen begegnet.

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  71. Die sog. Strafrente, d.h. eine Rente mit Rentenminderung, bezogen bis zum Beschluß der Strafaufhebung durch den Bundestag 1996 Personen, deren Arbeit von den maßgebenden Instanzen der alten Bundesrepublik als ‘staatsnah’ eingeschätzt wurde.

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© 1999 Leske + Budrich, Opladen

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Holterman, A. (1999). Die Subjekte. In: Das geteilte Leben. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92313-4_8

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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