Zusammenfassung
Wiedervereinigung war eines der Lieblingswörter des früheren Bundeskanzlers Kohl, der sich so gern als ‚Kanzler der Einheit‘ sah. Gerade im Begriff ‚Wiedervereinigung‘ aber liegt das große Mißverständnis. Er setzt voraus, daß Getrenntes nach der Wieder-Vereinigung das vor der Trennung Vorhandene wieder erstehen läßt. Davon kann im Falle der Vereinigung von DDR und Alt-Bundesrepublik 1990 nach 45-jähriger Teilung keine Rede sein: Die Deutschen lebten in zwei verschiedenen Staaten, mit zwei verschiedenen wirtschaftlichen, politischen, administrativen, ideologischen, juristischen, kulturellen Subsystemen, in zwei diametral entgegengesetzten Welten der Werte und des Alltags. Diese Welten hatten sich im Laufe der Teilung weiter und weiter auseinanderentwickelt, ganz entgegen aller Konvergenztheorie. Organisationsgesellschaft mit gewissen Kennzeichen von Modernisierung die eine1, die kleinere DDR, moderne oder postmoderne Gesellschaft die andere, die größere Alt-BRD. Mögen auch in den Untersuchungen zu Jugendlichen beider Staaten gewisse Individualisierungstendenzen erstaunlich parallel und zur fast gleichen Zeit aufgetreten sein,2 so bleibt doch die Schockerfahrung des überwiegenden Teils der 16 Millionen DDR-Bürgerinnen bestehen, als sie im Lauf der Jahre 90 bis 92 die völlige Umwälzung und Veränderung ihres bisherigen Lebens langsam oder schnell realisierten.
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Literatur
Vgl. Pollack, Kirche in der Organisationsgesellschaft. Stuttgart Berlin Köln 1994
Vgl. Walter Friedrich/Hartmut Griese, Jugend und Jugendforschung in der DDR, Opladen 1991
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© 1999 Leske + Budrich, Opladen
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Holterman, A. (1999). Vereinigung und Teilung: Variationen zum Thema. In: Das geteilte Leben. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92313-4_1
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92313-4_1
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-8100-2309-4
Online ISBN: 978-3-322-92313-4
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