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Die deutsche Migrationspolitik

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Zusammenfassung

Am 26. Mai 1993 kam es zu einer der schwersten Behinderungen der parlamentarischen Arbeit in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Mehrere hundert Organisationen und Initiativen aus der ganzen Bundesrepublik hatten zu Demonstrationen in Bonn aufgerufen. Rund 10 000 Demonstranten blockierten außerhalb der Bannmeile die Zugänge zum Regierungsviertel, um den Parlamentariern den Zugang zum Bundestag zu verwehren. Das Thema der Parlamentssitzung: die Entscheidung über die Änderung des Artikel 16 des Grundgesetzes, des Kerns des deutschen Asylrechts.

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Literatur

  1. Das Gesetz ist seit dem 30.6.1993 in Kraft. Abgedruckt in: Bundesgesetzblatt (BGBl) I 1002.

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  2. Vgl. Gesetz zur Änderung asylverfahren-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.6.1993, in Kraft seit dem 1.7.1993 (im folgenden: Änderungsgesetz), abgedruckt in: BGBl. I 1062.

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  3. Abgedruckt in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.12.1992.

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  4. Die Länder verlangen eine Kostenbeteiligung des Bundes von 50%. Vgl. Jürgen Haberland, Der Asylkompromiß vom 6. Dezember 1992 — ein Jahr danach. in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, Nr. 1, 1994, S. 3–9, hier: S. 4.

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  5. Im Änderungsgesetz vom 30.6.1993 wurden folgende Länder als „Drittstaaten“ festgelegt: Finnland, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz und Tschechische Republik. Vgl. S 26a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG), abgedruckt in: BGBl. I 1062.

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  6. Bulgarien, Ghana, Polen, Rumänien, die Slowakische und Tschechische Republik sowie Ungarn gelten als sichere Herkunftsländer. Vgl. S 29a AsylVfG, abgedruckt in: BGBI. I 1062. Gambia und Senegal wurden bereits auf Beschluß des Bundeskabinetts von der Liste gestrichen.

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  7. Vgl. Übereinkommen vom 15.6.1990 über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft gestellten Asylantrages. Abgedruckt in: Bundestags-Drucksache (BT-Drs.) 12/6485.

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  8. Vgl. Deutsch-Polnisches Abkommen über die Zusammenarbeit hinsichtlich der Auswirkungen von Wanderungsbewegungen vom 7.5.1993, abgedruckt in: Bulletin der Bundesregierung, Nr. 37, 1993, S. 326.

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  9. Vgl. Übereinkommen vom 14.6.1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14.6.1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, abgedruckt in: BGBl. II 1010 und Ubereinkommen zwischen den Schengener Vertragsstaaten und der Republik Polen über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt vom 29. März 1991, abgedruckt in: BGBl. 1993 II 1099.

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  10. Personen, die sich länger als sechs Monate auf dem Hoheitsgebiet einer der Vertragsstaaten aufgehalten haben, brauchen nicht aufgenommen zu werden; die Höchstzahl der Rückübernahmen wurde für 1993 auf 10 000 Personen festgelegt.

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  11. Vgl. Übereinkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizer Bundesrat über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt vom 20.12.1993.

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  12. Bislang galten die Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes, das die Asylbewerber deutschen Hilfeempfängern weitgehend gleichstellte. Durch das neue Asylbewerberleistungsgesetz vom 30.6.1993 wurde der Bedarf von Asylbewerbern an Ernährung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege (ohne Wohnung, Heizung und Hausrat) auf 220 DM bis 360 DM monatlich festgelegt, zuzüglich 40 DM bis 80 DM monatliches Taschengeld.

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  13. Vgl. J. Haberland, Der Asylkompromiß vom 6. Dezember 1992 — ein Jahr danach, S. 6 (Anm. 131).

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  14. Vgl. 5 38 Abs. 2 Satz 2 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes (RuStG) und Änderungsgesetz Art. 3 Nr. 3.

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  15. Vgl. Jürgen Haberland,Der Asylkompromiß vom 6. Dezember 1992 — ein Jahr danach (2. Teil), in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, Nr. 2, 1994, S. 51–59, hier: S. 52.

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  16. Die SPD-geführte Mehrheit des Bundesrates rief während der Umsetzung des Asylkompromisses den Vermittlungsausschuß an, weil sie die Aufnahme von Spätaussiedlern zeitlich befristen wollte. Die hier angegebenen Regelungen entsprechen den Beschlußempfehlungen des Vermittlungsausschusses vom 9.12.1992. Vgl. BT-Drs. 12/3966.

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  17. „Nach S 4 BVFG in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 ist in der Regel Spätaussiedler, wer als deutscher Volkszugehöriger die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 21. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen hat und innerhalb von sechs Monaten seinen ständigen Aufenthalt in Deutschland genommen hat, wenn er zuvor (1.) seit dem B. Mai 1945 oder (2.) nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder (3.) seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des B. Mai 1945 (Nr. 1) oder des 31. März 1952 (Nr. 2) erfüllt, es sei denn, daß Eltern und Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben, seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte. Spätaussiedler ist nach S 4 Abs. 2 BVFG ferner ein deutscher Volkszugehöriger aus den übrigen Aussiedlungsgebieten des S 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG, der die übrigen Voraussetzungen des S 4 Abs. 1 BVFG erfüllt und glaubhaft macht, daß er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen aufgrund seiner deutschen Volkszugehörigkeit unterlag.“ Vgl. J. Haberland, Der Asylkompromiß vom 6. Dezember 1992 - ein Jahr danach (2. Teil), S. 55 f (Anm. 145).

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  18. Vgl. 62a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und Erstes Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21.12.1993 (abgedruckt in BGBl. I 2353).

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  19. Vgl. Erste Verordnung zur Änderung der Anwerbestoppausnahme-Verordnung vom 1.9.1993 (abgedruckt in: BGBl. I 1528) und Verordnung über Aufenthaltsgenehmigungen zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit vom 18.12.1990 (abgedruckt in: BGBl. I 2994).

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  20. Vgl. auch St. Angenendt, Ausländerforschung in Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und inhaltliche Entwicklung eines aktuellen Forschungsbereiches, Frankfurt 1992, S. 150 ff.

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  21. Vgl. Detlef Bischoff/Werner Teubner, Zwischen Einbürgerung und Rückkehr. Ausländerpolitik und Ausländerrecht in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1990, S. 34 f.

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  22. Ulrich Herbert weist darauf hin, daß die Vertriebenen als soziale Gruppe durchaus heterogen waren und sich zum Teil in die deutsche Mittel- und Oberschicht integrieren konnten. Da sie zudem das Wahlrecht besaßen, bildeten sie ein wichtiges Wählerpotential, auf das Politiker aller Parteien Rücksicht nehmen mußten. Auch fiel die Zuwanderung der Vertriebenen in eine Zeit, in der ein großer Teil der angestammten Bevölkerung selbst in Bewegung war - als Spätheimkehrer aus Kriegsgefangenschaft, auf der Suche nach Wohnungen oder Arbeitsplätzen. Vgl. Ulrich Herbert, Geschichte der Ausländerbeschäftigung in Deutschland 1880 bis 1980. Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Bonn 1986, S. 184 ff.

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  23. In der Folge entstanden Verträgen gleichen Musters mit Spanien und Griechenland (1960), der Türkei (1961), Portugal (1964), Tunesien und Marokko (1965) sowie Jugoslawien (1968).

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  24. Klaus J. Bade, Einführung, in: ders. (Hrsg.): Ausländer, Aussiedler, Asyl in der Bundesrepublik Deutschland, Hannover 1992, S. 22 f.

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  25. Vgl. die Übersicht über die politische Diskussion zur Änderung des Art. 16 GG bei Simone Wolken, Das Grundrecht auf Asyl als Gegenstand der Innen- und Rechtspolitik der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt 1988.

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  26. Vgl. auch Ursula Münch, Asylpolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Entwicklung und Alternativen, Opladen 1992, S. 124.

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  27. Dieses Auseinanderklaffen von tatsächlicher und wahrgenommener Problematik ließ viele Beobachter von einer Instrumentalisierung der Asylproblematik sprechen, die von den erheblichen Defiziten bei der Integration der Gastarbeiter und ihrer Familien sowie allgemein von Krisen und Ängsten vor Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot und künftigen Verteilungskämpfen ablenken sollte. Vgl. K. J. Bade,Einführung, S. 24 (Anm. 159).

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  28. Vgl. Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommener Flüchtlinge vom 22.7.1980 (abgedruckt in: BGBI. I 1057) und Änderungsgesetz vom 9.7.1990 (abgedruckt in: BGBl. I 1354).

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  29. Vgl. Konzeption der Bundesregierung zur Lösung der Flüchtlingsproblematik, vorgelegt in der Kabinettssitzung vom 25.9.1990 (abgedruckt in: Bulletin der Bundesregierung, 27.9.1990, S. 1207).

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  30. Vgl. auch St. Angenendt/Andrea Fischer/Mirjana Morokvasic, Les migrations Est-Ouest dans le débat politique et scientifique en France et en Allemagne, in: Revue des études comparatives Est-Ouest, Nr. 2, 1994, S. 135–160.

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  31. Mit der rumänischen Führung unter Nicalae Ceaucescu wurden in den achtziger Jahren Vereinbarungen getroffen, gegen „Kompensationszahlungen für von Rumänien investierte Erziehungs- und Ausbildungskosten“ die vom Regime immer stärker unter Druck gesetzten deutschstämmigen Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben freikaufen zu können. Mit Polen wurde beispielsweise im Warschauer Vertrag vom 18.11.1970 generell die Möglichkeit von Ausreisen vereinbart, 1975 wurde ein Kontingent von Ausreisen festgelegt.

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  32. Vgl. Gesetz zur Regelung des Aufnahmeverfahrens für Aussiedler vom 1.7.1990. Aussiedler sind demnach verpflichtet, ihre Aufnahmeanträge von ihren Herkunftsgebieten aus zu stellen.

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  33. Vgl. Gesetz vom 2.7.1991, abgedruckt in: BGBl. II 798.

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  34. Vgl. Vertrag vom 17.6.1991 über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit, abgedruckt in: BGBl. II 1314.

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  35. Die offiziellen Statistiken geben keinen Aufschluß über den Familiennachzug. Es stehen lediglich Daten zur Zuwanderung von Nicht-Asylbewerbern zur Verfügung. Eine grobe Schätzung wird möglich, wenn von diesen Zuwanderungen die sonstigen legalen Zuwanderungen abgerechnet werden: auszugehen ist für die letzten fünf Jahre mit einem jährlichen Zuzug von 250 000 bis 500 000 Personen. Vgl. St. Angenendt, Zuwanderung und Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung in Deutschland und in OECD-Ländern: Aktuelle Trends (Anm. 2).

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  36. Hierzu liegen selbstverständlich nur stark voneinander abweichende Schätzungen vor, die sich beispielsweise für 1992 zwischen 150 000 und 300 000 Personen bewegen.

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  37. Vgl. zur Übersicht unter anderem Friedrich-Ebert,Stii tung (Hrsg.), Entstehung von Fremdenfeindlichkeit. Die Verantwortung von Politik und Medien, Gesprächskreis Arbeit und Soziales, Nr. 21, Bonn 1993.

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  38. Dies war beispielsweise der Fall in der Berichterstattung über die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg im April 1992, in denen die rechtsradikalen Parteien „Deutsche Volksunion“ (DVU) und die „Republikaner” nach einer massiven Kampagne mit ausländerfeindlichen Slogans mehr Stimmen erhielten, als die traditionelle Rechte jemals zuvor in Deutschland bekommen hatte.

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  39. Auch seriöse Zeitungen wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung verwendeten in der Berichterstattung Begriffe wie „Asylantenflut“ und „Scheinasylant”. Vgl. zur Rolle von Begriffen in dieser Debatte auch Jürgen Link, „Asylanten“ — zur Erfolgsgeschichte eines deutschen Schlagworts, in: Christoph Butterwegge/Siegfried Jäger (Hrsg.): Europa gegen den Rest der Welt?, Köln 1993, S. 111–126.

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  40. Im Juni 1993 waren Asylverfahren für 460 265 Personen anhängig (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.7.1994). Bereits am 26.6.1992 hatten die Regierungsparteien eine Novellierung des Asylrechts unterhalb der verfassungsändernden Ebene beschlossen, die vor allem die Zahl der unbearbeiteten Asylanträge reduzieren sollte. Die Wirkungen dieser Änderungen wurden jedoch nicht mehr abgewartet, die Parteienverhandlungen über den Asylkompromiß wurden abgeschlossen, bevor erste Ergebnisse vorlagen.

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  41. Vgl. zur Übersicht Günter Renner, Asyl- und Ausländerrechtsreform 1993, in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, Nr. 3, 1993, S. 118–128.

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  42. Vgl. Michael Selk, Die Drittstaatenregelung gemäß Art. 16a Abs. 2 GG - eine verfassungswidrige Verfassungsnorm, in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik,Nr. 2, 1994, S. 59–67.

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  43. Vgl. Kay Hailbronner, Die Asylrechtsreform im Grundgesetz, in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, Nr. 3, 1993, S. 107 ff, mit dem Plädoyer, es wäre auch im Interesse schutzbedürftiger Flüchtlinge ehrlicher gewesen, das Asylrecht rechtlich eindeu als staatliches Asylgewährungsrecht zu kennzeichnen, auf die kein allgemeiner individueller Anspruch bestehe.

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  44. Ernst Gottfried Mahrenholz, Vizepräsident des BVerfG, befürchtete im März 1994 eine Blockierung des Gerichts durch Asylverfahren, da als „Frucht des Asylkompromisses“ die Verfahren gegenüber dem Vorjahr um 130 Prozent zugenommen hätten. Vgl. Süddeutsche Zeitung, 7.3.1994.

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  45. Die Kontroversen waren zahlreich. So kritisierte der nordrhein-westfälische Innenminister Heribert Schnoor das „rosige Bild“, das die für die Einschätzung der Regierung entscheidenden Lageberichte des Auswärtigen Amtes von der Situation in der Türkei zeichneten. Die Argumentation von Bundesinnenminister Manfred Kanther war, aus Kurdistan flüchtende Kurden hätten in der Mittel- und der Westtürkei eine inländische Fluchtalternative, da sie dort nicht aus ethnischen Gründen verfolgt würden. Liege hingegen eine begründete individuelle Angst vor politischer Verfolgung vor, sei dies selbstverständlich asylrelevant. Einer Abschiebung von Kurden, die keine politische Verfolgung glaubhaft machen könnten, stände daher nichts entgegen, so Kanther im Nachrichtenmagazin „Tagesthemen” (ARD-Fernsehen) vom 14.7.1994. Der niedersächsische Innenminister Gerhard Glogowski hingegen kritisierte Kanther in schärfster Form, er verhöhne die aus lebensgefährlicher Lage geflüchteten Menschen und versuche, sich zu Lasten der Kurden im rechten politischen Lager zu profilieren. Vgl. Süddeutsche Zeitung,21.-2.5.1994.

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  46. Jeder Einzelfall müsse genau geprüft werden; wenn Folter oder Todesstrafe drohten, dürften abgelehnte kurdische Asylbewerber nicht abgeschoben werden. Vgl. Süddeutsche Zeitung, 11.-12.6.1994.

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  47. wurden von 127 210 Personen Asylanträge gestellt, 1995 von 127 937, also eine Stabilisierung auf dem Niveau von 1987. Diese Entwicklung hat sich auch 1996 fortgesetzt.

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  48. Sie betrug damit 55 Prozent des Vergleichszeitraumes des Jahres 1992. Die Angaben in Zahlen lauten: 1994 87 979 Personen, 1993 110 652 Personen, 1992 160 818 Personen. Vgl. Der Bundesminister des Innern teilt mit, 1.7.1994, S. 2. Zugezogen sind 1992 230 565, 1993 218 888, 1994 222 591, 1995 217 898 und in den ersten zehn Monaten des Jahres 1996 144 468 Aussiedler (vgl. Info-Dienst Deutsche Aussiedler, Nr. 82, August 1996). Für 1997 wird mit etwa 150 000 Personen der niedrigste Aussiedlerzuzug der letzten zehn Jahre erwartet. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.9.1997.

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  49. „Dies zeigt, daß der 1993 über die Parteigrenzen hinweg beschlossene Asylkompromiß ein wirksamer Weg ist, den unkontrollierten Asylbewerberzugang zu begrenzen.“ (Bundesinnenminister Manfred Kanther, in:Das Bundesministerium des Innern teilt mit, 6.6.1994, S. 3). Horst Waffenschmidt, Aussiedlerbeauftragter der Bundesregierung, erklärte, der Rückgang der Antragszahlen von Rußlanddeutschen zeige das Vertrauen dieser Menschen in die Zusage der Bundesregierung, daß das Tor nach Deutschland offen bleibe (vgl.: Das Bundesministerium des Innern teilt mit, 1.6.1994, S. 3).

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  50. Von Juli 1993 bis August 1996 kamen 540 000 neue Asylbewerber nach Deutschland, von denen 1993 1,9%, 1994 4,3% und 1995 4,5% per Flugzeug einreisten (vgl. Hans-Ingo von Pollern, Die Entwicklung der Asylbewerberzahlen 1995, in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, Nr. 2, 1996, S. 86–92, hier: S. 88 und ders., Die Entwicklung der Asylbewerberzahlen im Jahre 1996, S. 90 (Anm. 71).

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  51. Das Bundesinnenministerium ging zwar von einer Reduzierung auch der illegalen Einrei- sen aus, führte aber als Argument lediglich an, daß sich die Zahl der Aufgriffe von illega- len Zuwanderern un Grenzgebiet verringert habe. Innenminister Manfred Kanther gab an, die Zahl der erkannten illegalen Einreisen sei von etwa 35 000 Personen im ersten Halbjahr 1993 auf 19 000 im zweiten Halbjahr 1993 gesunken. Im ersten Halbjahr 1994 habe diese Zahl nur noch 17 246 Personen betragen. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.7.1994.

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  52. Das von der Bundesregierung im Juni 1994 dem Bundestag vorgelegte Bundesgrenzschutzgesetz enthielt erweiterte Befugnisse zur Bekämpfung illegaler Zuwanderungen. Im Dezember 1993 provozierte der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble Proteste unter anderem des Bundesverteidigungsministers Volker Rühe, als er trotz eindeutiger Verfassungswidrigkeit forderte, im Zeitalter weltweiter Wanderungsbewegungen und des internationalen Terrorismus solle man Einsätze der Bundeswehr im Inland erwägen.

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  53. Von Anfang 1992 bis März 1993 wurde die Zahl der Außenstellen des Bundesamtes von 17 auf 48 erhöht, die besetzten Stellen stiegen von etwa 2 000 auf 3 947. 1992 wurden Asylanträge für 216 396 Personen entschieden, 1993 für 513 691 Personen. Im Juni 1993 waren Verfahren für 460 265 Personen anhängig, im Juni 1994 nur noch für 172 498 Personen. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.7.1994.

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  54. Vgl. H.-I. von Pollern, Die Entwicklung der Asylbewerberzahlen im Jahre 1995, S. 90 f (Anm. 187).

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  55. Zum Vergleich: 1996 wurden Entscheidungen für 194 451 Personen getroffen, von denen 126 652 abgelehnt wurden (65%). 1990 wurden 5 583 erfolglose Asylbewerber abgeschoben, 1991 8 232, 1992 10 798 und 1993 36 165 Personen. 1995 hat die Zahl der Abschiebungen abgenommen, auf 21 000 Personen, ein Trend, der sich auch 1996 fortgesetzt hat (13 000). Vgl. H.-I. von Pollern,Die Entwicklung der Asylbewerberzahlen im Jahre 1996, S. 93 f (Anm. 71).

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  56. In den Niederlanden verdoppelte sich beispielsweise die Zahl der Asylsuchenden in den ersten sechs Monaten des Jahres 1994 gegenüber der ersten Jahreshälfte 1993: von 13 400 auf 28 000 Personen. Vgl. Süddeutsche Zeitung, 9.-10.7.1994. Im Juni 1996 gab der polnische Innenminister Siemiatkowski anläßlich der 6. Konferenz des Europarates über Wanderungsfragen an, Polen und die gesamte Region werde zunehmend zum Ziel von Wanderungen aus dem Gebiet der früheren Sowjetunion und aus Asien. Sorgen machten den polnischen Behörden vor allem der Zuzug von illegalen Migranten, deren Zahl auf 50 000 bis 100 000 geschätzt wurde. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.6.1996. Der Leiter des polnischen Migrationsbüros, Tomas Kozlowski, wies aber auf die weitgehende Duldung der illegalen Migranten hin, da auf diese Weise die staatlichen Ausgaben für diese Migranten reduziert werden könnten und zudem die polnischen Unternehmen durch die billigen Arbeitskräfte profitieren würden. Vgl. Land der „Transmigration“, in: Junge Welt, 19.7.1995. Auch die Ukraine, hier stellvertretend für andere Randgebiete der früheren UdSSR angeführt, erfährt zunehmend Zuwanderung von Migranten, die in den Westen weiterwandern wollen. So nahm die Zahl der entdeckten Illegalen von 1 900 im Jahre 1991 auf 70 000 im Jahr 1995 zu, ebenfalls die Zahl der aufgedeckten Schleusungen. Vgl. Olena Malinovska,Migration und Migrationspolitik in der Ukraine nach 1991, In: Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Politik, Nr. 42, 1996, S. 23. Vgl. zum Problem der Transitmigration auch die 1994 vom Migration Information Programme der IOM herausgegebenen Einzelstudien zu Bulgarien, Polen, Ungarn, Rußland, Ukraine und der Tschechischen Republik (Anm. 21).

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  57. Vgl. Michael Shafr, Immigrants, Refugees, and Postcommunism, in: RFE/RL Research Report, Bd. 3, Nr. 23, 1994, S. 7 f;

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  58. Wendy Slater, The Problem of Immigration into Russia, in: RFE/RL Research Report, Bd. 3, Nr. 26, 1994, S. 39–44;

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  59. Ustina Markus, Migration to and from Belarus, in: RFE/RL Research Report, Bd. 3, Nr. 26, 1994, S. 45–47;

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  60. dies., Immigrants in Ukraine, in: RFE/RL Research Report, Bd. 3, Nr. 26, 1994, S. 48–52;

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  61. Kjell Engelbrekt, Bulgaria and the Problem of Immigration, in: RFE/RL Research Report, Bd. 3, Nr. 25, 1994, S. 37–40;

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  62. Michael Shafir, Immigrants in Romania, in: RFE/RL Research Report, Bd. 3, Nr. 25, 1994, S. 41–46.

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  63. Solche Verhandlungen haben beispielsweise Polen mit Weißrußland und der Ukraine, und Ungarn mit Kroatien, Rumänien, Slowenien, Ukraine, der Tschechischen und der Slowakischen Republik geführt.

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  64. Vgl. zur Übersicht Klaus Barwig/Dieter R. Bauer (Hrsg.), Asyl am Heiligen Ort. Sanctuary und Kirchenasyl — Vom Rechtsanspruch zur ethischen Verpflichtung, Ostfildern 1994. 1995 hatten 230 Flüchtlinge in 74 katholischen und evangelischen Gemeinden Zuflucht gefunden. Von denjenigen, die einen Asylfolgeantrag stellten, waren 80% erfolgreich und erhielten eine Anerkennung als politischer Flüchtling. Vgl. Süddeutsche Zeitung, 7.6.1996. 1996 ist nach Angaben des Leipziger Missionswerkes die Zahl der Flüchtlinge, die Kirchenasyl erhalten haben, auf 300 gestiegen. Vgl. Die Tageszeitung, 17.3.1997.

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  65. Die Entscheidung zur Nicht-Thematisierung im Wahlkampf 1994 ist buchstäblich in letzter Minute gefallen: noch im Januar 1994 kündigte der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Michael Glos, an, seine Partei werde im Wahlkampf die Angst vor Überfremdung zum Thema machen. Die Partei wolle Protestwähler und Wahlverweigerer zurückgewinnen, indem sie ohne Tabu alle Themen aufgreifen werde, die den Menschen auf den Nägeln brennen. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.1.1994.

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  66. Vgl. Günter Renner, Was ist vom deutschen Asylrecht geblieben?, in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, Nr. 3, 1996, S. 103–109, hier: S. 104.

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  67. Vgl. hierzu u.a. Christian Joppke, Why Liberal States Accept Unwanted Immigration, Beitrag für die Konferenz „Effects of Policy on Migration Patterns and the Integration of Immigrants“ der Humboldt-Universität Berlin am 1.-2.11.1996 (unveröffentlichtes Manuskript).

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  68. Vgl. G. Renner, Was ist vom deutschen Asylrecht geblieben?, S. 106 (Anm. 198).

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  69. Vgl. zu empirischen Arbeiten über Transit- und temporäre Migration Hedwig Rudolph/Mirjana Morokvasic (Hrsg.), Bridging States and Markets. International Migration in the Early 1990s, Berlin 1993.

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  70. Vgl. die Anregungen zu solchen asyl- und migrationspolitischen Konzepten u.a. von Dietrich Thränhardt,Ein Zuwanderungskonzept für Deutschland am Ende des Jahrhunderts, in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Einwanderungsland Deutschland, Bonn 1992, S. 127–153;

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  71. Luise Drüke/Klaus Weigelt (Hrsg.), Fluchtziel Europa. Strategien für eine neue Flüchtlingspolitik, München 1993;

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  72. Klaus J. Bade (Hrsg.), Das Manifest der 60: Deutschland und die Einwanderung, München 1994;

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  73. Werner Weidenfeld (Hrsg.), Das europäische Einwanderungskonzept, Gütersloh 1994;

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  74. Franz Nuscheler, Internationale Migration, Flucht und Asyl, Opladen 1995 (Teil III);

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  75. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Einwanderungskonzeption für die Bundesrepublik Deutschland, Bonn 1995;

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  76. Michael Wollenschläger, Nationalstaat, Ethnizität und Einwanderungsgesetzgebung in Deutschland, in: Klaus J. Bade (Hrsg), Migration — Ethnizität — Konflikt: Systemfragen und Fallstudien, Osnabrück 1996, S. 431–450.

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Angenendt, S. (1997). Die deutsche Migrationspolitik. In: Deutsche Migrationspolitik im neuen Europa. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92281-6_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92281-6_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-8100-1909-7

  • Online ISBN: 978-3-322-92281-6

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