Zusammenfassung
Seit der großen Eskalationswelle 1991 bis 1993 gehören rechtsextrem bzw. fremdenfeindlich motivierte Übergriffe zum Alltag der ‘vereinigten’ Bundesrepublik.1 Nicht nur in den neuen Bundesländern geraten jugendliche Gruppen durch ihre Überfälle auf Migrantinnen und Flüchtlinge oder durch kollektive Aufmärsche und Musikveranstaltungen in die öffentliche Diskussion. In den Medien werden diese Ereignisse mit stereotypen Bildern martialisch auftretender junger Männer reproduziert, begleitet von hilflosen Erklärungsversuchen, die die Täterinnen entweder als Opfer gesellschaftlicher Veränderungprozesse oder als unverbesserliche Übeltäter einschätzen.
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Literatur
1982 bis 1990 wurden jährlich unter 500 solcher Gewalttaten registriert, 1992 waren es über 2500. Die Zahl nimmt in den Folgejahren zwar wieder ab, aber noch 1996 ist sie dreimal höher als 1989. Es kann festgestellt werden, daß sich rechtsextrem und fremdenfeindlich motivierte Gewalttaten nach der Eskalation zu Beginn der 1990er Jahre auf einem hohen Niveau einpendelten (vgl. Bundesministerium des Innern 1989–1999).
In Anlehnung an Wolfgang Gessenharter verstehe ich Rechtsextremismus wie folgt: “Als rechtsextrem kann man Personen, Organisationen, Gruppen bezeichnen, die autoritäres, antipluralistisches, zivilisationskritisches und nationalistisches Gedankengut vertreten und bei denen zu dieser ‘politischen Philosophie’ noch ein rigides, auf Entweder-Oder-Dichotomien fixiertes Gedankenschema hinzukommt.” (Gessenharter 1981: 399)
Heitmeyer denkt immer beide Möglichkeiten mit: Eine zunehmende Freiheit der Wahl, die aber gleichzeitig auch den Zwang zu wählen bedeutet.
Schon 1983 wurde in einer Sinus-Studie festgestellt (vgl. Sinus-Institut 1983), daß Mädchen die Zuwanderung von Nichtdeutschen stärker begrenzen wollen als Jungen. Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt auch Dieter Roth (vgl. Roth 1989).
Eine scheinbar gelungene Integration sieht Heitmeyer gegeben, wenn sowohl die Berufstätigkeit als auch soziale Kontakte ausschließlich unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt gesehen werden. Eine Tendenz, die er als typische Folge der zunehmenden Kapitalisierung unserer Lebenswelt sieht und mit seiner ‘Instrumentalisierungsthese’ zusammenfaßt (vgl. Heitmeyer u.a. 1992: 595).
Als psychische Gewaltformen bezeichnen Heitmeyer u.a. Verhaltensweisen, die andere abwerten und stigmatisieren (vgl. Heitmeyer u.a. 1995: 70).
Auch dieser Begriff verweist auf eine prinzipielle Entwicklung moderner Gesellschaften. Ausgangspunkt ist die These, daß die Globalisierung die Dichotomie des Eigenen und Fremden auflöst. Fremdheit wird somit zur alltäglichen Erfahrung, wodurch sich das Eigene nicht mehr im Fremden stabilisieren kann. Dies führt zu einer ständigen Verunsicherung des Individuums: “Fremdenfeindlichkeit würde somit radikal auf die Entfremdung des Eigenen verweisen und in der Gewalt gegen Fremde würde der Resonanzboden des ‘Sich-selbst-fremd-Werdens’ mitschwingen.” (Helsper/Wenzel 1995: 18)
Alle Orts- und Personennamen sind anonymisiert.
In Anlehnung an Siegfried Jäger gehe ich vom Vorhandensein eines gesamtgesellschaftlichen Diskurses aus, der die Gesamtheit aller Diskursstränge in sich vereint. Ein Diskursstrang bildet eine “thematische einheitliche Folge im Fluß des gesamten ‘Wissens’ durch die Zeit” (bspw. Einwanderung/Flucht/Asyl; vgl. Jäger 1997: 77).
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Groffmann, A.C. (2001). Einleitung. In: Das unvollendete Drama. Forschung Soziologie, vol 129. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92253-3_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92253-3_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-8100-3007-8
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