Zusammenfassung
In der Geschäftswelt passieren so dramatische Ereignisse nicht, aber das heißt nicht, daß wir keine Parallelen finden können. Die Kontrolle der Pflichterfüllung und rituelle Hinrichtungen sind nicht auf antike afrikanische Königreiche beschränkt: die Nachfolge eines Unternehmensleiters ist nicht ohne eigenes Drama. Wir haben gesehen, wie besonders die Nachfolge von Unternehmern wegen ihrer emotionalen Beteiligung an ihrer Firma zu einem großen Drama werden kann. Aber Führungskräften in Unternehmen der öffentlichen Hand sind Nachfolgeprobleme auch nicht fremd. Die Nachfolge kann eine Periode großer Umwälzungen und Konflikte sein, wenn die Emotionen für den Nachfolger, den Vorgänger und alle anderen Betroffenen heißlaufen. Die Nachfolge an der Spitze kann einen Welleneffekt durch die ganze Organisation haben und einige tiefgreifende und strukturelle Veränderungen nach sich ziehen.
„Wenn der König zu altern beginnt, ist seine magische Stärke bedroht; sie kann schwächer werden, verschwinden oder durch böse Mächte ins Gegenteil verkehrt werden. Deshalb muß das Leben des alternden Königs genommen und seine magische Stärke auf seinen Nachfolger übertragen werden.“ Die Person des Königs ist nur so lange von Bedeutung, wie sie unbeeinträchtigt ist: nur als ein intaktes Gefäß ist sie fähig, die Kräfte der Steigerung zu fassen. Der kleinste Defekt macht ihn seinen Untertanen verdächtig, weil er den Verlust einer ihm anvertrauten Substanz bedeuten kann und somit eine Gefahr für die Wohlfahrt seines Volkes. Die Verfassung dieses Königreichs ist die Verfassung des Königs selbst. Er ist auf einen Zustand seiner Stärke und Gesundheit vereidigt, so wie er war. Ein König, der graue Haare bekommt, dessen Augenlicht nachläßt, der seine Zähne verliert oder impotent wird, wird umgebracht oder muß Selbstmord begehen; entweder nimmt er Gift oder er wird erwürgt. Das sind die gebräuchlichen Todesformen, weil Blutvergießen verboten ist. Manchmal ist die Dauer seiner Herrschaft von Anfang an festgelegt: die Könige von Jukun… herrschten ursprünglich sieben Jahre. Bei den Bambaras bestimmte der neu gewählte König traditionsgemäß die Dauer seiner eigenen Herrschaft selbst. „Ein Baum wollstreifen wurde um den Hals gelegt, und zwei Männer zogen an den beiden Enden in entgegengesetzten Richtungen, während er selbst aus einer Kalebasse so viele Steinchen griff, wie er in seiner Hand halten konnte. Diese zeigten die Anzahl der Jahre, die er regieren und an deren Ende er erwürgt würde.
Elias Canetti, Masse und Macht
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de Vries, M.F.R.K. (1990). Das Nachfolgerspiel. In: Chef-Typen. Gabler Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91713-3_8
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