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Part of the book series: Studien zur Sozialwissenschaft ((SZS))

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Zusammenfassung

Der Parteiveteran erhält Besuch. Besuch wie schon oft: er ist letzter noch lebender Teilnehmer des mitteldeutschen Aufstandes. Das ist bekannt, denn 1955 veröffentlichte er darüber einen Artikel, der nun von allen als Quelle ausgewertet wird. Der Artikel jedoch stimmt nur halb. Der Redakteur hat damals die führende Rolle des Landtagsabgeordneten und späteren KZ-Häftlings Kurt Drägow eingefügt, aber Drägow war zur Zeit des Aufstandes gar nicht im Lande gewesen — wegen einer Erbschaftssache in Breslau, hinterher wegen einer Blinddarmoperation im Krankenhaus. Er, Brasch, hatte damals eine Berichtigung verlangt:

„Fischerwilm hatte den Trupp geführt, aber die Genossen in dieser Sitzung hatten gefragt: Wer war der Genosse Wilhelm Fischer? Nach 1918 war er hier hängengeblieben, er war Matrose bei der Handelsmarine gewesen, also nicht etwa Roter Matrose aus Kiel, da sähe die Sache ja ganz anders aus. Und gegen 1928/29 war er fortgezogen ins Rheinland oder nach Hessen, wer wußte das schon genau. Nichts gegen die Rolle des Genossen W. Fischer, aber man mußte das Feuer aus der Geschichte herausholen und nicht die Asche. Ein klares Bild, ein überschaubares Bild, faßlich für die Jugend, anspornend...“

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Literatur

Zu 1: Zwei Vergangenheiten: Vergangenheitsbewältigung als Problem der Gegenwart

  1. So — neben anderen — in den Werken von Jurij Trifonow und Wladimir Tendrjakow Vgl. hierzu auch: Walfried Hartinger die Fragen und die Antworten unserer Literatur, in: Literatur und Geschichtsbewußtsein, hrsg. v. Manfred Diersch und Walfried Hartinger Berlin und Weimar 1976, S. 45 ff.

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  2. Auf diesen Sachverhalt macht auch ein Historiker aufmerksam: Joachim Streisand, Kulturgeschichte der DDR: Studien zu ihren historischen Grundlagen und ihren Entwicklungsetappen, Köln 1981, S. 200f.

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  3. Vgl. hierzu etwa den Band „Die DDR in der Übergangsperiode“, hrsg. von Ralf Badstübner und Heinz Heitzer Berlin 1979. Neueste Entwicklungen kommentiert Ulrich Neuhäufier-Wespy; Von der Urgesellschaft bis zur SED, Anmerkungen zur „Nationalgeschichte der DDR”, in: DA (16) H. 2/1983, S. 144ff., dort auch weitere Literatur; siehe auch den Beitrag von Günther Heydemann: Zum Problem von Geschichte und Geschichtswissenschaft in beiden deutschen Staaten, im gleichen Heft.

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  4. Zur Debatte um die Begriffe Vaterland und Heimat: vgl. die Beiträge zum V. Philosophie-Kongreß der DDR in: DZPh (27) H. 6/1979: Günter Lange/Manfred Krestel: Heimat und Vaterland; Hainer Weißpflug: Wesen und Rolle des Vaterlandes im Sozialismus; sowie Harald Schliwa: Zur Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins in der DDR, in: DZPh (26), S. 149–162, hier: S. 155

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  5. Ebenda, S. 162

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  6. Auf das Fehlen dieses,Zwischengliedes` hat jüngst Bernd Okun aufmerksam gemacht, vgl. B. Okun: Marxistisch-leninistische Theorie und weltanschauliches Bewußtsein, in: DZPh (31) H. 4/1983, S. 416–427, insbes. S. 419. Zur Frage des Geschichtsbewußtseins vgl. ferner die zahlreichen Untersuchungen, die sich mit Geschichtsbewußtsein und Tradition in der Literatur beschäftigen, so nicht zuletzt die Rede Hermann Kants auf dem VIII. Schriftstellerkongreß: Die Verantwortung des Schriftstellers in den Kämpfen unserer Zeit, in: NDL (26) H. 7/1978, S. 3–29, Zusammenfassend von westlicher Seite: Günther Heydemann Geschichtswissenschaft im geteilten Deutschland, Frankfurt a. M. 1980, insbes. S. 192 ff.

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  7. Kleines politisches Wörterbuch. 3. überarb. Aufl. Berlin 1978, Artikel „Bewußheit“.

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  8. Kleines politisches Wörterbuch, a. a. O., Artikel „gesellschaftliches Bewußtsein“, sowie Schliwa, a. a. O. (Anm. V, 4 )

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  9. Schliwa, a. a. O S. 159

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  10. Vgl. etwa Autoren wie Heiner Müller neuerâings auch Christa Wolf („Kassandra“, 1983) sowie das schon erwähnte,Ausweichen` in phantastische Literatur.

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  11. Demgegenüber ist die Reflexion über die Rolle des Schriftstellers bei Heiduczek selbst noch pathetisch, nicht gebrochen durch Ironie.

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  12. Hinweise auf (und Kritik an) Westberlineinsätzen, z. B. Reimann 74, Becker 73, Neutsch 78, Bastian 76, C. Wolf 74, Strittmatter 80, Schütz 80, Lietz 76

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  13. Wolf Biermanns Lied,gegen die Bescheidenheit’ ist nur scheinbar ein privates Lied. Stimmungen dieser Art finden sich häufiger in den Texten von politischen Liedermachern; vgl. etwa die Veröffentlichungen zu den Festivals des politischen Liedes. Bei Volker Braun klingt die gleiche Wendung noch kämpferischer.

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Zu 2: Vergangene Zeiten 1: Ferne Helden. Weimarer Zeit, Emigration. Widerstand

  1. Neutsch hat sich für diese Traditionen immer interessiert, die in der DDR sonst erst jetzt wieder aufgegriffen werden. Erinnerungen an Max Hölz auch bei *Scbleef 1980 — Erinnerungen an,Karl und Rosa’ noch bei Wander 78, 20 (Lebenslauf Berta H.)

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  2. Wahrscheinlich, weil die gegenwärtige SPD noch als Bedrohung empfunden wird. So wird bei Neutsch der,Aufstand` des 17. Juni in der Siedlung Lerchenschlag, angezettelt durch SPD-Sympathisanten, betont lächerlich gemacht (Neutsch 78, 398 ff.). Vgl. auch Lietz 76, 49 f.

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  3. Vgl. Anmerkung IV, 7

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  4. Vgl. u. a. Reimann 74, 575; *Bartsch 1980; *Heym 1974 und 1979; Plenzdorf 1972, *Brasch 1977

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  5. z. B. bei Strittmatter 1980. Schneider 1976, S. 164 ff., erwähnt den Lebenslauf Ger-harts, eines Mannes, der in seiner Kindheit, da sein Vater im Widerstand arbeitete, in einem Schweizer Internat aufgewachsen war, unterstützt von einem Internationalen Hilfsfonds. Nach dem Krieg kehrte er wieder in die DDR zurück, arbeitete und studierte dort. „Es gab dann eine merkwürdige plötzliche Lücke in seiner Biografie. Er sprach nicht darüber. Die leere Zeit in seiner Biografie, vier Monate Untersuchungshaft, zehn Monate Erzbergbau unter Tage, insgesamt knapp ein und ein Viertel Jahr, hatte mit seiner Kindheit in der Schweiz zu tun und mit dem Geld, von dem er damals gelebt hatte. Nach fünf Jahren kehrte Gerhart wieder in das Ministerium zurück. Was wiegen fünf Jahre?chrw(133)“

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  6. Die Szene ist (wegen der Verspätung) unglaubwürdig. Hedda Zinner war selbst Emigrantin in der Sowjetunion. Vgl. auch bei Strittmatter die Geschichte des Ilja Iljanow, des Freundes aus Moskau, der spurlos verschwunden ist (Strittmatter 80, 201, 522). Erwin Geschonneck hat ebenfalls diese Jahre beschrieben, sehr zurückhaltend; z. B. nach dem Verschwinden von Carola Neher, Isaak Babel dem Schließen der Theater von Tairow und Meyerhold wird resümiert, daß diese Ereignisse eine schlimme, widerspruchsvolle Atmosphäre erzeugten, „die mich sehr verwirrte und oft sehr bedrückte, zumal ich manche Zusammenhänge nicht verstand. Andererseits war ich froh, den deutschen Faschisten entkommen zu sein. Und ich wollte arbeiten, so viel und gut ich konnte...“ E. G.; Meine unruhigen Jahre, in: SF (33) H. 6/1981, S. 1198

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  7. Harry Kampling ein Mann, der als KP-Funktionär erst 1956 in die DDR kam,,benutzt` hier einfach in der Literatur vorgegebene Muster.

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  8. Diese Rückführung von allgemein den Juden zugeschriebenen Verhaltensweisen auf das Erlebnis des Verfolgtseins bildet eine eigene Schicht des Romans.

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  9. Dafür ist allein die literarische Tradition, die insbesondere das Verhalten gegenüber Juden thematisiert hat, wie z. B. Fühmanns Erzählung vom,Judenauto`, schon viel zu bedeutend. Offensichtlich war es aber angesichts der geforderten,Heldendarstellungen` leichter, das Leiden für eine Sache — eines aktiven Widerstandskämpfers — darzustellen, als das bloß passive Geopfertwerden. Auch in den hier angeführten Texten steht meist das Verhalten der Deutschen zur Debatte — nicht jenes der Opfer.

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  10. Vgl. hierzu etwa die außerordentliche DDR-Resonanz von Heinz Knoblochs „Herr Moses in Berlin“, Berlin (DDR) 1979

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Zu 3: Vergangene Zeiten II: Kindheitsmuster

  1. a Vgl. auch die Geschichte der Karen W. bei Tetzner 74, deren Vater Nazi war und für die, zu Schule und Studium zu kommen, fast aussichtslos schien; bezeichnenderweise wurde sie Juristin, die die Kollektivierung der Landwirtschaft durchsetzen half. Bei Christoph Hein Der fremde Freund, 1982, 154 f., die Schocksituation einer eifrigen Schülerin, als sie hört, daß ein von ihr sehr geschätzter Onkel als Denunziant ehemalige SPD-Genossen bei den Nazis anzeigte.

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  2. Auch dies ein in der DDR-Literatur schon früher verwendetes Motiv: In einem Erzählungsband aus den 60er Jahren die Geschichte eines Jungen, der gelegentlich eines KZ-Besuches den Verdacht entwickelt, daß sein Vater, ein ruhiger und unauffälliger Mann, ein berüchtigter SS-Schinder war, und tatsächlich dessen Schuld aufdeckt: Harald Korall: Der zweite Besuch, in: Voranmeldung. Halle 1968. Über das,Beinahe` der Partisanenerschießung als mögliche Tat wird schon in anderen Romanen reflektiert, so bei Knappe (70, 175) oder Christa Wolf (76, 167).

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  3. z. B. bei Knappe 1970, Bastian 76/78; Görlich 74, Noll 79, vgl. dazu das Zitat Kap. V, S. 171 dieser Arbeit (Steinmann).

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  4. Zitiert nach „Kleines politisches Wörterbuch“, a. a. O., (Anm. V, 7) Artikel,Faschismus`

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  5. Ebenda, Artikel,Neofaschismus`.

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  6. Kurt Batt Revolte intern, München 1975, S. 77

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  7. So Alexander Stephan Von Aufenthalten, Hosenknöpfen und Kindheitsmustern: Das Dritte Reich in der jüngsten Prosa der DDR, in: Studies in GDR Culture and Society, Proceedings of the Sixth International Symposium an the German Democratic Republic, Washington 1981, S. 136. Vgl. auch Wolfgang Werth: Mann ohne Gegenwart, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 235, 12.10.77

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  8. Silvia und Dieter Schlenstedt Sehen, Wissen, Erinnern, in: NDL (25) H. 6/1977, S. 105–120, hier: S. 120

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  9. Hans Mayer Der Mut zur Unaufrichtigkeit, in: Der Spiegel, Nr. 16/1977 S. 185 ff., sowie Wolfgang Werth „Wie sind wir so gewordenchrw(133)?“ Zu Christa Wolfs neuem Buch „Kindheitsmuster”, in Süddeutsche Zeitung Nr. 53, 5./6.3.1977.

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Zu 4: Alt und neu

  1. Vgl. die Lebensregeln des Knaben Blach, *Jakobs 78, 10. „Erziehung zum Chorgesang“ lautet auch der Titel des Romans von Helga Schütz (1980)

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  2. Vgl. u. a. Martin Stade Der König und sein Narr, Berlin 1975, Joachim Walther Bewerbung bei Hofe, Berlin 1982, typisch auch die Häufigkeit des Eulenspiegel-Motivs.

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  3. Vgl. Kap. V. 2, S. 170

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  4. Vgl. den Exkurs Kap. II, 7, insbes. S. 79f.

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  5. Hierzu Horst Domdey anläßlich Jakobs’ „Wilhelmsburg“: Das Tradieren autoritärer Strukturen, die Etablierung einer neuen „Aristokratie”, eine aggressive Militärpolitik gegen den südlichen Nachbarn und die Verweigerung elementarer Grundrechte verbinden sich und radikalisieren die Kritik an der Gesellschaftsordnung der DDR; ihre vorgebliche Verpflichtung auf das antifaschistische Erbe wird jetzt prinzipiell in Frage gestellt.“ aus: Horst Domdey Probleme mit der Vergangenheitsbewältigung, Beobachtungen an zwei Romanen von Karl-Heinz Jakobs; in: DDR-Roman und Literaturgesellschaft (Amsterdamer Beiträge zur neueren Germanistik, Bd. 11/12) 1981, S. 113–140, hier: S. 129

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Zu 5: DDR-Geschichte in der Erinnerung: sieben Daten

  1. a Erik Neutsch Es wiederholt sich nichts, in: NDL (30) H. 9/1982, S. 5–59, hier: S. 13. Das Kapitel stellt einen Vorabdruck dar. Der dritte Band des von Neutsch im Parteiauftrag geschriebenen Romanwerks ist erst vor kurzem erschienen, ein Zeichen für interne Schwierigkeiten beim Behandeln heikler Geschichtsthemen?

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  2. Heinrich Mohr Der Aufstand vom 17. Juni als Thema der Literatur in der DDR, in: 17. Juni 1953. Arbeiteraufstand in der DDR, hrsg. von Ilse Spittmann und Karl Wilhelm Fricke Köln 1983 S. 87–111, hier: S. 95, verkennt diesen Text, wenn er meint, daß dies nur eine Psychologisierung darstelle: „Kants nachdenkender Erzähler denkt aber nicht in politischen Kategorien, sondern eben in psychologischen und moralischen: Das Volk hat die Herrschenden enttäuscht; diese werden nun ein strenges und härteres Regime führen auf lange Jahre.“ Hier gilt es — nach Kants Auffassung — nicht zu strafen, sondern Ziele durchzusetzen, für die anscheinend keine andere Möglichkeit als Härte bei der Wahl der Mittel besteht.

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  3. Der gleiche Verdacht wird auch anderswo geäußert, so bei Neutsch 78, 349 und 354; bei * Bartsch 80, 57, bei *Loest 81, 200.

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  4. Es hat in der Tat gewisse Fille von Lynchjustiz gegeben, vgl. hierzu die Gedenksendung der ARD vom 17. Juni 1983. Eine Folterschilderung anläßlich des 17. Juni auch bei Metzkes, 80, 72 (dem Dreher im Autoreparaturwerk wird der Ellbogen in den Schraubstock geklemmt, weil er das Werk verteidigte). Das Einstreuen solcher Berichte läuft auf das gleiche hinaus: es soll Abscheu erweckt werden.

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  5. Das Deutschland-Lied wird in vielen Texten erwähnt, das SA-Lied nur bei Neutsch (78, 367), der die Vermischung vom,Damals` (des Faschismus) und,Jetzt` (der Protestierenden) in vielfachen Wendungen andeutet. Auch bei Neutsch der Verweis auf die schon bei Hermlin herausgestellte,Kommandeuse.

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  6. An diesem Ereignis waren aktiv doch nur wenige beteiligt — viele von ihnen sind alt oder in den Westen gegangen. Hingegen ist seine symbolische Funktion ungeheuer — und weitgehend nur mit ihr setzen sich die Autoren, jeder auf seine Weise, auseinander.

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  7. Für den 17. Juni: Anna Seghers’ „Das Vertrauen“ 1968 und Hermlins „Die Kornmandeuse”, 1966; für den Mauerbau: Christa Wolfs „Der geteilte Himmel“, 1963.

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  8. zumindest im Vergleich zu dem bei Bastian sonst vorherrschenden Hauruck-Stil.

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  9. So der Titel des Lyrikbandes von Uwe Kolbe Berlin und Weimar 1980.

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  10. Zu Recht hat Werner Rossade in seiner ausführlichen Analyse des Romans auf dessen ideologisch höchst bedenklich Züge hingewiesen, vergl. W. Rossade Literatur im Systemwandel, Bern 1982, Bd. 2, S. 560–616, insbes. S. 601 f.

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  11. Laut Schulz 74, 453 wurden dem im 68er Frühling in Prag protestierenden Altkommunisten Hladek die Zähne ausgeschlagen.

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  12. Vgl. hierzu die Bücher von *Kunze 1976, insbes. S. 83, 94 ff., 99; aber auch die Erinnerungen von *Faust 80, oder *Zschorsch 78.

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Zu 6: Erlebte Revolution

  1. Zur Definition des revolutionären Prozesses vgl. das Lehrbuch Dialektischer und Historischer Materialismus, 6. Aufl. Berlin 1979, S. 347 über die sozialistische Revolution als höchsten Typus der sozialen Revolution: „Die bewußte Errichtung der neuen Produktionsverhältnisse und die planmäßige Entwicklung aller sozialistischen Lebensbedingungen unter der Führung der Partei der Arbeiterklasse und des sozialistischen Staates erfordern und mobilisieren ein noch nie dagewesenes historisches Schöpfertum der Volksmassen. Die subjektiven Faktoren des geschichtlichen Fortschritts erfahren mit der sozialistischen Revolution ihre höchste Entfaltung“. Vgl. auch Rolf Badstübner, Antifaschistisch-demokratische Umwälzung — Übergangsperiode — sozialistische Revolution. Theoretisch-methodologische Probleme der Bestimmung des Wesens und des historischen Platzes der antifaschistisch-demokratischen Umwältzung, in: Die DDR in der Übergangsperiode, a. a. O. (Anm. V, 3 ) S. 54–84

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  2. Das ist ein Thema schon von Jakobs’ „Eine Pyramide für mich“ (1972), wird erwähnt auch bei Reimann 72, 352. Die Großbaustelle als Thema: z. B. Braun 72, Otto 76, Koplowitz 77, *Novak 82, Loest 73, Panitz 72, Morgner 74, 50.

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  3. Hierzu Irma Hanke vom neuen Menschen zur sozialistischen Persönlichkeit; a. a. O. (Anm. II, 1)

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  4. Vgl. neben den im Text zitierten Autoren die relativ ähnlichen Beschreibungen auch bei Bastian 78, Sakowski 76, * Jakobs 79. Freundlicher ging es anscheinend nur „Hinter den Bergen“ bei Köhler (76) zu.

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  5. Vgl. Kap. V. 2, S. 172

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  6. E. Panitz Absage an Albert Lachmuth, in: *Auskunft 2, 1978, hrsg. v. Stefan Heym

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  7. Hierzu: Irma Henke Lebensläufe und Berufskarrieren a. a. O. (Anm. II, 1) ins- bes. S. 614 ff.

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  8. vgl. ebenda, S. 618 ff.

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  9. Hinzu kommt die Überheblichkeit der,Pioniere von einst, gespeist aus ihrer damaligen Machtvollkommenheit. Dazu gibt es einige selbstkritische Äußerungen, u. a. bei Strittmatter 80 und Schulz-Semrau 81.

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  10. Loest 78, 104; vgl. auch Reimann 74, 104

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  11. z.B. R. Tetzner 76, Loest 78, Laabs 79, Schirmer 80

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  12. In einer kürzlich veröffentlichten Glosse hat Manfred Jendryschik Brauns Text paraphrasiert: (in: Manfred Jendryschik Der sanfte Mittag, Geschichten und Miniaturen, Leipzig 1983, S. 75). „Nachtrag: Ein Mann namens Braun kehrte nach Hoywoy zurück, nach einem Jahrzehnt, zu dem Bauplatz von damals, und suchte nach bekannten Gesichtern, doch fand er sie nicht. Schwermütig ging er in eine Kneipe, nach fünf sechs Bier und etlichen Klaren fiel ihm ein, wie sehr sich das Land verändert hatte inzwischen, und wie sollten sich nun die Kumpels noch gleichen, ihre Gesichter sich? Da fürchtete er, als er die Straße betrat, einen der alten zu treffen. In der Nacht schreckte er auf; und er fragte sich, was denn aus ihnen geworden sein könnte. Helden! Und was für welche? Oder zierliche Anpasser womöglich, unkenntlich ihren Blicken, den Worten von einst, einzig stolz auf Datsche und Trabi, elektrisch betriebene Petroleumleuchter. Und dahin die heftigen, wilden Gespräche, unrandige Hoffnungen, die Schulterschläge, die stießen voran? Am Morgen ging er noch einmal los, seine Erwartung doppelt, doppelt die Unsicherheit.“ (1979)

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  13. Vgl. z. B. Neutsch 72, Pieske 80, Noll 79, Sakowski 76.

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  14. Auch sie sind erstaunlich verwaschen. Das zeigen auch Definitionen in den offiziellen Wörterbüchern: z. B. „Träger der Revolution sind die Volksmassen, an deren Spitze revolutionäre Klassen stehen“ (Kleines politisches Wörterbuch Berlin, 2. Aufl. 1973, in der überarbeiteten 3. Aufl. von 1978 heißt es dann: „Träger der R. sind in der Regel die Volksmassen...” (allerdings immer bei proletarischen Revolutionen). Die Beschreibung der Elemente der sozialistischen Revolution enthält in nuce das derzeitige Parteiprogramm; die Definition der revolutionären Situation, die dann folgt, geht jedoch wieder von einer Klassenkampfsituation mit einander gegenüberstehenden,Gegnern` aus. Als Voraussetzung des,subjektiven Faktors der Revolution’ werden wiederum stets die gleichen Bedingungen genannt, die für die Phase der Eroberung der Macht galten. Zu den Schwierigkeiten der Formulierung eines adäquaten Revolutionsbegriffs vgl. auch die Diskussion in der Zeitschrift „Sinn und Form“ im Anschluß an Claus Trägers Aufsatz über,Revolution und Literatur bei Marx’ (a. a. O., Anm. II, 23) sowie die Definition des Revolutionären in der Literatur Kap. I1. 7 dieser Arbeit.

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  15. Daß Lyriker und Dramatiker revolutionäre Erwartungen viel unmittelbarer benennen, hängt zweifellos auch mit der gewählten Aussageform zusammen, die weniger an den „Stoff“ der realen Welt gebunden ist. Revolution und Roman, das paßt glaubwürdig nur bei Gladkow zusammen: Fjodor Glad kow, Zement, Berlin (DDR ) 1975.

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Zu 7: Gegenwart ohne Ende: Zukunftsbilder

  1. Die bei Morgner (74) vor allem über die Person des Wenzel Morolf angeführten langfristigen Erwägungen zu zukünftiger Physik entstammen nicht zufällig noch einen Romanentwurf der 60er Jahre.

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  2. Sie kommt besonders in den Kurzgeschichten zum Ausdruck, vgl. z. B. die von Stefan Heym edierte Sammlung, *Auskunft 2’ München 1978, oder auch die Werke eines Autors wie Nowotny.

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  3. Dem Mann, der dies sagt, wird bei Schulz übrigens widersprochen: und zwar von einem alten Mann: „Nicht daß ich einen Plan machen würde, erst dies und dann das (chrw(133)) ich würde tun, wozu ich Lust habe, sofort und unbekümmert um die Folgenchrw(133)“ (Schulz 77, 204)

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  4. Diese Tatsache, daß in derlei Schilderungen ja nicht einfach einem herrschenden Lebensgefühl Ausdruck gegeben wird, wie in jedem westlichen Land als üblich zu erwarten, sondern daß ein öffentlich erzeugtes Bild vom „lachenden Sozialismus“ konterkariert wird, muß im Auge behalten werden.

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  5. Vgl. Kap. VI zum Generationenkonflikt.

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  6. Vgl. das Zitat von Loest Kap. V. 1, S. 166 dieser Arbeit.

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  7. Dies Thema wäre eine eigene Untersuchung wert, die aber den Rahmen dieser Arbeit überschreitet. Den literarisch-geistesgeschichtlichen Aspekt arbeitet sehr gut heraus: Michael Rohrwasser, Das Selbstmordmotiv in der DDR-Literatur, in: Jahrbuch zur Literatur in der DDR, Bd. III, a. a. O. (Anm. I, 74) S. 209–232; er betont dabei eine durchaus nihilistische Komponente. Dagegen ist in den hier untersuchten Romanen zwar häufig eine literarische,Aussage` mit dem Text verbunden, vgl. auch die Kap. V, 2, S. 172 wiedergegebene Erzählung von Zinner (79) und den Selbstmord des Lehrers bei Wolf, 76, 102 (cf. Kap. V. 3, S. 182). Von manchen Selbstmorden wird aber eher beiläufig berichtet: so wenn die Journalistin Dahn den dargestellten Personen eines Bildes nachgeht (,Brigadefeier` von Sighard Gille) und erfährt, daß der Mann, bei dem die Feier veranstaltet wurde, anscheinend Liebeskummer hatte: „Jedenfalls hat er eines Tages Schluß gemacht. Mit sich. (Dahn 80, 54) Auffallend sind die vielen Selbstmorde Jugendlicher und vor allem junger Frauen, die genannt werden, z. B. bei Paschiller (80), Zeplin (80), Wiesigel, Kleine 78, DDR konkret. Sybille Muthesius hat (nach viel Schwierigkeiten) einen Band herausgegeben, der die,Krankheit zum Tode` der eigenen Tochter in Dokument und Bericht nachzeichnet; ein Psychotherapeut (K. Hick) kommentiert am Schluß, es scheine, als ob diese moderne Welt mit ihren vielfältigen Möglichkeiten, aber auch vielfältigen Problemen mit Menschen größerer Sensibilität und Eigenart nichts so recht anzufangen wisse: und sie daher aus Zeitmangel und Unverständnis in eine Außenseiterrolle dränge (Muthesius 81, 540 ).

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  8. Die,Frauenfrage ist zweifellos das Thema, das mit größtem Selbstbewußtsein und daher auch mit großer Direktheit diskutiert wird, vor allem, da sich die vom Staat offiziell progagierten Emanzipationsabsichten mit den Interessen der Frauen bis zu einem gewissen Grade decken. Interessant für die Spielräume der Diskussion sind daher gerade die in der Literatur festzumachenden Grenzbereiche der Nicht-Übereinstimmung, weil sie,Spiel-Räume für Entwicklungen aufzeigen.

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  9. Eine Erzählung von Christine Wolter variiert das Thema: „Ich habe wieder geheiratet“. Zwei Frauen tun sich zusammen, ziehen gemeinsam die Kinder auf, gehen gemeinsam aus. (Wolter 76, 26 ff.). Bei Maxi Wander träumt ein Mädchen (Ute G., Facharbeiterin) von einer Großfamilie (Wander 78) und eine Großfamilie lebt auch in einem alten Haus beim Parteisekretär Bosskow zusammen (Noll 79). Bei Erpenbeck (77, 131 ff.) wird eine Wohngemeinschaft geschildert, wobei gleich falsche Assoziationen zurückgewiesen werden: „Dieses ewige Gequatsche von der Kommune, nur weil ein paar Leute zuviel Westfernsehen sehen! (chrw(133)) bei uns schläft nicht jeder mit jedem, bei uns geht’s ganz gesittet zu.” Das sind alle,alternativen` Familienformen, die in der Literatur vorgestellt werden, bei Morgner (74) bleiben sie dem Ausflug in die Phantastik vorbehalten.

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  10. Vgl. Irma Hanke Die Darstellung der Berufsweltchrw(133) a.a.O. (Anm. IV, 1), S. 614ff. Es sind nur wenige Autoren, die das Thema wiederholt und entschieden aufgreifen, neben Braun und Gratzik vor allem Jakobs (73) und Kleine (78).

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  11. Vgl. hierzu die Reportagen von Schröder (78) und Puschel (80), daneben aber auch Bücher wie die von Ehlers: „Hanna Mahler“, 1980, insbes. S. 193 ff.; und „Königskinder”, Rostock 1981 (mit der Geschichte über die Schäferin Petra), die den Alltag moderner Landwirtschaft beschreiben. Dort auch die Geschichte des Tiftlers Wolfgang, mit den Mühen, die es ihn kostet, „einen Riesenstall auf denselben Stand“ zu bringen, „wie ihn früher ein einzelner Landwirt mit drei, vier ausgesuchten Kühen und ein bißchen individueller Erfahrung zu erreichen vermochte, wenn er dazu auch noch Glück hatte” (Ehlers, Königskinder, 81, 83 und 93). Daß ein Buch wie Sakowskis „Daniel Druskat“ auf Probleme aufmerksam machte, von denen selbst die Landwirtschaftspraktikanten der Hochschule bislang noch nie etwas gehört hatten, erwähnt Puschel (80, 193). Bei de Bruyn (1980, 88) ein harscher Hinweis auf die (in den Augen einer arrivierten Intelligentsia) „Ureinwohner”, „diese pflichttreuen Menschen, die nachts in Schnee und Regen ins übernächste Dorf zur Frühschicht im modernsten aller Rinderställe fuhren, die morgens in Bussen, die sie ins Kombinat beförderten, fest schliefenchrw(133).“

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  12. So sind die von H. Czibulka in NDL (29) 4/81, 39 ff., veröffentlichten Passagen über Atomkraftwerke in der Buchfassung nicht mehr zu finden; hier liegt anscheinend ein strenger Selektionsmechanismus vor (H. Czibulka, Swantow, Halle und Leipzig 1982). Vgl. zur Umweltpolitik neuerdings die sargfältige Studie von Hubertus Knabe Der Mensch mordet sich selbst. Ökologiekritik in der erzählenden DDR-Literatur, in: DA (16) H. 9/1983, S. 954–973.

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  13. Auch bei Schütz (73, 78) noch der Züchtungsoptimismus des gläubig kommunistischen Gärtnerlehrlings Jette: „Sie erzählt von ihrem Beruf. Von der Erziehung der Obstbäume durch vegetative Hybridisation. Mit Geduld kann man alles erreichen, und eines Tages werden bei uns Apfelsinen blühen. Vielleicht auch Zitronen.“ Sieben Jahre später die Trauer über die sich einengende Welt: „Stell dir vor, wenn der Pandion von der Welt verschwände wie der Falke, stell dir vor, den Wanderfalken gibt es nicht mehrchrw(133)” (Schütz 80, 257)

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  14. In dem in der Zeitschrift „Sinn und Form“ mit Günter Kunert geführten Briefwechsel über Umweltfragen weist z. B. Wilhelm Girnus darauf hin, daß man die seriöse Behandlung schwieriger Umweltfragen „aus guten Gründen” Fachleuten in wissenschaftlichen Zeitschriften überlasse, deren Sprache dem einfachen Leser kaum zugänglich sei. (W. Girnus Anläßlich Ritsos, in SF (31) H. 4/1971, S. 855) Eine Art,Kabinettpolitik` gegenüber der Öffentlichkeit also, die Panikmache verhindern soll!

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  15. Zur Debatte um die Position Brezans vgl. die Debatte in „Sinn und Form“ (31) H. 5/ 1979; (32) H. 5/1980; zur Unterdrückung jeglicher Kritik an der Entwicklung der Atomenergie siehe W. Girnus Nachbemerkung der Redaktion zu Claus Trägers Aufsatz,Revolution und Literatur bei Marx’, a. a. O. (Anm. Kap. II, 23)

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  16. Christa Wolf Kassandra. Darmstadt und Neuwied 1983, dies. Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra, Frankfurter Poetik-Vorlesungen, Darmstadt und Neuwied 1983; Irmtraud Morgner Amanda. Ein Hexenroman, Berlin und Weimar 1983. Allerdings findet sich (vgl. den folgenden Abschnitt) schon eine eindeutige Kritik an der Militarisierungsgesinnung der eigenen Gesellschaft, z. B. bei Strittmatter und Fühmann eine apokalyptische Rüstungskritik auch bei *Heym (81, 211 u. 279 f.)

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Zu 8: Fern und nah: andere Länder

  1. bei Neutsch (74, 55) waren es, und zwar einige Zeit nach Kriegsende, die Amerikaner die vergewaltigten.

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  2. so bei Fübmann, bei Gunske (78, 307), bei Metzkes 77, bei Görlich 74.

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  3. Weite des Landes: z. B. in Nolls „Kippenberg“. „Ich bewege mich hier im Kreis der Kollegen und weiß im Grunde nichts von den Menschen in diesem riesigen Land. Aber eines weiß ich schon nach wenigen Tagen: Diese Unendlichkeit des Möglichen setzt im Menschen gewaltige Potenzen frei und bewirkt das Gefühl, unerschöpfliche Möglichkeiten auszuschöpfen und doch immer ganz am Anfang zu sein. Das hebt licht so sehr von der Endzeitstimmung daheim ab, daß sich schon in wenigen Tagen auch der eigene Horizont zu weiten beginnt.” (Noll 79, 267 — Hervorh. I. H.) Russenbesuch: vgl. etwa den in Kap. IV. 7 erwähnten Besuch der Sarbatows, geschildert von M. W. Schulz (75, 431)

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  4. Vgl. Kap. V. 3, S. 178ff.

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  5. Es gibt ein anderes Bild der CSSR: jene Solidarisierungen, von denen bei Steinberg 74, *Jakobs 79, *Kunze 76, *Zschorsch 77, die Rede ist: Unterschriftensammlungen, Blumen für die tschechische Frau, die tschechische Flagge am 21. August zum Gedenken des Einmarsches. Texte wie die von Bradatsch und Licht müssen daher,parallel` gelesen werden, überdecken gewiß auch ein Unbehagen.

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  6. Kurz und mit eindeutiger Kritik an kirchlicher Bindung und Deutschtümelei, mit der der junge Romanheld nichts gemein haben möchte, wird von Joachim Walther (75, 79) ein Besuch bei Siebenbürger Deutschen geschildert.

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  7. Vgl. hierzu Antonia Grunenberg: Träumen und Fliegen. In: Jahrbuch für DDR-Literatur III, a. a. O. (Anm. I, 74) S. 157–184

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  8. Fritz Rudolf Fries hat das zusammengefaßt in einer „Der Fernsehkrieg“ überschriebenen Skizze, die den Vietnamkrieg als Phantom und Matrize schildert, wahrgenommen von den jeweiligen Tanten der Familie, die in verschiedenen westeuropäischen Ländern „in Frieden und Wohlstand” leben, während des Abendbrots, der Abendeinladung; wahrgenommen als eine Nachricht unter anderen: „Aber die Reportagen sind immer nur ganz kurz, reichen pro Bild kaum für Abbeißen und Kauen. Zwischen Käse und Ginger Ale hat man das Ärgste bereits hinter sich.“ (Fries 75, 118) In einer beigefügten Notiz weist Fries darauf hin, daß er die meisten im Text angeführten Zitate westlichen Quellen entnommen habe.

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  9. Bei H. H. Schulz weist eine resolute ältere Großmutter auf die Witze hin, die über die — nach ihrer Meinung untaugliche — Schule erzählt werden: Ein Schulkind steht plärrend auf der Straße, „jemand fragt, wie es heiße, nichts, so geht das. Zuletzt fragt einer, kennst du denn gar keinen Menschen? Doch, sagt das Kind, Corvalan.“ (Schulz 79, 57). Das „Überfütterungssyndrom” — der ständige Hinweis auf die Leiden anderer — scheint ziemlich allgemein zu sein.

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  10. Das ist eine Erfahrung, die schon die Quintessenz von Jakobs’ Afrika-Buch: Wüste kehr wieder (76) ausmacht. Vgl. hierzu Günter Heydemann Fortschritt als Fragwürdigkeit. Zum Problem der Modernisierung in den DDR-Romanen „Flugpasche“ von Monika Maron und „Wüste, kehr wieder, El Had” von Karl-Heinz Jakobs in: Modernisierung versus Sozialismus: Formen und Strategien sozialen Wandels im 20. Jahrhundert., hrsg. v. K. H. Ruffmann und H. Altrichter Erlangen-Nürnberg 1983, S. 287–381

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  11. wie ihn etwa bei Joochen Laabs ein Schriftsteller in der Debatte mit einem Westberliner vertritt (Laabs 79, 162).

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Zu 9: Der Kleine Klaus und der Große Klaus: Das Bild der Bundesrepublik

  1. Weder gab es damals eine Wehrpflicht noch bestehen Zusammenhänge zwischen Studium an Kunsthochschulen und Verhalten in der Bundeswehr; auch der in Knappes Text angeführte „Senat“ von Köln existiert nicht, gegen den der Künstler Kramer wegen eines Auftrages für ein Kriegerdenkmal klagt. Das soll hier nicht aus Beckmesserei vermerkt werden, sondern als Beispiel dafür, daß die meisten Aussagen zur Bundesrepublik auf kargen Informationen zweiter Hand beruhen.

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  2. Häufiger wird der Gegensatz vom geforderten Westberlin-Einsatz (vgl. Anm. V, 12) und dem verbotenen Westberlin-Besuch herausgestellt; die doppelte Moral von ideologieverpflichtetem Anspruch und ideologiebegründetem Verbot. Vgl. hierzu den zentralen Konflikt in Schlesingers „Die Spaltung des Erwin Racholl“ (Schlesinger 77, 99 ).

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  3. Vgl. hierzu neben dem Buch von Knappe die Romane von Bastian (1981), M. W. Schulz (1974), Jakubeit (1979).

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  4. Wolfgang Joho: „Klassentreffen“, Berlin 1969, erschien seither in außerordentlich vielen Auflagen, siehe auch die Erzählung: „Abschied von einer jungen Dame”, in: NDL (26), 1978/H. 2. Auch Kurt David war in der Bundesrepublik, „Der Kunde ist King“ (NDL (26) H. 4, S. 160, beschreibt einen Laden für Orden und Erinnerungsstücke des Dritten Reiches in Essen: nicht nur wäre ein solcher Laden in der DDR verboten, er fände auch keine Kunden; und natürlich gibt es Reportagen über Ereignisse dort, etwa Richard Christs Bericht über die Ruhrfestspiele (Christ 75, 119–136). Diese Literatur ist hier aber ebensowenig einbezogen worden wie etwa Eduard Kleins Abenteuerroman „Nächstes Jahr in Jerusalem”, Berlin (DDR) 1976, der zu einem großen Teil in der Bundesrepublik spielt, oder die sehr lesenswerte Reportage von Claus B. Schröder: Nichts als ein Haufen Steine, Halle und Leipzig 1981, eine Reise in das Hamburg Wolfgang Borcherts.

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  5. Flüchtlingsverbandsprobleme werden mehrfach erwähnt, schon bei Schütz (1972), bei Kant (1972) oder bei Pitschmann (1973) („Die Gärten des Herrn Christ & Co.“)

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  6. Vgl. Kap. V. 3, S. 177f.

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  7. Die Dolmetscherin Eva, die nach Italien ging eines Mannes wegen, hat noch nach Jahren ein ungutes Gefühl gegenüber den Kollegen, die sie verließ (Wolter 79, 69), vgl. auch die Geschichte der Lisbeth P., aus der die Schriftstellerin Roth bei ihrer Lesereise in der Bundesrepublik liest (*Schneider 79, 58 f. und 112 ff.). Die Häufigkeit, mit der das Thema Republikflucht explizit berührt wird, ist ein Indi- kator für seine Brisanz: so unter anderem bei *Brasch, 77, Aderhold 78, Bastian 78, Becker 76, *Becker 78, Braun 75, *Deinert 80, *Faust 79, Floß 79, Fries 75, Fuchs

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  8. Görlich 74, Günther 74, Gunske 78, Joho 70, Hauser 78, Hein 80, Held 78, *Heym

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  9. Heym 77, *Heym 81, Kant 72, Kleine 78, *Kunze 76, Lehmann 80, Neutsch 73, Neutsch 76, Neutsch 78, Reimann 74, Richter 79, Schirmer 80, Schlesinger 77, *Schlesinger 80, *Schleef 80, Schütz 80, Schulz-Semrau 81, Tetzner 74, Trampe 80, Walter 79, *Zschorsch 79.

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  10. Schon bei Reimann 1974, 343 wird eine Frau erwähnt, die jahrelang ein Waisenhaus geleitet hat: „Waisen nicht im üblichen Sinne: die Eltern waren in den Westen gegangen sie hatten ihre Kinder im Stich gelassen wie lästiges Gepäck, manche in einem Wartesaal, manche in der leeren Wohnung, wo sie von Nachbarn gefunden wurden, halbverhungert, wund, im Schmutz....“ Vgl. ferner z. B. Christa Müller (79, 25), Lehmann 1978, 172.

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  11. Vgl. Kap. V. 6, S. 205 ff.

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  12. Als Gegenstück dazu wären die eher zurückhaltenden Schilderungen bei Armin Müller-Stahl zu lesen, der die „Verknotung aus Ohnmacht, Demütigung und Beleidigung, Wut und Bevormundetsein“, die zum Verlassen der Republik führt, eben als unerträglich beschreibt. (*Müller-Stahl 81, 23).

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  13. Vgl. die Schriften etwa von *Deinert, *Faust, *Fuchs, *Zschorsch, *Auerbach/Hinkeldey (in DDR konkret).

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  14. Kritik am Wohltätigkeitsstil des Paketschickens wird mehrfach laut, sehr entschieden z. B. bei Geppert 78, 199. Selten die Erwähnung von Intershops, sie werden auf das Konto „doppelte Moral“ verbucht, z. B. bei Schulz 79

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  15. Vgl. Kap. V. 5, S. 199

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  16. In den Romanen aus den sechziger Jahren spielt üblicherweise die Bundesrepublik noch eine größere Rolle; meist im Sinne des,schlechteren` Deutschland. So schreibt auch Jendryschik noch Geschichten über Verfassungsschützer in der Bundesrepublik: „Der Schatten“ (in: Jendryschik 1967); ein recht amüsant behandeltes Thema auch Heyms (76, 112).

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  17. Die Anziehungskraft der westlichen „weichen Welle“ für die Jugendkultur ist auch ein Thema von Walthers „Ich bin nun mal kein Yogi” (1975).

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  18. Bei Brezan (1976) kehrt die schwedische Enkelin zum sorbischen Großvater zurück.

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  19. Vgl. hierzu auch die Andeutungen bei Knappe (siehe Kap. V. 9, S. 232f.) oderbeiScbulzSemrau (81, 40), wo die Autorin angesichts einer Fernsehsendung mit den Eltern von RAF-Angehörigen zu sinnieren beginnt, wo diese Eltern versagt haben: „Solche schönen jungen Leute — und Anarchisten!“ Bei Schlesinger 1977 wird die Westberliner,Szene` ausführlicher beschrieben (S. 5158); auch hier aber die bleibende Wirkung des Fernsehschirms: „Racholl sah sich auf dem Weg ins Gefängnis, seinen blutüberströmten Kopf schützend zwischen den Händen, zu beiden Seiten Polizisten mit Schlagstöcken und Gesichtsschutz so, wie er es vom Fernsehen in Erinnerung hatte...” (S. 27) Die Szene korrespondiert im übrigen mit seiner Angst, beim Grenzübertritt aus der DDR von den „graugrün Uniformierten“ geschnappt zu werden (S. 12).

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  20. Vgl. Kap. V. 2, S. 172

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  21. Barone“ als vergangene Welt: z. B. in der Geschichte vom Begräbnis der Gräfin bei Kohlhaase (1977) die auch Sakowski (1981) noch einmal aufnimmt. Bei Wogatzki (1977) bildet die im entscheidenden Moment sich wieder im,Klassenkonflikt` auseinanderdividierende Liebe zwischen der Grafentochter und dem Schäfergehilfen den Kern der Fabel. Bei Jakubeit reist ein Schüler als Reisebegleitung in den frühen fünfziger Jahren einmal ins Weserbergland und begegnet dort staunend in einem Park, aus dem er —Privateigentum — vertrieben wird (das ist er nicht gewohnt), „einem Herrn in Bridgeshosen aus feinem Tuch, den mehrere Dienstboten umschwärmten. Dieser Mensch sah völlig anders aus als die im Fach Gegenwartskunde mannigfach beschimpften Schlotbarone, und doch, jetzt wußte Hans-Heinrich, er befand sich in einem ganz anderen Land!” (Jakubeit 79 334)

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  22. Vgl. die Charakteristik bei Kant 72, 74.

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  23. Der Hinweis auf Axen ist (außer gelegentlichen Verweisen auf Pieck in den historischen Romanen, auf Ulbricht (z. B. bei de Bruyn 1089, 101, bei Armin Müller 1979) und einmal auf Sindermann (Steinberg 74, 133) neben der Anspielung auf Selbmann im gleichen Roman eine der seltenen Politikernennungen. Auch Honecker selbst wird kaum erwähnt.

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  24. Hinweise auf das Problem der Westverwandtschaft u. a. bei Schlesinger 77, Kleine 78, Richter 79, Kruschel 76.

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  25. Schulz-Semrau 81, 43, Görlich 78, 180 (vgl. Kap. V. 7, S. 218)

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  26. Vgl. auch die Schilderung des Westberlin-Besuches bei Schulz-Semrau 81, 191 f., dessen Schockwirkung durchaus deutlich wird: von der Konsumwelt bis zur Stadtrundfahrt an die Berliner Mauer, mit der plötzlich so anderen Optik; Empörung über die Grenzsoldaten, Witze über das ZK.

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  27. Der Text Richters wurde sehr unauffällig veröffentlicht, z. B. erwähnt der Klappentext diese in einem Sammelband veröffentlichte Erzählung als einzige nicht.

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  28. Auf die Schwierigkeiten der literarischen Systemverfremdung — denn tatsächlich werden bei Fühmann beide Staaten ja keinesfalls direkt abgebildet — soll hier nicht weiter eingegangen werden; bestimmte Sachverhalte wurden jedenfalls nur sehr vordergründig ins vierte Jahrtausend prolongiert.

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  29. Diese Aspekte dokumentieren neuerdings gründlicher: Horst-Günter Kessler, Jürgen Miermeister: Vom,Großen Knast` ins,Paradies`? DDR-Bürger in der Bundesrepublik. Lebensgeschichten, Reinbek 1983; sowie Gerhard Finn, Liselotte Julius Von Deutschland nach Deutschland, Zur Erfahrung der inneren Übersiedlung (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung Nr. 197) Bonn 1983.

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  30. Vgl. den Eingangstext dieses Abschnitts.

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  31. Das Motiv des „Riß durch die Welt“ findet sich in der Literatur dieser Zeit häufig: nicht nur bei Plenzdorf 1972, der es als Werther-Zitat aufgreift, bei Loest 1981, der sich auf ein J. R. Becher-Zitat bezieht, sondern auch bei Anna Seghers, Heiduczek und anderen Autoren. Ein,Riß` geht immer noch von einer vorherigen,Ganzheit` aus, setzt also die herrschende Vorstellung einer heilen Welt voraus, die zumindest einmal in den Köpfen geherrscht haben muß: — Entfremdung als Schock — nicht als Selbstverständlichkeit der modernen Welt.

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  32. Zuweilen sind sie aber auch dem,cultural lag’ eines in gewissen Bereichen noch langsamer sich vollziehenden Intensivierungsprozesses zu verdanken.

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  33. Vgl. Kap. V. 5, S. 278. Es wäre durchaus lohnend, das Verhalten der mit dem großen Schriftstellerexodus in die Bundesrepublik Gekommenen, vor allem der jüngeren Autoren, unter dieser Perspektive zu untersuchen.

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Zu 10: Zwischenbilanz

  1. Vgl. Murray Edelman Politik als Ritual. Die symbolische Funktion staatlicher Institutionen und politischen Handelns, Frankfurt 1976, S. 4 f.

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  2. Alexander und Margarete Mitscherlich Die Unfähigkeit zu trauern, 13. Aufl. 1980, S. 58.

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  3. Jürgen Habermas Können komplexe Gesellschaften eine vernünftige Identität ausbilden?, in: Dieter Henrich, Jürgen Habermas Zwei Reden. Frankfurt a. M. 1974, S. 2384.

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Hanke, I. (1987). Zur zeitlichen und räumlichen Dimension politischer Erfahrung. In: Alltag und Politik. Zur politischen Kultur einer unpolitischen Gesellschaft. Studien zur Sozialwissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91618-1_5

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