Zusammenfassung
Seit Mitte der 80er Jahre wird — initiiert durch den Sportsoziologen und Lehrstuhlinhaber am Institut für Sportwissenschaften und Motologie der Philipps-Universität Marburg Peter Becker — das Konzept einer körper- und bewegungsbezogenen Sozialen Arbeit entwickelt und verbreitet. Als Vordenker, Begleiter, Berater, Kritiker, Vernetzer, Theoretiker und Publizist steht Peter Becker inzwischen für ein umfangreiches theoretisches und praktisches Gesamtwerk, welches insbesondere in der sozialpädagogischen Praxis des bsj Marburg in den verschiedensten Feldern Sozialer Arbeit entfaltet wurde. Das Wirken Peter Beckers ist insofern unmittelbar mit der Geschichte des bsj verknüpft, die durch ihn inspiriert, qualifiziert und stabilisiert wurde. Ebenso war ihm diese aber immer wieder auch Impuls für seine eigenen wissenschaftlichen Arbeiten und Weiterentwicklungen. Das Konzept der körper- und bewegungsbezogenen Sozialen Arbeit ist somit das Produkt einer gelungenen Symbiose zwischen Theorie und Praxis, zwischen akademischen Sphären und leibhaftiger Sozialarbeit vor Ort — in den Sozialen Brennpunkten, in der offenen Kinder- und Jugendarbeit, Heimen, der Mädchen- und Frauenarbeit, den Psychiatrien, Schulen, Jugendsozialarbeitseinrichtungen, der Behindertenarbeit und den interkulturellen Projekten1. Es ist eine Symbiose zwischen verschiedenartigen Arbeitszugängen, Professionen und Jugendhilfezugängen, die bekanntlich oft genug nur schwer „miteinander können“.
„Der Leib ist Teil der Sozialwelt — wie die Sozialwelt Teil des Leibes. Die in den Lernprozessen vollzogene Einverleibung des Sozialen bildet die Grundlage jener Präsenz in der Sozialwelt, die Voraussetzung gelungenen sozialen Handelns wie der Alltagserfahrung von dieser Welt als fraglos gegebene ist. “ (Pierre Bourdieu)
„Im Alltag von Kindern und Jugendlichen existieren sie, die sozialpädagogische Theoriebildung ignoriert sie und die Praxis von Jugend- und Sozialarbeit verwendet sie — wenn überhaupt — als Instrumente nachmittäglicher Betreuung und Verwahrung. Gemeint sind Körper- und Bewegungsaktivitäten, die, wie wir aus empirischen Studien wissen, im Kranz außerschulischer Tätigkeiten eine zentrale Stelle einnehmen. Die Schule hat die Vielfalt dieser Bewegungsformen in der für sie typischen bürokratischen Orientierung auf die Vermittlung von abprüfbaren Techniken von Sportarten reduziert, und die Jugendarbeit, die nicht in Sportvereinen stattfindet, reduziert die gleiche Vielfalt dadurch, indem sie dem gegenwärtigen Trend zur Erlebnispädagogik offensichtlich so ungeprüft folgt, dass Brenner (1999) sich beklagen kann, die Jugendarbeit habe bei ihrer Faszination gegenüber erlebnispädagogischen Aktivitäten vergessen, ihre Arbeit in einer Bildungskonzeption zu verankern“ (Becker 2000a, 472).
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Becker, P.: Sozialarbeit mit Körper und Bewegung. Theoretische und programmatische Vorbemerkungen zur Entwicklung einer bewegungsbezogenen Sozialarbeit, 3.veränderte Auflage, Frankfurt/M. 1992a
Becker, P.: Aspekte der Marburger Sozialarbeit mit Körper und Bewegung. In: Zeitschrift für Erlebnispädagogik 12(1992)b, Heft 9/10, S. 3–8
Becker, P.: No risk, no fun. Jugendliche Suche nach riskanter Action und eine sozialpädagogische Antwort, unveröffentlichtes Manuskript, Marburg 1994
Becker, P.: Trainieren, Korrigieren oder Riskieren? Zur Rationalität unterschiedlicher Körper-und Bewegungskonzepte in der Jugendarbeit. In: Ders./Schirp, J.: bsj-Jahrbuch 1995, Butzbach 1995, S. 7–22
Becker,P.: Offenheit der Erfahrung. Bewährung im Abenteuer und Selbsttätigkeit im praktischen Tun. Zum Konzept einer körper-und bewegungsorientierten Jugendsozialarbeit. In: neue praxis 30(2000)a, S. 472–485
Becker, P.: Sehnsucht, Abwehr oder Aushalten. Über den Umgang mit Fremden. In: Eckern, M./Schirp, J.: Integration — Desintegration, Butzbach 2000 b, S. 11–17
Becker, P./KocH, J.NIEm, J.: Mit Kopf, Herz und Hand. Ansichten einer Sozialarbeit mit Jugendlichen, Butzbach 1995
Becker, P./Koch, J. (Hrsg.): Was ist normal? Normalitätskonstruktionen in Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie, Weinheim und München 1999
Becker, P./Schlrp, J.: Modernisierung der Jugendhilfe. Zwischen Wirtschaftlichkeit und Qualität. In: Becker, P./Schirp, J.(Hrsg): Umbau der Jugendhilfe. bsj-Jahrbuch 1996, Butzbach 1997
Becker, P./Schirp, J. (Hrsg.): Jugendhilfe und Schule. Zwei Handlungsrationalitäten auf dem Weg zu einer? bsj-Jahrbuch 1999/2000, Münster 2001
Hentig v., H.: Die Schule neu denken, München 1993
Koch, J.: Der riskierte Körper und die Pädagogik. Zur Rolle von Wagnis und Abenteuer bei benachteiligten Jugendlichen. In: Homfeldt, H.-G. (Hrsg.): Erlebnispädagogik — Ge-schichtliches — Räume — Facetten — Kritisches, Baltmannsweiler 1993, S. 57–70
Koch, J.: Abenteuer und Risiko als pädagogische Kategorien. In: sportpädagogik 18 (1994), Heft 5, S. 23–38
Kreft, D.: Jugendhilfe und Sport — oder: Ist Vereinssport Jugendarbeit. In: neue praxis 27(1997), S.337–343
Kreft, D.: Jugendhilfe und Sport. In: Jugendhilfe (2001) Heft 1
Krüger, M.: Sport und Soziale Arbeit. In: Otto, H.-U./Thiersch, H.: Handbuch der Sozialarbeit/Sozialpädagogik, Neuwied und Kriftel 2001, S. 813–819
Rose, L.: Mädchen in Bewegung. Das Modellprojekt zur bewegungs-und körperorientierten Mädchenarbeit. Entwicklungen, Erträge und Grenzen, Butzbach 2000
Neumann, P.: Das Wagnis im Sport, Schorndorf 1999
Schwter, J.: Jugendsport zwischen Cyberspace und Streetstyle, Hamburg 1998
Zinnecker, J.: Die Versportung jugendlicher Körper. In: Brettschneider, W.D. u.a. (Hrsg.): Sport im Alltag von Kindern und Jugendlichen, Schorndorf 1989, S. 133–159
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2003 Leske + Budrich, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Koch, J., Rose, L., Schirp, J., Vieth, J. (2003). Bewegungs- und körperorientierte Ansätze in der Sozialen Arbeit. In: Koch, J., Rose, L., Schirp, J., Vieth, J. (eds) Bewegungs- und körperorientierte Ansätze in der Sozialen Arbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91387-6_1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-91387-6_1
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-8100-3945-3
Online ISBN: 978-3-322-91387-6
eBook Packages: Springer Book Archive