Zusammenfassung
Gegenstand dieser Arbeit ist das interaktive sprachliche Handeln einzelner Gesprächsteilnehmer als Handlungsverlaufskonfiguration ihres und ihrer Partner Handeln in einer jeweiligen Interaktion. Untersucht wird, wie das sprachliche Handeln aller Gesprächsteilnehmer in bezug auf jeweils einen von ihnen systematischen Charakter erhält, sich in rückbezüglicher Weise stabilisiert und fortschreibt und so zu seinem Interaktionsprofil wird.
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Literatur
Dies ist die interaktionstheoretische Grundannahme der Ethnomethodologie (Garfinkel & Sacks 1976; Garfinkel 1967), die als konstitutionslogisches Paradigma der vorliegenden Untersuchung zugrundeliegt; vgl. die Darstellung der Interaktionskonstitutionstheorie in Abschnitt 1.3.
In bezug auf die Analyse verbaler Interaktion haben Kallmeyer & Schütze (1976) diese und andere Ebenen der Interaktionskonstitution unterschieden. Einen Überblick gibt Kallmeyer 1982; s. auch Abschnitt 1.3.
S. Tannen 1984, 1986 und 1990; kritisch zur Idee Tannens eines „genderlect“ als kulturell geprägtes Kommunikationsmuster äußert sich Günthner 1992.
Zu Prinzipien und sprachlichen Mitteln der Verknüpfung geben besonders textlinguistische Arbeiten Aufschluß; dazu Beaugrande & Dressler 1981, Kallmeyer et al. (1977).
Die folgende Aufzählung ist kategorial nicht exklusiv, kann es nicht sein, weil alle genannten Ressourcen ebenen- bzw. bereichskategorial wechselseitig dependent sind und ihre Kategorialität ausschließlich im Rahmen analytischer Fokussierungen bzw. Aspektualisierungen erhalten. Darauf weisen viele sprachwissenschaftliche Untersuchungen wenigstens in Fußnoten hin. Mir scheint diese Interdependenz jedoch kein Dilemma oder gar Skandalon der Sprachwissenschaft zu sein, sondern eine lohnende Aufgabe tiefer anzusetzender sprach- und kommunikationstheoretischer Fundierung. Die hier zur Darstellung gewählte Reihenfolge fußt auf einem — verbreiteten — impliziten aszendent-atomistischen Modell, das ich jedoch theoretisch nicht verteidigen möchte.
Vgl. Ehlich 1979; Wahmhoff & Wenzel 1979.
Vgl. Dorn-Mahler 1988, bes. Kap. 4. und 7.; Selting 1995.
Vgl. Couper-Kuhlen 1993.
Vgl. Beaugrande & Dressler 1981; bes. Abschnitt IV.
Vgl. Engel 1994, bes. Abschnitte 1.7 und 3.1–3.3.
Vgl. Helbig, G. 1992, bes. Kap. III.
Vgl. Eisenberg 1989, bes. Kap 2.; Engel 1991, A.3/4, T.3, S.0–4; Engel 1994, bes. Abschnitte 5. und 6.3.
S. Pike 1982.
Vgl. Lyons 1977, bes. Kap. 9–12; Schwarz & Chur 1993, Kap. 2. und 5.
Vgl. dazu in diskursanalytischer Weiterentwicklung der Sprechakttheorie Austins (1979) und Searles (1971) Wunderlich 1978a bzw. in dialoggrammatischer Hinsicht Weigand 1989.
Dieser Linearisierungszwang schlägt sich auch schon in den einzelnen o.g. analytischen Bereichen nieder, z.B. wenn Kohäsionsausdrücke linearitätsdefiniert sind oder Wortstellungsphänomene zur Unterscheidung von Standard- und Nonstandardsprachverwendungen herangezogen werden können (z.B. Henn-Memmesheimer 1986).
Das scheint von einem konstruktivistischen wahrnehmungspsychologischen Denkmodell als Grundlage seiner Verstehenstheorie herzurühren; s. Nothdurft (i.V.) unter Bezug auf Bühler 1933. Zum Linearisierungszwang im engeren Zusammenhang monologischer Informationsvermittlung s. auch Levelt 1981 und 1989, bes. Kap. 4.4.
Den Gestaltbegriff verwende ich lediglich tentativ zur Charakterisierung von Geschlossenheit, Einheitlichkeit, Einfachheit und Regelmäßigkeit des Untersuchungsphänomens. Zum Gestaltbegriff allgemein s. „Gestalt“ in: Ritter & Gründer; zum Begriff der Gestalt in der Psychologie s. Herrmann 1982b.
Vgl. Spranz-Fogasy & Fleischmann 1993; das Material, das den damaligen Analysen zugrundelag, bildet auch einen Teil des Korpus der vorliegenden Untersuchung; es wird in Abschnitt II.2.3 näher beschrieben. (Ich verwende hier und im folgenden den Ausdruck „familial“, um die Konnotation des Vertraulichen im Ausdruck „familiär“ zu vermeiden.)
S. dazu den Vergleich zweier Gespräche mit derselben Mutter-Tochter-Konstellation aus einer Familie in Abschnitt III.3.
Hierin liegt ein zentraler Unterschied zur soziolinguistischen Konzeptualisierung des Teilnehmerhandelns als Stil. Kohärenz wird dort mit Verweis auf die holistische Qualität von Stil postuliert, gesprächs-intern gilt jedoch Markiertheit gegenüber Unmarkiertheit und insbesondere Stilwechsel bzw. Stilbruch als wesentliches analytisches Zugangskriterium, also geradezu die Instabilität des interaktiven Handelns; vgl. Selting 1989 oder Gumperz, J. & Tannen, D. (1979) sowie die Diskussion des Stilkonzepts in Abschnitt I.2.
Vgl. dazu Kalimeyers Überlegungen zur allmählichen Bedeutungsfestlegung sprachlicher Handlungen inKallmeyer 1981.
„Einmaliges“ ist hier natürlich nicht im emphatischen Sinne von Außerordentlichkeit gemeint, sondern lediglich antinomisch zu Rekurrenz auf das Vorkommen bezogen.
I.S. von Bateson 1981); vgl. dazu Nothdurft 1994a.
„Verankerte Beziehungen“ sind für Goffman unwiderrufliche wechselseitige Bekanntschaften (Goffman 1982: 256).
Ich bezeichne dies als das Individualitätstheorem Goffmans.
Vgl. Duden Wörterbuch 1980.
Vgl. allgemein dazu Bergmann 1994, Ehlich & Rehbein 1986, Heritage 1985, Kallmeyer 1988, Nof-singer 1991 oder Streeck 1983; dort auch weiterführende Literaturangaben.
Das reicht in manchen konversationsanalytischen Arbeiten bis hin zur totalen Entsubjektivierung und Autonomisierung interaktiver Strukturen in hypertrophen Formulierungen wie beispielsweise bei Schegloff: „An ‘organization of repair’ operates in conversation [...]“ (Schegloff et al. (1977): 361).
Z.B. Spranz-Fogasy 1986, Schegloff 1968, Sacks et al. (1974).
S. Sacks 1992.
S. Jefferson 1980, Jefferson & Lee 1981.
Vgl. Kallmeyer & Schütze 1976, Kallmeyer & Schütze 1977.
Eine bibliographische Auswahl solcher Untersuchungen findet sich in Becker-Mrotzek 1992.
S. Kallmeyer 1985, Nothdurft et al. (1994), Nothdurft 1995, Spranz-Fogasy 1986.
S. Spranz-Fogasy & Fleischmann 1993.
S. Nothdurft (i.Dr.a).
S. Kallmeyer 1982 und Kallmeyer & Schütze 1976; ausführliche Erläuterungen s. Abschnitt 1.3.
Vgl. Bühler 1982; Shannon & Weaver 1949. Zur Bedeutung des Ursprungs von wissenschaftlichen Konzeptionen schreibt z.B. Schiffrin für den Zusammenhang von Diskursanalyse: ‘The origin of an approach provides different theoretical and metatheoretical premises that continue to influence assumptions, concepts, and methods“ (Schiffrin 1994: 13).
Einer Sprachbetrachtung, die ihren Gegenstand — die Sprache — nach den ihr eigenen Strukturen erforscht, kann es genügen, den Sprachbenutzer“ allenfalls am Rande ihres Gegenstandsbereichs zu piazieren. Die reduzierteste Fassung von Teilnehmerhandeln findet sich dabei in der Übernahme der beha-vioristischen stimulus-response-Konzeption (Skinner 1957), die noch in neueren sprechakttheoretisch fundierten Konzeptionen der Beziehungsgestaltung mitschwingt (Adamzik 1984 und 1994, Sager 1981). Eine Betrachtungsweise, die die Teilnehmer einer Sprachgemeinschaft als Konstituenten auch der Struktureigenschaften einer Sprache selbst auffaßt, muß jedoch weitergehende konzeptionelle Ansprüche stellen.
Die genannten Konzepte sind vor allem durch Übernahmen der Arbeiten Goffmans (z.B. Goffman 1969, 1971, 1981 und 1982) in die Linguistik eingeflossen (s. z.B. Holly 1979, Levinson 1988).
S. Kallmeyer 1994; Schwitalla 1996; Wolf 1993.
Vgl. Sacks’ Konzeption der „membership categorization device“ (Sacks 1992a).
Für einen Überblick über die heterogene linguistische Sülforschung s. Kallmeyer 1995, Püschel 1991a, Püschel 1991b, Sandig 1995. Hierher gehören auch die Forschungen zu Diskursstrategien, z.B. Gum-perz 1982a und b, Tannen 1984 oder 1986 u.a.
S. Gumbrecht& Pfeiffer 1986.
Allenfalls im Zusammenhang der Einstellungsforschung in der Soziolinguistik; vgl. Dittmar 1973, Giles et al. (1987). Zu Attitüden bzw. traits s. Deprez & Perssons 1987 bzw. Allport 1966.
Für das Rollenkonzept beispielsweise kritisch kommentiert von Habermas: „Die Rollen als solche sind in ihrer Konstellation zu den Rollenträgern konstant gesetzt, als sei der gesellschaftliche Lebenszusammenhang dem Leben der Menschen auf immer die gleiche Weise äußerlich“ (Habermas 1974: 239).
Luckmann 1986.
Diese Formulierung dürfte auf einer Nachlässigkeit beruhen: gemeint kann natürlich nicht die „Kategorie Stil“ sein, sondern ein bestimmter jeweiliger Stil. Auch die folgende Rede von „neu konsti-tutiert“ scheint mir problematisch, handelt es sich doch inhaltlich offenkundig um Reproduktion.
Das gilt natürlich nicht für die analytischen Konzeptionen in den Herkunftsdisziplinen; man denke etwa an Meads sozialpsychologische Analyse der Konstitution von Identität (Mead 1975, bes. Teil III.).
Die Subsumptionslogik dieser Vorgehensweise erinnert an die Diskussion um psychotherapeutische bzw. medizinisch-therapeutische Gesprächsführungsmodelle. Dort wird subsumptionslogische, fallzentrierte Gesprächsführung einer am Patienten als Person orientierten Gesprächsführung gegenübergestellt; vgl. Balint 1965, Rogers 1988; Spranz-Fogasy 1992a.
Dreitzel 1972.
Der Ausdruck „Ich-Identität“ macht auf eine Ungenauigkeit einiger personbezogener sozialwissenschaftlicher Konzeptionen aufmerksam: Während es einmal um die Zuordnung verschiedener sozialer Typiken zu einer Person geht (wie eben bei Ich-Identität), geht es zum anderen oft auch um die Zuordnung bestimmten Handelns zu einer sozialen Typik; nichtsdestotrotz spielen beide Verwendungsweisen meist unreflektiert auf die jeweils andere an. Außer im Zusammenhang der Ich-Identität ist in diesem Abschnitt der zweite Aspekt gemeint.
Dubiel 1976; vgl. auch Dreitzel 1979. Auch Goffmans Arbeiten zu den Konzeptionen von Rolle, Identität, Individuum, Rollendistanz oder Strategie kreisen beharrlich um diesen Problemkomplex (Goffman 1969, 1982, 1973, 1981 und 1970).
Vgl. die konzeptuelle Nähe der Begriffe „Über-Ich“ und „Me“ oder „Ich“ und „I“ in den Ansätzen Freuds und Meads. Auch ist z.B. Erik H. Erikson, der wesentlich zur Entwicklung einer sozialwissenschaftlichen Konzeption der Identität beigetragen hat, psychoanalytisch orientiert und suchte diesen Ansatz um die soziohistorische Dimension zu erweitern; s. Erikson 1976. Vgl. auch die von Döbert Habermas und Nunner-Winkler in ihrer Einleitung beschriebenen Konvergenzen der Theorien Meads, Freuds und Piagets (s. Döbert et al. (1980)).
Goffman 1981.
Ich halte auch Goffmans footing-Konzept nicht für empirisch. Es ist zwar auf jeden Fall (wie z.B. Le-vinson 1988 es sieht) oberflächennäher und anti-integrativer als die anderen genannten Konzepte. Während Levinson es als beteiligungsstrukturrelative Differenzierung des Sprecher-Hörer-Konzepts begreift, ist footing schon bei Goffman analytisch stumpf, da irgendwie „alles“ betreffend, was Person-in-Inter-aktion anlangt [briefl. Hinweis von A. Deppermann].
Zum sozialen Konstitutionscharakter s. allgemein Berger & Luckmann 1980 sowie Mead 1975; im Hinblick auf institutionelles Handeln s. Boden & Zimmermann 1991 (bzgl. „Identitäten“ darin bes. auch Schegloff) und Drew & Heritage 1992. Mit der Vorstellung des sozialen Konstitutionscharakters deckt sich auch die konstitutionslogische Grundannahme der vorliegenden Arbeit; vgl. Abschnitt 1.3.
Vgl. Goffman 1969.
Vgl. Holly 1979, Schwitalla 1996, Wolf 1993; zur interaktiven Aushandlung sozialer Identität s. Schenkein 1978 a.
Kalimeyer 1995: 8.
Darauf bezieht sich die von Garfinkel in Anlehnung an Mannheim (1964) „Methode der dokumentarischen Interpretation“ benannte Doppelcharakteristik sozialen Handelns: „The method consists of treating an actual appearance as ‘the document of, as ‘standing on behalf of a presupposed underlying pattern. Not only is the underlying pattern derived from its individual documentary evidences, but the individual documentary evidences, in their turn, are interpreted on the basis of ‘what is known’ about the underlying pattern. Each is used to elaborate the other“ (Garfinkel 1967: 78; ausführlich dazu: ebda. S.76–103); diese Doppelcharakteristik gilt zunächst für die Teilnehmer sozialer Begegnungen, ist aber auch für den Gesprächsanalytiker der Königsweg zu den Daten.
Dazu schon Humboldt, wenn er im „unabänderlichen Dualismus, [...] die Möglichkeit des Sprechens selbst [...] durch Anrede und Erwiderung bedingt“ ansieht (Humboldt 1973: 25).
Strauss 1974: 97.
Zur Rolle der Sprache bei der Identitätskonstitution s. auch (unter Bezug auf Mead, Habermas und Goffman) Krappmann 1987, Abschnitt 4.
„contextualization cues“ i.S. von Cook-Gumperz & Gumperz 1978.
So beispielsweise Selting 1989. Die Kontextualisierungstheorie, die dort und vielfach anderswo sozio-linguistischen Stil(konstitutions)untersuchungen zugrundeliegt, ist so fast als (implizite) kognitive Theorie zu charakterisieren, wenn kulturelle Typik und dokumentarische Interpretation durch Wissensstrukturen verbürgt sind, die situierte Inferenzleistungen erlauben; was stilistisch in einer Interaktion geschieht, passiert damit zusehends mehr in den Köpfen der Teilnehmer als im positiven Geschehen
selbst und ist daher a priori schon individuell-isolationistischer (vgl. im Überblick Auer 1986, Schmitt 1994; Auer & di Luzio 1992).
Vgl. Schwitalla 1996; Wolf 1993.
Hinnenkamp & Selting 1989a: 10.
Ähnlich auch Kallmeyer 1995 und Sandig 1995.
Dabei muß jedoch die Typik des Handelns vorausgesetzt werden, ihre Bedeutung wird jedoch zumeist als invariant gegenüber ihrer Modalisierung gesehen (z.B. Sandig 1986); anders sieht das die ethnographisch orientierte Stilforschung sensu Gumperz (1982a), für die mit „Unterschieden der Handlungsrealisierung [= Modalisierung; SpF] auch unterschiedliche Bedeutungen und Funktionen verbunden sind“ (Kallmeyer 1995: 6).
Sandig 1995: 28.
Kallmeyer 1995: 3.
Vgl. dazu Tannen & Wallat 1987; darin wird gezeigt, wie sich das Rollenhandeln von Arzt und Mutter eines Kindes bei pädiatrischen Untersuchungen verändert, je nachdem, ob Untersuchung, Anamnese, diagnostische Information oder Beratung die Aktivität ist.
Vgl. z.B. Holly 1979, Schwitalla 1996, Wolf 1993.
Beispielsweise in vielen der in Hinnenkamp & Selting 1989 versammelten Arbeiten, in Kallmeyer 1994 und Kallmeyer 1995, Keim 1995, Schwitalla 1996, Wolf 1993.
S. z.B. Holly 1979, Schwitalla 1996, Selting 1989, Wolf 1993; kritisch dazu Depperman 1993.
Merkmale bedürfen eines Kontextes, in bezug auf den sie „als Merkmale“ hervorstechen; sie werden damit ebenso vom Kontext mitdefiniert, wie sie selbst den Charakter des Kontextes mitbestimmen (vgl. dazu den wechselseitigen Definitionscharakter von Sequenzeinheiten im Sequenzialitätskonzept; erläutert z.B. in Streeck 1983).
Ein vergleichbarer Ansatz im Rahmen einer Konzeption von Selbstdarstellung findet sich in Nothdurft 1988, ist aber bislang nicht weiterentwickelt worden.
Vgl. dazu Kallmeyer 1985, Nothdurft & Spranz-Fogasy 1991 sowie die Überlegungen des folgenden Abschnitts 1.3.
Alle Zitate S. 9.
S. Kallmeyer 1982; dort findet sich auch ein Überblick zu den einzelnen Arbeiten, die in den Zusammenhang dieser Theorie gehören.
S. beispielsweise Selting 1989; es ist jedoch dort und in anderen Arbeiten zum Zusammenhang von Stil und Kontextualisierung oft unklar, welches Verhältnis genau besteht ob Stile kontextualisiert werden, Stile ein drittes kontextualisieren (z.B. Identitäten), Stilisierung eine Form von Kontextualisierung ist, oder spezielle Formen von Kontextualisierung Merkmale eines bestimmten Stils sind [briefl. Hinweis von A. Deppermann].
Einen alternativen Ansatz böte die Theorie der funktionalen Pragmatik bzw. der funktionalpragmatischen Diskursanalyse, die etwa zeitgleich mit der Theorie der Interaktionskonstitution als Weiterentwicklung der Sprechakttheorie entstand und von Ehlich und Rehbein entwickelt worden ist (vgl. z.B. Ehlich & Rehbein 1979, Rehbein 1977; einen Überblick geben Ehlich 1986 und Rehbein 1987). Dort werden die sprachlich realisierten Handlungsmuster als “soziale Tiefenstrukturen“ (Rehbein 1987: 1183) interpretiert und unmittelbar an ihre gesellschaftliche Funktion gebunden (an ihren “Zweck“), der Einzelfall wird damit lediglich als Ausdruck einer analytisch relevanten Struktur i.S. einer “gesellschaftlich ausgearbeiteten allgemeinen Form“ (ebda.) behandelt (die zugleich in mentalisti-scher Konzeptualisierungsweise vorausgesetzt wird). Die von Rehbein als “individual-soziologisches Konzept zur Erfassung von Interaktion“ (ebda.) bezeichnete Theorie der Interaktionskonstitution sensu Kalimeyer und Schütze liegt demgegenüber einer Fragestellung zum individuellen Teilnehmerhandeln naturgemäß näher.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die gesamten bisherigen Arbeiten im Rahmen des Forschungsprogramms. Sie sind bis zum Jahr 1982 zusammengefaßt dargestellt in Kalimeyer 1982 und in einigen Punkten ergänzt z.B. in Kalimeyer 1985 oder Kallmeyer 1988; s. auch Deppennann 1995.
So die Programmatik, wie sie sich in den beiden Hauptwerken der Sprechakttheorie, Austin 1979 und Searle 1971, darstellt.
Umfangreiche Literaturangaben zu den hier und im folgenden genannten Autoren finden sich in Mayer & Weber 1983.
Hymes l968.
Ebda.
Mead 1975.
Garfmkel 1967.
Schütz 1981, Schütz & Luckmann 1979.
Epoché i.S. Husserls (1968).
Vgl. Sacks et al. (1974).
Vgl. z.B. für den Interaktionstyp ‘Beraten’ Kalimeyer 1985, Nothdurft et al. (1994) oder für den Interaktionstyp ‘Schlichtung’ Nothdurft (1995), Nothdurft & Spranz-Fogasy 1991.
Vgl. Spranz-Fogasy 1986.
Vgl. z.B. Goodwin & Goodwin 1987; Nothdurft 1993.
Vgl. z.B. Kalimeyer 1979; Schegloff et al. (1977).
Ein Beispiel dafür bietet die Bestimmung der Normalform einer Widerspruchssequenz in Spranz-Fogasy 1986 (S. 93–96). Die dreischrittige Einheitenfolge: „Behauptung — widersprechen — Bewältigung des Widerspruchs“ erfordert eine Ratifikation der Bewältigung als vierten Schritt; das wird erst und gerade dadurch deutlich, wenn Gesprächsteilnehmer diese Ratifikation verweigern.
Vgl. Nothdurft et al. (1984); darin wird anhand eines informellen, familialen Schlichtungsgesprächs gezeigt, wie die Schlichtungssituation selbst durch die verschiedenen Aktivitäten der Beteiligten zustandekommt. Dabei führen die unterschiedlichen Darstellungen des Sachverhalts durch die Beteiligten zu einer Definition des Sachverhalts „als Konflikt“ (Ebene der Sachverhaltsdarstellung), dies wiederum zu Beteiligten- bzw. Parteiendefinitionen wie Schädiger, Geschädigter und Schlichter (Ebene der sozialen Identitäten und Beziehungen) und weiter zu einer handlungsschematischen Orientierung der Beteiligten auf „Schlichtung“ hin (Ebene der Handlungskonstitution).
Die grundlegende Darstellung findet sich in Sacks et al. (1974). Einen Überblick über die konversationsanalytische Literatur und ihre Rezeption im deutschen Sprachraum geben Bergmann 1981, Henne & Rehbock 1982, Kallmeyer 1988, Streeck 1983 und 1987.
Solche Konstruktionseinheiten können daher auch als „kleinste pragmatische Einheiten“ gefaßt werden; vgl. Spranz-Fogasy 1986: 22–26.
Vgl. Streeck 1983.
Ich behandle hier diese Implikationen von Aktivitäten auf der Ebene der Gesprächsorganisation statt auf der der Handlungskonstitution. Dies korrespondiert mit der deutschsprachigen Rezeption der amerikanischen konversationsanalytischen Arbeiten bei Bergmann (1981 und 1994), Streeck (1983), Kall-meyer & Schütze (1976) usw. Die amerikanische Konversationsanalyse charakterisiert ihre Untersuchungsgegenstände meist als gesprächsorganisatorisch, verfügt dabei jedoch nicht über ein Ebenenmodell; den relevanten Kontrast zur Gesprächsorganisation bilden in deren Literatur Beschreibungs- und Kategorisierungspraktiken.
Engl, misplacement marker; s. Schegloff & Sacks 1973.
Engl, side-sequences; s. Jefferson 1972.
Vgl. Pomerantz 1975, 1978, 1984, Schegloff et al. (1977), Schegloff 1979.
Kotthoff (1993) zeigt jedoch, daß Präferenzen durchaus kontext- bzw. modalitätsabhängig sind und z.B. in Konfliktgesprächen Nichtübereinstimmungen gegenüber Ratifikationen bzw. Zustimmungen präfe-riert sein können.
S. Jefferson 1972.
S. Terasaki 1976; Schegloff 1980.
Vgl. Schegloff 1968, Schegloff & Sacks 1973.
S.Kallmeyer l978.
S. beispielsweise die Untersuchungen zu „formulations“ (Heritage & Watson 1979 und 1980).
Vgl. Kallmeyer & Schütze 1976.
So m.E. immer noch die Annahme dialoggrammatischer Ansätze; vgl. beispielsweise Hundsnurscher 1991, Motsch 1989, Weigand 1989.
Vgl. Kallmeyer 1981.
So ist z.B. die vielfach zur Demonstration von indirekten Sprechhandlungen verwendete Formulierung „Es zieht hier“ (z.B. Wunderlich 1978: 310) in Abhängigkeit von Partnerkonstellation und Situation zugleich Behauptung, Aufforderung (ein Fenster zu schließen) und Begründung der Aufforderung.
Vgl. Nothdurft & Spranz-Fogasy 1991.
Beispielsweise die Unterlassung einer gemeinsamen Problemdefinition oder die Nichtbehandlung des Interaktionsgegenstandes „Entscheidungspräferenz“ in Beratungsgesprächen; vgl. Nothdurft 1984a, Nothdurft 1992.
Vgl. Kalimeyer 1982, Kallmeyer 1985.
Vgl. Nothdurft (1995), Nothdurft & Spranz-Fogasy 1991 (genauer in: Nothdurft 1985a); dazu auch die Beschreibung des Interaktionstyps in Abschnitt II.2.3 dieser Arbeit
Vgl. Spranz-Fogasy & Fleischmann 1993; dazu auch die Beschreibung des Interaktionstyps in Abschnitt II.2.3 dieser Arbeit.
Vgl. Nothdurft 1992, Spranz-Fogasy 1988.
Henne & Rehbock 1982: 89–220.
Kallmeyer 1979.
Vgl. Kallmeyer 1981.
Vgl. Nothdurft & Spranz-Fogasy 1991.
Vgl. Nothdurft & Spranz-Fogasy 1991.
Vgl. z.B. Kallmeyer 1977.
Kallmeyer l982: 14.
Letzteres beispielsweise in sog. Schlüsselwörtern, in denen sich die Bedeutung oder Botschaft eines komplexen Diskussionszusammenhangs kristallisiert; vgl. Nothdurft 1996, Spranz-Fogasy 1992b.
Vgl. Kallmeyer & Schütze 1977; Ehlich 1980.
Vgl. Kallmeyer & Schütze 1977.
Nothdurft bezeichnet den Prozeß der modalen Qualifizierung von Sachverhalten als „Typologisierung“; vgl. Nothdurft 1984a (auch Nothdurft (i.Dr.a)). Herrmann 1985 spricht in diesem Zusammenhang von „Transfonnation“.
Zur Modalisierung und zur Konfiguration von Aushandlungsmustern „des Problems“ in Beratungsgesprächen s. Nothdurft 1984a, zu Beschwerdeschilderungen in ärztlichen Gesprächen Nothdurft 1984b oder 1985 oder zur Konfliktorganisation in Schlichtungsgesprächen Nothdurft (i.Dr.a).
Depperman 1995: 90 unter Bezug auf Davies & Harré 1990.
Vgl. Kalimeyer 1982: 17.
Vgl. zur Exploration Spranz-Fogasy 1987, zur Symptomschilderung Nothdurft 1984b oder 1985.
Auch bei expliziter Thematisierung von Identitäts- und/oder Beziehungsaspekten spiegelt wiederum die Art des Redens Aspekte der Identität und Beziehung wider, die selbst nicht thematisiert werden; vgl. Depperman 1995.
Vgl. Tannen 1986, Tannen 1990; Bateson 1981; Watzlawick et al. (1980).
Zu kulturellen Mißverständnissen s. Gumperz 1982a, Gumperz 1982b; Günthner 1993 (dort auch ausführliche bibliographische Angaben zu diesem Aspekt von Kommunikation).
Vgl. Kallmeyer 1982: 19.
Einen Überblick über Formen, Verfahren und Funktionen von Interaktionsmodalitäten gibt Müller 1984, bes. 106–119, 147–166.
Kallmeyer 1979a: 556.
Schütz 1962–66: 230ff; dazu auch Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen 1981: 220ff.
Goffman 1980.
Man denke beispielsweise an die unbeabsichtigten Folgen gewollter oder ungewollter öffentlicher Äußerungen wie Helmut Kohls Vergleich von Gorbatschow und Goebbels oder der Vergleich Ronald Reagans vom Reich des Bösen mit der damaligen Sowjetunion.
Müller 1984: 119 (Hervorh. von Müller).
Zur Indexikalität sprachlicher Ausdrücke, also der Bedeutungsabhängigkeit „in ihrem Gebrauch durch konkrete Personen in konkreten Kontexten“ (Streeck 1987: 675), s. Garfinkel & Sacks 1976; auch Patzelt 1987.
Kalimeyer & Schütze 1976: 9; die Überlegungen zur Reziprozitätskonstitution decken sich in Teilen mit denen von Habermas 1976 zur universalen Geltungsbasis der Rede, bes. zum Aspekt der Verständlichkeit
Vgl. zu Sozialitätsidealisierungen Schütz 1962–66, auch Garfinkel 1981; zu Basisregeln der Kommunikation s. Cicourel 1976 und 1975.
Reziprozitätskonstitution ist hier einem Paradox unterworfen: Die Fokussierung der Reziprozitätsherstellung gefährdet diese.
Vgl. die Analyse der Normalform einer Widerspruchs-Sequenz in Spranz-Fogasy 1986: 93ff.
Ein wesentücher Bestandteil der interaktionsanalytischen Forschungsstrategien ist es ja, aus der Bewältigung von kritischen Situationen Normalformen der Kommunikation und Normalfonnerwartungen der Gesellschaftsmitglieder zu rekonstruieren. Dies zeigt sich z.B. in der unübersehbaren Fülle von Anekdoten mit „experimentum crucis“-Charakter (Goffman 1980: 24) im Werk Goffmans, in dem auf der Analyse von Mißverständnissen beruhenden Vorgehen in der Ethnographie des Sprechens (z.B. Gum-perz & Tannen 1979) und reicht bis hin zur Konstruktion und Durchführung von „Krisenexperimenten“ (engl, breaching experiments), wie sie bes. Garfinkel in den 50er Jahren durchführte; vgl. Garfinkel 1963 und 1967. Vgl. zu Renormalisierungsformen auch bes. Kalimeyer 1979.
Vgl. die Darstellung des Gesprächskorpus in Abschnitt II.2.3.
Das wird beispielsweise durch die Etablierung einer logisch-ontologischen Kontiguitätsebene dokumentiert, deren Indikatoren kausale, adversative oder konditionale Konjunktionen sind; zu diesem Zusammenhang von Kontiguität und Modalitäten der Themenbehandlung s. Müller 1984: 147–166.
Zur Funktion von Kompetenz und Vertrauen in Beratungsgesprächen s. Nothdurft 1994.
I.S. einer mittlerweile gängigen Übertragung der tagmemischen Kategorie des slots auf pragmatische Zusammenhänge; s. Pike 1982.
Zur Funktion und Bearbeitung von Perspektivendivergenzen in Beratungsgesprächen s. Schröder 1994.
„The reality is the process“, Whitehead 1967: 72; zur Kosmologie Whiteheads s. Whitehead 1984; ähnlich grundlegend interpretiert Heidegger (1976) im Rahmen seiner Existenzial-Ontologie Sein als Zeit. In der neueren theoretischen Physik kommt mit der („Großen Vereinheitlichten“) Superstringt-heorie, als dem Versuch einer einheitlichen Welterklärung, Schwingungen, also ebenfalls einem Pro-zeßphänomen, zentrale Funktion zu (vgl. Gell-Mann 1994, bes. Kap. 14).
Whitehead 1984: 63.
Whitehead 1984:390.
Vgl. Saner (1986), der im Zusammenhang der Frage nach Identität physikalische, metaphysische und personale Identität behandelt und postuüert: „Schon bei Artefakten schließen Räumlichkeit und Zeitlichkeit, streng genommen, Identität aus. Für alles Reale gilt vielmehr: A ist nicht A“ (40).
Vgl. Nothdurft (1994a: 1): „Es hat eine spezifische Bedeutung, wenn ich auch beim dritten mal auf eine Frage nicht geantwortet habe, die sich nicht auf das einzelne Nicht-Geantwortet-Haben zurückführen läßt“. In seinen „Überlegungen zu einer Theorie des Gesprächsprozesses“ knüpft Nothdurft an die Überlegung Humboldts an, daß die Flüchtigkeit des Sprechens durch den Prozeß selbst, durch seine objektivierende Wirkung aufgehoben wird (vgl. Humboldt 1963, weiterführend Zumthor 1989). Ähnlich auch Ricoeur: „eine Handlung [löst] sich vom Handelnden und bringt ihre eigenen Konsequenzen hervor“ (Ricoeur 1978: 95; für Ricoeur konstituiert sich gerade in dieser „Autonomisierung der menschlichen Handlung [...] die soziale Dimension der Handlung“ (ebda.). Vgl. auch Abschnitt IV.3.3 dieser Arbeit).
Vgl. Nothdurfts Kritik an den gesprächsanalytischen Konzepten der „Sequenzialität“ und des „Accomplishment“ (Nothdurft 1994a). Das Konzept der Sequenzialität wird als Prozeßkonzept von Gesprächsanalytikern zurecht als Fortschritt gegenüber sprechakttheoretischen und anderen handlungs-bzw. kommunikationstheoretischen Ansätzen dargestellt; doch ist es zum einen auf nur wenige Sequenzeinheiten beschränkt und daher für makroanalytische Gesprächsentwicklungen unbrauchbar, zum anderen liegt das Augenmerk ausschließlich auf den konstitutiven Handlungsverpflichtungen innerhalb von Sequenzen und blendet daher andere prozeßkonstitutive Mechanismen aus (vgl. dazu die verschiedenen Arbeiten von Sacks, Schegloff und Jefferson zu Sequenzialisierungsphänomenen). Auch das Konzept des Accomplishment betrachtet interaktives Geschehen als sich in der Zeit konstituierend, verkürzt jedoch diese Dimension auf die Resultate von Prozessen, wenn Sinngebungsverfahren lediglich als ordnungslogische Relationen von lokalen Prozessen rekonstruiert werden (vgl. Garfinkel & Sacks 1976; andeutungsweise spiegelt sich die Prozeß-Produkt-Ambivalenz des Konzepts bereits in den verschiedenen, als gleichwertig angegebenen Übersetzungsmöglichkeiten: „Vollendung; Erfüllung, Durchführung, Realisierung; vollendete Arbeit f, Werk n; Leistung“ (Schöffler 1983). Ein weiteres problematisches Moment bei diesem Konzept scheint mir die beinahe intentionalistische Perspektive auf das Teilnehmerhandeln zu sein: sie gelten als auf der Höhe ihres Tuns; dabei wird übersehen, daß es eine ganze Reihe von Prozeßereignissen gibt, die über das Handeln von Interaktionsteilnehmern hinaus eine eigene Dynamik entwickeln, die zwar von ihnen produziert, jedoch nicht kontrolliert wird.
Vgl. dazu Franck 1989; Franck stellt darin grundsätzliche „Überlegungen zu einer reflexiven, prozeß-orientierten Gesprächsanalyse“ an (so der Untertitel ihrer Arbeit). Sie problematisiert dabei vor allem die Differenz zwischen der Flüchtigkeit des Interaktionsgeschehens und der „Aggregatszustandsverän-derung“ durch mediale Verfügbarmachung (AudioWideoaufzeichnung, Transkription). Gesprächsanalyse sieht sie danach eher als eine „Schule des Hörens“ (166).
Vgl. Sacks et al. (1974).
Vgl. Pomerantz 1975, 1978 und 1984.
Vgl. Schegloff et al. (1977).
Die Pointe eines Witzes an den Anfang einer Witzerzählung zu stellen wäre witzlos.
Diese Charakteristik fehlt weitgehend in den Darstellungen der funktionalen Diskursanalyse sensu Eh-lich und Rehbein (vgl. z.B. Ehlich & Rehbein 1979). Sprachliche Handlungsmuster werden dort vorausgesetzt und in der durch die “Wirklichkeitsstruktur [...] konstituiert[en ...] zeitliche[nl Struktur“ lediglich “abgearbeitet“ (ebda.: 253f). Das hat seinen Grund u.a. darin, daß sprachliche Realisierung als bloße “Oberfläche“ betrachtet wird, der analytisch relevante Gesetzmäßigkeiten unterlegt sind; die Oberfläche selbst hat so keinen interaktionskonstitutiven Wert.
Kallmeyer 1982: 13 unter Bezug auf Kalimeyer 1981: 97ff.
Kallmeyer 1982:7.
Schütze 1987: 162.
a.a.O: 161.
Schütze 1987: 160 unter Bezug auf das Schnittstellenkonzept sensu Bayer 1984.
Dies entspricht dem Postulat Bergsons, die „Wirklichkeit [zu] unterteil[en] mit Rücksicht auf ihre natürliche Gliederung“ (Bergson 1934: 238) und seinen Überlegungen zu einem Konzept von Dauer (Bergson 1922); s. dazu auch unter Bezug auf Bergson und Husserl die Überlegungen zum sinnhaften Erlebnis bei Schütz (1981, Zweiter Abschnitt: Die Konstitution des sinnhaften Erlebnisses in der je eigenen Dauer (62–136)); auch Oevermann konzipiert “soziale Zeit“ als Handlungszeit, die keine “spezifische Aggregierung oder Anordnung physikalischer Zeit“ darstellt (Oevermann 1992: 323). Mit der Bereitstellung einer qualitativen Zeitperspektive überschreiten Kallmeyer und Schütze auch prinzipiell die bloß lineare Sichtweise im Sequenzialitätskonzept der Konversationsanalyse.
So stellen z.B. simultane Anforderungen auf verschiedenen Ebenen Gesprächsteilnehmer oft vor ein Bearbeitungsdilemma, was die Reihenfolge anlangt. In Mehrpersongesprächen können für einen Teilnehmer auch durch die Aktivitäten mehrerer seiner Partner zum Zeitpunkt seiner Redeübernahme simultane Anforderungen auf gleicher Ebene entstehen, deren sukzessive Bearbeitung unvermeidbar den Vorwurf falscher Gewichtung oder gar der Vernachlässigung nach sich ziehen kann (vgl. Abschnitte IV.2.1 und bes.IV.3.3).
Tannen 1989: 47ff. Zum Unterschied von Textverknüpfung (auf der Textoberfläche) und Textkohärenz (als tiefenstrukturellem Sinnzusammenhang) s. Beaugrande & Dressler 1981.
Die Ausdrücke „chorisch“ bzw. „fugar sind im musikalischen Sinne gemeint, als gleichzeitiger Ablauf bzw. in einer fugenartig systematisch geregelten Folge gleicher sprachlicher Aktivitäten; vgl. Schwitalla 1993: 83ff.
Nothdurft 1984a: 49ff.
Spranz-Fogasy 1986: 47ff.
S. Abschnitt 1.2.
Es werden damit also „Eigenschaften und Funktionen des Kommunikationsprozesses“ in den Mittelpunkt gerückt, wie Juchem (1989: 10f) in der Fortführung Ungeheuerscher Überlegungen zu einer systematischen Kommunikationstheorie formuliert, „Eigenschaften nicht der Sprache, sondern des Sprechens“.
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Spranz-Fogasy, T. (1997). Der Zusammenhang. In: Interaktionsprofile. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90493-5_1
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