Zusammenfassung
Man muß der Illusion einer unilinearen Wissensakkumulation nicht ein weiteres Mal erliegen, wenn man den Versuch unternimmt, die gegenwärtigen Tendenzen der Emigrationsforschung in eine Perspektive zu bringen. Während die Erforschung des literarischen Exils mittlerweile so weit gediehen scheint, daß plausible überblicksdarstellungen möglich werden, ist die Forschung zur Wissenschaftsemigration allererst an einem Punkt angelangt, an dem sich alternative Fragestellungen verzweigen. Die vorliegenden Arbeiten folgen entweder dem Modell der Einzelbiographie1 oder konzentrieren sich auf eine in sich relativ homogene, eine „schulbildende“ Gruppe von Wissenschaftlern,2 oder sie stellen eine Institution ins Zentrum, die mehr oder weniger ausschließlich zum Zweck der Unterbringung von Emigranten geschaffen und aufrechterhalten wurde.3 Alle drei Typen sind methodisch eher traditionell orientiert, sie halten sich an das Gebot der Überschaubarkeit und sind vielleicht gerade deswegen überzeugend. Daß man diese Grenzen derzeit ungestraft nicht leicht überschreitet, läßt sich an zwei Versuchen zu einer Gesamtdarstellung der Emigration nach Amerika ablesen: Während die eine, so liebenswürdig sie ist, sich ihre Perspektive von der Lebenswelt der Weimarer Boheme vorgeben läßt und diese relativ naiv in das Exil hinein verlängert,4 zeigt die andere, daß aus einer bloßen Aneinanderreihung von mehr oder weniger kursorischen Biographien nicht automatisch eine plastische Geschichte der intellektuellen Emigration hervorgeht.5
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Literatur
Mitchell Ash, Disziplinentwicklung und Wissenstransfer — Deutschsprachige Psychologen in der Emigration, in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 7, 1984, S. 207–226.
Detlef Lehnert, Politik als Wissenschaft. Beiträge zur Institutionalisierung einer Fachdisziplin in Forschung und Lehre der DHfP (1920–1933), in: Politische Vierteljahresschrift 30, 1989, S. 443–465.
Gerhard Hirschfeld, „the defence of learning and science...“ Der Academic Assistance Council in Großbritannien und die wissenschaftliche Emigration aus Nazi-Deutschland, in: Vertreibung der Wissenschaften. Exilforschung, Jahrbuch 6, 1988, S. 28–43.
Dwight Waldo, Political Science in the United States of America, UNESCO, Paris 1955.
Karl Loewenstein, Über den Stand der politischen Wissenschaften in den Vereinigten Staaten, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 106, 1950, S. 349–391.
Eric Voegelin, Was ist politische Realität, in: Politische Vierteljahresschrift 7, 1966, S. 2–54.
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Söllner, A. (1996). Die Emigration deutscher Wissenschaftler nach 1933, ihr Einfluß auf die Transformation einer Disziplin. In: Deutsche Politikwissenschaftler in der Emigration. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90228-3_1
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