Zusammenfassung
Noch in den siebziger Jahren erschien es für die Bundesrepublik als evident, daß ein Buch mit dem Titel „The making of the Chancellor“ kein Bestseller werden könne (Norpoth 1977: 551). Im Lichte besonders der jüngsten Bundestagswahl vom September 1998 dürften viele Beobachter geneigt sein, eher das Gegenteil anzunehmen. Bereits der Wahlkampf zur Bundestagswahl 1994 mochte als ein erster Vorgeschmack auf Methoden des politischen Marketing erscheinen, die weit stärker als bisher den Kanzlerkandidaten ins Rampenlicht rückten. Man denke etwa daran, daß Helmut Kohl als Kanzlerkandidat der Union auf Wahlplakaten ganz ohne Parteilogo abgebildet wurde: der Kandidat, die Person als Programm. Auch die Präsentation der sogenannten SPD-Troika Scharping, Lafontaine und Schröder weist in diese Richtung. Noch stärker als im Jahre 1994 scheint die Hervorhebung der Kanzlerkandidaten im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 gewesen zu sein: „Im Wahlkampf 1998 haben die beiden Volksparteien ihre Kandidaten für das Bundeskanzleramt besonders stark in den Mittelpunkt gerückt. Es gab auch bei früheren Wahlen den Versuch, insbesondere von seiten der Amtsinhaber, den Wahlkampf stark zu personalisieren …; neu ist jedoch, daß der Herausforderer bzw. die große Oppositionspartei die Personenkomponente derart ins Zentrum der politischen Diskussion stellt und die Medien so willig darauf eingehen“ (Jung/Roth 1998:10).
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Ohr, D. (2000). Wird das Wählerverhalten zunehmend personalisierter, oder: Ist jede Wahl anders? Kandidatenorientierungen und Wahlentscheidung in Deutschland von 1961 bis 1998. In: Klein, M., Jagodzinski, W., Mochmann, E., Ohr, D. (eds) 50 Jahre Empirische Wahlforschung in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90180-4_12
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