Zusammenfassung
Historisches Verständnis wird nicht allein durch mangelndes Sachwissen beeinträchtigt, es kann sich vielmehr auch umgekehrt ergeben, daß eine allzu geläufige Vertrautheit mit bestimmten historischen Sachverhalten den Blick nicht schärft, sondern abstumpft. Es gehört — wie wir hoffen, sogar heute noch — zur eisernen Ration allgemeiner Geschichtskenntnisse, aber entgegen einer heute beliebten Manier, Geschichte zu sehen, stellt es beileibe keinen zwangsläufig abrollenden Prozeß dar, daß der Ostteil jenes gewaltigen karo-lingischen Frankenreiches, das einmal vom Ebro bis zur Elbe, vom Tiber bis zur Eider gereicht hatte -, daß dieser Ostteil im 10. Jahrhundert zu einer neuen politischen Ordnung fand. Obgleich sich bei den Zeitgenossen kaum ein Empfinden dafür abzeichnet, es sei ein neues Reich entstanden oder gar bewußt gegründet worden, setzte eine allmähliche „Entfrankung“ dieses überwiegend von nichtfränkischen Stämmen getragenen Reiches ein, und es wurde schließlich als einziger Staat und einziges Volk seiner Welt und Umwelt mit einem Namen belegt, der sich weder von einem germanischen Stamm — wie Frankreich und England — noch von einem geographisch-historischen Raum — wie Italien und Spanien -, sondern von der gegen West und Ost abgehobenen sprachlichen Eigenart ableitet: als theodisk, deutsch.
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© 1976 Westdeutscher Verlag GmbH Opladen
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Schieffer, T. (1976). Krisenpunkte des Hochmittelalters. In: Krisenpunkte des Hochmittelalters. Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften, vol 209. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90058-6_2
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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Online ISBN: 978-3-322-90058-6
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