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Wahlrecht und politische Stabilität

Überlegungen zu Problemen des Wahlrechts in der Weimarer Republik

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Lebendige Sozialgeschichte
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Zusammenfassung

Die Geschichte des Wahlrechts ist eine Geschichte der Abstufungen von Ungleichheit. Welches Wahlsystem im europäischen Raum oder Nordamerika wir auch in seiner historischen Entwicklung betrachten, überall finden wir, dass die Zulassung zum aktiven und passiven Wahlrecht durch mehr oder minder hohe Barrieren behindert worden ist, dass die — für unsere Zwecke geschlechtsneutral gehaltene — Formel „one person — one vote“ sich in der sozialen Realität nirgendwo durchgesetzt hat und bis zum heutigen Tage auch nirgendwo in dem Sinne durchgesetzt hat, dass das Gewicht jeder Stimme beim Wahlakt für die Zusammensetzung parlamentarischer Körperschaften von wenigstens annähernd gleicher Bedeutung wäre. Die Einführung des gleichen und geheimen Wahlrechts, das nur noch an die Erreichung einer bestimmten Altersgrenze, nicht mehr aber an Vermögens-, Einkommens-, Bildungsqualifikationen oder an eine Kombination aus diesen oder gar an eine Geschlechtsqualifikation gebunden war, hat zwar einige der offensichtlichen Faktoren von Ungleichheit im Wahlrecht beseitigt, aber keineswegs alle.

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Literatur

  1. Zum gesamten ersten Abschnitt vgl. Dieter Nohlen: Wahlsysteme der Welt. Ein Handbuch. München-Zürich 1978;

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  2. Walter Bagehot: The English Constitution. London 1867, 131–177 (zuerst unter dem Titel: The House of Commons. In: Fortnightly Review, 15.3.1866);

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  3. John Stuart Mill: Betrachtungen über Repräsentativ-Regierung. Leipzig 1873 (zuerst: London 1868);

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  4. Ferdinand A. Hermens: Demokratie oder Anarchie. Untersuchung über die Verhältniswahl. Mit einem Vorwort von Alfred Weber und einer Einführung von Carl J. Friedrich. Frankfurt/Main 1951 (zuerst: Notre Dame/Ind. 1941);

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  5. Gerhard A. Ritter unter Mitarbeit von Merith Niehuss: Wahlgeschichtliches Arbeitsbuch. Materialien zur Statistik des Kaiserreichs 1871–1914. München 1980 (mit bibliographischen Angaben für Reichstags- und Landtagswahlen);

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  6. für die Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus vgl. Thomas Kühne: Dreiklassenwahlrecht und Wahlkultur in Preußen 1867–1914 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 99). Düsseldorf 1994; ders.: Handbuch der Wahlen zum preußischen Abgeordnetenhaus 1867–1914 (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 6). Düsseldorf 1994. Beide Werke enthalten eine umfängliche Bibliographie zu allen Aspekten des preußischen Dreiklassenwahlrechts; vgl. ferner zur Entwicklung im Reich Jürgen Schmädeke: Wählerbewegung im Wilhelminischen Deutschland (1890–1912). 2 Bde. Berlin 1995, mit einer sehr hilfreichen Bibliographie (Bd. 1, 891–976). Während für die Wahlen in den Bundesstaaten und im Reich Überblicksdarstellungen mit jeweils ausführlichen Bibliographien vorliegen, existieren solche zusammenfassenden Darstellungen für die Gemeindewahlrechte und die Ergebnisse der Gemeindewahlen bis 1918 nicht, so dass noch immer auf die — in vieler Hinsicht überholten, auch unvollständigen — Untersuchungen des Vereins für Socialpolitik (Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte. Bde. I-IV [Schriften des Vereins für Socialpolitik 117–120]. Leipzig 1905–1909) zurückgegriffen werden muss.

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  7. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass ja noch der letzte kaiserliche Reichstag unter Erhöhung der Abgeordnetenzahl von 397 auf 441 für 44 großstädtische Mandate das Verhältniswahlrecht eingeführt hatte, Gesetz vom 24.8.1918, Reichsgesetzblatt I 1918, Nr. 115, 1079–1083.

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  8. Die regionale Verteilung der Wahlkreise bei den Nationalversammlungswahlen 1919, bei der Wahl zum 1. Reichstag 1920 und den Wahlen zum 2. bis 8. Reichstag 1924–1933 geht aus der „Übersicht“ im Anhang zu diesem Beitrag hervor.

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  9. Reichstag, Bd. 336, 242.

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  10. Eberhard Schanbacher: Parlamentarische Wahlen und Wahlsystem in der Weimarer Republik. Wahlgesetzgebung und Wahlreform im Reich und in den Ländern (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 69). Düsseldorf 1982.

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  11. Für ein Mandat war eine mittlere Stimmenzahl von 72.209 notwendig gewesen; während DNVP, DVP und MSPD für ein Mandat in etwa die mittlere Stimmenzahl benötigt hatten, brauchte das Zentrum (Christliche Volkspartei) nur 65.700, die vier erfolgreichen Regionalparteien sogar teilweise weniger als 60.000 Stimmen, während die DDP 75.200 und die USPD sogar 105.300 Stimmen benötigten; vgl. Quellenangaben zu Tabelle 1.

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  12. Zu den nacheinander angewandten Verhältniswahlsystemen vgl.: Das Wahlrecht für die verfassungsgebende deutsche National-Versammlung. Im amtlichen Auftrage hg. und erläutert von Alfred Schulze. Berlin 1918; ders.: Das Reichstags-Wahlrecht. Berlin 1920; Die Wahl zum Reichstag. Führer für die Reichstagswahlen auf Grund des neuen Reichswahlgesetzes und der neuen Reichsstimmordnung. Hg. von Georg Kaisenberg. Berlin 1924; sowie Schanbacher (Anm. 5).

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  13. Zu den tatsächlichen Ergebnissen der Wahlen zum 1. bis 8. Reichstag vgl. Tabelle 1, auch für das Folgende.

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  14. Vgl. dazu Peter-Christian Witt: Kontinuität und Diskontinuität im politischen System der Weimarer Republik. In: Gerhard A. Ritter (Hg.): Regierung, Bürokratie und Parlament in Preußen und Deutschland von 1848 bis zur Gegenwart (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 73). Düsseldorf 1983, 117–148; ders.: Finanzpolitik als Verfassungs- und Gesellschaftspolitik. Überlegungen zur Finanzpolitik des Deutschen Reiches in den Jahren 1930 bis 1932. In: Geschichte und Gesellschaft 8 (1982), 386–414; ders.: Konservatismus als „Überparteilichkeit“. Die Beamten der Reichskanzlei zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik 1900–1933. In: Dirk Stegmann / Bernd Jürgen Wendt / Peter-Christian Witt (Hg.): Deutscher Konservatismus im 19. und 20. Jahrhundert. Festschrift for Fritz Fischer. Bonn 1983, 231–280.

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  15. Vgl. Reichstag, Bd. 342, Drucksache Nr. 2490, 2726ff.; Bd. 343, Drucksache Nr. 2717, 2984ff.; Reichstag, Bd. 332, 4985–5045. (1. Beratung, 30.3.1920), Reichstag, Bd. 333, 5327–5363 (2. Beratung, 22.4.1920), 5365–5389 (3. Beratung, 23.4.1920, namentliche Abstimmung 301 Ja-Stimmen, keine Gegenstimmen oder Enthaltungen, eine ungültige Stimme; 122 Abgeordnete nahmen nicht teil). 11 Auf die tabellarische Wiedergabe dieser aufwendigen Berechnungen wird hier aus Platzgründen ver-zichtet. Nur so viel sei angemerkt: Bei einer Verteilung der Mandate auf die einzelnen Großwahlkreise entsprechend der sehr unterschiedlichen Wahlbeteiligung (und nicht aufgrund der fortgeschriebenen Bevölkerungszahlen nach der Volkszählung von 1910) wären bei den Wahlen zur Nationalversammlung erhebliche Unterschiede zur tatsächlichen Mandatszuteilung aufgetreten. Dies lag in erster Linie daran, dass in drei Wahlkreisen (WK), nämlich WK 2 (Westpreußen), WK 8 (Posen) und WK 10 (Regierungsbezirk Oppeln) eine stark vom Reichsdurchschnitt (83,7 Prozent) abweichende Wahlbeteiligung, nämlich zwischen ca. 55 und 58,7 Prozent, vorlag und auch die rein katholischen Wahlkreise der Rheinprovinz und Bayerns eine unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung zu verzeichnen hatten. Dagegen lag die Wahlbeteiligung in den Wahlkreisen, die als Hochburgen der MSPD und USPD anzusehen sind, durchweg über dem Reichsdurchschnitt. Die drei genannten Wahlkreise mit extrem niedriger Wahlbeteiligung entsandten nach den Bevölkerungszahlen vierzig Abgeordnete in die Nationalversammlung, hätten nach der Wahlbeteiligung aber nur 22 Mandate erhalten dürfen. Bei Verteilung der Mandate nach Wahlbeteiligung hätte die MSPD sechzehn Mandate und die USPD fünf Mandate zusätzlich erhalten, während die DNVP neun, die DVP drei, das Zentrum (Christliche Volkspartei) sechs und die Regionalparteien drei Mandate verloren hätten. MSPD und USPD wären mit 181 bzw. 27 Mandaten damit sehr nahe an die absolute Mehrheit von 212 Mandaten gekommen, während sie nach dem tatsächlichen Wahlergebnis mit zusammen 185 Mandaten sehr deutlich die gemeinsame absolute Mehrheit verfehlt hatten. Tendenziell hätten sich auch bei den Wahlen zum 1. bis 8. Reichstag — unter den in Tabelle 3 a genannten Bedingungen — Verschiebungen zugunsten der (M)SPD und wohl auch der KPD bei der Mandatszuteilung ergeben, allerdings in sehr viel kleinerem Umfang als bei der Nationalversammlungswahl. Dies hing damit zusammen, dass bei den Wahlen zum 1. bis 8. Reichstag die Schwankungsbreite der Wahlbeteiligung sehr viel geringer war: In der Regel lag die höchste Wahlbeteiligung nur um zehn Prozent über dem Reichsdurchschnitt und die geringste Wahlbeteiligung ebenfalls nur um zehn Prozent unter dem Reichsdurchschnitt.

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  16. Zum gesamten Abschnitt vgl. neben Schanbacher (Anm. 5) und Witt: Kontinuität (Anm. 9) vor allem: Bundesarchiv Berlin, R 43 I, 999–1001; die umfangreiche Überlieferung des Reichsministeriums des Innern, Abt. I — Verfassung usw., zum Wahlrecht und mit Vorschlägen zu seiner Abänderung befindet sich, praktisch unzugänglich, immer noch im Sonderarchiv in Moskau, in dem auch andere Bestände aus deutschen Archiven verwahrt werden.

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Rainer Hering Rainer Nicolaysen

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© 2003 Westdeutscher Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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Witt, PC. (2003). Wahlrecht und politische Stabilität. In: Hering, R., Nicolaysen, R. (eds) Lebendige Sozialgeschichte. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89787-9_20

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