Zusammenfassung
Ethnische Konflikte stellen eines der zentralen Probleme in modernen Gesellschaften dar, auf das die Sozialwissenschaft bisher nur unzureichend vorbereitet ist. Während die Kulturanthropologie ethnische Segregation als Differenz kulturell tradierter Gemeinschaften analysiert und hierbei wechselseitige Fremdheitserfahrungen in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen stellt, verlegen sozialstrukturelle Ansätze den Ursprung ethnischer Desintegration in die Sphäre ökonomischer Ungleichheit, was sie mit der Annahme verbinden, daß mit einer Angleichung der Lebenschancen das Phänomen ethnischer Gruppenbildung tendenziell aus der Sozialstruktur verschwindet. Weder die These von der Persistenz primordialer Formen kultureller Fremdheit noch jene von der ethnischen Einebnung durch sozialstrukturellen Wandel entspricht jedoch den gesellschaftlichen Entwicklungen, die wir heute beobachten können. In den modernen Staaten der Gegenwart sind ethnische Gruppen in abnehmenden Maße Träger exklusiver Kulturen. Sie gehören vielmehr dem Kommunikationsnetz einer Weltgesellschaft an, in der sich die dominanten Kulturformen ohnehin weitgehend globalisiert haben (vgl. Neckel 1994). In sozialstruktureller Hinsicht allerdings läßt sich ein Differenzverlust nicht konstatieren. Während die Individualisierung in westlichen Gesellschaften tradierte Sozialmilieus aufgelöst hat, spielt Ethnizität für die Strukturierung sozialer Ungleichheit anhaltend eine gewichtige Rolle.
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Neckel, S., Körber, K. (1997). Last exit ethnicity? Zur politischen Konstruktion von Ethnizität in den USA und Deutschland. In: Hettlage, R., Deger, P., Wagner, S. (eds) Kollektive Identität in Krisen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89577-6_22
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